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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.04.2004
Aktenzeichen: VIII R 52/02
Rechtsgebiete: EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002, EStG 1996, EStG i.d.F. des StÄndG 2001
Vorschriften:
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b | |
EStG 1996 § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a | |
EStG 1996 § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b | |
EStG i.d.F. des StÄndG 2001 § 52 Abs. 34a Satz 2 |
Gründe:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beteiligte sich bei der Gründung der A-GmbH (im Folgenden: GmbH) im Juni 1980 mit 33,30 v.H. am Stammkapital von insgesamt 21 000 DM. Seine prozentuale Beteiligung am Stammkapital, das sich bis zum Februar 1995 auf 678 000 DM erhöht hatte, veränderte sich u.a. aufgrund von Kapitalerhöhungen. Sie betrug ab Juni 1982 22,50 v.H., ab August 1984 18,14 v.H., ab Dezember 1985 23 v.H., ab März 1986 18,70 v.H., ab Dezember 1987 31,13 v.H., ab März 1988 23,47 v.H., ab Dezember 1988 22,33 v.H., ab Juli 1990 19,76 v.H. und seit Februar 1995 28,88 v.H. Die am 20. Februar 1995 erworbenen Anteile zum Nennwert von 61 800 DM hatte der Kläger zum Preis von 1 DM erworben.
Im Jahr 1995 geriet die GmbH in die Krise. Am 5. Juli 1996 beantragte sie die Durchführung des Konkursverfahrens. Dessen Eröffnung wurde vom zuständigen Amtsgericht am 30. Juli 1996 mangels Masse abgelehnt. Das noch vorhandene Vermögen der GmbH wurde im Jahr 1996 verwertet und die Erlöse wurden zur Reduzierung der Verbindlichkeiten der GmbH verwandt.
Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1996 machte der Kläger den Verlust des Stammkapitals von nominell 195 800 DM, eines Gesellschafterdarlehens von 132 341,04 DM und seine Aufwendungen für seine Inanspruchnahme aus Bürgschaften für die GmbH von insgesamt 31 812,06 DM als Veräußerungsverlust gemäß § 17 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte es unter Hinweis auf § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 --im Folgenden: EStG 1996-- (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) ab, einen Verlust aus der Aufgabe der GmbH zu berücksichtigen; der Kläger sei nicht --wie nach dem Tatbestand des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG 1996 erforderlich-- innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Konkursantrag der GmbH wesentlich beteiligt gewesen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, die unstreitig bei Gründung der GmbH wesentliche Beteiligung des Klägers am Stammkapital habe alle übrigen später erworbenen Anteile "infiziert".
Während des Klageverfahrens ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass der Kläger der GmbH im Oktober 1995 ein Darlehen in Höhe von 66 000 DM gewährt hatte, das im Juli 1996 noch mit 62 703,58 DM valutierte. Der Kläger hatte der GmbH ein weiteres Darlehen, das im Juli 1996 mit 49 500 DM valutierte, zu einem vom Finanzgericht (FG) nicht festgestellten Zeitpunkt überlassen. In der mündlichen Verhandlung ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass das letztgenannte Darlehen zur planmäßigen Ausstattung der GmbH mit Finanzmitteln erforderlich gewesen war.
Der Kläger hatte sich --gemeinsam mit den übrigen Gesellschaftern-- für Darlehen verbürgt, die der GmbH von Banken gewährt worden waren. Er wurde aus diesen Bürgschaften in der Zeit vom 9. Juli 1996 bis zum 7. August 1996 auf Zahlung von 25 000 DM, 480 568,94 DM, 90 000 DM, 120 000 DM und 25 350,59 DM in Anspruch genommen. Er hat darauf nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH insgesamt 18 042 DM gezahlt.
