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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.07.1998
Aktenzeichen: VIII R 5/96
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
EStG § 24 Nr. 2
BUNDESFINANZHOF

Wird ein Einzelunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen in eine GmbH eingebracht, behält der Einbringende jedoch betrieblich begründete Verbindlichkeiten zurück, so können die auf die zurückbehaltenen Schulden entfallenden und gezahlten Zinsen Werbungskosten bei den Einkünften aus den erlangten GmbH-Anteilen sein (Anschluß an BFH-Urteil vom 11. September 1991 XI R 15/90, BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404).

Unterschreitet der gemeine Wert der erlangten GmbH-Anteile den Wert der zurückbehaltenen Betriebsschulden, stellen die fortan entstehenden Schuldzinsen zum einen Teil Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und zum anderen Teil nachträgliche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem ehemaligen Einzelunternehmen des Einbringenden dar.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 24 Nr. 2

Urteil vom 7. Juli 1998 - VIII R 5/96 -

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1996, 971)


Gründe

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1984 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger (Ehemann) war ursprünglich neben seiner Mutter Gesellschafter der Firma S.H. OHG (OHG). Sein Kapitalkonto bei der OHG entwickelte sich im Jahr 1982 wie folgt:

Stand 1. Januar 1982 ./. 378 746,31 DM abzüglich Entnahmen 1982 ./. 128 235,54 DM zuzüglich Einlage Ende 1982 450 000,00 DM zuzüglich Gewinnanteil 1982 167 346,45 DM ----------------- Stand 31. Dezember 1982 110 364,60 DM

Die Einlage in Höhe von 450 000 DM bestritt der Kläger durch ein Ende 1982 bei der Stadtsparkasse D aufgenommenes Darlehen in gleicher Höhe. Dieses Darlehen wurde durch eine Grundschuld auf dem zum Privatvermögen der Kläger gehörenden Mehrfamilienhaus-Grundstück M-Straße 41 in D gesichert.

Zum 31. Dezember 1982 schied die Mutter des Klägers aus der zweigliedrigen OHG aus. Der Kläger führte den Betrieb zunächst kurzfristig als Einzelunternehmen weiter und wandelte das Unternehmen sodann durch notarielle Erklärung vom 21. Juni 1983 rückwirkend zum 3. Januar 1983 in eine GmbH um, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. Das Stammkapital der neu gegründeten GmbH betrug 100 000 DM. Es wurde aus dem Eigenkapital des bisherigen Einzelunternehmens im Zeitpunkt der Umwandlung von insgesamt 110 364,60 DM erbracht. Der das Stammkapital der GmbH übersteigende Betrag von 10 364,60 DM wurde der GmbH vom Kläger als Gesellschafterdarlehen überlassen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1984 machten die Kläger u.a. die Schuldzinsen in Höhe von 37 125 DM für das Ende 1982 zur Bestreitung der Einlage des Klägers in das Betriebsvermögen der OHG aufgenommene Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ihres zum Privatvermögen gehörenden Mehrfamilienhauses M-Straße 41 in D geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte den Abzug der streitigen Schuldzinsen sowohl als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als auch als nachträgliche Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter.

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens hat das FA den ursprünglich angefochtenen Bescheid mehrfach, zuletzt durch Einkommensteuerbescheid 1984 vom 23. Juli 1990, in hier nicht streitigen Punkten geändert. Die Kläger haben diese Änderungsbescheide jeweils gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage in dem hier streitigen Punkt mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 971 veröffentlichten Urteil abgewiesen.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen (sinngemäß), die Vorentscheidung und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1984 vom 23. Juli 1990 mit der Maßgabe abzuändern, daß zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 37 125 DM zu berücksichtigen seien.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Abänderung der Vorentscheidung und zu der von den Klägern begehrten Abänderung des angefochtenen Bescheids (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die streitigen Schuldzinsen in Höhe von 37 125 DM stellten zum Teil Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen und zum anderen Teil nachträgliche Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb dar.

1. Der Kläger verwendete die Valuta aus dem Ende 1982 aufgenommenen Darlehen der Stadtsparkasse D in Höhe von 450 000 DM in vollem Umfang dazu, der OHG Geldmittel zuzuführen und damit sein (negatives) Kapitalkonto bei der OHG aufzustocken.

a) Die in Rede stehende Darlehensverbindlichkeit stellte folglich, solange die OHG fortexistierte (bis 31. Dezember 1982), negatives Sonderbetriebsvermögen II des Klägers bei der OHG dar. Die durch das Refinanzierungsdarlehen für die Zeit bis 31. Dezember 1982 entstandenen Schuldzinsen waren danach Sonderbetriebsausgaben des Klägers bei seinen Einkünften aus der OHG-Beteiligung.

