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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.12.2000
Aktenzeichen: VIII R 34/94
Rechtsgebiete: EStG, GmbHG, BGB, FGO


Vorschriften:

EStG § 17
EStG § 54
EStG § 10d
EStG § 17 Abs. 4
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 9
EStG § 20
GmbHG §§ 26 ff.
GmbHG § 32a Abs. 1
GmbHG § 32a Abs. 3
BGB § 267
BGB § 769
BGB § 426 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren 1984 und 1985 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 31. Januar 1980 gründeten sie die W-GmbH (GmbH) mit einem Stammkapital von 20 000 DM. Die Klägerin übertrug am 31. Juli 1980 ihren Anteil am Stammkapital der GmbH auf den Kläger, der von da an Alleingesellschafter der GmbH war.

Am 15. Januar 1982 nahm die GmbH bei der R-Bank einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 80 000 DM auf, der durch Vertrag vom 4. Mai 1983 auf 130 000 DM erweitert wurde. Die Darlehensforderungen der R-Bank gegen die GmbH wurden durch selbstschuldnerische Bürgschaften der Kläger vom 15. Januar 1982 in Höhe von 117 000 DM und vom 22. Dezember 1982 in Höhe von 50 000 DM sowie der Eltern des Klägers vom 15. Januar 1982 in Höhe von 80 000 DM und vom 16. Dezember 1982 in Höhe von 50 000 DM abgesichert.

Am 22. November 1983 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. In seinem Bericht vom 2. Januar 1984 kam der Konkursverwalter zu dem Ergebnis, dass das Konkursverfahren voraussichtlich mangels Masse eingestellt werden müsse, weil die Masseverbindlichkeiten das freie Vermögen der GmbH um ca. 9 700 DM überstiegen. Der Konkursverwalter wickelte die Gesellschaft unter Mithilfe des Klägers noch bis zum Juli 1984 ab. Am 27. April 1989 wurde das Konkursverfahren mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse eingestellt. Am 15. November 1990 wurde die GmbH im Handelsregister gelöscht.

Durch Vertrag vom 1. Dezember 1983 erklärten sich die Eltern des Klägers diesem gegenüber bereit, dessen Verpflichtungen gegenüber der R-Bank im Außenverhältnis als persönliche Schuld zu übernehmen, um den persönlichen Konkurs des Klägers zu vermeiden. Im Innenverhältnis sollte der Kläger alleiniger Schuldner aus der übernommenen Bürgschaft bleiben. Der Kläger verpflichtete sich, das von seinen Eltern "vorschussweise" Verauslagte so bald als möglich zurückzuerstatten und dafür zu sorgen, dass seine Eltern so bald als möglich von der im Außenverhältnis übernommenen Haftung freigestellt werden.

Die R-Bank nahm die Eltern des Klägers aus den eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen in Anspruch. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung schlossen die Eltern mit der R-Bank am 13. Dezember 1983 einen Darlehensvertrag über 132 000 DM ab, dessen Verwendungszweck im Vertrag mit "Schuldübernahme von W-GmbH im Konkurs auf Grund von Bürgschaftserklärung vom 15.2.1982 (richtig: 15.1.1982) und 16.12.1982" bezeichnet wurde. Das Darlehen war mit 7,5 % p.a. zu verzinsen und ab 1. Januar 1984 mit monatlichen Raten von 1 324 DM zu tilgen. Als Sicherheit wurden Buchgrundschulden auf dem Einfamilienhaus der Eltern bestellt.

