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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.12.1999
Aktenzeichen: VIII R 50/96
Rechtsgebiete: HGB, GewStG, EStG, FGO, AO 1977


Vorschriften:

HGB § 49 Abs. 2
HGB § 116 Abs. 1
HGB § 161 Abs. 2
GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1
GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 2 Satz 1
FGO § 90 Abs. 2
FGO § 126 Abs. 2
AO 1977 § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein als KG errichtetes Unternehmen, an dem Herr H als Komplementär sowie dessen Ehefrau, Frau U, als Kommanditistin beteiligt waren.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist nach § 1 des Gesellschaftsvertrags die Produktion von Artikeln für das ... Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 2. Januar 1989 ist der Komplementär zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin allein berechtigt und verpflichtet. Der Kommanditistin wurde Prokura erteilt; sie gehört der Geschäftsleitung als geschäftsführende Gesellschafterin an. Darüber hinaus ist sie nach § 49 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ermächtigt. Nach § 8 des Gesellschaftsvertrags erstreckt sich der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis auf die Vornahme aller Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Jedoch dürfen der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken, die Eingehung von im Einzelnen bezeichneten Wechselverpflichtungen sowie die Übernahme von Bürgschaften für die Gesellschaft nur aufgrund eines zuvor gefassten Gesellschafterbeschlusses vorgenommen werden. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags kann eine Gesellschafterversammlung von jedem geschäftsführenden Gesellschafter einberufen werden, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Alle Gesellschafterbeschlüsse werden nur dann wirksam, wenn sämtliche Gesellschafter zustimmen.

Die Klägerin wurde ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) am ... 1989 gegründet. H erbrachte eine Einlage von 210 000 DM, die er in Höhe von 10 000 DM aus eigenen Mitteln bestritt; der verbleibende Betrag war ihm zuvor von seiner Ehefrau U geschenkt worden. Die Einlage der U betrug 1 200 000 DM. Die Gründung der Klägerin erfolgte im Rahmen einer Unternehmensumstrukturierung, der folgende Entwicklung vorausgegangen war:

Im Jahre 1964 nahm die U-KG, an der U ebenfalls als Kommanditistin beteiligt war, im Bereich der ...verarbeitung für ... ihren Betrieb auf. Seit 1980 wurde das Unternehmen in der Rechtsform und unter der Firma U-GmbH & Co. KG (GmbH & Co. KG) betrieben. Komplementärin war die U-GmbH (GmbH), deren alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin U war. U war auch einzige Kommanditistin der GmbH & Co. KG. Im selben Jahr heirateten U und H, der langjähriger Mitarbeiter der GmbH & Co. KG war und im Jahr 1985 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wurde.

Die Klägerin verpachtete mit Wirkung vom 1. Januar 1989 ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen an die GmbH und veräußerte an diese ihre Warenbestände und Hilfsstoffe. Alleinige Gesellschafterin der GmbH ist nach wie vor U; diese und ihr Ehemann H sind alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH.

Der Pachtvertrag wurde für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jeder Vertragspartei stand unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres ein Kündigungsrecht zu. Als Pachtzins sollte die Klägerin Ersatz ihrer gesamten, für das verpachtete Unternehmen entstehenden Aufwendungen --einschließlich Abschreibungen und Schuldzinsen-- sowie 50 % des in der Steuerbilanz der GmbH ausgewiesenen Gewinns vor Steuern und vor Zuführung zur Pensionsrückstellung erhalten. Die GmbH sollte die Instandhaltungsaufwendungen für das gepachtete Unternehmen sowie die auf das Unternehmen entfallenden Versicherungsbeiträge, Steuern und Abgaben tragen. Der Pachtzins sollte gemäß Nr. 2 des Vertrags auch dann für mindestens sechs Monate weitergezahlt werden, wenn eine vertragsgewöhnliche Nutzung des verpachteten Unternehmens infolge Feuer- oder Explosionsschadens nicht mehr uneingeschränkt möglich sein sollte.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) wertete die Unternehmensverpachtung durch die Klägerin als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung und erließ für die Streitjahre 1989 und 1990 Gewerbesteuermessbescheide, in denen er die Gewerbesteuermessbeträge auf ... DM (1989) und ... DM (1990) festsetzte.

