Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.11.1997
Aktenzeichen: VIII R 18/94
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17 Abs. 1, 2, 4
BUNDESFINANZHOF

Fällt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter mit Darlehen aus, die von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen sind, daß die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll, sind die Anschaffungskosten der Beteiligung um den Nennwert der Darlehen zu erhöhen.

EStG § 17 Abs. 1, 2, 4

Urteil vom 4. November 1997 - VIII R 18/94 Vorinstanz: FG Münster (EFG 1994, 568)


G r ü n d e

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis zu deren Löschung im Handelsregister Alleingesellschafter der M-GmbH. Diese war im November 1975 von seinen Eltern B und E gegründet worden. Vom Stammkapital in Höhe von 20 000 DM hatte B 15 000 DM und E 5 000 DM übernommen. B war auch Geschäftsführer der M-GmbH.

B hatte bereits vor der Errichtung der M-GmbH der Vorgründungsgesellschaft einen Barkredit bis zur Höhe von 2,5 Mio. DM eingeräumt. Mit dem Darlehen sollte der Gesellschaft der Aufbau des beabsichtigten Handels mit Elektrogeräten und eine Zusammenarbeit mit der auf diesem Gebiet bereits tätigen F-KG ermöglicht werden. Im März 1976 vereinbarte B mit der M-GmbH für den Fall eines Konkurses oder Vergleichs der Gesellschaft einen Rangrücktritt seiner Forderungen gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger.

Im Juli 1976 veräußerte B einen Teil seines Geschäftsanteils in Höhe von 10 000 DM zum Nennwert an die Gesellschafterin A der F-KG. Zu der nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH und dem Darlehensvertrag beabsichtigten Zusammenarbeit mit der F-KG kam es wegen deren Konkurs nicht mehr. Auch die M-GmbH erwirtschaftete in den Jahren 1975 und 1976 erhebliche Verluste. Ab dem 1. Januar 1977 führte sie ihre Geschäfte nicht mehr weiter.

Im Oktober 1977 reichte sie beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eine Bilanz ein, in der außer einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber B in Höhe von 451 211 DM und einigen weiteren Verbindlichkeiten nur noch ein geringfügiges Aktivvermögen ausgewiesen war.

B starb im Juni 1979. Erben wurden der Kläger und sein Bruder. Diese einigten sich im Jahre 1982 im Rahmen der Erbauseinandersetzung dahingehend, daß der Kläger die Gesellschafterstellung des B mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten übernehmen solle. Außerdem erwarb der Kläger die Geschäftsanteile der A und der E; ein Kaufpreis war wegen der Wertlosigkeit der Anteile nicht zu entrichten.

Im November 1984 beschloß der Kläger die Auflösung der vermögenslosen Gesellschaft und beantragte deren Löschung im Handelsregister.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 1984 machte der Kläger einen Aufgabeverlust gemäß § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 505 488 DM geltend. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Darlehensschuld der M-GmbH gegenüber B in Höhe von 494 920 DM und dem Stammkapital B und E in Höhe von je 5 000 DM sowie Notarkosten in Höhe von 568,40 DM. Das FA vertrat demgegenüber die Ansicht, daß ein Auflösungsverlust nicht anzuerkennen sei. Die Bilanz vom Oktober 1977 sei als Liquidationsbilanz anzusehen. Die Liquidation der M-GmbH habe bereits begonnen, als feststand, daß sie sich infolge des Konkurses der F-KG an dieser nicht mehr habe beteiligen können. Außerdem sei der unentgeltliche Erwerb der GmbH-Anteile rechtsmißbräuchlich; er habe nur dazu gedient, beim Kläger die bisher nicht gegebenen Voraussetzungen für eine wesentliche Beteiligung zu schaffen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger nur noch einen Verlust in Höhe von 500 488 DM --ohne den Verlust des Geschäftsanteils der E in Höhe von 5 000 DM-- geltend machte, statt. Eine rechtsmißbräuchliche Übertragung liege nicht vor. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 568 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG).

