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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: VIII R 68/05
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 17 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2 Satz 1
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
1. Eine durch ein notariell beurkundetes Verkaufsangebot erlangte Option auf den Erwerb von Aktien begründet regelmäßig noch kein wirtschaftliches Eigentum des potentiellen Erwerbers.

2. Bei rechtlich, wirtschaftlich und zeitlich verbundenen Erwerben von Aktienpaketen einer AG durch denselben Erwerber zu unterschiedlichen Entgelten muss der Kaufpreis (= Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) für das einzelne Paket für steuerliche Zwecke abweichend von der zivilrechtlichen Vereinbarung aufgeteilt werden, wenn sich keine kaufmännisch nachvollziehbaren Gründe für die unterschiedliche Preisgestaltung erkennen lassen.


Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) im Streitjahr (1993) einen Gewinn aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte (§ 17 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung --EStG--) und ggf. in welcher Höhe.

Der Kläger war über zwei vermögensverwaltende Familiengesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) zu insgesamt 27,727291 % an der X AG (AG) beteiligt. Das gesamte Aktienkapital der AG befand sich --zunächst-- im Eigentum der beiden GbR.

Mit notariellem Schenkungs- und Unterbeteiligungsvertrag vom 29. September 1989 räumte der Kläger seiner minderjährigen Tochter durch Bildung einer Innengesellschaft eine Unterbeteiligung in Höhe von 48,8 % ein, bezogen auf seine Beteiligung (in Höhe von 27,68 %) an der einen, aus einer Erbengemeinschaft hervorgegangenen GbR (GbR II).

Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage der AG suchten deren Gesellschafter im Streitjahr einen Investor, der bereit war, das Eigenkapital der Gesellschaft zu verstärken. Mit der Y-PlC aus England wurde eine Investorin gefunden, die an der vollständigen Übernahme des Unternehmens der AG interessiert war.

Vor diesem Hintergrund beschlossen die Gesellschafter, das Grundkapital der AG von 12 Mio. DM um 13 Mio. DM auf 25 Mio. DM zu erhöhen. Hierzu wurden 130 000 junge Inhaberstammaktien, entsprechend 52 % des Stammkapitals, an die A, eine Tochtergesellschaft der Y-PlC, gegen Bareinlage von 30 000 100 DM ausgegeben. Das gesetzliche Bezugsrecht der Altaktionäre, die Gesellschafter der beiden GbR, wurde ausgeschlossen.

Durch mehrere Verträge bzw. Erklärungen vom 2. November 1993 regelten die Altaktionäre der AG und die A das weitere Vorgehen. Durch ein bindendes Kaufangebot wurde der Y-PlC das Recht eingeräumt, durch eine zwischen dem 10. Oktober 1994 und dem 31. März 1995 abzugebende Erklärung die Altaktien zum Kaufpreis von 179 350 000 DM zu erwerben.

Durch Konsortialvertrag vereinbarten die Beteiligten, dass die von der Y-PlC aufgrund der Kapitalerhöhung --mittelbar-- erworbene Mehrheit der Stimmrechte an der AG im Falle der Nichtannahme oder Ablehnung des Kaufangebots durch Umwandlung eines Teils der Anteile (betreffend 27 der 52 %) in nicht stimmberechtigte Vorzugsaktien wieder beseitigt werden sollte.

In einer weiteren Vereinbarung sicherten die Altaktionäre der Y-PlC zu, dass der Konzernabschluss für das Streitjahr einen Fehlbetrag von 14 Mio. DM nicht überschreiten werde. Da der Fehlbetrag tatsächlich erheblich höher lag, überwiesen die Altaktionäre aufgrund dieser Zusicherung im Jahre 1994 den Differenzbetrag an die AG.

Wegen der noch bei Vertragsabschluss im November 1993 so nicht erwarteten schlechten Geschäftsentwicklung der AG schrieb der damalige anwaltliche Vertreter der Y-PlC im Juli 1994 an den Vertreter der Altaktionäre, dass die Entscheidung der Y-PlC über die Ausübung der Kaufoption nach wie vor völlig offen sei. Am 4. Oktober 1994 schlossen die Altaktionäre als Verkäufer und A sowie ein Vertreter der Y-PlC, Herr S, als Käufer einen Kaufvertrag über die Altaktien zu einem Kaufpreis von insgesamt 179 350 000 DM. Dabei übernahmen A 117 819 und Herr S 2 181 Aktien. Zum Ausgleich der im Geschäftsjahr 1994 bei der AG entstandenen weiteren Verluste erklärten sich die Altaktionäre bereit, zusätzlich 20 Mio. DM an die AG zu zahlen. Die Vertragsparteien waren sich darüber hinaus einig, dass das Kaufangebot vom 2. November 1993 ab Abschluss des Kaufvertrags keine rechtliche Wirkung mehr entfalten sollte.