Nach erfolglosem Vorverfahren gab das FG den Klagen statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1997, 681).

Mit den --vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen-- Revisionen rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Das FA beantragt, die Urteile aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben während des Revisionsverfahrens auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Senat die Verfahren VIII R 50/96 wegen Gewerbesteuermessbetrags 1989 und VIII R 51/96 wegen Gewerbesteuermessbetrags 1990 verbunden.

II. Die zulässigen Revisionen des FA sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

Die Klägerin unterhält keinen Gewerbebetrieb i.S. von § 2 Abs. 1 GewStG. Bei der Verpachtung des Unternehmens der Klägerin handelt es sich um eine --nicht der Gewerbesteuer unterliegende-- Vermögensverwaltung.

Eine Betriebsaufspaltung, aufgrund derer die vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin als gewerblich einzustufen wäre, lag nicht vor. Auch ist entgegen der Ansicht des FA die betriebliche Umstrukturierung der GmbH & Co. KG, in deren Zusammenhang die Gründung der Klägerin und die Verpachtung an die GmbH erfolgt ist, nicht als Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) anzusehen.

1. Eine Betriebsaufspaltung liegt nicht vor, weil die Klägerin mit der GmbH nicht personell verflochten war.

a) Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass das vermietende Besitzunternehmen mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist (vgl. z.B. Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 96/96, BFHE 187, 570, m.w.N.; vom 12. Oktober 1988 X R 5/86, BFHE 154, 566, BStBl II 1989, 152). Die --hier allein streitige-- personelle Verflechtung ist gegeben, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (vgl. BFH in BFHE 187, 570; BFH-Beschluss vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).

b) Eine Betriebsaufspaltung ist wegen fehlender personeller Verflechtung nicht gegeben, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzpersonengesellschaft einstimmig gefasst werden müssen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 1999 VIII R 72/96, BFHE 188, 397; in BFHE 187, 570; vom 10. Dezember 1991 VIII R 71/87, BFH/NV 1992, 551; vom 29. Oktober 1987 VIII R 5/87, BFHE 151, 457, BStBl II 1989, 96; vom 9. November 1983 I R 174/79, BFHE 140, 90, BStBl II 1984, 212; a.A. Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 29. März 1985 IV B 2 - S 2241 - 22/85, BStBl I 1985, 121; vom 23. Januar 1989 IV B 2 - S 2241 - 1 /89, BStBl I 1989, 39). Entsprechendes gilt für den Fall, dass der nur an dem Besitzunternehmen beteiligte Gesellschafter (sog. Nur-Besitzgesellschafter) den Geschäftsführungsmaßnahmen des Mitgesellschafters, der die Betriebsgesellschaft beherrscht und am Besitzunternehmen beteiligt ist, widersprechen kann. Dies ist hier gegeben.

aa) Bei der Klägerin handelt es sich zivilrechtlich um eine sog. Schein-KG, d.h. tatsächlich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), da sie als vermögensverwaltendes Unternehmen bei Fehlen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs kein Kaufmann i.S. von §§ 1 ff. HGB a.F. ist (vgl. BFH-Entscheidungen vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; vom 19. August 1986 IX S 5/83, BFHE 147, 453, BStBl II 1987, 212; vom 25. April 1985 IV R 36/82, BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622). Gleichwohl gilt bei einer als KG gegründeten Gesellschaft, die tatsächlich als GbR anzusehen ist, aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung als KG im Innenverhältnis das Recht der KG (vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 1751).

