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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.03.2003
Aktenzeichen: VIII R 33/01
Rechtsgebiete: EStG, HGB
Vorschriften:
EStG § 15a Abs. 1 | |
EStG § 15a Abs. 2 | |
EStG § 15a Abs. 4 | |
EStG § 15a Abs. 5 Nr. 1 | |
HGB § 230 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG, die 1987 eine GmbH gegründet hatte, an der sie sich anschließend als atypisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 475 000 DM beteiligte. Die ursprünglich im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Beschränkung der Haftung der Klägerin auf die Einlage wurde noch 1987 ersatzlos gestrichen, um eine eventuelle unbeschränkte schuldrechtliche Haftung der Klägerin gegenüber Gesellschaftsgläubigern nicht gesellschaftsrechtlich zu behindern. Die GmbH war am Verlust des Unternehmens nicht beteiligt; dieser traf alleine die Klägerin. Die stille Gesellschaft wurde zum 1. Januar 1994 aufgelöst, die GmbH 1997 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
Die von der GmbH in den Streitjahren 1988 bis 1990 erwirtschafteten Verluste führten bei der Klägerin zu einem ständig wachsenden negativen Kapitalkonto, das sich zum 31. Dezember 1990 auf 1 751 404 DM belief. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat in den --mit den Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre zusammengefassten-- angefochtenen Bescheiden über die gesonderte Feststellung der verrechenbaren Verluste nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum 31. Dezember 1988, zum 31. Dezember 1989 und zum 31. Dezember 1990 die Ansicht, dass die der Klägerin zugewiesenen Verlustanteile lediglich verrechenbar i.S. von § 15a EStG seien. Demgegenüber hielt die Klägerin sie für ausgleichsfähig. Sie hat dazu vorgetragen:
Am 9. Dezember 1987 hätten die Klägerin und die GmbH als Gesamtschuldner einen Kreditvertrag mit der B-Bank über einen Kreditbetrag in Höhe von 3 Mio. DM abgeschlossen. Die beiden Kreditnehmer seien verpflichtet gewesen, Aufschluss über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage von Jahresabschlüssen und von aktuellen Informationen über den Geschäftsverlauf zu geben. Am 16. Januar 1990 sei der Kreditvertrag insoweit geändert worden, als eine mögliche Inanspruchnahme in Höhe von 3,3 Mio. DM eingeräumt worden sei. Am 22. Januar 1990 sei von der Klägerin, der GmbH und vom persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin eine Bürgschaft für die Gesellschaftsschulden ohne betragsmäßige Begrenzung gegenüber der B-Bank abgegeben worden.
Einspruch und Klage blieben erfolglos (Deutsches Steuerrecht/ Entscheidungsdienst --DStRE-- 2002, 82).
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG).
Sie beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und unter Änderung des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1988, 1989 und 1990 mit der darin enthaltenen Feststellung des nach § 15a Abs. 4 EStG verrechenbaren Verlustes vom 10. November 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. August 1997 den verrechenbaren Verlust für diese Jahre jeweils mit 0 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Feststellung des verrechenbaren Verlustes der Klägerin nach § 15a Abs. 4 EStG. Damit ist bestandskräftig festgestellt, dass die GmbH als tätige Gesellschafterin und die Klägerin als atypisch stille Gesellschafterin Mitunternehmer des Gewerbebetriebs der GmbH waren. Bestandskräftig festgestellt ist damit auch die Höhe der der Klägerin zuzurechnenden Anteile am Verlust des Gewerbebetriebs (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 1999 VIII R 29/98, BFHE 188, 146, BStBl II 1999, 592).
2. Die Verlustanteile sind lediglich verrechenbar i.S. von § 15a Abs. 4 EStG.
a) Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der Anteil eines Kommanditisten am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Ein hiernach nicht berücksichtigungsfähiger, sog. verrechenbarer Verlust (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG) mindert jedoch gemäß § 15a Abs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind.
Diese Grundsätze gelten sinngemäß für die Gesellschafter einer stillen Gesellschaft i.S. von § 230 des Handelsgesetzbuches (HGB), bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (§ 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG). Das bedeutet nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BFH, dass Verluste des atypisch stillen Gesellschafters, die zu einem negativen Kapitalkonto geführt haben, jedenfalls dann nicht ausgleichs- oder abzugsfähig, sondern nur verrechenbar sind, wenn sich der Gesellschafter nur gegenüber dem tätigen Gesellschafter verpflichtet hat, dessen Verluste durch weitere Einlagen abzudecken oder anderweitig auszugleichen (BFH-Urteile vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; vom 16. Dezember 1997 VIII R 76/93, BFH/NV 1998, 576; vom 7. Oktober 1997 VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823). Dies gilt auch für den einem atypisch stillen Gesellschafter vergleichbaren nichttätigen Gesellschafter einer BGB-Innengesellschaft (BFH-Urteil vom 10. Juli 2001 VIII R 45/98, BFHE 196, 103, BStBl II 2001, 339).
Es ist deshalb für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung, dass die Klägerin im Innenverhältnis zur GmbH den gesamten Verlust des Gewerbebetriebs zu tragen hatte. Es kann auch offen bleiben, ob sich --wie die Klägerin meint-- mit der Vereinbarung dieser weitgehenden Verlusttragungspflicht und der Übernahme von schuldrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der B-Bank die atypisch stille Gesellschaft in eine BGB-Innengesellschaft gewandelt hat.
b) Mit der Frage, welche Folgen die schuldrechtliche Verpflichtung eines atypisch stillen Gesellschafters gegenüber allen oder einzelnen Gläubigern des nach außen auftretenden Geschäftsinhabers im Rahmen des § 15a EStG nach sich zieht, hat sich der BFH bisher noch nicht befasst. Die zu § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG ergangenen Entscheidungen hatten nur Verpflichtungen gegenüber Mitgesellschaftern zum Gegenstand, Verluste durch weitere Einlagen abzudecken oder anderweitig auszugleichen; in den Begründungen zu diesen Entscheidungen ist aber bereits darauf hingewiesen worden, dass die Voraussetzungen für einen erweiterten Verlustausgleich über den Betrag der geleisteten Einlage hinaus gemäß § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG bei einem atypisch stillen Gesellschafter nicht erfüllt sein können, weil dieser nicht mit einer Hafteinlage in das Handelsregister eingetragen sei (BFH-Urteile in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, unter III.2. bis 4. der Gründe; in BFH/NV 1998, 576, unter 2. a.E. der Gründe; in BFH/NV 1998, 823, unter 4. der Gründe). Der erkennende Senat hat diese Ansicht in seinem Urteil vom 5. Februar 2002 VIII R 31/01 (BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464), das die Übernahme schuldrechtlicher Außenverpflichtungen durch den nichttätigen Gesellschafter einer BGB-Innengesellschaft betraf, im Ergebnis bestätigt. Er verweist hinsichtlich der Begründung auf diese Entscheidung. Für einen atypisch stillen Gesellschafter gilt nichts anderes.
Nach diesen Grundsätzen führen auch die vereinbarte gesamtschuldnerische Haftung der Klägerin für die aufgenommenen Bankkredite und die Übernahme der unbegrenzten Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der B-Bank nur zu verrechenbaren Verlusten.
Ende der Entscheidung
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