Am Ende einer Reihe mehrerer nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ergangener Einkommensteuerbescheide für das Streitjahr legte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Änderungsbescheid vom 11. Juni 2004 einen Gewinn des Klägers aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 EStG an der AG in Höhe von 37 617 448 DM nach folgender Berechnung zugrunde:

 Veräußerungserlös179 350 000 DM
davon Anteil Kläger (27,727291 %)49 728 896 DM
abzügl. anteilige Anschaffungskosten des Klägers12 111 448 DM
= Veräußerungsgewinn des Klägers37 617 448 DM

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruch statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 186 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die aus den getroffenen Feststellungen gezogenen Schlussfolgerungen des FG seien rechtsfehlerhaft. Bei Berücksichtigung der nach der Berechnung des FA auf die jungen Aktien entfallenden stillen Reserven ergebe sich die wirtschaftliche Einheit der verschiedenen Vereinbarungen vom 2. November 1993. Für die Ermittlung des auf die Übertragung der Bezugsrechte entfallenden Anteils am für alle Aktien entrichteten Gesamtkaufpreis sei zudem wegen der sich mittels der Kapitalerhöhung ergebenden Beteiligungshöhe der Y-PlC und der hieraus folgenden besonderen Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung ein Paketzuschlag in Höhe von 25 % anzusetzen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 27. Oktober 2005 6 K 284/04 aufzuheben und die Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das FG habe rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger im Streitjahr keinen Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 EStG erzielt habe. Die unstreitig erfolgte Verfügung über das Aktienbezugsrecht sei unentgeltlich erfolgt. Zu keinem Zeitpunkt habe ein Zufluss aus einem Agio an die Altgesellschaft oder an die Altgesellschafter stattgefunden.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG habe weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Einheit der Vereinbarungen vom 2. November 1993 in Bezug auf den Erwerb der jungen Aktien und dem lediglich möglichen künftigen Erwerb der Altaktien bestanden.

Indem das FA einen angeblichen Ausschluss der Altaktionäre von einer Verfügung über die Altaktien annehme, verkenne es den wirtschaftlichen Gehalt einer jeden Optionsvereinbarung. Unerheblich sei, mit welchen wirtschaftlichen Auswirkungen ein vertragswidriges Verhalten der Altaktionäre verbunden gewesen wäre. Erheblich sei allein die Ausgestaltung des Optionsgeschäfts in der Weise, dass die Y-PlC in ihrer Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung völlig frei gewesen sei. Lege man die fehlerhafte Auslegung des FA zugrunde, würde die Einräumung einer Kaufoption stets zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führen, was offenkundig abwegig sei.

II.

Die zulässige Revision ist begründet.

Zu Unrecht ist das FG zu dem Urteil gelangt, dass der Kläger im Streitjahr keinen Veräußerungsgewinn erzielt hat. Allerdings errechnet sich der Veräußerungsgewinn des Streitjahres nur anhand des auf den Bezugsrechtsverzicht --betreffend die jungen Stammaktien-- entfallenden Entgeltanteils.

1. Der Kläger erfüllte im Streitjahr die Tatbestandsmerkmale einer Beteiligung von mehr als einem Viertel an der Kapitalgesellschaft binnen der letzten fünf Jahre gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, wobei ihm die von den Familiengesellschaften gesamthänderisch gehaltenen Aktien entsprechend seiner vermögensmäßigen Beteiligung wie einem Bruchteilseigentümer zuzurechnen waren (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, s. Urteile vom 8. November 2005 VIII R 11/02, BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253; vom 9. Mai 2000 VIII R 41/99, BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686, m.w.N.). Diese Beteiligung war wesentlich i.S. von Satz 4 der Vorschrift.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird der Tatbestand der Veräußerung einer solchen wesentlichen Beteiligung in dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem die zivilrechtliche oder (zumindest) die wirtschaftliche Inhaberschaft an den Kapitalgesellschaftsanteilen auf den Erwerber übergeht (BFH-Urteil vom 17. Februar 2004 VIII R 28/02, BFHE 205, 426, BStBl II 2005, 46, m.w.N.).