bb) Im Streitfall beherrschte U zwar das Betriebsunternehmen, die GmbH, da sie als Alleingesellschafterin gemäß § 47 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) über sämtliche Stimmrechte und damit über die Mehrheit verfügte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. Januar 1982 IV R 77/79, BFHE 135, 325, BStBl II 1982, 476). Sie beherrschte aber nicht die Klägerin --das in der Rechtsform einer KG geführte Besitzunternehmen--, an der sie als geschäftsführende "Kommanditistin" mit Prokura einen Anteil von rd. 85 % hielt. Denn sie konnte weder hinsichtlich der gewöhnlichen Geschäfte --bzw. der Geschäfte des täglichen Lebens-- noch hinsichtlich der außergewöhnlichen Geschäfte ihren Geschäfts- und Betätigungswillen durchsetzen.

cc) Bezüglich gewöhnlicher Geschäfte i.S. von § 116 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB konnte U zwar geschäftsführend tätig werden, sie war aber nicht in der Lage, gewöhnliche Geschäfte gegen den Willen des H durchzusetzen.

Zwar stand der U, die im Innenverhältnis die Stellung einer Kommanditistin hatte, nach dem für KG's geltenden Recht gemäß § 164 Satz 1 i.V.m. § 116 Abs. 2 HGB nur bei außergewöhnlichen Geschäften ein Widerspruchs- bzw. Mitwirkungsrecht zu (vgl. hierzu Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, 29. Aufl., § 164 Rdnr. 2); aufgrund der Regelung des § 7 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags war sie jedoch auch zur Geschäftsführung befugt und konnte infolge der ihr zugleich erteilten Prokura die Klägerin nach außen wirksam vertreten. Sie war deshalb im gleichen Umfang wie der die Funktion eines Komplementärs ausübende H zur Geschäftsführung berechtigt (vgl. hierzu Schlegelberger/Martens, Handelsgesetzbuch, § 164 Anm. 33; Staub/Schilling, Handelsgesetzbuch, § 164 Anm. 8 ff.) und konnte damit auf die sog. Geschäfte des täglichen Lebens Einfluss nehmen.

Gleichwohl beherrschte sie damit die Besitzgesellschaft noch nicht. Denn dem H stand hinsichtlich der Geschäftsführung der U ein Widerspruchsrecht zu, aufgrund dessen er Maßnahmen der U verhindern konnte. Ist ein Kommanditist neben dem Komplementär aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelung zur Geschäftsführung berechtigt, so gelten für das Verhältnis zwischen dem --kraft seiner organschaftlichen Stellung geschäftsführungsbefugten-- Komplementär und dem aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelung geschäftsführungsbefugten Kommanditisten die §§ 115 bis 116 HGB (vgl. Schlegelberger/Martens, a.a.O., § 164 Anm. 33; Stuhlfelner in Heidelberger Kommentar, HGB, 5. Aufl., § 164 Rz. 3; Staub/Schilling, a.a.O., § 164 Anm. 8 ff.). Dies hat zur Folge, dass H, dem gesellschaftsvertraglich die Stellung eines geschäftsführenden Komplementärs eingeräumt war, gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB ein Widerspruchsrecht hatte, aufgrund dessen er Geschäftsführungsmaßnahmen der U unterbinden konnte. Aus diesem Grund reicht allein die Mitwirkung des Kommanditisten an der Geschäftsführung der KG nicht aus, um eine Beherrschung bezüglich der sog. Geschäfte des täglichen Lebens bejahen zu können. Erforderlich ist vielmehr, dass entweder der geschäftsführungsbefugte Kommanditist gegenüber dem Komplementär weisungsberechtigt ist (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 17. März 1966 II ZR 282/63, BGHZ 45, 204, 209) bzw. der Komplementär von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Schlegelberger/Martens, a.a.O., § 164 Anm. 27; Wirth in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, § 3 KG Rdnr. 76 und 78) oder aber --im Fall einer GmbH & Co. KG-- der Kommanditist Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH ist.

