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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: VIII R 47/01
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b | |
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 |
Entscheidung wurde am 18.02.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und der Entscheidung wurde nachträglich ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
2. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nimmt lediglich Bezug auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, nicht aber auch auf § 10 Abs. 2 EStG. Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG kommt es deshalb lediglich darauf an, ob der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Vertragstypen gehört.
3. Es ist daher unschädlich, wenn der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaft die Erlaubnis zum Betrieb eines nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG begünstigten Versicherungszweigs im Inland nicht erteilt worden ist.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten um die Steuerpflicht von Zinsen aus einer ausländischen Lebensversicherung.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) unterhielten seit 1982 ein Wertpapierdepot bei einer Bank in der Schweiz, an welchem sie zu je 1/3 beteiligt waren und das im Wesentlichen aus festverzinslichen Anlagen in verschiedenen ausländischen Währungen bestand. Das Wertpapierdepot finanzierten sie durch ein Darlehen bei dieser Bank. Während der Laufzeit des Darlehens erbrachten die Kläger keine Tilgungsleistungen, sondern zahlten nur die Darlehenszinsen, wobei sie sowohl die Zinsen als auch die Lebensversicherungsbeiträge aus den Wertpapiererträgen beglichen. Soweit die Erträge nicht ausreichten, wurden ergänzend Wertpapiere verkauft.
Besichert wurde das Darlehen durch 1981 abgeschlossene Lebensversicherungen der Kläger bei der schweizerischen Versicherungsgesellschaft X; die Tilgung sollte durch die Auszahlung der am 1. September 1996 fälligen Lebensversicherungssummen erfolgen. Der X-Versicherung war als ausländischer Versicherung die Erlaubnis zum Betrieb eines nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigten Versicherungszweigs im Inland nicht erteilt.
Den Klägern wurden bei Fälligkeit der Lebensversicherungen rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen von insgesamt ca. 2,552 Mio. DM gutgeschrieben.
Im Juni 1999 reichten die Kläger auf Aufforderung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 1996 ein. Darin deklarierten sie Kapitalerträge von 158 086 DM und Werbungskosten in Höhe von 152 613 DM. Im Feststellungsbescheid 1996 erhöhte das FA die Einnahmen aus Kapitalvermögen jedoch entsprechend den Feststellungen einer bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung um den Zufluss der Zinsen aus den Lebensversicherungen bei der X-Versicherung von insgesamt 2,224 Mio. DM.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machen die Kläger geltend, die ihnen von der X-Versicherung gutgeschriebenen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen seien steuerfrei. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG seien Zinsen aus den in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aufgeführten Versicherungen von der Besteuerung ausgenommen. Zu jenem Vertragstyp rechneten die von ihnen abgeschlossenen Lebensversicherungen. Dass die Lebensversicherungsbeiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten, sei für die Besteuerung der Zinsen ohne Bedeutung. Denn Hintergrund der Steuerfreiheit sei die Absicht des Gesetzgebers, eigenverantwortliche Vorsorgeleistungen nicht durch eine Ertragsbesteuerung zu behindern. Auch die von ihnen abgeschlossenen Lebensversicherungen würden der Vorsorge dienen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 193 veröffentlichten Urteil statt. Es entschied, das FA habe die Zinsen aus den in den Beiträgen zu den Lebensversicherungen der Kläger bei der X-Versicherung enthaltenen Sparanteilen zu Unrecht der Besteuerung unterworfen. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG gehörten Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet werden oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden, abweichend von der Grundregel des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Bei den von den Klägern abgeschlossenen Lebensversicherungen handle es sich um solche nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Unterbuchst. dd EStG, so dass die bei Fälligkeit des Vertrages an die Kläger ausgezahlten Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen seien und daher nicht der Besteuerung unterlägen. Dass die Lebensversicherungsbeiträge gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht als Sonderausgaben abgezogen werden könnten, habe insoweit keine Bedeutung. Denn § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG verweise lediglich auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, nicht aber auch auf § 10 Abs. 2 Satz 1 EStG, d.h. die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG stelle ausschließlich darauf ab, ob eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG grundsätzlich begünstigte Art der Versicherung vorliege. Die weiter gehende Einschränkung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Streitfall nicht relevant, da § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG gemäß § 52 Abs. 24 Satz 3 EStG für die von den Klägern abgeschlossenen Versicherungsverträge nicht zur Anwendung komme.