2. Unstreitig haben die Y-PlC bzw. die A im Streitjahr kein zivilrechtliches Eigentum an den Altaktien erworben.

Entgegen der Auffassung des FA ist aber auch nicht davon auszugehen, dass noch im Streitjahr eine wirtschaftliche Inhaberschaft der Y-PlC an diesen Aktien begründet worden wäre.

a) Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist die Rechtsstellung des wirtschaftlichen Eigentümers dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.

Unter diesen Voraussetzungen können auch Rechte und damit auch Anteile an Kapitalgesellschaften Gegenstand wirtschaftlichen Eigentums sein. Bei der Veräußerung von Anteilen ist dies jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Erwerber

(1) aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und

(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie

(3) das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (s. BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 32/04, BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296, m.w.N.).

Bei der Prüfung dieser Merkmale ist nach ständiger Rechtsprechung der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen. Eine vom Zivilrecht abweichende Zuordnung des Wirtschaftsguts erfordert deshalb nicht in jedem Einzelfall die Erfüllung der voranstehend genannten Voraussetzungen in vollem Umfang. Zu berücksichtigen ist, dass es nicht auf die äußere rechtliche Gestaltung ankommt, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse, also auf das wirtschaftlich Gewollte und tatsächlich auch Bewirkte (BFH-Urteil in BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296, m.w.N.).

Im Ergebnis zutreffend hat das FG den Übergang wirtschaftlichen Eigentums an den Altaktien auf die Y-PlC im Streitjahr verneint. Ein schuldrechtlicher Vertrag über die Veräußerung der Anteilsrechte war noch nicht geschlossen (im Unterschied etwa zu dem Sachverhalt, der dem Urteil des Senats in BFHE 205, 426, BStBl II 2005, 46 zugrunde lag). Wesentliche Rechte, wie Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht, waren im Streitjahr noch nicht auf die Y-PlC übergegangen. Selbst wenn man diesen Gesichtspunkt geringer gewichten wollte, weil den genannten Rechten nach den konkreten Verhältnissen im Streitfall bis zum Zeitpunkt der möglichen Annahme des Kaufangebots keine nennenswerte praktische Bedeutung mehr zugekommen sein mag, fällt doch erheblich ins Gewicht, dass die Y-PlC zwar die Chance einer Wertsteigerung der Anteile hatte, aber nicht das Risiko einer Wertminderung tragen musste: rechtlich nicht, weil sie das Kaufangebot nicht annehmen musste, aber auch wirtschaftlich nicht, wie die tatsächliche Entwicklung im Jahr des Kaufs der Altaktien zeigt. Offenbar konnte die Y-PlC eine weitere Ausgleichszahlung für einen angenommenen Wertverlust in Höhe von 20 Mio. DM verlangen und --mittelbar über die AG-- erhalten, weil sie nicht genötigt war zu kaufen und deshalb gegenüber dem Kläger und seinen Mitgesellschaftern in einer starken Verhandlungsposition war. Nach der Rechtsprechung sind Erwerbsoptionen grundsätzlich nicht und ausnahmsweise nur dann geeignet, wirtschaftliches Eigentum zu begründen, wenn nach dem typischen und damit für die wirtschaftliche Beurteilung maßgeblichen Geschehensablauf tatsächlich mit einer Ausübung des Optionsrechts zu rechnen ist (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BFH-Urteile vom 10. Juni 1988 III R 18/85, BFH/NV 1989, 348, 349; vom 29. Juli 1981 I R 62/77, BFHE 134, 264, BStBl II 1982, 107). In diesem Sinne kommt im Streitfall der Grundsatz zum Tragen, weil die tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnisse sich hier in einem wesentlichen Punkt von denen unterscheiden, die dem Urteil des Senats in BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296 zugrunde lagen. Dort war --zusätzlich zur Option der Erwerber-- den Anteilsveräußerern das unwiderrufliche Recht eingeräumt, die Beteiligungen zu einem festen und von der Wertentwicklung der Beteiligungen unabhängigen Kaufpreis zu übertragen (Andienungsrecht im Rahmen einer sog. Doppeloption). Wegen der Doppeloption war nach dem typischen Geschehensablauf davon auszugehen, dass eine der Vertragsparteien jedenfalls von ihrer Option Gebrauch machen würde. Im Streitfall hingegen war die Ausübung der (nur einseitigen) Option aus der Sicht des Streitjahres zwar möglich, ohne dass sich aber das (mögliche) Gebrauchmachen von der Option nach den vertraglichen Verhältnissen bereits zu einem typischen Sachverhalt verdichtet hätte.

