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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.12.2005
Aktenzeichen: VIII R 10/04
Rechtsgebiete: EStG, FGO, StBerG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4a
EStG § 52 Abs. 11 Satz 2
FGO § 48 Abs. 1
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 5
FGO § 60 Abs. 3
FGO § 123 Abs. 2 Satz 2 n.F.
StBerG § 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) des anhängigen Verfahrens ist die Y-KG. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) änderte mit Bescheid vom 27. November 2000 die Gewinnfeststellung 1999 und kürzte hierbei den Betriebsausgabenabzug für Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) wegen sog. Überentnahmen um 16 570 DM mit der Folge, dass der Verlust aus Gewerbebetrieb auf (nur noch) 156 023 DM festgestellt wurde. Diese --mit einem weiteren Änderungsbescheid (vom 5. September 2001)-- bestätigte Korrektur ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) darauf zurückzuführen, dass den Kommanditistinnen der Klägerin --Y und Z-- im Jahre 1999 (Streitjahr) Gesellschafterdarlehen zurückgewährt wurden. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage, mit der die Klägerin begehrte, den Verlust auf (rd.) 172 594 DM festzustellen, hat das FG stattgegeben, weil --so die Vorinstanz-- entgegen der Annahme des FA bei der Bestimmung der Überentnahmen i.S. von § 4 Abs. 4a EStG die positiven Kapitalkontenbestände zum 31. Dezember 1998 zu berücksichtigen seien. Die anderslautende Bestimmung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BStBl I 2002, 4) sei für das Streitjahr nicht anwendbar. Hiergegen wendet sich die vom FG zugelassene Revision des FA.

II. 1. Die Vorinstanz hat nicht beachtet, dass die Kommanditistinnen zum finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die Gewinnfeststellung 1999 nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig beizuladen sind.

Dies ergibt sich für den Streitfall bereits daraus, dass die vom FA angenommene Gewinnhinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG auf der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen beruhte. Da diese in der Steuerbilanz zu passivieren und in den Sonderbilanzen der Kommanditistinnen betragskongruent zu aktivieren waren, sind im anhängigen Verfahren die steuerrechtlichen Folgen von Entnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1998 VIII R 78/97, BFHE 187, 227, BStBl II 1999, 163, zu II.2.b; unklar Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17. November 2005, Der Betrieb --DB-- 2005, 2549 Rdnr. 32d, letzter Satz) und damit Fragen zu beurteilen, die die Kommanditistinnen i.S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 1986 IV R 77/84, BFH/NV 1987, 768).

2. Die notwendige Beiladung gehört zwar zur Grundordnung des Verfahrens; auf sie kann deshalb auch nicht verzichtet werden. Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung ist deshalb verfahrensfehlerhaft. Dieser Verfahrensfehler kann jedoch geheilt werden, nachdem § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) es ab dem 1. Januar 2001 (Art. 6 Satz 1 2.FGOÄndG) zulässt, dass eine vom FG unterlassene notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachgeholt werden kann. Der Senat übt sein ihm in dieser Vorschrift eingeräumtes Ermessen dahin gehend aus, dass er von einer Zurückverweisung der Sache an das FG aus verfahrensrechtlichen Gründen absieht und die Beiladung selbst vornimmt.

3. Durch den Beiladungsbeschluss erlangen die Kommanditistinnen die Stellung von Beteiligten (vgl. § 57 Nr. 3 FGO; dazu Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 60 Rz. 140 ff.) mit der Folge, dass die Rechtskraft einer Entscheidung in diesem Verfahren auch ihnen gegenüber wirkt (vgl. § 110 Abs. 1 FGO).

4. Der Senat weist darauf hin, dass die Beigeladenen Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses rügen können (§ 123 Abs. 2 Satz 1 FGO n.F.). Die Frist kann nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 FGO n.F. verlängert werden. Jeder Beteiligte --also auch jede der Beigeladenen-- muss sich vor dem BFH durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes vertreten lassen (§ 62a Abs. 1 FGO n.F.; vgl. auch Gräber/Koch, a.a.O., § 62a Rz. 18). Zur Vertretung der Beteiligten vor dem BFH berechtigt sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer; ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.

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