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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: VIII R 11/04
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, BGB


Vorschriften:

EStG § 26 Abs. 1 Satz 1
EStG § 32 Abs. 6
EStG § 32 Abs. 6 Satz 4
EStG § 32 Abs. 6 Satz 5
EStG § 33a Abs. 2 Satz 1
EStG § 33a Abs. 2 Satz 4
EStG § 33a Abs. 2 Satz 5
EStG § 33a Abs. 2 Satz 7
EStG § 33a Abs. 2 Satz 8
AO 1977 § 88
AO 1977 § 360 Abs. 3
BGB § 1601
BGB § 1602
BGB § 1606 Abs. 3
BGB § 1614 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist seit dem Jahre 1982 geschieden. Aus seiner Ehe gingen drei Kinder (geboren in den Jahren 1967, 1971 und 1972) hervor. Die Kinder befanden sich in den Streitjahren (1991, 1992 und 1996 bis 1999) jeweils bis zur Vollendung ihres 27. Lebensjahres in der Berufsausbildung.

In einem Rechtsstreit wegen nachehelichen Unterhalts schlossen der Kläger und seine geschiedene Ehefrau vor dem Amtsgericht am ... einen Prozessvergleich mit folgendem Inhalt:

"1. Die Parteien verzichten gegenseitig und völlig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt ...

2. Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin als Gegenleistung für den Verzicht ... einen Betrag von ... DM ... zu zahlen.

3. Der Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin im Innenverhältnis von den Ausbildungsunterhaltsverpflichtungen gegenüber den volljährigen Kindern ... freizuhalten.

4. Damit sind alle Unterhaltsansprüche der Klägerin für die Vergangenheit und Zukunft sowie die Ansprüche des Beklagten auf Rückforderung überzahlten Ehegattenunterhalts erledigt."

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre 1991, 1992 und 1996 bis 1999 auf der Grundlage eines hälftigen Kinder- und Ausbildungsfreibetrags fest. Der Kläger beantragte mit seinen Einsprüchen, die vollen Kinder- und Ausbildungsfreibeträge anzusetzen. Zur Begründung machte er unter Hinweis auf den Prozessvergleich geltend, er habe den Kindesunterhalt im Wesentlichen allein bestritten, so dass gemäß § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Kinderfreibetrag seiner geschiedenen Ehefrau auf ihn zu übertragen sei. Die im Einspruchsverfahren gemäß § 360 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) hinzugezogene geschiedene Ehefrau erklärte, sie habe in dem Prozessvergleich die Freistellung von dem Ausbildungsunterhalt mit einem Verzicht auf kapitalisierte Unterhaltsausgleichsforderungen erkauft.

Die Einsprüche hatten insoweit keinen Erfolg. Das FA vertrat die Ansicht, die geschiedene Ehefrau sei ihrer Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachgekommen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem Begehren, jeweils den vollen Kinderfreibetrag anzusetzen und den Ausbildungsfreibetrag auf der Basis des vollen Freibetrages zu berechnen, ab. Es ging davon aus, dass --wie zwischen den Beteiligten unstreitig sei-- die geschiedene Ehefrau anteilig unterhaltspflichtig gewesen sei und dass sie dieser Pflicht durch die Zahlungen des Klägers aufgrund der Erfüllungsübernahme nachgekommen sei. Eine Übertragung des Kinderfreibetrages scheide selbst dann aus, wenn man im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Urteil vom 25. Januar 1996 III R 137/93 (BFHE 179, 409, BStBl II 1997, 21) annehme, dass die Unterhaltspflicht i.S. des § 32 Abs. 6 EStG nur erfüllt sei, wenn die Freistellung entgeltlich übernommen worden sei. Denn der Kläger habe für seine Freistellungserklärung ein Entgelt erhalten. Die einem Vergleich immanente Gegenseitigkeit des Nachgebens spreche dafür, alle zum Vergleich gehörenden Regelungen als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehend und damit alle geregelten Leistungspflichten als entgeltlich anzusehen. Diese Bewertung werde durch die vom Kläger vorgetragenen und festgestellten Umstände des Vergleichsschlusses, insbesondere durch die seinerzeit im Raum stehenden Ansprüche gestützt.

Entgegen dem Klagebegehren sei der Steuerberechnung auch nicht der volle Ausbildungsfreibetrag zugrunde zu legen. Denn die geschiedene Ehefrau habe wegen der Entgeltlichkeit der Freistellungserklärung Aufwendungen für die Ausbildung ihrer Kinder getragen.