dd) Auch bezüglich außergewöhnlicher Geschäfte war die U trotz ihrer Beteiligung von rd. 85 % nicht in der Lage, ihren Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Denn insoweit galt gemäß § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags, der § 119 Abs. 1 i.V.m. § 116 Abs. 2 HGB entspricht, das Einstimmigkeitsprinzip für alle Beschlüsse der Gesellschafter, so dass U ohne die Zustimmung des H keine Beschlüsse herbeiführen konnte. Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Einstimmigkeitsklausel nicht nur für die Vornahme der in § 8 Nr. 1 Satz 2 Buchstaben a bis c des Gesellschaftsvertrags genannten Rechtsgeschäfte --Bürgschaftsübernahmen, Grundstücks- und Wechselgeschäfte-- galt, sondern alle Gesellschafterbeschlüsse erfasste. Gesellschafterbeschlüsse waren auch für andere außergewöhnliche Rechtsgeschäfte als die in § 8 Nr. 1 Satz 2 Buchstaben a bis c des Gesellschaftsvertrags genannten erforderlich. Zwar fehlte für andere außergewöhnliche Rechtsgeschäfte als die in § 8 Nr. 1 Satz 2 Buchstaben a bis c des Gesellschaftsvertrags genannten eine vertragliche Regelung; die insoweit bestehende Lücke ist aber nach dem erkennbaren Willen der Gesellschafter nach dem für KG's geltenden Recht auszufüllen. Nach § 116 Abs. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB bedarf jedes außergewöhnliche Rechtsgeschäft eines Gesellschafterbeschlusses.

c) In besonders gelagerten Fällen kann allerdings auch eine tatsächliche Machtstellung, die durch den Alleingesellschafter der Betriebsgesellschaft in der Besitzgesellschaft ausgeübt wird, ausreichen, um eine personelle Verflechtung zu bejahen. Dies setzt voraus, dass sich der oder die nur an der Besitzgesellschaft beteiligten Gesellschafter dem Druck der beherrschenden Gesellschafter aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen unterordnen müssen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 187, 570, m.w.N., ständige Rechtsprechung). Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt ist eine derartige tatsächliche Beherrschung durch U nicht gegeben.

Allein die eheliche Beziehung zwischen U und H begründet eine solche tatsächliche Machtstellung der U nicht. Denn Art. 6 des Grundgesetzes (GG) verbietet es, widerlegbar zu vermuten, dass Ehegatten regelmäßig gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, 494/82 und 47/83, BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475; BFH-Urteil vom 26. Oktober 1988 I R 228/84, BFHE 155, 117, BStBl II 1989, 155). Ebenso wenig genügt ein jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken der Eheleute in der Gesellschaft (vgl. BFH in BFHE 188, 397). Auch aus dem Umstand, dass die Alleingesellschafterin der GmbH, U, ihrem Ehemann H den größten Teil der von ihm zu erbringenden Einlage geschenkt hat, kann nicht auf eine tatsächliche Beherrschung durch U geschlossen werden (vgl. hierzu BFH in BFHE 155, 117, BStBl II 1989, 155). Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Anstellung des H als Geschäftsführer der von U beherrschten GmbH.

2. Die gesellschaftsrechtliche Gestaltung ist --entgegen der Auffassung des FA-- nicht rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO 1977.

a) Ein Gestaltungsmissbrauch in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige eine rechtliche Gestaltung wählt, die der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 187, 570; vom 17. Januar 1991 IV R 132/85, BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607). Davon ist auszugehen, wenn die Gestaltung gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist. Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhaltes und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht gewählt hätten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607).

b) Im Streitfall ist eine unangemessene Gestaltung nicht gegeben. Das gilt sowohl für die im Rahmen der Unternehmensumstrukturierung vorgenommene Aufnahme des H als "Komplementär" als auch für die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips bei der Klägerin.