In ihrer Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr 1984 machten die Kläger einen Auflösungsverlust nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 22 805 DM (1984) geltend. Dieser Betrag setzt sich nach ihren Angaben zusammen aus dem Verlust des eingezahlten Stammkapitals, der Übernahme der Lohnsteuer-Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 1 917,22 DM und der Tilgung des von den Eltern eingeräumten Darlehens aufgrund der übernommenen Bürgschaft in Höhe von 15 888 DM. In der Einkommensteuererklärung 1985 machten die Kläger einen weiteren Auflösungsverlust von 20 794 DM geltend. Hiervon entfielen 15 888 DM auf die Tilgung des von den Eltern aufgenommenen Darlehens. Bei dem verbleibenden Betrag handelt es sich um die Begleichung von Rechtsanwaltskosten des Klägers (1 065,90 DM) und von Verbindlichkeiten der GmbH.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in dem geänderten, endgültig ergangenen Einkommensteuerbescheid 1984 vom 17. Dezember 1987 lediglich den Verlust der eingezahlten Stammeinlage in Höhe von 5 000 DM bei den Einkünften nach § 17 EStG. Die vom Kläger im Haftungswege übernommene Lohnsteuerverbindlichkeit der GmbH in Höhe von 1 918 DM berücksichtigte er als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Bei der Veranlagung ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 17 378 DM und eine Einkommensteuer von 1 948 DM.

In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1985 vom 26. Oktober 1987 wurde der in der Einkommensteuererklärung geltend gemachte weitere Verlust nicht berücksichtigt. Mit Verfügung vom 17. Dezember 1987 hat das FA den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Die Einsprüche der Kläger vom 13. Januar 1988 gegen die endgültigen Einkommensteuerbescheide 1984 und 1985 vom 17. Dezember 1987 hatten nur zum Teil Erfolg. Das FA berücksichtigte in der Einspruchsentscheidung bei der Einkommensteuer 1985 lediglich die vom Kläger geleisteten Zahlungen zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 3 841 DM sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1 066 DM. Das zu versteuernde Einkommen für 1985 wurde entsprechend auf 29 102 DM herabgesetzt. Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

Mit der Klage beantragten die Kläger, im Jahr 1984 einen weiteren Auflösungsverlust gemäß § 17 EStG in Höhe von 132 000 DM mit der Folge eines Verlustrück- und -vortrages zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 1985 unter Ansatz der erhöhten Kinderfreibeträge nach § 54 EStG 1991 anderweitig festzusetzen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es hat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1984 dahingehend geändert, "dass ein zusätzlicher Verlust nach § 17 EStG i.H.v. 132 000 DM zu berücksichtigen ist". Die Steuerberechnung für beide Streitjahre wurde gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen, und zwar für das Jahr 1985 mit der Maßgabe, "soweit ein Verlustvortrag nach § 10d EStG aus dem Jahr 1984 und/oder die erhöhten Kinderfreibeträge nach § 54 EStG 1991 zum Tragen kommen". Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 967 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 EStG. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass Bürgschaften, die zugunsten einer GmbH von dem Gesellschafter nahestehenden Personen übernommen werden, als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen seien. Aufwendungen seien grundsätzlich demjenigen zuzurechnen, der sie getragen habe. Aufwendungen Dritter könnten vom Steuerpflichtigen weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Selbst wenn man den Ausführungen des FG folge, dass sich der Kläger aufgrund der Vereinbarung vom 1. Dezember 1983 im Innenverhältnis gegenüber seinen Eltern zur Erstattung der auf die Bürgschaft geleisteten Zahlungen verpflichtet habe und deshalb eigenen Aufwand geltend machen könne, rechtfertige dies im Streitfall nicht den Ansatz der Verpflichtung als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung. Denn der Kläger habe bisher keinen Nachweis über geleistete Ausgleichszahlungen an seine Eltern erbracht. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er die Verpflichtung gegenüber seinen Eltern nicht mehr erfüllen werde.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die erhöhten Kinderfreibeträge für 1984 und 1985 angesetzt werden.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist zum Teil begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit der Einkommensteuerbescheid 1985 Gegenstand des finanzgerichtlichen Urteils ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I. Einkommensteuer 1984

Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Verlust des Klägers aus der Auflösung der GmbH im Streitjahr 1984 entstanden und um nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 132 000 DM zu erhöhen ist.

1. Nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die GmbH ist durch die Eröffnung des Konkursverfahrens (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) am 22. November 1983 aufgelöst worden.

2. Die Entstehung eines nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Auflösungsverlustes setzt weiter voraus, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen kann. Es muss ferner feststehen, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden (vgl. dazu u.a. BFH-Urteile in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339, unter II. 2. der Gründe, m.w.N.; vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Diese Voraussetzungen sind, wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162 ausgeführt hat, im Fall der Auflösung mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt. Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass der Auflösungsverlust mit der vollständigen Abwicklung des Unternehmens der GmbH durch den Konkursverwalter im Juli 1984 entstanden ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die die Verfahrensbeteiligten nicht mit Revisionsrügen angegriffen haben, stand spätestens zu diesem Zeitpunkt fest, dass der Kläger nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen konnte, denn der Konkursverwalter hatte bereits in seinem Prüfungsbericht vom 2. Januar 1984 eine Unterdeckung der Konkursmasse von mehr als 9 000 DM ermittelt. Die die Höhe des Verlustes bestimmenden Umstände standen ebenfalls schon zum Jahresbeginn 1984 fest. Die Eltern des Klägers waren Ende 1983 von der R-Bank aus ihren Bürgschaftsverpflichtungen in Anspruch genommen worden und hatten mit der R-Bank die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten der GmbH vereinbart. Es kommt deshalb für die Entscheidung des Streitfalls ausschließlich darauf an, ob und ggf. in welcher Höhe die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Schuldübernahme zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führten.

3. Wie der erkennende Senat wiederholt dargelegt hat, ist der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen (vgl. z.B. Urteile in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561). Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind.

a) Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind (vgl. dazu Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 17 Rz. 164), sondern auch Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters, insbesondere Leistungen aus einer für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft, wenn die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlos ist (st. Rspr., vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320; in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, m.w.N.; vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).

b) Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters sind nur dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn und insoweit sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben (st. Rspr., vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342; in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817; vgl. dazu auch Gschwendtner in Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1999, Beihefter zu Heft 32, Tz. 3.2.3.3). Das damit verbundene Haftungsrisiko rechtfertigt es, eigenkapitalersetzende Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters in der Frage der Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (Urteile in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, und in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).

Die Bürgschaftsübernahme ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eigenkapitalersetzend, wenn die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wird, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befindet oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922, unter II. 2. d der Gründe, m.w.N.; vgl. --zur krisenbestimmten Finanzierungshilfe-- BGH-Urteil vom 9. März 1992 II ZR 168/91, Der Betrieb --DB-- 1992, 981). Weiterhin kann eine Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehen gelassen wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, unter II. 2. b der Gründe).

Entgegen der Ansicht des FG und der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl. die Nachweise in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817) kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nicht allein aus der Unentgeltlichkeit der Bürgschaftsübernahme gefolgert werden. Der Senat nimmt wegen der Begründung Bezug auf die Ausführungen unter II. 2. b seines Urteils in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817.

c) Entscheidendes Tatbestandsmerkmal im Kapitalersatzrecht ist die in § 32a Abs. 1 GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998 (BGBl I 1998, 786) genannte "Krise"; die Krise wird danach als der Zeitpunkt definiert, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft "als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten". Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, insbesondere ob sie noch als kreditwürdig anzusehen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, unter II. 2. b der Gründe, m.w.N.). Das FG hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die GmbH sich bei Übernahme der Bürgschaften durch die beiden Kläger und die Eltern des Klägers im Januar bzw. Dezember 1982 in einer Krise i.S. des Kapitalersatzrechts befand. Diese Schlussfolgerung des FG gründet sich zum einen auf die Ausführungen im Bericht des Konkursverwalters vom 2. Januar 1984, zum anderen auf die Angaben im Jahresabschluss der GmbH auf den 31. Dezember 1981. Danach standen bereits an diesem Bilanzstichtag Buchwerten des Aktivvermögens von ca. 247 000 DM Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 320 000 DM gegenüber. Die Würdigung des FG ist denkgesetzlich möglich; sie ist vom FA nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

4. Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass nicht der Kläger als Alleingesellschafter der GmbH, sondern dessen Eltern aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurden. Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass dieser Umstand bei den im Streitfall gegebenen tatsächlichen Verhältnissen der Annahme einer eigenkapitalersetzenden Finanzierungsmaßnahme nicht entgegensteht.

a) Für die Einkommensteuer gilt der Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grundsatz folgt u.a., dass ein Steuerpflichtiger nur solche Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung abziehen kann, die seine persönliche Leistungsfähigkeit mindern (BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; Urteile vom 24. Februar 2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314; vom 2. Dezember 1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310; vom 2. Dezember 1999 IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Dieser Grundsatz gilt ebenso für den Bereich der Überschusseinkünfte wie für den der Gewinneinkünfte. Aufwendungen eines Dritten, die durch die Einkunftserzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind (sog. Drittaufwand), kann der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht Einkünfte mindernd geltend machen.

aa) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Aufwendungen eines Dritten können im Falle einer Abkürzung des Zahlungsweges vom Steuerpflichtigen als eigene Aufwendungen abgezogen werden. Unter Abkürzung des Zahlungsweges versteht die Rechtsprechung die Zuwendung eines Geldbetrages an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass ein Dritter im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt (§ 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), anstatt ihm den entsprechenden Geldbetrag unmittelbar zuzuwenden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Leistet der Dritte jedoch auf eine eigene Verbindlichkeit (z.B. auf eine im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Bürgschaft), kommt ein Abzug der Aufwendungen des Dritten unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Zahlungsweges nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314).

bb) Mit einer Abkürzung des Zahlungswegs vergleichbar ist der Fall der mittelbaren verdeckten Einlage durch Verzicht einer dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nahe stehenden Person auf ihre Forderung gegen die Kapitalgesellschaft. Der Forderungsverzicht führt zu einer mittelbaren verdeckten Einlage und damit zu nachträglichen Aufwendungen des Gesellschafters auf seine Beteiligung, wenn der Gläubiger nicht in eigenwirtschaftlichem Interesse handelt, sondern in der Absicht, dem Gesellschafter --entgeltlich oder unentgeltlich-- etwas zuzuwenden (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, unter C. III.; Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl II 1998, 652).

cc) Aufwendungen eines Dritten auf eine von ihm im eigenen Namen, aber im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Verbindlichkeit sind auch dann bei der Einkünfteermittlung des Steuerpflichtigen abziehbar, wenn der Dritte die Verbindlichkeit im Innenverhältnis für Rechnung des Steuerpflichtigen eingegangen ist, d.h., wenn diesen die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäfts treffen sollen (Wolff-Diepenbrock, Handeln für fremde Rechnung im Einkommensteuerrecht, Festschrift für Döllerer, 1988, 757). Dies ist bei der Inanspruchnahme eines Dritten aus einer im Interesse des Steuerpflichtigen eingegangenen Bürgschaft der Fall, wenn der Dritte gegen den Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat. Denn die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz mindert die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen.

dd) Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass die Eltern des Klägers ihre Leistungen gegenüber der R-Bank wirtschaftlich für Rechnung des Klägers aufgebracht haben. Da sich neben den Eltern des Klägers auch die Kläger selbst für die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der R-Bank verbürgt hatten, hafteten alle Bürgen als Gesamtschuldner (§ 769 BGB). Nach § 774 Abs. 2 i.V.m. § 426 Abs. 1 BGB sind die Mitbürgen als Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Aus der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinen Eltern ergibt sich, dass --abweichend von der gesetzlichen Regel des § 426 Abs. 1 BGB-- im Innenverhältnis der Mitbürgen allein der Kläger aus der Bürgschaft verpflichtet sein sollte. Diese Vereinbarung ist zwar erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens schriftlich fixiert worden. Aus ihrem Inhalt ergibt sich jedoch, dass zwischen den Vertragsbeteiligten schon vorher Einigkeit darüber bestand, dass im Innenverhältnis allein der Kläger Schuldner aus der gesamtschuldnerisch übernommenen Bürgschaft sein sollte (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung von Bürgschaftsaufwendungen vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1997 IV R 42/96, BFH/NV 1997, 837).