Der Kläger macht zur Begründung seiner Revision geltend, die Freistellung seiner geschiedenen Ehefrau von ihren Unterhaltsverpflichtungen sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz unentgeltlich erfolgt. Er rügt außerdem einen Verstoß des FA gegen § 88 AO 1977.

Er beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 1991, 1992, 1996 bis 1999 dahin gehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der vollen Kinderfreibeträge und vollen Ausbildungsfreibeträge festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Berechnung der Einkommensteuer des Klägers für die Streitjahre 1991, 1992 und 1996 bis 1999 nicht die vollen Kinder- und Ausbildungsfreibeträge zugrunde zu legen sind.

1. Da die geschiedene Ehefrau des Klägers unstreitig einer Übertragung der Kinder- und Ausbildungsfreibeträge nicht zugestimmt hat, können die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG in der für die Streitjahre 1991 und 1992 und nach § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG in der für die Jahre 1996 bis 1999 geltenden Fassung nur übertragen werden, wenn zwar der Kläger seiner, nicht jedoch seine geschiedene Ehefrau ihrer Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern im Wesentlichen nachgekommen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine geschiedene Ehefrau ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen.

a) Während im Klageverfahren zwischen den Beteiligten unstreitig war, dass die geschiedene Ehefrau ihren volljährigen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig in Höhe von etwa 10 v.H. des jeweiligen gesamten Unterhaltsanspruchs des jeweiligen Kindes war (§§ 1601, 1602, 1606 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), vertritt der Kläger in der Revisionsbegründung die Ansicht, seine geschiedene Ehefrau sei ihren Kindern gegenüber wegen der geringen Höhe ihrer eigenen Einkünfte (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB) überhaupt nicht zum Unterhalt verpflichtet gewesen.

Träfe dies zu, schiede eine Übertragung des Kinderfreibetrages schon aus diesem Grunde aus. Denn nach der Rechtsprechung des BFH kann einer Unterhaltsverpflichtung nur nachkommen, wer unterhaltspflichtig ist. Fehlt es an einer Unterhaltspflicht, ist der Tatbestand für eine Übertragung des Kinderfreibetrags nicht erfüllt (vgl. Urteil vom 25. Juli 1997 VI R 107/96, BFHE 184, 60, BStBl II 1998, 329; Beschluss vom 20. Juli 1998 VI B 188/96, BFH/NV 1999, 172).

Da aber der Kläger und seine geschiedene Ehefrau in dem Zivilprozess über den nachehelichen Unterhalt einvernehmlich von einer Unterhaltspflicht der Ehefrau gegenüber den gemeinsamen Kindern ausgegangen sind und da sie auf dieser Grundlage einen Prozessvergleich geschlossen haben, sieht der Senat keine Grundlage dafür, im vorliegenden Verfahren von einer anderen zivilrechtlichen Lage auszugehen.

b) Die Voraussetzungen für eine Übertragung des Kinderfreibetrags liegen nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz auch dann nicht vor, wenn die geschiedene Ehefrau gegenüber den gemeinsamen Kindern unterhaltspflichtig war.

aa) Das Begehren auf Übertragung des Kinderfreibetrags ist nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil der von der geschiedenen Ehefrau des Klägers geschuldete Unterhaltsbeitrag nach den eigenen Berechnungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Zivilprozess nur etwa 10 v.H. des gesamten Unterhaltsanspruchs des jeweiligen Kindes betragen hat und damit im Verhältnis zu demjenigen des Klägers nur gering gewesen ist. Denn bei der Entscheidung, ob ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachkommt, ist nach der Rechtsprechung des BFH die Höhe der konkret bestehenden Unterhaltsverpflichtung maßgebend. Kommt ein Elternteil dieser Verpflichtung im Wesentlichen nach, ist unerheblich, ob der Unterhaltsbeitrag im Verhältnis zu demjenigen des anderen Elternteils niedrig ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1997 VI R 129/95, BFHE 184, 293, BStBl II 1998, 435; BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 172).