An diesem Ergebnis ändert entgegen der Rechtsauffassung des FG nichts der Umstand, daß das negative Kapitalkonto möglicherweise durch vorherige Entnahmen des Klägers entstanden war. Zu Unrecht beruft sich das FG in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 5. März 1991 VIII R 93/84 (BFHE 164, 46, BStBl II 1991, 516). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte eine OHG ein Darlehen aufgenommen, um damit eine private Verbindlichkeit eines ihrer Gesellschafter zu tilgen. Dort hat der Senat mit Recht den Abzug der Kreditzinsen als Betriebsausgaben mit der Erwägung versagt, es stehe fest, daß die Kreditmittel zur Finanzierung einer Entnahme verwendet worden seien. Demgegenüber ist im Streitfall das Darlehen vom Gesellschafter (Kläger) selbst aufgenommen worden, um der OHG --im Wege der Einlage-- Mittel zum Einsatz für betriebliche Zwecke zuzuführen. In einem solchen Fall ist die Darlehensaufnahme auch dann betrieblich veranlaßt, wenn sie darauf zurückzuführen ist, daß der Gesellschafter der Gesellschaft zuvor liquide Mittel zur Bestreitung privater Aufwendungen entzogen hat (vgl. Senatsurteil in BFHE 164, 46, 50, BStBl II 1991, 516, 517, m.w.N.; Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2. der Gründe).

b) Das Ausscheiden der Mutter des Klägers aus der (zweigliedrigen) OHG zum 31. Dezember 1982 führte zu deren Erlöschen (Vollbeendigung). Das Gesamthandsvermögen der OHG ging im Wege der Anwachsung (§ 142 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs, § 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf den Kläger als letzten verbliebenen Gesellschafter über. Dieser führte das Unternehmen nunmehr als Einzelkaufmann fort. Die bislang zum negativen Sonderbetriebsvermögen II des Klägers bei der OHG rechnende Darlehensverbindlichkeit wurde dadurch zur Betriebsschuld des Einzelunternehmens; die auf den geringfügigen Zeitraum von der Entstehung bis zum Erlöschen des Einzelunternehmens entfallenden Schuldzinsen stellten deshalb Betriebsausgaben des Klägers im Rahmen des Einzelunternehmens dar.

c) Mit der (übertragenden) Umwandlung des Einzelunternehmens auf die 1983 errichtete GmbH gemäß den §§ 50 ff., 56a ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) a.F. erlosch das Einzelunternehmen. Dessen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten gingen, soweit sie in der der notariellen Umwandlungserklärung vom 21. Juni 1983 beigefügten öffentlich beglaubigten Übersicht (vgl. §§ 52 Abs. 4, 56c Abs. 3 UmwG a.F.) aufgeführt waren, uno actu auf die GmbH über (§§ 55, 56 f. UmwG a.F.).

Nicht zu den auf die GmbH übergegangenen Verbindlichkeiten gehörte allerdings das hier in Rede stehende Refinanzierungsdarlehen, weil es nicht in dem der Umwandlungserklärung beigefügten Vermögensverzeichnis über die von der GmbH zu übernehmenden Aktiven und Passiven aufgeführt worden war (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks V/3165, S. 15; Mayer in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht --alt--, § 52 UmwG Rdnr. 1024.22).

aa) Die Umwandlung des klägerischen Einzelunternehmens in die GmbH war ertragsteuerrechtlich als Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft i.S. von § 20 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1977) zu deuten. Hierbei handelt es sich um einen besonderen Fall der Betriebsveräußerung i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. September 1991 XI R 15/90, BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404; L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl., § 16 Rdnr. 22), deren Rechtsfolgen sich jedoch nach den vorrangigen §§ 20 bis 23 UmwStG 1977 bestimmen (BFH-Urteil vom 16. Februar 1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II 1996, 342).