Mit seiner Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1996. Nach seiner Auffassung sind die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu den bei der X-Versicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen enthalten sind, nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Der Ausnahmefall des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG sei nicht gegeben, da es sich bei der X-Versicherung nicht um eine Lebensversicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG handle, denn die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift erfülle die X-Versicherung nicht.
Das FA beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Urteils des FG abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie berufen sich im Wesentlichen auf ihr Vorbringen aus dem FG-Verfahren und die Gründe der Vorinstanz.
II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zur Lebensversicherung der Kläger enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der im Streitjahr 1996 gültigen Fassung; im Folgenden: EStG) rechtswidrig ist.
1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO 1977 i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO 1977 vom 16. Dezember 1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige FA die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Zwar sind für die Beiträge zu den Lebensversicherungen der Kläger die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug schon deshalb nicht erfüllt, weil die X-Versicherung unstreitig kein Versicherungsunternehmen i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist. Das FA hat die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu den Lebensversicherungen der Kläger enthaltenen Sparanteilen jedoch zu Unrecht bejaht.
2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) --nunmehr: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG-- gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Senatsurteile vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181, und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Anwendbar ist die Neufassung des Gesetzes, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag --wie im Streitfall-- nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. § 52 Abs. 13 a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).
a) Bei den von den Klägern abgeschlossenen Lebensversicherungen handelt es sich unstreitig um solche nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Unterbuchst. dd EStG. Abweichend von der Grundregel des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG unterliegen die bei Fälligkeit der Verträge an die Kläger ausgezahlten Zinsen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nicht der Besteuerung.
b) Für eine wortlautkorrigierende Auslegung dieser Bestimmung lassen sich dem Gesetz keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen.
aa) Dass die Beiträge zu den Lebensversicherungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können, weil die X-Versicherung weder ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (EG) hat, noch zu den Versicherungsunternehmen zählt, denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist, steht dem nach Auffassung des Senats nicht entgegen. In der Praxis wird diese Frage indessen unterschiedlich beurteilt. Während die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 18. Dezember 1979 IV B 4 -S 2252- 126/79, Der Betrieb --DB-- 1980, 232; Niedersächsisches Finanzministerium, Erlass vom 15. Januar 1980 -S 2252- 17-31 1, Betriebs-Berater --BB-- 1980, 243) und ein Teil des Schrifttums (Harenberg in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 20 EStG Anm. 754; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 20 EStG Rz. 287 a) die Meinung vertreten, § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG finde nur Anwendung, wenn auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1-3 EStG erfüllt seien, wird das vom überwiegenden Teil des Schrifttums verneint (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 20 Rz. 154; Geurts in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 20 EStG Rz. 315; Bordewin in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 20 Anm. 495, 496; von Beckerath in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 4. Aufl., § 20 Rdnr. 258; Dötsch in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. H 33; Reuter, Die Besteuerung von ausländischen Lebensversicherungen, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1987, 504; ders., Die Besteuerung ausländischer Lebensversicherungen von Deutschen, Internationale Wirtschaftsbriefe --IWB-- 1998 Fach 3, Deutschland, Gruppe 1, S. 1535; Horlemann, Die Kapitallebensversicherung und ihre Erträge im deutschen Einkommensteuersystem, BB 1993, 2129 (2132); ders., Steuerfreiheit bestimmter Zinsen aus Lebensversicherungen und Kreditaufnahmeverbot nach § 10 Abs. 2 EStG, Finanz-Rundschau --FR-- 1984, 391; ders., Ertragsteuerliche Behandlung von Lebensversicherungsverträgen unter dem Eindruck des europäischen Binnenmarktes, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1994, 481; ders., Der Vorsorgegedanke bei der Beurteilung von Lebensversicherungsverträgen, DStZ 1995, 745; Kottke, Zur Steuerfreiheit von Zinsen aus Lebensversicherungen in Schweizer Franken, BB 1988, 2293; Urteil der Vorinstanz in EFG 2002, 193).
bb) Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung im Schrifttum an. Für sie spricht zunächst der klare Wortlaut des Gesetzes; denn § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nimmt lediglich Bezug auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, nicht aber auch auf § 10 Abs. 2 EStG. Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG kommt es deshalb lediglich darauf an, ob der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Vertragstypen gehört. Das ist bei den Versicherungen der Kläger unstreitig der Fall.