bb) Die geschiedene Ehefrau des Klägers hat die jeweiligen Unterhaltsansprüche ihrer Kinder mit der jeweiligen Zahlung des Klägers nicht nur im Wesentlichen, sondern uneingeschränkt erfüllt. Der Kläger war aufgrund der Freistellung in dem Prozessvergleich seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber verpflichtet, die Unterhaltsansprüche der Kinder insgesamt zu erfüllen. Eine zwischen Eltern vereinbarte Freistellung von Unterhaltsansprüchen gemeinschaftlicher Kinder ist als Erfüllungsübernahme (§§ 329, 415 Abs. 3 BGB) anzusehen; sie ist nicht unwirksam, sondern zulässig, weil sie den Anspruch des Kindes gegen den freigestellten Elternteil unberührt lässt und deshalb nicht gegen § 1614 Abs. 1 BGB verstößt, wonach auf Kindesunterhalt nicht für die Zukunft verzichtet werden kann (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 1. Oktober 1985 IVb ZR 6/85, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1986, 1167, unter II.2. der Gründe; BFH-Urteil vom 25. Januar 1996 III R 137/93, BFHE 179, 409, BStBl II 1997, 21). Danach wurde mit der Zahlung des Klägers an seine Kinder der jeweilige Unterhaltsanspruch der Kinder gegenüber der geschiedenen Ehefrau des Klägers erfüllt (§§ 267, 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB).

c) Die geschiedene Ehefrau des Klägers ist ihrer Unterhaltspflicht i.S. des § 32 Abs. 6 EStG auch dann durch die Zahlungen des Klägers nachgekommen, wenn man der einschränkenden Rechtsprechung des BFH in dem Urteil in BFHE 179, 409, BStBl II 1997, 21 folgt, wonach eine Unterhaltserfüllung durch den freigestellten Elternteil zusätzlich voraussetzt, dass die Freistellung entgeltlich übernommen worden ist, also nicht auf einer Schenkung beruht. Der erkennende Senat kann offen lassen, ob er diese Rechtsprechung für zutreffend hält oder die Auffassung der Vorinstanz teilt, dass es richtigerweise für die Frage der (wesentlichen) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs auf die Entgeltlichkeit der Freistellungserklärung nicht ankommen kann. Denn im Streitfall ist die Freistellungserklärung entgegen der Auffassung des Klägers nicht unentgeltlich abgegeben worden.

Die Freistellung ist in einem Prozessvergleich vereinbart worden. Für einen Prozessvergleich wird im Zivilrecht die Frage nicht einheitlich beantwortet, ob er in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt, nämlich daraufhin überprüfbar ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln, Denk- und Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind, oder ob seine Auslegung frei nachprüfbar ist (vgl. dazu BGH-Urteil vom 7. November 1996 XII ZR 125/95, NJW 1997, 731, unter 3. der Gründe, m.w.N.). Diese Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Denn der Senat würde der tatrichterlichen Auslegung, dass die Freistellungserklärung nicht unentgeltlich abgegeben worden ist, auch dann folgen, wenn sie voll überprüfbar wäre.

Durch den zwischen den Eheleuten geschlossenen Prozessvergleich sind der Streit und die Ungewissheit über wechselseitige Forderungen, nämlich über den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau einerseits und einen Rückforderungsanspruch des Klägers andererseits, im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt worden (§ 779 BGB). Es war zwischen den Prozessparteien nicht abschließend geklärt, ob die Ehefrau zu einer Vollzeittätigkeit verpflichtet war, in welcher Höhe sie dann ggf. Einnahmen erzielen könnte, wie hoch das Einkommen des Klägers tatsächlich war und ob dem Kläger ein Rückforderungsanspruch wegen zu hoher Zahlungen in der Vergangenheit zugestanden hat. Wenn die geschiedene Ehefrau bei dieser Sachlage für die Zukunft auf nachehelichen Unterhalt verzichtet und als Gegenleistung ein vom Kläger zu zahlender Betrag festgelegt wird, dann kann dieser Betrag nicht isoliert von der in diesem Vergleich außerdem eingegangenen Verpflichtung des Klägers gesehen werden, in der Zukunft seine geschiedene Ehefrau von den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder freizustellen. Der Umstand, dass die Prozessparteien im Verlauf ihrer Vergleichsverhandlungen den Wert der Freistellungserklärung des Klägers nicht beziffert haben, bedeutet nicht, dass sie zwischen der Freistellung und der Festlegung des Zahlungsbetrages sowie der Vereinbarung eines Unterhaltsverzichts keinen Zusammenhang gesehen haben. Die Freistellung ist nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz als eine im Wege gegenseitigen Nachgebens getroffene Regelung zu beurteilen. Ihre Aufnahme in den Prozessvergleich indiziert, dass die Prozessparteien die im Text des Vergleichs vorangegangenen Vereinbarungen und die Freistellungserklärung in einem Gesamtzusammenhang und Gegenseitigkeitsverhältnis gesehen haben. Deshalb ist die Erfüllungsübernahme durch den Kläger eine entgeltliche Leistung und beruht nicht auf einer Schenkung an seine geschiedene Ehefrau (vgl. auch Urteil des Oberlandesgericht Hamm vom 26. September 1979 5 UF 228/79, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1980, 724, betreffend eine Freistellungserklärung in einem Scheidungsfolgenvergleich; BFH-Urteile in BFHE 179, 409, BStBl II 1997, 21; vom 2. März 1994 II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366, unter II.1. der Gründe, zum Ausschluss einer Unentgeltlichkeit bei einer synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Verknüpfung von Zuwendung und Gegenleistung; vgl. auch Schmidt/ Glanegger, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl., 2003, § 32 Rdnr. 67).