b) Die Vorschriften des Eigenkapitalersatzrechts stehen der Berücksichtigung der von den Eltern des Klägers auf dessen Rechnung an die R-Bank geleisteten Zahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung nicht entgegen.

aa) Normadressaten des Eigenkapitalersatzrechts sind grundsätzlich nur die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Die Umqualifizierung eines Gesellschafterdarlehens oder einer gleichgestellten Finanzierungsmaßnahme in funktionelles Eigenkapital beruht auf der sog. Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter. Die Gesellschafter sollen veranlasst werden, in einer wirtschaftlichen Krise der GmbH weiteres Eigenkapital einzusetzen und nicht durch Kapitalhilfen anderer Art (Darlehen, Bürgschaften etc.) Dritte über die Eigenkapitalausstattung der GmbH zu täuschen (BGH-Urteil vom 16. Oktober 1989 II ZR 307/88, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1989, 1542). Entscheiden sich die Gesellschafter in der Krise der Kapitalgesellschaft, diese nicht zu liquidieren, sondern ihr über die vereinbarte Stammeinlage hinaus weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, können sie sich ihrer daraus folgenden Verantwortung gegenüber den außenstehenden Gläubigern nicht entziehen, indem sie anstelle der objektiv gebotenen Zuführung weiteren Eigenkapitals der Gesellschaft lediglich Darlehen oder eine gleichgestellte Kredithilfe gewähren (st. Rspr. des BGH, vgl. z.B. Urteile vom 11. September 1981 II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 317; vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381; Baumbach/ Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 32a Rz. 3, m.w.N.; v. Gerkan/ Hommelhoff --Hrsg.--, Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2000, Rz. 2.20).

bb) Dritte, zu denen auch nahe Angehörige des Gesellschafters gehören, tragen grundsätzlich keine Verantwortung für die Finanzierung der Kapitalgesellschaft (BGH-Urteile vom 18. Februar 1991 II ZR 259/89, Betriebs-Berater --BB-- 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 6. Juni 1994 II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, BB 1994, 1657; vom 8. Februar 1999 II ZR 261/97, DStR 1999, 810 a.E. mit Anm. Goette; Oberlandesgericht --OLG-- München, Urteil vom 20. Januar 1992 17 U 4066/91, DStR 1993, 614 mit Anm. Goette; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. August 1998 19 U 268/96, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht --NZG-- 1998, 997; Scholz/ K. Schmidt, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 134). Sie können die Rückzahlung eines der Kapitalgesellschaft gewährten Darlehens auch im Insolvenzfall fordern. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos.