bb) Im Falle einer Betriebsveräußerung bleiben nach ständiger Rechtsprechung des BFH zurückbehaltene, von der Veräußerung ausgenommene Betriebsschulden nur dann "Restbetriebsvermögen" und sind dementsprechend die fortan anfallenden Zinsen auf diese Schulden nur dann nachträgliche Betriebsausgaben i.S. von § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung der zurückbehaltenen Schulden nicht ausreichte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1980 I R 119/78, BFHE 133, 22, BStBl II 1981, 460) oder wenn deren Tilgung Hindernisse entgegenstanden (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27. November 1984 VIII R 2/81, BFHE 143, 120, BStBl II 1985, 323) oder wenn eine Tilgung dieser Schulden --etwa wegen eines zugesagten Erlasses-- aus sonstigen Gründen nicht veranlaßt war (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 1989 IV R 86/87, BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456, unter II. 2. b, aa der Gründe; vgl. auch L. Schmidt, a.a.O., § 16 Rdnr. 128, m.w.N.).

cc) Im Streitfall ist zwar nicht ersichtlich, daß einer vorzeitigen Ablösung der Darlehensverbindlichkeit Hindernisse entgegengestanden hätten oder eine solche Ablösung aus anderweitigen Gründen nicht veranlaßt gewesen wäre. Jedoch läßt sich nicht zuverlässig beurteilen, ob der vom Kläger im Zuge der Umwandlung erlangte "Veräußerungserlös" nach dessen "Versilberung" in vollem Umfang zur Ablösung des Refinanzierungsdarlehens ausgereicht hätte. Dies hängt davon ab, ob der (gemeine) Wert der vom Kläger als Gegenleistung für die Einbringung seines Betriebes in die GmbH erlangten 100 %igen GmbH-Beteiligung zuzüglich des dem Kläger von der GmbH eingeräumten Darlehens die im Zeitpunkt der Umwandlung noch offene Refinanzierungsschuld (wohl 450 000 DM) erreichte oder gar überschritt. Der sich in der Höhe des Kapitalkontos des Klägers in der Schlußbilanz des Einzelunternehmens zum 2. Januar 1983 dokumentierende Nettobuchwert aller auf die GmbH übergegangenen Aktiven und Passiven betrug lediglich 110 364,60 DM.

Unterstellt man, daß nennenswerte stille Reserven sowie ein (originärer) Geschäftswert des Unternehmens nicht vorhanden waren, so ist das besagte Refinanzierungsdarlehen in Höhe von rd. (450 000 DM ./. 110 000 DM =) 340 000 DM (= ca. 75 v.H.) Restbetriebsvermögen des ehemaligen Einzelunternehmens geblieben mit der Folge, daß rd. 75 v.H. der streitigen Schuldzinsen (rd. 27 845 DM) nachträgliche Betriebsausgaben i.S. von § 15 EStG i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG darstellten. Der restliche Teil des Refinanzierungsdarlehens in Höhe von ca. 110 000 DM (= 25 v.H.) ging diesfalls im Zuge der Umwandlung des Einzelunternehmens in die GmbH in das Privatvermögen des Klägers über, weil dieser Teil des Refinanzierungsdarlehens nach einer unterstellten "Versilberung" des vom Kläger erlangten Veräußerungserlöses (GmbH-Geschäftsanteil und Darlehensforderung des Klägers gegen die GmbH) vom Kläger hätte getilgt werden können. Die auf diesen --privatisierten-- Teil des Refinanzierungsdarlehens entfallenden Schuldzinsen (rd. 25 v.H. von 37 125 DM = rd. 9 280 DM) wären allerdings --wie im folgenden unter 2. dargelegt werden wird-- ebenfalls steuermindernd zu berücksichtigen, und zwar als Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen.

Wegen des letztgenannten Effektes kann für das Streitjahr offenbleiben, ob sich infolge der Existenz stiller Reserven und/oder eines (originären) Firmenwerts die Relation zwischen dem als Restbetriebsvermögen zu qualifizierenden Teil des Refinanzierungsdarlehens und dem privatisierten Teil dieser Verbindlichkeit und damit auch das Verhältnis zwischen abziehbaren nachträglichen Betriebsausgaben und Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu Lasten des ersteren Teils verschieben. Denn es macht für die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer 1984 keinen Unterschied, ob ein höherer Teil der Schuldzinsen als 9 280 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen und demzufolge ein entsprechend geringerer Teil der Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben abgezogen wird oder nicht.

2. Die auf den im Zuge der Umwandlung in das Privatvermögen übergegangenen Teil des Refinanzierungsdarlehens ab dem Umwandlungszeitpunkt entfallenden Schuldzinsen stellen Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen dar.