b) Die Ausführungen des FA zum Abschluss eines Sicherungsvertrags zwischen den Altaktionären und der Y-PlC sind nicht entscheidungserheblich, da eine Sicherungsabrede allein keinen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Sicherungsnehmer bewirkt (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Die vom FA angestellten Erwägungen zu mittelbaren Besitzverhältnissen an den verbrieften und in der Verwahrung des Notars befindlichen Altaktien wären für die rechtliche Beurteilung allenfalls insoweit bedeutsam, als ein mittelbarer Besitz des Optionsberechtigten Ausdruck oder Indiz eines bereits aus anderen Gründen zu bejahenden dauerhaften wirtschaftlichen Ausschlusses des Eigentümers von der Nutzung der Anteilsrechte wäre, was hier jedoch aus den voranstehenden Gründen zu verneinen ist.

3. Zutreffend hat das FG erkannt, dass die Altgesellschafter, unter ihnen der Kläger, eine Anwartschaft auf eine Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG auf die A übertragen haben, indem sie durch Gesellschafterbeschluss bei Erhöhung des Grundkapitals der AG auf ihr Recht auf Bezug junger Aktien verzichtet haben (s. BFH-Urteile vom 19. April 2005 VIII R 68/04, BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762, m.w.N.; vom 13. Oktober 1992 VIII R 3/89, BFHE 169, 336, BStBl II 1993, 477).

Zu Unrecht verneint das FG jedoch die Entgeltlichkeit dieser Übertragung schon dem Grunde nach.

Dabei geht es nicht um den Aufpreis, den die A über den Nennwert der jungen Aktien hinaus als Bareinlage in die AG geleistet hat, da dieser Aufpreis kapitalverstärkend der AG zugute kam, ohne an die Altaktionäre weitergeleitet zu werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 169, 336, BStBl II 1993, 477).

Hingegen war ein Teil des bereits im Streitjahr 1993 der Höhe nach vereinbarten Kaufpreises, den die Y-PlC im Jahre 1994 für den Erwerb der Altaktien entrichtet hat, wirtschaftlich ein zusätzliches Entgelt für den Verzicht der Altaktionäre auf einen Bezug der jungen Aktien. Nach dem Urteil des erkennenden Senats in BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762 ist es für die Annahme eines Veräußerungsgeschäfts i.S. von § 17 Abs. 1 EStG ausreichend, wenn die Gegenleistung in einem unmittelbaren oder zumindest kausal begründeten sachlichen Zusammenhang mit der Leistung der Bezugsrechte (hier: durch Verzicht der Altaktionäre) steht, wobei eine in späteren Veranlagungszeiträumen gezahlte Gegenleistung ein steuerlich auf den Zeitpunkt der Realisierung eines Gewinns nach § 17 Abs. 1 EStG rückwirkendes Ereignis ist, und zwar auch dann, wenn die Gegenleistung --wie hier-- von einer weiteren Voraussetzung abhängt, die erst in einem dem Veräußerungsjahr folgenden Jahr eintritt (s. hierzu eingehend das BFH-Urteil in BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762). Demzufolge ist ein auf die jungen Aktien entfallender Anteil des Kaufpreises auch bereits bei der Steuerfestsetzung für das Veräußerungsjahr als Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu erfassen.

Im Streitfall besteht ein kausaler sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen vom 2. November 1993. Ausdrücklich hat das FG festgestellt, dass das Interesse der Y-PlC auf den Erwerb der gesamten AG gerichtet war. Auch aus der Sicht der Altaktionäre war das Vertragswerk auf einen Verkauf aller Aktien an die Y-PlC bzw. ihre Tochter gerichtet. Das Kaufangebot vom 2. November 1993 war aufschiebend bedingt durch das Wirksamwerden der Vereinbarung vom gleichen Tage, in der die Stammkapitalerhöhung der AG und der Bezugsrechtsverzicht der Altaktionäre vereinbart waren. Die Dauer des Stimmrechts der durch A bezogenen jungen Aktien war an den Erwerb der Altaktien durch die Y-PlC gebunden. Der Nichterwerb der Altaktien kam aufgrund der Umwandlungsklausel in § 2 des Konsortialvertrags wirtschaftlich einer auflösenden Bedingung in Bezug auf den Status eines wesentlichen Teils der jungen Aktien als Stammaktien gleich.