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Einkommensteuer 1984 des Klägers war unter Berücksichtigung eines Verlustes in Höhe von 500 488 DM festzusetzen, der dem Kläger im Zusammenhang mit der Auflösung der M-GmbH entstanden ist (§ 17 Abs. l, Abs. 2 und Abs. 4, § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG).

1. Nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162, und vom 3. Juni 1993 VIII R 23/92, BFH/NV 1994, 459). Der Kläger hat diese Voraussetzungen im Streitjahr 1984 erfüllt.

a) Er war im Zeitpunkt der Liquidation der Gesellschaft Alleingesellschafter der M-GmbH. Die Geschäftsanteile gehörten zu seinem Privatvermögen. Er hielt damit eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG.

Dem Kläger ist es --entgegen der Ansicht des FA-- nicht verwehrt, sich hierauf zu berufen. Insbesondere muß der erkennende Senat davon ausgehen, daß er die Geschäftsanteile nicht nur aus steuerrechtlichen Gründen und ausschließlich deshalb erworben hat, um die bei ihm bisher nicht gegebenen Voraussetzungen einer wesentlichen Beteiligung herbeizuführen und sich damit die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Auflösungsverlustes zu verschaffen (§ 42 der Abgabenordnung --AO 1977--; zum Gestaltungsmißbrauch bei Erwerb eines Anteils ausschließlich zum Zweck der Liquidation der Gesellschaft vgl. --für eine im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligung von 100 v.H.-- BFH-Urteil vom 19. April 1994 VIII R 2/93, BFHE 175, 243, BStBl II 1995, 705). Das FG hat eine wirtschaftlich beachtliche Zielsetzung des Erwerbs der Geschäftsanteile festgestellt. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FA hat keine Verfahrensrüge erhoben. Die tatsächliche Würdigung des FG ist möglich und läßt Verstöße gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze nicht erkennen (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 118 Rdnrn. 40, mit Rechtsprechungsnachweisen).

b) Der Auflösungsverlust ist noch im Streitjahr 1984 entstanden.

aa) Die Entstehung des Verlustes setzt die zivilrechtliche Auflösung der M-GmbH voraus (BFH-Urteil in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162). Diese ist mit dem Auflösungsbeschluß vom 30. November 1984 wirksam erfolgt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--). Der Auflösungsbeschluß konnte formlos gefaßt werden (§ 12 des GmbH-Vertrages und dazu Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., § 60 Rdnrn. 16, 17, m.w.N.).

Die spätere Eintragung der Auflösung im Handelsregister hatte nur deklaratorische Bedeutung (vgl. § 65 GmbHG; Lutter/ Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 14. Aufl., § 65 Rdnr. 5, m.w.N.).

bb) Die Entstehung des Verlustes setzt weiter voraus, daß mit Zuteilungen und Rückzahlungen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist und feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden (BFH-Urteile in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162; vom 3. Juni 1993 VIII R 46/91, BFH/NV 1994, 364, und in BFH/NV 1994, 459). Auch diese Voraussetzungen sind im Streitjahr erfüllt. Die die Höhe des Verlustes bestimmenden Umstände standen bereits im Zeitpunkt der Auflösung der M-GmbH fest. Die Gesellschaft war in diesem Zeitpunkt vermögenslos, so daß Zuführungen und Rückzahlungen aus ihrem Vermögen nicht mehr möglich waren. Mit den Eintragungskosten fielen nur noch Kosten in unwesentlicher Höhe an. Es kommt deshalb für die Entscheidung im Streitfall nur noch darauf an, ob und ggf. in welcher Höhe der Ausfall des der M-GmbH gewährten Darlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führte.

2. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß sich die Anschaffungskosten der Beteiligung um den Nennwert des Darlehens erhöhen.

a) Zu den Anschaffungskosten einer Beteiligung gehören --wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. April 1991 VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234; in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, und in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162)-- auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gese11schaftsverhä1tnis veranlaßt und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Unter diesen Umständen zählt zu diesen Aufwendungen auch die Wertminderung des Rückzahlungsanspruchs aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen (vgl. dazu die Nachweise in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340).

b) Ein Darlehen ist durch das Gesellschaftsverhältnis u.a. dann veranlaßt, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung die Gesellschaft entweder konkursreif ist oder wenn die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, daß ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krise). Der Senat hat dies --im Anschluß an die zu kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs --BGH-- (zu dieser Lutter/Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rdnrn. 7 ff., 21 f., m.w.N., und BFH-Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b aa der Gründe; aus neuerer Zeit vgl. u.a. BGH-Urteile vom 28. November 1994 II ZR 77/93, Betriebs-Berater --BB-- 1995, 60; vom 6. Februar 1995 II ZR 41/94, GmbH-Rundschau 1995, 381; vom 4. Dezember 1995 II ZR 281/94, BB 1996, 1185; vom 15. Februar 1996 IX ZR 245/94, BB 1996, 708)-- hinsichtlich des Umqualifizierungsgrundes der Kreditwürdigkeit danach beurteilt, ob die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten noch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte (BFH-Urteile in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234 unter 3. der Gründe; vom 16. April 1991 VIII R 224/85, BFH/NV 1992, 94 unter 3. b der Gründe; vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158, und in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 1. b der Gründe). Hinsichtlich des Umqualifizierungsgrundes der Konkursreife --Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit-- gelten ebenfalls die im Zivilrecht hierfür entwickelten Grundsätze (zu diesen u.a. BGH-Urteil in BB 1996, 1185).

Was im Fall der Hingabe des Darlehens i n der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehenläßt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, daß die Rückzahlung gefährdet war (BFH-Urteile in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b aa der Gründe; in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; in BFH/NV 1994, 459, und in BFH/NV 1994, 364).

Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert (BFH-Urteile in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234; in BFH/NV 1992, 94; in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, und in BFH/NV 1993, 158), im Falle eines stehengelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht (vgl. --für den Fall eines als verdeckte Einlage zu behandelnden Darlehensverzichtes-- BFH-Urteil in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234 unter 1. c und d der Gründe, m.w.N., und Beschluß vom 27. Juli 1994 I R 23/93, I R 58/93, I R 103/93, BFHE 175, 264, BStBl II 1995, 27 unter II. 2. c der Gründe, m.w.N.; Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 8. Oktober 1995 S 2244 A -St 11 H-, Der Betrieb --DB-- 1990, 2298, und --für den Fall des schlichten Stehenlassens eines Darlehens-- BFH-Urteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b der Gründe; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-vom 14. April 1994 IV B 2 -S 2244- 29/94, BStBl I 1994, 257). Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, daß Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten.

c) Auf die Prüfung, wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern zu erkennen gegeben hat, daß er das Darlehen auch in der Krise stehenlassen werde (BFH-Urteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b aa der Gründe). Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im allgemeinen nicht bereit (zur Kündigungsmöglichkeit in entsprechender Anwendung der §§ 609 Abs. 2, 610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--; vgl. u.a. Staudinger/Hopt/Mülbert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 609 Rdnrn. 34 ff.; Westermann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 610 Rdnrn. 13, 15; Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rdnr. 47, m.w.N.). Dementsprechend geht auch der BGH davon aus, daß Darlehen oder andere Finanzierungsmaßnahmen stets als kapitalersetzend anzusehen sind, wenn sie von vornherein (auch) auf eine Krisenfinanzierung hin angelegt sind (vgl. u.a. BGH-Urteile vom 9. Oktober 1986 II ZR 58/86, DB 1987, 159; vom 21. März 1988 II ZR 238/87, BGHZ 104, 33 ff., 38, m.w.N., und vom 9. März 1992 II ZR 168/91, DB 1992, 981). Zu diesen Finanzierungsmaßnahmen zählen z.B. die Gewährung einer Bürgschaft für den Fall einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft (BGH-Urteil vom 18. November 1991 II ZR 258/90, DB 1992, 366; BFH-Urteil in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340), ein Garantieversprechen (BFH-Urteil in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340) oder eine Erklärung der Gesellschafter, daß die Darlehensforderung im Range hinter die Forderungen der übrigen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten solle (BFH-Urteil in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234; zum Rangrücktritt allgemein BFH-Urteil vom 30. März 1993 IV R 57/91, BFHE 170, 449, BStBl II 1993, 502, m.w.N.).