Entgegen der Auffassung des FA kann die gesellschaftsrechtliche Einbindung des H in die Klägerin nicht mit der Begründung als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, dass ein Dritter einen Geschäftsführer regelmäßig mit einer höheren Vergütung an das Unternehmen binden würde. Der Unternehmensführung steht es frei, ob sie einen verdienten Geschäftsführer mit einem höheren Gehalt entlohnt oder ob sie ihn durch eine Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft mittel- bzw. langfristig an das Unternehmen bindet und dem Geschäftsführer hierbei die ihm nach den gesetzlichen Regeln zustehenden Rechte einräumt. Dabei kommt dem Umstand, dass dem H ein erheblicher Teil seiner Einlage von seiner Ehefrau U geschenkt worden ist, schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil er jedenfalls einen Teil seiner Einlage selbst erbracht hat und daher auch ohne die Schenkung Minderheitsgesellschafter bei der Klägerin geworden wäre.

Die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips bei der Klägerin stellt ebenfalls keine unangemessene Gestaltung dar. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips ein Gestaltungsmissbrauch sein könne, wenn sich hierfür kein sachlicher Grund finden lasse (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 15 Rz. 825; N. Meier, Finanz-Rundschau --FR-- 1992, 676, 679; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1984, 618; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1997, 54; L. Wagner, Betriebsaufspaltung und Gewerbesteuer, S. 131; wohl auch: Pollmann, Kommentierte Finanzrechtsprechung --KFR--, Fach 3, § 15 EStG, 9/99, S. 267, 269 f.). Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung für den Streitfall jedoch nicht anzuschließen. Zwar mögen Gestaltungen vorstellbar sein, bei denen --unter anderem auch wegen des hierbei vereinbarten Einstimmigkeitsprinzips-- ein Rechtsmissbrauch angenommen werden könnte. Das gilt jedoch nicht für eine Schein-KG, bei der von Beginn an das Einstimmigkeitsprinzip vereinbart ist. Die Vereinbarung wiederholt nur die von Gesetzes wegen für Personengesellschaften vorgesehene Regelung (für GbR: § 709 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; für Offene Handelsgesellschaften: § 119 Abs. 1 HGB; für KGŽs: § 161 Abs. 2, § 119 Abs. 1 HGB; Kaligin, Die Betriebsaufspaltung, 3. Aufl., S. 103, sowie Deutsche Steuer-Zeitung 1986, 131, 137; Dehmer/Hettler, KFR, Fach 3, § 15 EStG, 5/97, S. 131, 133). Wird aber eine gesetzliche Regelung nicht abbedungen, so kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob hierfür ein sachlicher Grund besteht (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 187, 570, unter 3. der Gründe).

Ein Gestaltungsmissbrauch kann entgegen der Auffassung des FA auch nicht mit der Begründung bejaht werden, dass die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips nicht einem Drittvergleich standhalte. Da das Einstimmigkeitsprinzip bei der Personengesellschaft der gesetzliche Regelfall ist, kann es nicht darauf ankommen, ob ein Dritter zu einer entsprechenden Vereinbarung bereit gewesen wäre. Als unzutreffend erweist sich schließlich auch der vom FA erhobene Einwand, die Einstimmigkeitsabrede sei --nachdem der Pachtvertrag mit der GmbH abgeschlossen worden sei-- nur noch von geringer Bedeutung, weil sich die laufende Tätigkeit der Klägerin nunmehr allein auf die laufende Verwaltung des verpachteten Vermögens beschränke. Die Einstimmigkeitsabrede erfasst nicht nur jegliche Veränderung sowie Auflösung des Pachtvertrags, sondern gilt auch bereits für den erstmaligen Abschluss des Pachtvertrags (zutreffend: Söffing, Der Betrieb 1998, 397).



Ende der Entscheidung

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