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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.05.1999
Aktenzeichen: VIII B 94/98
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, EStG


Vorschriften:

FGO § 60 Abs. 3
FGO § 48
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 57
FGO § 128 Abs. 1
FGO § 60 Abs. 3 Satz 1
FGO § 143 Abs. 1
AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 a
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr 1982 angestellter Geschäftsführer und Kommanditist der X-KG (im folgenden: KG). Neben dem Kläger waren im Streitjahr noch A und die B-GmbH als Kommanditisten und die C-GmbH als Komplementärin an der KG beteiligt. In der Folgezeit schieden die Kommanditisten, zuletzt mit Vertrag vom 20. Dezember 1989 die B-GmbH aus der KG aus. Nach diesem Vertrag übernahm die bisherige Komplementärin, die C-GmbH, das Handelsgeschäft der KG ohne Liquidation im Wege der Anwachsung. Am selben Tage beschloß die Gesellschafterversammlung die Änderung der Firma in Z-GmbH. Die GmbH wurde mit Wirkung vom 1. März 1992 aufgelöst und die Liquidation am ... 1995 beendet. Das Erlöschen wurde am ... 1995 in das Handelsregister eingetragen. Der im Jahr 1996 verstorbene Kommanditist A wurde von D allein beerbt.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 22. Juni 1984 im Anschluß an eine Außenprüfung einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG für 1982, in dem er einen Verlust feststellte. Nachdem er erfuhr, daß das vom Kläger bezogene Geschäftsführergehalt in diesem Bescheid nicht berücksichtigt worden war, erließ er am 14. Dezember 1989 einen geänderten Bescheid, in dem er von einem um die Höhe des Geschäftsführergehalts herabgesetzten Gesamtverlust der KG ausging und dem Kläger das im Streitjahr bezogene Geschäftsführergehalt zurechnete.

Mit der dagegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, daß die Feststellungsfrist abgelaufen sei und die vom FA angenommene Verlängerung auf fünf Jahre mangels leichtfertiger Steuerverkürzung nicht vorliege.

Mit Beschluß vom 17. September 1998 lud das Finanzgericht (FG) die früheren Gesellschafter der KG bzw. deren Rechtsnachfolger gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren bei. Es begründete dies wie folgt: In den Fällen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften (§§ 179 Abs. 2 Satz 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung --AO 1977--) sei bei der Klage eines Gesellschafters in einer Frage, die ihn selbst berühre, die Gesellschaft auch dann beizuladen, wenn der Rechtsstreit keine Auswirkung auf den Gewinn oder Verlust der Gesellschaft oder eines anderen Gesellschafters habe (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559). An dieser Rechtslage habe sich auch durch die Neufassung des § 48 FGO durch das Grenzpendlergesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1395) nichts geändert, von der Ausnahme abgesehen, daß nunmehr an die Stelle der Gesellschaft (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.) der zu ihrer Vertretung berufene Gesellschafter (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n.F.) getreten sei. Bei Vollbeendigung einer Personengesellschaft durch Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen gingen die Beteiligtenstellung (§ 57 FGO) und die Prozeßführungsbefugnis (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. bzw. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n.F.) auf die durch den angefochtenen Bescheid beschwerten Feststellungsbeteiligten über (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Januar 1996 VIII B 128/95, BFHE 179, 239, BStBl II 1996, 426). Daraus folge, daß in diesen Fällen alle ehemaligen Gesellschafter beizuladen seien, die nicht selbst Klage erhoben hätten (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 60 Anm. 85, m.w.N.). Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Zudem ergebe sich im Streitfall --je nach Ausgang des Verfahrens-- auch eine Auswirkung auf das festzustellende Gesamtergebnis der KG.

Der Kläger hat gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, es liege kein Fall notwendiger Beiladung vor. Der Prozeßpfleger der beigeladenen Z-GmbH hat sich dieser Auffassung mit der Begründung angeschlossen, daß Auswirkungen des Rechtsstreits auf ehemalige sonstige Gesellschafter nicht ersichtlich seien.

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beiladungsbeschluß ist gemäß § 128 Abs. 1 FGO zulässig und begründet. Der angefochtene Beiladungsbeschluß ist aufzuheben. Die ehemaligen Gesellschafter der KG waren entgegen der Auffassung des FG nicht notwendig beizuladen.

1. Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. In Angelegenheiten, die einen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid betreffen, kommt eine Beiladung nur dann in Betracht, wenn die Mitberechtigten nach § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt waren (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).

a) Die handelsrechtliche Vollbeendigung einer KG hat zur Folge, daß die KG selbst kein Klagerecht mehr in Anspruch nehmen kann. Die Klagebefugnis gegenüber den Gewinnfeststellungsbescheiden steht uneingeschränkt den beteiligten Gesellschaftern zu (vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1990 VIII R 206/84, BFH/NV 1991, 692, m.w.N.; BFH-Beschluß vom 27. März 1997 VIII B 8/97, BFH/NV 1997, 639). Deshalb müssen nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft die früheren Gesellschafter einen die Zeit ihrer Mitgliedschaft betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid selbständig angreifen (BFH-Urteil vom 30. März 1978 IV R 72/74, BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503). Da in diesem Fall die Entscheidung allen Beteiligten gegenüber nur einheitlich ergehen kann, müssen grundsätzlich alle Personen, die am Gewinn/Verlust beteiligt waren, nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen werden, sofern sie nicht selbst Klage erhoben haben (BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 1987 VIII B 203/86, BFH/NV 1988, 101; in BFH/NV 1997, 639).

b) Ausnahmsweise hat jedoch auch nach Vollbeendigung der Personengesellschaft die Beiladung eines früheren Gesellschafters zu unterbleiben, wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist oder wenn der nicht klagende Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerrechtlich betroffen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Mai 1990 VIII R 120/86, BFHE 160, 558, BStBl II 1990, 780; Beschluß in BFH/NV 1991, 692; Urteil vom 14. Juni 1994 VIII R 20/93, BFH/NV 1995, 318, 319; Beschluß in BFH/NV 1997, 639). Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zu dem vom FG zitierten Beschluß in BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559. Dort hat der Senat entschieden, daß die nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. klagebefugte Gesellschaft auch dann gemäß § 60 Abs. 3 FGO beizuladen ist, wenn sie vom Ausgang des Verfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein kann. Er hat dies damit begründet, daß die Gesellschaft als solche nicht Feststellungsbeteiligte sei und ihre Klagebefugnis sich daher --abweichend von derjenigen des Gesellschafters nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 FGO a.F.-- nicht aus einer mit der Gewinnzurechnung und -verteilung verbundenen materiell-rechtlichen Beschwer ableite, sondern die in § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO geregelte gesetzliche Prozeßstandschaft auf anderen Erwägungen beruhe.

c) Der nicht klagende Gesellschafter ist dann unter keinem denkbaren steuerrechtlichen Gesichtspunkt betroffen, wenn die Entscheidung des FG keine Auswirkung auf die Höhe seines Gewinnanteils haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563; BFH-Beschluß vom 24. Mai 1995 VIII B 153/94, BFH/NV 1995, 1078). Eine Auswirkung ist für den nicht klagenden Gesellschafter z.B. nicht gegeben, wenn streitig ist, ob das in das Privatvermögen überführte Sonderbetriebsvermögen des klagenden Gesellschafters zu einem Aufgabegewinn geführt hat (BFH in BFHE 160, 558, BStBl II 1990, 780), ausschließlich eine Frage des Sonderbetriebsvermögens des klagenden Gesellschafters streitig ist (BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544) oder einer aufgelösten und im Handelsregister gelöschten Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG über ihren bisherigen Ergebnisanteil von 0 DM hinaus noch Verlustanteile zuzurechnen wären (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1981 I R 93/77, BFHE 135, 271, BStBl II 1982, 474).

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze waren im Streitfall die früheren Gesellschafter bzw. deren Rechtsnachfolger nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO beizuladen.

Zwar hat das FG zu Recht angenommen und es ist auch unstreitig, daß die KG durch das Ausscheiden sämtlicher Gesellschafter bis auf einen vollbeendet worden ist. Mit der Vollbeendigung der KG ist die Prozeßführungsbefugnis auf die durch den angefochtenen Bescheid beschwerten Feststellungsbeteiligten übergegangen (vgl. Senatsbeschluß in BFHE 179, 239, BStBl II 1996, 426). Entgegen der Auffassung des FG sind jedoch die übrigen früheren Gesellschafter von dem Ausgang des Klageverfahrens gegen den geänderten Bescheid unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen. Denn die Entscheidung über die allein umstrittene Frage, ob dem Kläger eine Sondervergütung (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes) für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft zuzurechnen ist oder nicht, wirkt sich zwar auf das Gesamtergebnis der Mitunternehmerschaft und die Höhe des Gewinn- bzw. Verlustanteils des Klägers aus. Sie hat aber keinen Einfluß auf die Höhe der Gewinn- oder Verlustanteile der übrigen Gesellschafter. Diese sind in dem angefochtenen Änderungsbescheid vielmehr unverändert geblieben.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die Entscheidung über die Beiladung in einem unselbständigen Zwischenverfahren ergeht (§ 143 Abs. 1 FGO) und die Kosten dieses Nebenverfahrens eine Einheit mit den Kosten des Klageverfahrens bilden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. August 1988 VIII B 82/87, BFH/NV 1989, 249; vom 27. Juli 1994 IV B 53/93, BFH/NV 1995, 234; vom 9. Januar 1997 VII B 189/96, BFH/NV 1997, 304; vom 14. Oktober 1997 IV B 147/96, BFH/NV 1998, 345).

Ende der Entscheidung

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