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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.12.2005
Aktenzeichen: VIII B 67/05
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 128 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) beteiligte sich als stille Gesellschafterin (Typ S) an der Y-AG. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollten die Anleger des Typs S u.a. eine Verlustzuweisung in Höhe der von ihnen geleisteten Einlage im Jahr ihres Beitritts erhalten. Streitig war u.a. die Mitunternehmerschaft der stillen Gesellschafter, die Einkünfteerzielungsabsicht der Anleger und der Y-AG sowie die zeitliche und umfängliche Zurechnung von Verlusten oder Aufwendungen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe aus ihrer Beteiligung an der Y-AG Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG liege nicht vor. Die Absicht der Klägerin, aus der Beteiligung an der Y-AG insgesamt positive Einkünfte zu erzielen, sei zu bejahen. Auf die Eignung der Y-AG ein positives Gesamtergebnis (noch) erzielen zu können, komme es nicht an. Die Verlustzuweisung könne steuerlich aber nicht in vollem Umfang anerkannt werden. Nur Verluste oder Aufwendungen, die nach dem Beitritt der Klägerin im Beitrittsjahr entstanden seien, könnten ihr zugerechnet werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Juli 2002 IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447). Das gelte nicht nur für mitunternehmerisch Beteiligte, sondern gleichermaßen für stille Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Den berücksichtigungsfähigen Verlustanteil der Klägerin hat das FG auf 60 v.H. der von der Klägerin geleisteten Einlage geschätzt. Für sie handele es sich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), für alle an der Y-AG im Streitjahr beteiligten Anleger des Typs S einheitlich und gesondert festzustellen habe.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für die Zulassung der Revision nicht in einer den Anforderungen entsprechenden Weise schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits daraus, dass eine große Zahl von Anlegern und in der Summe auch beträchtliches Vermögen vom Ausgang des Verfahrens betroffen sind. Diese Betrachtung erfasst nur die tatsächliche, nicht aber die rechtliche Bedeutung der Streitsache. Eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage hat die Klägerin nicht formuliert. Soweit sie geltend macht, das FG habe übergangen, dass ihr nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechte einer Kommanditistin zustehen sollten, rügt sie sinngemäß die fehlerhafte Auslegung von Verträgen. Damit wird jedoch weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch ein Verfahrensmangel geltend gemacht. Etwaige Fehler des FG bei der Auslegung von Verträgen stellen grundsätzlich Mängel bei der Anwendung sachlichen Rechts dar (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. Januar 2004 IV B 95/02, BFH/NV 2004, 949; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 3. November 1992 VI ZR 362/91, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1993, 538), die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 949; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82). Mit dem Vorbringen, das FA, und diesem folgend das FG, hätten ihr schutzwürdiges Vertrauen verletzt, macht die Klägerin ebenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler und keinen Revisionszulassungsgrund geltend.

2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Halbsatz FGO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz FGO) zuzulassen ist. Mit der sinngemäß von der Klägerin aufgestellten Behauptung, das FG sei von der Entscheidung des BFH in dem vorangegangenen Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung --AdV-- (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1447) abgewichen, indem es die Anleger des Typs S nicht als Mitunternehmer, sondern als stille Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG angesehen habe, wird insbesondere eine Divergenz (dazu: Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 48) nicht schlüssig dargelegt. Der BFH hat im Verfahren wegen AdV nicht entschieden, dass die Anleger des Typs S Mitunternehmer sind; er hat lediglich ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung verneint werden könne. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft aufgrund von im Hauptsacheverfahren gewonnenen neuen Erkenntnissen zu verneinen. So liegt der Streitfall.

3. Ein Verfahrensfehler wird ebenfalls nicht schlüssig gerügt.

a) Die Klägerin stellt zwar zu Recht fest, dass ihr umfangreiches Vorbringen, etwa zu den Ursachen des Konkurses der Y-AG oder der Frage, ob die Y-AG im Zeitpunkt ihres Beitritts ein positives Gesamtergebnis noch erzielen konnte, vom FG im Urteil nicht gewürdigt worden ist. Darin liegt jedoch weder eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) noch ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO oder ein sonstiger Verfahrensfehler. Nach der für das Vorliegen eines solchen Verfahrensfehlers allein maßgeblichen Rechtsansicht des FG richtet sich die Einkunftserzielungsabsicht bei einer stillen Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG --wie bereits erwähnt-- allein nach den Vorstellungen des Gesellschafters und nicht der Gesellschaft. Deswegen kam es auf die Verhältnisse der Y-AG nicht an.

b) Ohne Erfolg rügt die Klägerin schließlich einen Verfahrensfehler, soweit ihr gegen die Berufsrichter des FG-Senats gerichtetes Ablehnungsgesuch erfolglos geblieben ist. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden. Geltend gemacht werden können nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund liegt daher nur vor, wenn die Ablehnung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird. Das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) greift nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 2004 VII B 170/04, BFH/NV 2005, 709, m.w.N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.

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