Soweit sich die in diesen Beispielsfällen abgegebenen Erklärungen auf Darlehen beziehen, die (auch) zur Krisenfinanzierung bestimmt sind, ist streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen die nachträglichen Anschaffungskosten mit dem Nennwert der Darlehen (so grundsätzlich das Senatsurteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b aa der Gründe; Wolff-Diepenbrock, Deutsche Steuer-Zeitung 1995, 652; Blümich/Ebling, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rdnr. 223; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17 Rz. 170, 173, m.w.N.) oder nur mit ihrem Wert im Zeitpunkt der erkennbaren Krise anzusetzen sind (so insbesondere die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 257). Die Streitfrage kann hier offenbleiben. Der Senat geht davon aus, daß das Darlehen nicht von vornherein auf eine spätere Krisenfinanzierung hin angelegt war. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Vertragsparteien bereits bei Gründung der Gesellschaft an den späteren Krisenfall gedacht und den Einsatz des Darlehens für diesen Fall billigend in Kauf genommen haben; insbesondere enthält der Darlehensvertrag keinen Verzicht auf eine Kündigung aus wichtigem Grunde, falls die Gesellschaft später kreditunwürdig werden sollte (vgl. z.B. BGH-Urteil vom 9. Oktober 1986 II ZR 58/86, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-1987, 169). Der Darlehensvertrag spricht auch im übrigen eher dafür, daß die Vertragsparteien damit gerechnet haben, daß die Gesellschaft nach anfänglichen Anlaufverlusten Gewinne erwirtschaften und damit in der Lage sein werde, den in Anspruch genommenen Darlehensbetrag im Laufe der Zeit zurückzuzahlen. Das entspricht der für eine Gründungsfinanzierung typischen Erwartung.

d) Auf die Prüfung, wann die Krise der Gesellschaft eingetreten ist und wann die Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt haben, kann außer bei einem auf Krisenfinanzierung hin angelegten Darlehen auch bei einem Darlehen verzichtet werden, das von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen ist, daß die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten "finanzplanmäßigen" Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt (sog. "gesplittete" Pflichteinlage, vgl. BGH-Urteile in BGHZ 104, 33, 38 ff., und vom 14. Dezember 1992 II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 41 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 429, 960; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rdnrn. 14 ff., m.w.N.; Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, 128 ff.). Das gilt grundsätzlich für jede GmbH und unabhängig davon, ob die kapitalersetzende Finanzierung im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist; entscheidend ist, ob sich die planmäßige Gesellschafterfinanzierung aus einer Gesamtwürdigung des Gesellschaftsvertrages und/oder des Darlehensvertrages und der im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge vorliegenden Umstände ergibt (BGH-Urteile in BGHZ 104, 33, und in BGHZ 121, 31 ff.; Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 17. Juni 1994 15 U 90/94, ZIP 1994, 1183, 1185; Ulmer, Festschrift für Kellermann, 1991, 485, 487; vgl. allgemein zur Zulässigkeit schuldrechtlicher Nebenabreden zum Gesellschaftsvertrag BGH-Urteil vom 8. Februar 1993 II ZR 24/92, BB 1993, 676; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 3 Rdnr. 49, m.w.N.; Scholz/ Emmerich, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 3 Anm. 71 ff., 72 a; Hachenburg/Ulmer, Großkommentar zum GmbH-Gesetz, 8. Aufl.,§ 3 Rdnr. 121).

