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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: VIII R 46/06
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 | |
EStG § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a |
2. Es kommt nicht darauf an, dass Forderungen auf Girokonten wegen deren geringfügiger Guthabenverzinsung u.U. nicht geeignet sind, eine Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen.
3. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Zahlung auf ein Girokonto des Gesellschafters bei nachfolgender Überweisung der Darlehensmittel auf ein Konto der GmbH lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" darstellen soll.
4. Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Inhaber einer Kapitallebensversicherung bei der X mit einer Gesamtlaufzeit von 29 Jahren. Ablaufdatum der Versicherung war der 1. April 2004.
Im Februar 2004 erhielt der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) eine Anzeige der X gemäß § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), in der u.a. mitgeteilt wurde, der Versicherungsvertrag diene mit einem Nennbetrag/Auszahlungsbetrag in Höhe von 18 900 € der Tilgung eines Darlehens. Auf Anfrage des FA teilte der Kläger mit, die Darlehensmittel seien für eine Kapitaleinlage in die Y-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er sei, verwendet worden.
Das FA stellte daraufhin mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 2. Juni 2004 die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Versicherung des Klägers bei der X enthaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung fest.
Den dagegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, im Zuge von Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der nominellen Überschuldung der Y-GmbH sei beschlossen worden, Mietverbindlichkeiten gegenüber Frau A zu tilgen, der Eigentümerin des von der GmbH genutzten Grundstücks. Auf Drängen der Bank ... sei die Beleihung der Versicherung nebst Darlehensauszahlung erfolgt. Die Bildung einer Kapitalrücklage bei der Y-GmbH sei steuerunschädlich.
In der Folge stellte sich heraus, dass die Darlehensauszahlung am 8. Dezember 2003 auf ein Girokonto des Klägers bei der Bank ... erfolgt war, das mit ca. 0,5 % Guthabenzins verzinst wurde. Mehr als einen Monat später, am 14. Januar 2004 bzw. 22. Januar 2004, wurde das Geld von jenem Girokonto unter dem Verwendungszweck "Kapitalrücklage" auf ein Konto der Y-GmbH überwiesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Das mit der Kapitallebensversicherung des Klägers abgesicherte Darlehen habe der Finanzierung einer Kapitalrücklage gedient, so dass die Finanzierungskosten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellten. Die Verwendung der Lebensversicherung sei steuerschädlich i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG seien nicht erfüllt, weil zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto des Klägers und der nachfolgenden Überweisung an die Y-GmbH ein Zeitraum von mehr als 30 Tagen liege.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1827 veröffentlichten Urteil vom 14. September 2006 11 K 4804/05 F ab. Es entschied, der Ausnahmefall des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. Satz 4 EStG sei nicht erfüllt, weil die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der Tilgung eines Darlehens gedient hätten, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen seien. Der Kläger habe die Darlehensmittel in Höhe von 18 900 € wirtschaftlich für eine Kapitalrücklage bei der Y-GmbH verwendet, deren Alleingesellschafter er sei. Zwar sei der Darlehensbetrag zunächst auf ein privates Girokonto des Klägers geflossen und damit nicht steuerschädlich verwendet worden. Vom Girokonto sei das Geld aber mehr als einen Monat später an die Y-GmbH überwiesen worden, so dass das Darlehen bei wirtschaftlicher Betrachtung für eine Einlage bei der GmbH verwendet worden sei. Finanzierungskosten für eine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Gleiches gelte --wie hier-- für Finanzierungskosten im Zusammenhang mit nachträglichen Aufwendungen auf die Beteiligung. Demgemäß seien die Zinsen aus der zur Darlehenstilgung verwendeten Lebensversicherung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nur steuerfrei, wenn das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung gedient habe. Das sei bei einem Einbehalt des Darlehensbetrages auf dem privaten Girokonto des Klägers von deutlich mehr als 30 Tagen nicht der Fall, zumal die Einzahlung des Darlehensbetrages auf das private Girokonto des Klägers kein lediglich notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung sei.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 6, 10 Abs. 2 Satz 2 EStG. Er macht geltend, es handle sich im Streitfall um kein Steuersparmodell, so dass eine wortlautkorrigierende Auslegung des Gesetzes geboten sei. Der Gesetzgeber habe nicht die Absicht gehabt, Fälle wie den hier zu beurteilenden mit der Einführung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG zu treffen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 2. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 unter Aufhebung des Urteils des FG Düsseldorf vom 14. September 2006 11 K 4804/05 F aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) rechtmäßig ist.
1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16. Dezember 1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rz 497 f., m.w.N.).