Das FG gab der Klage mit dem Begehren, einen Verlust von 224 811,58 DM zu berücksichtigen, teilweise statt und berücksichtigte einen Auflösungsverlust von 130 246,58 DM. Es entschied, die Anschaffungskosten von 1 DM, der Verlust der Gesellschafterdarlehen sowie die Zahlung auf die Bürgschaften seien gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) als Verlust aus der Auflösung der GmbH zu berücksichtigen. Diese Fassung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG sei gemäß der Einfügung des Satzes 2 in § 52 Abs. 34 a EStG durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4; Steueränderungsgesetz 2001 --StÄndG 2001--) auch für Veranlagungszeiträume vor 1999 und damit rückwirkend auch auf das Streitjahr 1996 anzuwenden.
Der Kläger sei durch den Hinzuerwerb von Anteilen am 20. Februar 1995 wesentlich i.S. des § 17 EStG beteiligt gewesen, da sich dadurch seine Beteiligung von 19,76 v.H. auf 28,88 v.H. erhöht habe. Es habe sich um einen entgeltlichen Anteilserwerb gehandelt, da die Anteile keinen höheren Wert als 1 DM gehabt hätten. Die für diesen Anteilserwerb aufgewendeten Anschaffungskosten von 1 DM seien nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG als Aufgabeverlust zu erfassen.
Zusätzlich seien jedoch nachträgliche Anschaffungskosten durch den Verlust der Darlehen und die Inanspruchnahme aus Bürgschaften in Höhe von insgesamt 130 245,56 DM entstanden. Diese nachträglichen Anschaffungskosten seien in vollem Umfang als Verlust nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG zu berücksichtigen. Der Senat folge nicht einer in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach der Gesamtbetrag der nachträglichen Anschaffungskosten auf alle zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens gehaltenen Anteile zu verteilen und nur insoweit zu berücksichtigen sei, als die zugrunde liegenden Anteile nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG in die Ermittlung des Aufgabeverlusts eingehen könnten. Eine solche Auslegung würde dem gesetzgeberischen Zweck zuwiderlaufen, wonach die Verlustabzugsmöglichkeit eingeschränkt worden sei, um Missbräuche zu verhindern. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1378 veröffentlicht.
Das FA rügt mit seiner Revision sinngemäß eine Verletzung von § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG.
Es beantragt, die Vorentscheidung mit der Maßgabe aufzuheben, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG in Höhe von 43 416 DM festzusetzen und die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es hat keinen Antrag gestellt.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese unter Berücksichtigung des Revisionsantrags des FA nicht rechtskräftig geworden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage seiner bisherigen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht entschieden, dass die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers für seine Anteile an der GmbH in vollem Umfang abziehbar sind. Vielmehr kommt ein Abzug der Wertminderungen der Darlehen und der Zahlungen auf die Bürgschaft in vollem Umfang nur insoweit in Betracht, als die Darlehen nach Begründung der wesentlichen Beteiligung im Februar 1995 gewährt worden sind und die Bürgschaft nach diesem Zeitpunkt übernommen worden ist. Im Übrigen sind Minderungen des Wertes des Rückforderungsanspruchs aus dem Darlehen und des Wertes der Rückgriffsforderung aus Bürgschaft (vgl. § 774 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) --den eigenkapitalersetzenden Charakter des Darlehens und der Bürgschaft vorausgesetzt-- nur insoweit als nachträgliche Anschaffungskosten abziehbar, als die Wertverluste nach Begründung der wesentlichen Beteiligung eingetreten sind.
1. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden und zwischen den Beteiligten besteht auch kein Streit darüber, dass der Verlust des Klägers aus der Auflösung der GmbH im Streitjahr 1996 entstanden ist (§ 17 Abs. 2 und Abs. 4 EStG). Denn in diesem Jahr hat das Amtsgericht die beantragte Durchführung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt, so dass die GmbH aufgelöst worden ist (§ 107 Abs. 1 der Konkursordnung --KO--; § 60 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--). In diesem Jahr wurde das noch vorhandene Vermögen der GmbH verwertet und zur Reduzierung ihrer Verbindlichkeiten verwandt. Der Kläger konnte deshalb am Ende des Jahres 1996 mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen der GmbH nicht mehr rechnen (vgl. zum Zeitpunkt der Verlustentstehung z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162; vom 27. November 2001 VIII R 36/00, BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731).
2. Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Verlust des Klägers aus seiner Beteiligung an der GmbH zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht nach der ursprünglich für das Streitjahr 1996 gültigen Fassung des § 17 EStG. Denn nach dem durch das StÄndG 2001 angefügten Satz 2 des § 52 Abs. 34 a EStG 2002 ist § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 auch für Veranlagungszeiträume vor 1999 anzuwenden.
Gegen die gesetzlich angeordnete rückwirkende Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sich dies für die Steuerpflichtigen nicht belastend, sondern begünstigend auswirkt. Denn nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a und b EStG 1996 wäre überhaupt kein Verlust des Klägers aus der Auflösung der GmbH zu berücksichtigen gewesen. Nach diesen Vorschriften war ein Veräußerungsverlust aus einer entgeltlich erworbenen Beteiligung nämlich nur dann zu berücksichtigen, wenn der Veräußerer die wesentliche Beteiligung im Rahmen der Gründung der Kapitalgesellschaft entgeltlich erworben (vgl. Buchst. a) oder die Anteile mehr als fünf Jahre vor der Veräußerung entgeltlich erworben hatte und er während dieses Zeitraums wesentlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt war (vgl. Buchst. b). Keine dieser Voraussetzungen war im Streitfall erfüllt.
Der Kläger hatte zwar bei Gründung der GmbH im Jahr 1980 mit seinen Anteilen von 33,30 v.H. eine wesentliche Beteiligung, d.h. eine Beteiligung von mehr als einem Viertel (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG in der für 1980 gültigen Fassung), erworben. Die Beteiligung war jedoch aufgrund einer Kapitalerhöhung im Juni 1982 unter die Wesentlichkeitsgrenze von mehr als einem Viertel gesunken. Zwar war der Kläger ab Dezember 1987 erneut wesentlich beteiligt (31,13 v.H.). Diese Beteiligung sank jedoch am 3. März 1988 als Folge einer Kapitalerhöhung auf 23,47 v.H. Erst durch den Erwerb des Geschäftsanteils von nominell 61 800 DM am 20. Februar 1995 erlangte der Kläger erneut eine wesentliche Beteiligung.
Diese wesentliche Beteiligung hat der Kläger nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz zwar trotz des Kaufpreises von nur 1 DM entgeltlich erworben, weil die Anteile im Zeitpunkt des Erwerbs unstreitig keinen höheren Wert als den vereinbarten Kaufpreis hatten (vgl. zur Entgeltlichkeit eines Anteilserwerbs z.B. BFH-Urteil vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34). Aber er hat sie nicht im Rahmen der Gründung der GmbH erworben. Er hat sie auch nicht während eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Auflösung der GmbH im Jahr 1996 innegehabt.
3. Nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG in der somit maßgeblichen Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 (im Folgenden: EStG) ist ein Veräußerungsverlust nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt, die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen gehört haben. Dies gilt nicht für innerhalb der letzten fünf Jahre erworbene Anteile, deren Erwerb zur Begründung einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen geführt hat oder die nach Begründung der wesentlichen Beteiligung erworben worden sind.
a) Im Streitfall haben die Anteile des Klägers nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre vor der Auflösung der GmbH im Streitjahr 1996 zu einer wesentlichen Beteiligung gehört. Deshalb kann ein Auflösungsverlust des Klägers nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2, 1. Alternative EStG nur insoweit berücksichtigt werden, als er auf die im Jahre 1995 erworbenen Anteile entfällt, deren Erwerb zu einer wesentlichen Beteiligung geführt hat.