Liegt ein in diesem Sinne krisenunabhängiges Finanzplandarlehen vor, ist es nicht nur von vornherein --also mit seiner Hingabe-- gesellschaftsrechtlich als Haftkapital gebunden; es ist auch für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung davon auszugehen, daß es mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt wurde. Dementsprechend erhöhen sich im Falle seines Verlustes die Anschaffungskosten der Beteiligung nicht nur in Höhe seines Wertes im Zeitpunkt der Krise, sondern in Höhe seines Wertes im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft, also seines Nennwertes.

e) Auch bei dem von B gewährten Darlehen handelt es sich um einen solchen "Finanzplankredit". Für diese Beurteilung sprechen folgende Indizien (zu diesen vgl. u.a. BGH-Urteil in BGHZ 104, 33, 41 ff.; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rdnrn. 15 und 16, m.w.N.; Fleischer, a.a.O., S. 111 ff., 115 f., m.w.N.; Wiedemann, Festschrift für Beusch, 1993, 893, 905 ff.; von Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 4. Aufl., S. 198):

- Das Darlehen war für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich; die M-GmbH hätte ohne den Kredit den beabsichtigten Aufbau eines Elektrohandels und die Zusammenarbeit mit der F-KG nicht in Angriff nehmen können. Der Darlehensvertrag wurde deshalb zeitlich noch vor dem Gesellschaftsvertrag abgeschlossen.

- Ein außenstehender Kreditgeber hätte der M-GmbH bei einem Stammkapital von 20 000 DM keinen Kreditrahmen von 2,5 Mio. DM eingeräumt; die Gesellschaft war wegen fehlender Sicherheiten im Zeitpunkt ihrer Gründung für ein Darlehen in dieser Höhe nicht kreditwürdig.

- Das Darlehen sollte erkennbar nicht nur einen vorübergehenden Geldbedarf ausgleichen. Der Darlehensvertrag enthält zwar in § 3 einen Tilgungsplan, er enthält aber keine Regelungen über den Fortbestand des Vertragsverhältnisses, wenn dieser Plan nicht eingehalten wird; er ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und unterlag vollständig dem Einfluß des B als Geschäftsführer und beherrschenden Gesellschafters der GmbH.

-Das Darlehen wurde auch nicht zu marktüblichen Bedingungen gewährt; ein außenstehender Kreditgeber hätte sich nicht mit der bloßen Erstattung des ihm selbst in Rechnung gestellten Zinses und der Rückzahlung des Kredites nach Maßgabe der eingehenden Kundenzahlungen bzw. der Vorausabtretung der Kundenforderungen zufriedengegeben.

- Der schon ein halbes Jahr nach Abschluß des Darlehensvertrages vereinbarte Rangrücktritt --dem für sich betrachtet neben dem Finanzplandarlehen im Rahmen des § 17 EStG keine zusätzliche Bedeutung zukommt (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333 unter 2. b cc der Gründe)-- und das unveränderte Stehenlassen des Darlehens bei Verschärfung der Krise bestätigen die Annahme, daß das Darlehen von Anfang an einlagegleichen Charakter haben sollte.

Der Senat konnte diese Würdigung im Streitfall selbst vornehmen. Das FG hat zwar weder den Darlehensvertrag noch die Begleitumstände des Vertragsabschlusses näher gewürdigt; die unterlassene Auslegung des Vertrages kann aber vom Revisionsgericht nachgeholt werden, weil das FG die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen hat (vgl. dazu u.a. BFH-Urteil vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563 unter 3. b aa der Gründe; BGH-Urteil vom 25. September 1975 VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107; Gräber, a.a.O., § 118 Rdnr. 17, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

Zurück