Wegen dieser rechtlichen wie auch wirtschaftlichen Vertragsverknüpfung kann der Rechtsauffassung des FG nicht gefolgt werden, wonach eine wirtschaftliche oder rechtliche Einheit der Verträge nur unter der Voraussetzung anzunehmen wäre, dass bereits im Zeitpunkt des Kaufangebots für die Y-PlC ein Zwang zur Ausübung der Kaufoption bestanden hätte.

Das wegen des sachlichen Zusammenhangs einheitlich zu betrachtende Vertragswerk gebietet die Prüfung, ob die zivilrechtlichen Kaufpreisvereinbarungen auch steuerlich maßgeblich sind, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn die Zuordnung nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls bei objektiver Betrachtung als wirtschaftlich vernünftig nachvollzogen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1992 IV R 129/90, BFHE 168, 11, BStBl II 1992, 841).

Vergleicht man das Entgelt für die Bezugsrechte, d.h. letztlich den Erwerb der jungen Aktien, und den vereinbarten Kaufpreis für die Altaktien, zeigt sich eine erhebliche Diskrepanz, nämlich ein Stückpreis von 230,77 DM für die junge Stammaktie gegenüber 1 494,58 DM für die Altaktie, für die mithin --aus der Sicht des Zeitpunkts der Vertragsabschlüsse-- der nahezu 6,5-fache Preis einer jungen Aktie zu zahlen war (Auch unter Einbeziehung der im Jahre 1994 ausgehandelten, von den Altgesellschaftern noch zu entrichtenden Ausgleichszahlung von 20 Mio. DM in die Berechnung wäre zivilrechtlich noch ein Kaufpreis von 1 327,92 DM für die Altaktie verblieben, entsprechend dem ca. 5,75-fachen des Kaufpreises für die junge Aktie.). Eine wirtschaftlich nachzuvollziehende Erklärung für diese Diskrepanz lässt sich dem Urteil des FG wie auch den vorgelegten Akten nicht entnehmen. Da beide Preise durch dieselben Vertragspartner zum selben Zeitpunkt ausgehandelt wurden, bietet auch die Annahme eines relativ günstigen Geschäfts beim Erwerb der jungen Aktien durch die Y-PlC bzw. ihre Tochtergesellschaft kein taugliches Erklärungsmuster. Kaufmännisch nicht nachvollziehbar wäre das Verhalten eines Käufers, der zum selben Zeitpunkt und im selben sachlichen Zusammenhang wie das relativ günstige Geschäft einen weiteren Ankauf von Gegenständen (hier: Anteilsrechten) derselben Art vom selben Vertragspartner zu einem mehrfachen Kaufpreis aushandelt.

Zutreffend führt das FG aus, dass es sich bei der Beteiligung der Y-PlC an der AG nur um eine Finanzinvestition ohne Einfluss auf die unternehmerische Führung gehandelt hätte, falls die Altaktien nicht erworben worden wären wegen der dann gebotenen Umwandlung eines wesentlichen Teils von Stammaktien in nicht stimmberechtigte Vorzugsaktien. Da es in der Folge aber doch zum Kauf kam, gebietet es gerade dieser Gesichtspunkt, in der tatsächlich erfolgten Zahlung des vereinbarten Preises für die Altaktien auch die Nachholung eines bis dahin aufgeschobenen Teilentgelts für die bereits im Streitjahr bezogenen jungen Aktien zu sehen. Denn bedingt durch den Erwerb der Altaktien wurde die Stimmberechtigung aller jungen Aktien sowie --damit einhergehend-- der Einfluss auf die Unternehmensführung erhalten. Das Fortbestehen der Stimmrechte der jungen Aktien hing folglich an der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Da die Stimmrechte nicht von den jungen Aktien zu trennen sind --weder als selbständige Rechte noch als Anhang zu den erworbenen Altaktien-- muss mithin ein Teil des Kaufpreises den jungen Aktien zugeordnet werden, die aus der Sicht des Zeitpunkts des --an die Stelle der Annahme des Kaufangebots getretenen-- Kaufvertrags keine rechtlichen oder sonst wie qualitativen Merkmale aufweisen, die sie gegenüber den Altaktien als geringerwertig erscheinen ließen. Die über die prozentualen Stimmrechtsanteile vermittelten Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Geschick der AG bieten keinen Grund für eine unterschiedliche Bewertung: Die durch die jungen Aktien vermittelte Stimmrechtsmehrheit wäre im Falle der Nichtausübung der Option verloren gegangen; der Erhalt der Stimmrechtsmehrheit war nur über den Erwerb der Altaktien möglich, die wiederum für sich gesehen keine Stimmrechtsmehrheit vermittelten. Nur aus ihrer Summe konnten die beiden Aktienpakete zudem die für eine Satzungsänderung erforderliche Mehrheit bilden.