2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) --nachfolgend bis zum 31. Dezember 2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG-- gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Senatsurteile vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181, und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Anwendbar ist diese Regelung, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).
Die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs sind aber auch nach dieser erweiterten Fassung des Gesetzes nicht erfüllt.
a) Die vom Kläger abgeschlossene Lebensversicherung ist unstreitig eine Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.
b) Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag haben nach dem 13. Februar 1992 auch zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Denn Finanzierungskosten zur Anschaffung oder Erhöhung von GmbH-Anteilen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unabhängig davon, ob die Fremdfinanzierung erforderlich oder die Eigenfinanzierung möglich war, Schuldzinsen, die dem Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG unterliegen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1981 VIII R 128/76, BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36; vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29; für Zinsen zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 EStG BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551; zum Schuldzinsenabzug für Gesellschafterdarlehen zur Erhöhung des Stammkapitals BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647, m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die Zinsen im Zusammenhang mit einem Darlehen anfallen, das aufgenommen wird, um die Einlage eines wesentlich beteiligten Gesellschafters zu finanzieren (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2005 VIII R 45/04, BFH/NV 2005, 1545 zur Refinanzierung von Zahlungen auf eigenkapitalersetzende Bürgschaften). Wenn der Kläger als alleiniger Gesellschafter der Y-GmbH durch eine Einlage deren Kapitalrücklage erhöht, d.h. einen Passivposten mit Eigenkapitalcharakter (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 5 Rz 496, m.w.N.), so stärkt er damit die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft und verbessert deren Fähigkeit, Ausschüttungen vorzunehmen, an denen er nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regelungen teil hat (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 181). Die Darlehenszinsen des Klägers sind daher Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen.
c) Da das Darlehen unstreitig nicht zur Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen worden ist und damit kein betrieblich veranlasstes Darlehen war (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) und es sich bei der Lebensversicherung des Klägers auch nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG), kann die Steuerpflicht nur dann entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Daran mangelt es im Streitfall. Denn die vornehmlich zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob das durch die Lebensversicherung abgesicherte Darlehen "unmittelbar und ausschließlich" der Finanzierung der Kapitaleinlage in die Y-GmbH gedient hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers zu verneinen.
aa) Dadurch, dass der Darlehensbetrag nicht direkt auf ein Konto der GmbH, sondern auf ein mit 0,5 % Guthabenzins verzinsliches Girokonto des Klägers eingezahlt wurde, ist es zunächst zur Begründung einer Forderung des Klägers gegenüber der kontoführenden Bank verwendet worden. Dass Forderungen auf Girokonten wegen deren geringfügiger Guthabenverzinsung u.U. nicht geeignet sind, eine Einkunftserzielungsabsicht zu begründen, ist insoweit nicht relevant. Denn § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG stellt lediglich darauf ab, ob die Schuldzinsen ihrer Rechtsnatur nach Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben sind, nicht aber darauf, ob diese wegen vorhandener bzw. fehlender Einkunftserzielungsabsicht abziehbar sind oder nicht.
Dass der Kläger der Bank gegenüber u.U. Verpflichtungen aus Bürgschaften hatte, die er zugunsten der Y-GmbH gegeben hatte, ändert an der Begründung seiner Forderung nichts. Zum einen ist weder aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, noch aus dem Vorbringen des Klägers ersichtlich, dass er von der Bank aus einer Bürgschaft zugunsten der Y-GmbH in Anspruch genommen worden ist. Demnach kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Forderung gegen den Kläger, mit der die Bank dessen Forderung gegebenenfalls durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht haben könnte, entstanden ist. Zum anderen hätte die bloße Existenz einer Forderung der Bank gegen den Kläger aber auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf dessen Forderung. Der dem Girokonto des Klägers zugrunde liegende Girovertrag i.S. des § 676 f. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter anzusehen, in dem die grundlegenden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien über die Führung des Girokontos als Kontokorrentkonto und über die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs festgelegt werden (Staudinger/Martinek (2006), BGB, § 676 f. Rz 2, m.w.N.). Ein Kontokorrent hat jedoch nur zur Folge, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen zuzüglich der Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabständen durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (vgl. dazu auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 7. März 2002 IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122). Die bloße Zusammenfassung der einzelnen Gut- und Lastschriften mit dem Ziel der Verrechnung und Saldofeststellung in einer einheitlichen Rechnung hat indes für die Existenz der einzelnen Positionen keine Bedeutung. Zutreffend ist das FG deshalb davon ausgegangen, dass das Darlehen bei wortlautgemäßer Auslegung demnach unmittelbar zur Begründung einer Forderung und erst danach zur Finanzierung der Kapitaleinlage in die GmbH gedient hat, so dass eine steuerschädliche Verwendung gegeben ist.