cc) Kreditgeber, die nicht Gesellschafter sind, unterliegen den Normen des Eigenkapitalersatzrechts dann, wenn ihre Finanzierungshilfe an die Gesellschaft wirtschaftlich derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht (§ 32a Abs. 3 GmbHG). Die Gleichstellung kann auf Beziehungen zu einem der Gesellschafter oder auf dem Verhältnis zur Gesellschaft als solcher beruhen (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 20). Von diesem Ausnahmetatbestand werden insbesondere Finanzierungshilfen erfasst, die zwar nicht rechtlich, aber im wirtschaftlichen Ergebnis aus dem Vermögen eines Gesellschafters aufgebracht werden sollen (BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 14. Juni 1993 II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072; vom 7. November 1994 II ZR 8/93, ZIP 1995, 125; vom 7. November 1994 II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, BB 1995, 58, ZIP 1994, 1934 mit zustimmender Anm. von Altmeppen; vom 18. November 1996 II ZR 207/95, BB 1997, 220, DStR 1997, 172; vom 26. Juni 2000 II ZR 21/99, BB 2000, 1750; OLG München, Urteil in DStR 1993, 614; OLG Stuttgart, Urteil in NZG 1998, 997; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 25; v. Gerkan/ Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 5. Aufl., Rz. 4.12; Kamprad, GmbH-Rundschau (GmbHR) 1984, 339; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., 2000, §§ 32a, 32b Rz. 61; Noack, GmbHR 1996, 153; Scholz/K. Schmidt, a.a.O, §§ 32a, 32b Rz. 134; K. Weber, GmbHR 1992, 354, 356). Diese Voraussetzung ist nicht nur in Umgehungsfällen, sondern immer dann erfüllt, wenn die Finanzierungshilfe des Dritten --wie auch im Streitfall-- wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters gewährt wird, z.B. weil dieser dem Dritten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist (BGH-Urteile in BB 1997, 220, DStR 1997, 172 mit Anm. Goette; in BGHZ 127, 336, ZIP 1994, 1934, BB 1995, 58; in BB 2000, 1750).

5. Das FG hat die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten zutreffend mit dem Nennbetrag der von den Eltern auf die Darlehensschuld der GmbH geleisteten Zahlung berücksichtigt, weil die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, zu dem sich die Gesellschaft bereits in der Krise befand. In einem solchen Fall bestimmt sich die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten im Regelfall nach dem Nennwert der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft (BFH-Urteil in BFHE 189, 383, 388, BStBl II 1999, 817, m.w.N.). Der Umstand, dass die Eltern des Klägers nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH durch Vereinbarung mit der R-Bank die Verbindlichkeit der GmbH als eigene übernommen (§ 414 BGB) haben, kann die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten ebenso wenig beeinflussen wie ein Verzicht des Bürgen auf seine Rückgriffsforderung gegen die GmbH (vgl. Senatsurteil in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers sind deshalb mit dem Nennbetrag der von den Eltern übernommenen Verbindlichkeit (132 000 DM) anzusetzen.

6. Die Aufwendungen aus der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung sind bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts nach § 17 EStG unabhängig davon zu berücksichtigen, ob der Kläger seiner Verpflichtung zum Aufwendungsersatz aus der Vereinbarung vom 1. Dezember 1983 tatsächlich nachgekommen ist. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 8. April 1998 VIII R 21/94 (BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660) entschieden, der Begriff der nachträglichen Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG erfasse nicht solche Bürgschaftsverpflichtungen, die der Gesellschafter im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllen könne. Der Sachverhalt des Streitfalls unterscheidet sich jedoch insofern von dem des Falles VIII R 21/94, als hier eine zurechenbare wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen durch die Bürgschaftsinanspruchnahme eingetreten ist. Denn die nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung sind bereits mit der Inanspruchnahme der Eltern des Klägers aus der im Innenverhältnis allein für Rechnung des Klägers übernommenen Bürgschaft entstanden. Die Eltern des Klägers haben durch Vereinbarung mit der R-Bank die Verbindlichkeit der GmbH als eigene übernommen (§ 414 BGB) und ihre Bürgschaftsverpflichtung im Wege der Novation in eine Darlehensschuld umgewandelt. Der dadurch entstandene Aufwand ist dem Kläger als eigener zuzurechnen, da er ihn seinen Eltern zu ersetzen hat. Ob er diese Verpflichtung tatsächlich erfüllt hat, ist für den Ansatz der Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung gleichgültig. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Kläger selbst von der R-Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen worden wäre und zur Erfüllung dieser Verpflichtung Geldbeträge verwendet hätte, die ihm von seinen Eltern darlehensweise zur Verfügung gestellt wurden. Im letzteren Fall wären die Bürgschaftsaufwendungen des Klägers unzweifelhaft auch dann bei der Gewinnermittlung nach § 17 EStG zu berücksichtigen, wenn er seine Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht hätte erfüllen können.