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten solche Aufwendungen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen. Das gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang von Darlehenszinsen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen ist immer dann anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung getätigt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m.w.N.).

b) Für diese Beurteilung ist auf den Zweck der Schuldaufnahme abzustellen. Besteht dieser Zweck darin, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, und werden die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet, so sind die Kreditkosten Werbungskosten im Rahmen dieser Einkunftsart (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Januar 1980 VIII R 70/78, BFHE 130, 147, BStBl II 1980, 348).

aa) Mit der erstmaligen Verwendung der Darlehensvaluta wird die Darlehensverbindlichkeit einem bestimmten Zweck unterstellt. Dieser Zweck besteht, sofern das Refinanzierungsdarlehen nicht vorher abgelöst wird, grundsätzlich solange fort, bis die Tätigkeit oder das Rechtsverhältnis im Sinne der betreffenden Einkunftsart endet (vgl. z.B. Senatsurteile vom 17. April 1997 VIII R 48/95, BFH/NV 1998, 20, unter II. 1. a, letzter Absatz der Gründe, und vom 24. April 1997 VIII R 12/95, BFH/NV 1998, 290, unter II. 1. a, letzter Absatz der Gründe).

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH darf allerdings für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) nicht allein auf den ursprünglichen, mit der Schuldübernahme verfolgten Zweck und damit ausschließlich auf die erstmalige Verwendung der Darlehensmittel abgestellt werden.

aaa) Ist etwa der Erwerb eines Wirtschaftsguts mit Hilfe eines Kredits finanziert worden und wird dieses Wirtschaftsgut nunmehr in anderer Weise als bisher zur Erzielung von Einkünften verwendet, so können die Schuldzinsen den Erträgen aus der neuen Verwendung gegenübertreten. Entnimmt der Steuerpflichtige seinem Betriebsvermögen beispielsweise ein Grundstück, um es in Zukunft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG einzusetzen, so dient ein zu seiner Anschaffung aufgenommenes Darlehen nunmehr dieser neuen Verwendung, so daß die fortan anfallenden Schuldzinsen Werbungskosten bei diesen Einkünften darstellen (BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 824, m.w.N.). Umgekehrt wird ein Darlehen, das dem Erwerb eines zunächst privat genutzten Wirtschaftsguts diente, mit der Einlage dieses Wirtschaftsguts in den Betrieb zur Betriebsschuld; die durch diese Schuld verursachten Zinsaufwendungen stellen in Zukunft Betriebsausgaben dar (BFH-Beschluß in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 824; BFH-Urteil in BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404, unter 1. der Gründe).

bbb) Der Änderung des Verwendungszwecks einer Schuldaufnahme muß ertragsteuerlich auch dann Rechnung getragen werden, wenn ein Wirtschaftsgut seitens des Gesellschafters einer Personen- oder Kapitalgesellschaft im Wege der Sacheinlage in das Gesellschaftsvermögen eingebracht wird. Hat beispielsweise der Gesellschafter ein bislang in seinem Privatvermögen gehaltenes Grundstück, mit dem er bisher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte, in seine Kapitalgesellschaft eingebracht und eine bestehende Anschaffungsverbindlichkeit zurückbehalten, so steht diese Verbindlichkeit nunmehr im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft. Gehört die Beteiligung zu seinem Privatvermögen, so führen die fortan anfallenden Schuldzinsen zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404, unter 1. der Gründe).

Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige nicht ein einzelnes Wirtschaftsgut, sondern einen kompletten Betrieb in eine Kapitalgesellschaft einbringt, jedoch einen Teil der Betriebsschulden zurückbehält (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 425, BStBl II 1992, 404, unter 2. der Gründe).

ccc) Um diese letztgenannte Konstellation handelt es sich im Streitfall. Die Valuta des streitigen Refinanzierungsdarlehens wurde in aktive Wirtschaftsgüter des Betriebes der seinerzeit noch existierenden OHG investiert. Diese aktiven Wirtschaftsgüter gingen sodann --über den kurzen Umweg über das Einzelunternehmen des Klägers-- auf die GmbH über. Die dem Kläger für die Einbringung dieser Wirtschaftsgüter gewährten Gegenleistungen bestanden in den zu dessen Privatvermögen gehörenden "einbringungsgeborenen Anteilen" sowie --zu einem relativ geringen Teil-- in der Einräumung einer ebenfalls zu seinem Privatvermögen zählenden Darlehensforderung gegen die GmbH.

Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut oder eine komplette Organisationseinheit von Wirtschaftsgütern (hier: der gesamte Betrieb), in das oder in die die Darlehensmittel investiert wurden, veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkunftserzielung eingesetzt, so können die für das vom Veräußerer (Steuerpflichtigen) zurückbehaltene und aufrechterhaltene Darlehen gezahlten Zinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei der neuen Kapitalanlage zu berücksichtigen sein (grundlegend zu dieser Surrogationsbetrachtung vgl. Senatsurteil vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14, betreffend die Veräußerung eines bislang zu Vermietungszwecken genutzten Hausgrundstücks und Anlage des Veräußerungserlöses zur Erzielung von Festgeldzinsen; vgl. ferner die umfangreichen Nachweise aus der BFH-Rechtsprechung und dem Schrifttum im Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, unter II. 2. a, bb der Gründe).

So liegt es im Streitfall: Mit den im Zuge der Einbringung des Betriebes in die GmbH erlangten einbringungsgeborenen Anteilen erzielte der Kläger fortan (in Gestalt der Gewinnausschüttungen durch die GmbH) Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Auch die als weitere Gegenleistung für die Einbringung vom Kläger erworbene Darlehensforderung gegen die GmbH diente der Erzielung von Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen. Dabei kann die vom FG nicht untersuchte Frage offenbleiben, ob diese Darlehensforderung des Klägers gegen die GmbH verzinslich oder unverzinslich und ob eine etwaige Verzinsung nach den für Rechtsverhältnisse zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter geltenden steuerrechtlichen Grundsätzen angemessen war. War eine angemessene Verzinsung vereinbart und gewährt worden, so führte das Gesellschafterdarlehen zu Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. War das Darlehen hingegen unverzinslich, so diente es der Erzielung von Einkünften des Klägers aus der GmbH-Beteiligung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG; denn die von der GmbH diesfalls ersparten Zinsaufwendungen verhalfen dem Kläger zur höheren Gewinnausschüttung. War schließlich eine unangemessen hohe Verzinsung vereinbart und gewährt worden, so vermittelte das Darlehen dem Kläger in Höhe des angemessenen Teils der Zinsen Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und im übrigen --in Form von verdeckten Gewinnausschüttungen-- Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Da die erwähnten, vom Kläger im Zuge der Einbringung des Betriebes erlangten Gegenleistungen gleichsam als "Surrogate" an die Stelle der bisherigen Einkunftsquelle "OHG-Beteiligung" bzw. "Einzelunternehmen" traten und diese "Surrogate" --wie dargelegt-- zur Erzielung von Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen dienten, waren die für den in das Privatvermögen des Klägers übergegangenen Teil des aufrechterhaltenen Darlehens anfallenden und gezahlten Schuldzinsen nunmehr als Werbungskosten bei diesen Einkünften zu berücksichtigen. Mit der Einbringung des Betriebes in die GmbH erfuhr der privatisierte Teil des Refinanzierungsdarlehens eine Zweckänderung in dem Sinne, daß er fortan nicht mehr der Erzielung von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb, sondern der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen diente. Letzteres folgt daraus, daß dieser Teil des Refinanzierungsdarlehens ab dem genannten Zeitpunkt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Betriebes getretenen "Veräußerungserlös" trat. In diesem "Erlös" wirkten die ursprünglich in den Betrieb investierten Darlehensmittel fort (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, unter II. 2. b der Gründe).

Im Streitfall mag dahinstehen, ob die Gläubigerin des Refinanzierungsdarlehens der Änderung des Gesellschaftszwecks zugestimmt hat oder nicht. Zwar hat der erkennende Senat in seiner früheren Rechtsprechung für die einkommensteuerrechtliche Anerkennung der "Umwidmung" eines Darlehens ein zumindest stillschweigendes Einvernehmen zwischen dem Steuerpflichtigen (Darlehensschuldner) und dem Darlehensgläubiger über die Änderung des Darlehenszwecks gefordert (vgl. insbesondere Senatsurteil in BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14, unter 2. c der Gründe). Jedoch hat der Senat diese Auffassung in seiner neueren Rechtsprechung mit der Maßgabe aufgegeben, daß die Zustimmung des Gläubigers zur Änderung des Darlehenszwecks kein zwingendes Erfordernis für dessen einkommensteuerrechtliche Anerkennung, sondern lediglich ein dafür sprechendes Indiz im Sinne einer Beweiserleichterung bildet (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, unter II. 2. b der Gründe). Im Streitfall bedarf es der Heranziehung dieses Beweisanzeichens für die vom Kläger vorgenommene Änderung des Darlehenszwecks nicht; denn es besteht kein Zweifel daran, daß er die an die Stelle des Betriebes getretenen "Surrogate" zum Zwecke der Erzielung von Kapitaleinkünften eingesetzt und damit die in den "Surrogaten" fortwirkenden Darlehensmittel diesem neuen Zweck unterstellt hat.

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