Das Gesetz enthält keine Vorschriften darüber, wie der auf diese Anteile entfallende Verlust zu ermitteln ist. Der Umstand, dass Geschäftsanteile, die der Gesellschafter zu verschiedenen Zeitpunkten erworben hat, ihre rechtliche Selbständigkeit behalten (vgl. § 15 Abs. 2 GmbHG; BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BFHE 184, 74, BStBl II 1997, 727, unter II.1.b bb der Gründe, m.w.N.), spricht dafür, als Anschaffungskosten die konkreten Aufwendungen für den Erwerb der Anteile und nicht einen gemittelten Wert aus der Summe der Anschaffungskosten für sämtliche Anteile anzusetzen. Über diese Vorgehensweise und darüber, dass die konkreten Aufwendungen im Streitfall 1 DM betragen haben, besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Umstritten ist ausschließlich die Zuordnung der nachträglichen Anschaffungskosten.
b) Während die Anschaffungskosten ohne weiteres denjenigen Anteilen zugeordnet werden können, für deren jeweiligen Erwerb sie angefallen sind, ist eine solche konkrete Zuordnung bei den nachträglichen Anschaffungskosten dann nicht möglich, wenn insgesamt mehrere Anteilserwerbe stattgefunden haben. Denn wenn ein Gesellschafter der GmbH zu ihrer Ausstattung mit Kapital oder in der Krise Darlehen gewährt oder Bürgschaften übernimmt, dann berührt das seine Stellung als Gesellschafter insgesamt und bezieht sich nicht auf bestimmte Anteile. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG nachträgliche Anschaffungskosten überhaupt nicht berücksichtigt wissen wollte. Für eine derartige Intention des Gesetzgebers bestehen keine Anhaltspunkte und lägen auch keine sachlich einleuchtenden Gesichtspunkte vor. Deshalb liegt es nahe, die nachträglichen Anschaffungskosten nach den Wertungen zuzuordnen und abzuziehen, die den ausdrücklich getroffenen Regelungen zugrunde liegen.
Danach ist ein Abzug nachträglicher Anschaffungskosten nur insoweit gerechtfertigt, als dies dem Zweck der Abzugsbeschränkung nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG entspricht. Der Gesetzgeber wollte durch die Einschränkung des Verlustabzugs Gestaltungen verhindern oder erschweren, die es einem bisher nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter ermöglichen, durch kurzfristigen Zukauf weniger Anteile eine im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen (vgl. BTDrucks 13/901, S. 133). Er hat solche Sachverhalte als missbräuchlich angesehen (vgl. BTDrucks 14/6877, S. 28) und deshalb den Verlustabzug nur im Umfang derjenigen Anteile zulassen wollen, die der Gesellschafter erworben hat, um seine Beteiligung zu einer wesentlichen aufzustocken (vgl. BTDrucks 14/265, S. 180). Insoweit wäre ein Abzugsverbot nicht sachgerecht und damit verfassungsrechtlich bedenklich, weil solche Anteile, deren Erwerb zur Begründung der wesentlichen Beteiligung geführt hat, von Anfang an steuerverhaftet sind. In diesem Umfang kann der Steuerpflichtige auch nicht das vom Gesetzgeber missbilligte Ziel verfolgen, Wertminderungen in seinem Privatvermögen in den steuerlich relevanten Bereich verlagern zu wollen.