Soweit sich die Gegenmeinung darauf beruft, die Steuerbefreiung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG sei an die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs für die Versicherungsbeiträge geknüpft, mit der Folge, dass Zinsen aus Versicherungen, deren Beiträge nicht dem Sonderausgabenabzug unterliegen, weil die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht erfüllt sind, nicht unter die Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG fallen, hat diese Verknüpfung in der Gesetzesfassung keinen Ausdruck gefunden. Denn hätte der Gesetzgeber im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG nur Versicherungen begünstigen wollen, deren Beiträge --jedenfalls dem Grunde nach-- als Sonderausgaben abziehbar sind, so hätte er das durch eine entsprechende Formulierung oder durch einen ergänzenden Hinweis auf § 10 Abs. 2 Satz 1 EStG klarstellen können. Zudem lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes trotz der Einschränkung der Steuerfreiheit der Zinsen in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG zwar entnehmen, dass der Gesetzgeber bestimmte Versicherungsformen steuerlich begünstigen wollte, nicht aber, dass er von einer vollständigen Deckungsgleichheit zwischen den nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG begünstigten und den dem Sonderausgabenabzug unterliegenden Lebensversicherungen ausgegangen ist. Denn für fondsgebundene Lebensversicherungen ordnet § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG ausdrücklich an, dass Beiträge für solche Versicherungen vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind. Dennoch können Zinsen aus fondsgebundenen Lebensversicherungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein.
cc) Auch aus den Gesetzesmaterialien ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Steuerfreiheit der Zinsen aus Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG), von der Möglichkeit des Sonderausgabenabzuges für die Versicherungsbeiträge abhängig machen wollte.
Zum einen war diese Problematik schon zur alten Rechtslage bis 1988 bekannt; dennoch hat der Gesetzgeber § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG weder durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) --vgl. dazu Kottke, a.a.O., BB 1988, 2293--, noch durch das StÄndG 1992 entsprechend korrigiert. Im ursprünglichen Entwurf dieses Gesetzes (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 7, 59) war zwar vorgesehen, die gesamten Bedingungen des § 10 Abs. 2 EStG zur Voraussetzung der Steuerfreiheit der Zinsen aus Versicherungsverträgen zu machen. Diese restriktive Regelung hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages aber abgelehnt und in seiner (später Gesetz gewordenen) Beschlussempfehlung die Steuerfreiheit der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG im neugefassten Satz 3 der Vorschrift nur an die Bedingungen in § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG geknüpft (vgl. BTDrucks 12/1506, S. 156; vgl. dazu auch Horlemann, a.a.O., DStZ 1994, 481; ders., DStZ 1995, 745).
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG durch das StÄndG 1992 vornehmlich bestimmten steuersparenden Finanzierungsmodellen (sog. Policendarlehen) den Boden entziehen wollte. Diese Modelle beruhten auf der Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs für Lebensversicherungsbeiträge, bei denen der Anspruch auf die Versicherungssumme der Tilgung oder Sicherung eines Kredits dient, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind (vgl. dazu im Einzelnen BTDrucks 12/1108, S. 6 und 55 ff.; BTDrucks 12/1506, S. 156; Senatsurteile in BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060, und BFH/NV 2005, 181 und 184). Diese "Doppelbegünstigung" aufgrund des Sonderausgabenabzugs für die Versicherungsbeiträge einerseits und des Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzugs für die Darlehenszinsen andererseits kommt für Lebensversicherungen, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht erfüllen, weil die Versicherungsgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung nicht in einem Mitgliedstaat der EG hat oder ihr die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland nicht erteilt ist, jedoch gar nicht in Betracht. Denn Beiträge zu derartigen Versicherungen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EStG) vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen.
c) Die in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG getroffene Einschränkung der Steuerfreiheit der Zinsen ist im Streitfall --wie vom FG zutreffend festgestellt-- ohne Bedeutung. Denn nach § 52 Abs. 20 Satz 2 EStG 1996 i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 3 EStG 1996 ist diese Regelung erstmals anzuwenden, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13. Februar 1992 zur Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Darlehensschuld entstanden war und er sich verpflichtet hatte, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Tilgung oder Sicherung dieses Darlehens einzusetzen. Im Streitfall wurden die Versicherungsverträge der Kläger aber bereits 1981 geschlossen und die Ansprüche aus den Versicherungen dienten zur Tilgung und Besicherung eines bereits 1982 aufgenommenen Wertpapierdarlehens.
Nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz sind die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu den Lebensversicherungen der Kläger bei der X-Versicherung enthalten sind, daher nicht steuerpflichtig.
Ende der Entscheidung
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