2. Das FG hat auch zu Recht entschieden, dass der Berechnung der Einkommensteuer des Klägers für die Streitjahre nur die hälftigen Ausbildungsfreibeträge zugrunde zu legen sind.

Nach § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG in der für alle Streitjahre geltenden Fassung wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte ein Ausbildungsfreibetrag nach Maßgabe der weiteren --im Streitfall nicht umstrittenen-- Regelungen abzogen, wenn einem Steuerpflichtigen für die Berufsausbildung eines Kindes, für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, Aufwendungen erwachsen. Steht das Kind zu zwei Steuerpflichtigen, die zusammen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht erfüllen, in einem Kindschaftsverhältnis und erfüllen beide die Voraussetzungen für einen Ausbildungsfreibetrag, erhält gemäß § 33a Abs. 2 Sätze 7 und 8 EStG in der für die Streitjahre 1991 und 1992 geltenden Fassung bzw. gemäß § 33a Abs. 2 Sätze 4 und 5 EStG in der für die Streitjahre 1996 bis 1999 geltenden Fassung jeder Steuerpflichtige nur die Hälfte des Abzugsbetrages (Freibetrag abzüglich der Einkünfte und Bezüge des Kindes ab einer bestimmten Höhe sowie abzüglich bestimmter Ausbildungszuschüsse). Auf gemeinsamen Antrag eines Elternpaares, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorliegen, kann der einem Elternteil zustehende Abzugsbetrag auf den anderen Elternteil übertragen werden (§ 33a Abs. 2 Satz 11 EStG in der für die Jahre 1991 und 1992 geltenden Fassung, § 33a Abs. 2 Satz 8 EStG in der für die Streitjahre 1996 bis 1999 geltenden Fassung).

Da im Streitfall die geschiedene Ehefrau einer Übertragung der Ausbildungsfreibeträge nicht zugestimmt hat, könnte dem Antrag des Klägers auf Übertragung nur dann stattgegeben werden, wenn die geschiedene Ehefrau die Voraussetzungen für einen Ausbildungsfreibetrag nicht erfüllt hätte. Das wäre dann der Fall, wenn ihr für die Berufsausbildung ihrer Kinder keine Aufwendungen erwachsen wären (§ 33a Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt. Denn der Kläger hat aus den oben dargelegten Gründen die Verpflichtung, seine geschiedene Ehefrau von den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder freizustellen, nicht unentgeltlich übernommen. Vielmehr hatte die geschiedene Ehefrau für die Unterhaltszahlungen des Klägers an seine Kinder insoweit, als sie auf der Freistellungserklärung beruhten, im Rahmen des Prozessvergleichs im Wege des gegenseitigen Nachgebens eine Gegenleistung erbracht. Damit sind auch ihr und nicht nur dem Kläger Aufwendungen für die Berufsausbildung der gemeinsamen Kinder erwachsen.

3. Die Rüge des Klägers, das FA habe gegen seine Aufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, weil es die für den Prozess über den nachehelichen Unterhalt zuständig gewesene Richterin nicht angehört hat, wäre selbst dann nicht schlüssig erhoben, wenn der Senat sie dahin auslegen würde, dass der Kläger damit einen Verfahrensfehler des FG geltend macht. Denn aus den vorstehenden Entscheidungsgründen folgt, dass im finanzgerichtlichen Verfahren keine Tatsache unaufgeklärt geblieben ist, die bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FG für die Entscheidung des Streitfalles erheblich ist.

Ende der Entscheidung

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