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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.11.1999
Aktenzeichen: VIII B 85/99
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, BFHEntlG


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4
AO 1977 § 162
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Grundsätzliche Bedeutung

a) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muß --abgesehen von dem seltenen, hier nicht gegebenen Fall ihrer Evidenz-- schlüssig dargelegt werden. Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage schon früher entschieden, so muß der Beschwerdeführer eingehend begründen, warum er gleichwohl eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der betreffenden Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Hierzu muß er substantiiert darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten sei, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben würden (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676, m.w.N.; ständige Rechtsprechung).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) meint, es sei "von absoluter Bedeutung", zu klären, ob die Finanzverwaltung wissentlich auf der Basis gefälschter Buchführungsunterlagen eine Besteuerung durchführen könne, die zu Mehreinnahmen des Fiskus führe.

Der Kläger hat es versäumt, schlüssig darzulegen, warum die Beantwortung dieser Frage für die Entscheidung des Streitfalles trotz des Umstandes rechtserheblich und damit klärungsfähig sein könne, daß es hier weder um die Besteuerung von (Schein-) Gewinnen der Firma Ambross S.A. (A) selbst noch um die Erfassung von Gewinnanteilen von Mitunternehmern (etwa atypischen stillen Gesellschaftern), sondern vielmehr um die steuerliche Erfassung von (Schein-)Renditen geht, die die Firma A außenstehenden Kapitalanlegern (typisch stillen Gesellschaftern i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) auf ihren Einlagekonten gutgeschrieben hat.

Darüber hinaus fehlt es aber auch an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der in Rede stehenden Rechtsfrage. Der beschließende Senat hat in jüngerer Zeit in einer Reihe von Urteilen entschieden, daß die von der A ihren Anlegern bis zum 30. September 1990 gutgeschriebenen und von diesen wieder angelegten Renditen ohne Rücksicht darauf als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4, 1. Alternative EStG zu versteuern sind, ob es sich hierbei um von der A tatsächlich erwirtschaftete Gewinne oder lediglich um den Anlegern vorgespiegelte Renditen (Scheinrenditen) handelt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 755, unter II. 2. der Gründe, und VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761, unter II. 2. der Gründe). So heißt es in den soeben zitierten Urteilen ausdrücklich:

"Angesichts der unbedingten Leistungsbereitschaft der A spielt es entgegen einer in der Literatur und der Rechtsprechung der Finanzgerichte vertretenen Ansicht (...) keine Rolle, ob die A tatsächlich entsprechende Netto-Wertzuwächse in Höhe von 10/7 der den Anlegern gutgeschriebenen Renditebeträge erwirtschaftet hatte und daher zivilrechtlich zu entsprechenden Leistungen verpflichtet war oder nicht (...). Mit Recht hat daher das Finanzgericht nicht im einzelnen untersucht, ob die von der A gegenüber deren Anlegern ausgewiesenen Renditen nicht zumindest teilweise durch tatsächlich erzielte Netto-Wertzuwächse gedeckt waren. Zwar setzt der Zufluß eines Geldbetrages im Falle dessen bloßer Gutschrift in den Büchern des Schuldners im Regelfall voraus, daß insoweit eine eindeutige und unbestrittene Leistungsverpflichtung des Schuldners besteht, diesem also insbesondere kein Leistungverweigerungsrecht zusteht (...). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Schuldner erkennbar auf zivilrechtliche Einwendungen und Einreden gegen die Forderungen des Gläubigers nicht berufen will (vgl. § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--; ...). So lag es im Streitfall. Die A schrieb den Anlegern (meist) Scheinrenditen gut und .... räumte ihnen im Wege der Novation neue (Kapital-)Forderungen ein, obwohl sie wußte, daß sie zu diesen Leistungen nicht verpflichtet war" (BFH-Urteile in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 755, unter II. 2. b, cc, aaa der Gründe, und in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761, unter II. 2. b, cc, aaa der Gründe).

Neue, in der Literatur oder in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) dagegen erhobene und vom beschließenden Senat noch nicht bedachte Einwände vermochte der Kläger nicht anzuführen. Sein Hinweis darauf, die zitierten Ambrosurteile des Senats seien von Schmidt/Heinicke (Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 20 Rdnr. 15) "kritisch problematisiert" worden, trifft nicht zu. Ebensowenig steht das von ihm zitierte BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 11/97 (BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603) zu den genannten Senatsurteilen im Widerspruch. Zutreffend hat der IV. Senat des BFH dort darauf hingewiesen, daß eine durch ergebniswirksame Falschbuchungen unrichtige und nicht ordnungsgemäße Buchführung der Gewinnbesteuerung der betreffenden Personengesellschaft nicht zugrunde gelegt werden kann und der Gewinn der Gesellschaft ggf. im Wege der Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) korrigiert werden muß. Der entscheidende Unterschied des dortigen Sachverhalts zu den hier zu beurteilenden Ambros-Scheinrenditen liegt indessen, wie schon ausgeführt, darin, daß es im vorliegenden Fall nicht um die Ertragsbesteuerung des Unternehmens der A selbst, sondern vielmehr um die Besteuerung der Kapitalerträge der (außenstehenden) Gläubiger der A geht.

2. Abweichung

Wie sich bereits aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, ist das FG mit seinem im Anschluß an die Senatsurteile in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 755 und in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761 aufgestellten Rechtssatz, daß es für die Besteuerung der A-Renditen nicht darauf ankomme, ob die Buchführungsunterlagen der A gefälscht gewesen seien, nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603 abgewichen. Im Hinblick auf die unterschiedlich gelagerten Sachverhalte fehlt es an der für eine erfolgreiche Divergenzrüge gebotenen Identität der Rechtsfrage (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1992 III B 28/91, BFH/NV 1993, 610).

3. Sachaufklärungsrügen

Die vom Kläger erhobenen Sachaufklärungsrügen (Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes sowie Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung der angebotenen Beweise) sind jedenfalls schon deswegen unschlüssig, weil der Kläger nicht dargelegt hat, inwieweit das angefochtene FG-Urteil bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf den unterbliebenen Sachaufklärungsmaßnahmen beruhen könne (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnrn. 226 und 228; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 65 i.V.m. § 120 Rdnrn. 39 und 40, m.w.N.).

4. Im übrigen wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von einer Begründung abgesehen.

Ende der Entscheidung

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