4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war das mit der Revision angefochtene Urteil aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

a) Bei der im zweiten Rechtsgang vorzunehmenden Kaufpreisaufteilung sind die folgenden Gesichtspunkte zu beachten:

aa) Nicht zwingend bedarf es nach Auffassung des Senats der Einholung des vom FA für erforderlich gehaltenen Wertgutachtens eines Sachverständigen, da es nicht um eine objektive Wertbestimmung, sondern um die Aufteilung eines frei verhandelten Kaufpreises für gleichartige Anteilsrechte geht. Dass die Erwerbsvorgänge der Aktienpakete unterschiedlich waren, ist nicht erkennbar wertbeeinflussend. Es ist dem Senat deshalb nicht ersichtlich, dass ein Wertgutachten einen verlässlichen und einer Schätzung überlegenen Maßstab für die angemessene Aufteilung hervorbringen könnte.

bb) Die im Rahmen der Kapitalerhöhung einer AG von dem Bezieher junger Aktien geleistete Bareinlage ist typischerweise ein Ausgleich für die Substanzabspaltung aus den Altaktien und als solcher zwar Teil der Anschaffungskosten des Beziehers für die jungen Aktien (vgl. BFH-Urteile vom 21. September 2004 IX R 36/01, BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12; in BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762). Da im Streitfall die Bareinlage aber nicht Teil des den Altaktionären zufließenden Kaufpreises war, ist sie keine für die im Streitfall vorzunehmende Aufteilung des Kaufpreises maßgebliche Größe. Als Kapitalverstärkung ist sie in gleicher Weise in den Substanzwert der jungen wie auch der alten Aktien eingegangen.

cc) Bei der Entscheidung ist schließlich zu beachten, dass der vom FA für erforderlich gehaltene Paketzuschlag auf den Erwerb der jungen Aktien im Rahmen einer Aufteilungsschätzung sachlich nicht gerechtfertigt ist, weil auch die Kaufoption auf den Erwerb der Altaktien als --stimmrechtsbewahrendes-- Paket ausgerichtet war. Die vom FA in diesem Zusammenhang zitierte BFH-Entscheidung vom 1. März 2000 II B 70/99 (BFH/NV 2000, 1077) ist schon deswegen nicht einschlägig, weil es dort um die aus dem Kurswert abgeleitete Bewertung börsennotierter Anteile ging.

b) Die zunächst für 1993 erfolgte einheitliche und gesonderte Feststellung der Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG im Rahmen der Einkünftefeststellung für die GbR II ist durch Bescheide vom 18. März 2003 aufgehoben worden. Das beim FG Baden-Württemberg geführte Verfahren 6 K 252/00 hat sich dadurch in der Hauptsache erledigt. Der Senat geht davon aus, dass nach der insoweit erfolgten Aufhebung des Feststellungsbescheides kein anderer Feststellungsbescheid existiert, der eine ausdrückliche positive oder negative Regelung zur --mittelbaren-- Beteiligung der Tochter des Klägers an der AG und damit zur Teilhabe an dem Veräußerungsgewinn trifft. Dies als zutreffend vorausgesetzt, ist über den Ansatz eines Veräußerungsgewinns dem Grunde und der Höhe nach allein im Einkommensteuerbescheid zu befinden. Etwas anderes folgt auch nicht aus einer von den Klägern erwähnten Zurechnung von Kapitaleinkünften auf die Tochter aus der geltend gemachten mittelbaren Beteiligung an der AG. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253 entschieden, dass die Bindungswirkung der Regelungen eines Feststellungsbescheides durch den Feststellungsbereich begrenzt wird und dass sich der Feststellungsbereich bei Kapitaleinkünften nicht auf die im Rahmen des § 17 EStG zu prüfende wirtschaftliche Inhaberschaft an den Kapitalgesellschaftsanteilen erstreckt, ungeachtet der Tatsache, dass es sich insoweit um einen auch für die Regelung des Feststellungsbescheides vorgreiflichen Umstand handelt.

Ende der Entscheidung

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