aa) Der mit dem teilweisen Abzugsverbot verfolgte Zweck, dass ein kurzfristiger Hinzuerwerb von Anteilen nicht die Verlagerung von im Privatvermögen entstandenen Wertminderungen oder Belastungen ermöglichen soll, trifft auch für solche durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Gesellschafterdarlehen oder Bürgschaften für die GmbH zu, die bis zum Erwerb der Anteile zur Begründung einer wesentlichen Beteiligung gewährt oder übernommen worden sind. Der Verlust solcher Darlehen oder die Inanspruchnahme aus solchen Bürgschaften wäre vor Begründung der wesentlichen Beteiligung --ebenso wie die Anschaffungskosten für eine nicht wesentliche Beteiligung-- der Privatsphäre zuzurechnen gewesen. Das spricht dafür, die Minderungen des Wertes des Rückforderungsanspruchs aus einem solchen Darlehen und des Wertes der Rückgriffsforderung aus einer solchen Bürgschaft nur insoweit als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, als diese Minderungen nach dem Erwerb der Anteile eingetreten sind, die zur Begründung der wesentlichen Beteiligung geführt haben. Das bedeutet, dass die gemeinen Werte des Rückforderungsanspruchs des Darlehens und der fiktiven Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs zu ermitteln sind, wenn bereits in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Krise oder der Krisenbestimmtheit vorlagen. Andernfalls wäre der Zeitpunkt maßgebend, in dem diese Voraussetzungen eintreten. Dabei ist der Betrag maßgeblich, den der Gesellschafter bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehensforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte; Entsprechendes gilt für die fiktive Veräußerung der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft (vgl. dazu BFH-Urteile vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, 819, unter II.2.c der Gründe, m.w.N.; vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589, unter II.2.e cc der Gründe). Nur der Verlust dieser Werte führt zu nachträglichen Anschaffungskosten.
bb) Etwas anderes muss nach der dem Abzugsverbot des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG zugrunde liegenden Wertung jedoch für solche nachträglichen Anschaffungskosten gelten, deren Rechtsgrund ausschließlich nach Begründung der wesentlichen Beteiligung gesetzt worden ist. Solche Darlehen oder Bürgschaften, die nach Begründung der wesentlichen Beteiligung in der Krise gewährt oder übernommen werden oder krisenbestimmt sind, sind von Anfang an vom Regelungsbereich des § 17 EStG erfasst und nicht der Privatsphäre zuzuordnen. Sie werden deshalb nicht von dem Zweck des Abzugsverbots berührt, wonach es Anteilseignern nicht ermöglicht werden soll, durch den kurzfristigen Hinzuerwerb von Anteilen, die bislang der Privatsphäre zuzuordnen waren, Wertminderungen in den steuerlich relevanten Bereich zu verlagern. Im Hinblick auf diesen Zweck bestimmt § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2, 2. Alternative EStG, dass ein Veräußerungsverlust zu berücksichtigen ist, soweit er auf Anteile entfällt, die nach Begründung der wesentlichen Beteiligung erworben worden sind. Der Rechtsgedanke, der dieser Regelung zugrunde liegt, ist zur Vermeidung zufälliger Ergebnisse auch auf die nachträglichen Anschaffungskosten anzuwenden. Leistungen, die ein Gesellschafter nach Begründung einer wesentlichen Beteiligung gegenüber seiner Gesellschaft erbringt, sind durch die gesamte steuerverstrickte Beteiligung veranlasst. Dies rechtfertigt es, die Wertminderungen von Darlehen oder die Zahlungen auf Bürgschaften, die nach Begründung der wesentlichen Beteiligung in der Krise gewährt oder übernommen worden oder krisenbestimmt sind, in vollem Umfang als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen.
4. Da die Vorentscheidung teilweise von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie --soweit sie nicht durch den eingeschränkten Revisionsantrag des FA rechtskräftig geworden ist-- aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend zu entscheiden, in welchem Umfang nachträgliche Anschaffungskosten abziehbar sind. Das FG hat zwar festgestellt, dass das Darlehen, das mit 62 703,58 DM valutiert hat, im Oktober 1995 und damit nach Begründung der wesentlichen Beteiligung gewährt worden ist. Es hat aber --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen darüber getroffen, wann der Kläger die Bürgschaft übernommen hat, auf die er die als Verlust geltend gemachte Zahlung geleistet hat, und wann das Darlehen, das im Streitjahr noch mit 49 500 DM valutiert hat, gewährt worden ist. Es wird diese Feststellungen nachzuholen und ggf. die Werte des Rückforderungsanspruchs aus dem Darlehen und der fiktiven Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft im maßgeblichen Zeitpunkt zu schätzen haben.
Ende der Entscheidung
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