Dieses wortlautgemäße Gesetzesverständnis hat indes zur Folge, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung über ein Girokonto des Darlehensnehmers und anschließender Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein anderes Konto regelmäßig Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG eintritt. Dieses Ergebnis geht jedenfalls dann über den Gesetzeszweck hinaus, der mit der durch das StÄndG 1992 eingeführten Einschränkung des Sonderausgabenabzugs verfolgt wurde, wenn es sich bei einer derartigen Verfahrensweise nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen und typischen Zahlungsweg handelt (vgl. zur Zahlungsabwicklung bei Bauvorhaben BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 184). Die Finanzverwaltung vertritt daher die Auffassung, dass dann, wenn Darlehensmittel i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zunächst auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Darlehensnehmers überwiesen werden, von dem sodann die Anschaffungs-/Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts bezahlt werden, dies nur steuerunschädlich ist, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegt (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Juni 2000 IV C 4 -S 2221- 86/00, BStBl I 2000, 1118, 1124, Rdnr. 53; zustimmend Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10 Rz 190; Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 382; kritisch Schlenker in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 10 Rz 840). Dass hier der Zeitraum von 30 Tagen zwischen der Einzahlung der Darlehensvaluta auf das Girokonto des Klägers und der Gutschrift auf dem Konto der Y-GmbH überschritten ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, auch ein Zeitraum von 60 Tagen müsse noch als unschädlich angesehen werden, so ist das vom Wortlaut des Gesetzes ("unmittelbar") nicht gedeckt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG grundsätzlich von der Steuerpflicht der Zinsen ausgeht. Wenn er davon in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG eine Ausnahme macht, diese aber in Satz 4 der Vorschrift wieder begrenzt, indem er die Steuerfreiheit der Zinsen an die Abzugsfähigkeit der Lebensversicherungsbeiträge als Sonderausgaben knüpft und dabei auf die Sonderregelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG verweist, so liegt das im Rahmen der dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung des begünstigten vom nichtbegünstigten Personenkreis zustehenden weiten Gestaltungsfreiheit (vgl. dazu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2002 2 BvR 367/02, Der Betrieb 2003, 371, m.w.N.).
Der Senat kann indes offenlassen, ob er der über den Wortlaut der Norm hinausgehenden Auffassung der Verwaltung folgen könnte.
bb) Denn der Klage könnte auch dann nicht stattgegeben werden, wenn der Senat das Tatbestandsmerkmal der "unmittelbaren und ausschließlichen" Verwendung des Darlehens für die Kapitaleinlage bei der Y-GmbH unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks wortlautkorrigierend auslegen würde. Eine solche Auslegung könnte aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten nur dahingehen, dass die Zahlung der Darlehensvaluta auf das Girokonto des Klägers und die damit zwischenzeitlich verbundene Begründung einer Forderung durch das mit der Lebensversicherung abgesicherte Darlehen ausnahmsweise dann steuerunschädlich ist, wenn die Zahlung auf das Girokonto lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" mit nachfolgender Überweisung vom Girokonto des Klägers auf ein Konto der Y-GmbH wäre (vgl. dazu Senatsurteil in BFH/NV 2005, 184). Zutreffend hat das FG erkannt, dass davon im Streitfall nicht die Rede sein kann. Weder hat der Kläger dargelegt, weshalb der Einbehalt der Darlehensvaluta auf seinem privaten Girokonto von deutlich mehr als 30 Tagen wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein soll, noch ist ein derartiger Grund erkennbar. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Zahlung der Darlehensvaluta auf sein Girokonto beruhe auf den üblichen Gepflogenheiten des Geldverkehrs. Er hätte nämlich ohne weiteres dafür Sorge tragen können, dass die Darlehensvaluta kurzfristig von seinem Girokonto auf das Konto der Y-GmbH überwiesen wird oder er hätte den Darlehensgeber veranlassen können, die Darlehensvaluta direkt an einen von ihm benannten Begünstigten, hier die Y-GmbH, auszuzahlen.
Insgesamt ist daher eine steuerschädliche Verwendung gegeben, die in vollem Umfang zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt. Denn eine Aufteilung in einen steuerschädlichen und einen steuerunschädlichen Teil kommt nach der ständigen Senatsrechtsprechung nicht in Betracht (Senatsurteile in BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060; in BFH/NV 2005, 181, und in BFH/NV 2005, 184).
Ob wegen der hier unstreitig vorliegenden besonderen Härten des Einzelfalles gegebenenfalls eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO in Betracht kommt, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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