II. Einkommensteuer 1985

Hinsichtlich der Entscheidung über das Streitjahr 1985 ist das Urteil des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.

Aus der Urteilsformel (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 FGO) und dem festgestellten Sachverhalt folgt, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung von § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO beruht, soweit sie das Streitjahr 1985 betrifft. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsaktes durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann, wenn die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert. Der Entscheidungssatz eines finanzgerichtlichen Urteils entspricht nur dann den Anforderungen dieser Vorschrift, wenn dem FA nur die Berechnung der Steuer, nicht auch die Entscheidung einer Rechtsfrage überlassen bleibt (vgl. zur insoweit ähnlichen Vorschrift des Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit: BFH-Urteile vom 6. März 1990 II R 63/87, BFHE 159, 555, BStBl II 1990, 504; vom 6. Mai 1986 VIII R 110/83, BFH/NV 1986, 722, und vom 27. Juni 1995 IX R 11/93, IX R 12/93, BFH/NV 1996, 319; Beschluss vom 14. August 1996 V B 107/95, BFH/NV 1997, 205). Hat das FG bei seiner Entscheidung eine Rechtsfrage offen gelassen, so ist dieser Verfahrensfehler im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen und die Vorentscheidung aufzuheben (Urteil in BFHE 159, 555, BStBl II 1990, 504).

Dies ist hier aber der Fall. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass das FG der Klage in vollem Umfang stattgeben wollte. Dabei ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger für das Streitjahr 1985 nicht nur den Ansatz der erhöhten Kinderfreibeträge, sondern sinngemäß auch einen Abzug des bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte für 1984 nicht ausgeglichenen Verlusts aus der Liquidation der GmbH begehren, soweit dieser Verlust nicht schon im Wege des Verlustrücktrags bei der Einkommensteuer 1982 und 1983 ausgeglichen werden kann. Das FG durfte die Prüfung, ob und ggf. in welcher Höhe im Streitjahr 1985 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs im Wege des Verlustvortrags zu Gunsten der Kläger zu ändern ist, nicht nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen. Denn insoweit handelte es sich nicht nur um eine Berechnung der Steuer, sondern um eine Rechtsfrage. Über Grund und Höhe eines Verlustabzugs nach § 10d EStG ist für Veranlagungszeiträume vor 1990 im Jahr des jeweiligen Verlustabzugs zu entscheiden (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 6. März 1987 VI R 73/84, BFH/NV 1987, 456; vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8; vom 9. Juli 1992 XI R 29/91, BFHE 168, 558, BStBl II 1993, 29; vom 24. April 1991 XI R 32/88, BFH/NV 1991, 598). Diese Entscheidung umfasst alle für Grund und Höhe des Verlustabzugs maßgebenden Umstände. Zu entscheiden ist deshalb im Abzugsjahr nicht nur über Grund und Höhe des zum Abzug anstehenden Verlustes im Entstehungsjahr, sondern ebenso, ob und inwieweit dieser Verlust bereits durch Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorangegangener Veranlagungszeiträume erloschen ist (BFH-Urteil vom 8. April 1992 I R 41/88, BFH/NV 1992, 799). Die hierfür erforderlichen Feststellungen hat das FG, z.B. durch Beiziehung der Einkommensteuerakten der Kläger für die Jahre 1982 und 1983, von Amts wegen zu treffen (BFH-Urteil vom 11. August 1999 XI R 23/98, BFH/NV 2000, 184).

Wegen der Berücksichtigung der erhöhten Kinderfreibeträge wird auf § 53 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2552) und das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 2000 (BStBl I 2000, 413) hingewiesen.

III. Über die Kosten des gesamten Verfahrens --einschließlich des Revisionsverfahrens-- hat das FG zu entscheiden (§ 143 Abs. 2 FGO; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 143 Rz. 8).



Ende der Entscheidung

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