Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.04.2004
Aktenzeichen: VIII R 70/02
Rechtsgebiete: PostneuordnungsG, BGB


Vorschriften:

PostneuordnungsG § 3 Satz 1
PostneuordnungsG § 3 Satz 2
PostneuordnungsG § 3 Nr. 2
BGB § 267
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Auf die Klage der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Urteil vom 17. Juli 2002 2 K 4068/01 E (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 1382) entschieden, dass die Zuteilung von Bonusaktien im Zuge des zweiten Börsengangs der Deutschen Telekom AG (DT-AG) weder zu Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) noch zu Einnahmen aus einer sonstigen Leistung (§ 22 Nr. 3 EStG) führt.

II. 1. Im Rahmen des Revisionsverfahrens stellt sich zum einen die Frage, ob die Verpflichtung zur Gewährung der Bonusaktien von der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) oder von der DT-AG eingegangen wurde. Während das FG (S. 15 des Urteils, oben) aus dem nach seiner Ansicht insoweit "unzweifelhaften Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekt vom 25. Juni 1999" ableitet, die "Aktien (seien) vom Großaktionär Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Kaufvertrags zugesagt worden", geht das Finanzamt (FA) (Beklagter und Revisionskläger) davon aus, dass die "Bundesrepublik keine eigene Verpflichtung gegenüber den Emissionsbanken und den Anteilseignern eingehen wollte". Vielmehr habe es sich um eine "Sachdividende der Kapitalgesellschaft", mithin um die Erfüllung einer Schuld der DT-AG gehandelt; "insoweit liege eine Leistung des Bundes für die DT-AG vor". Da auch die Verwaltungsanweisungen mit Rücksicht auf die Person des Leistungsverpflichteten kein einheitliches Bild vermitteln (vgl. einerseits Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 10. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1129, betr. ersten und zweiten Börsengang: "eigene Verpflichtung des Bundes"; andererseits Schreiben der Oberfinanzdirektion --OFD-- Magdeburg vom 1. Februar 2001 S 2256 - 17 - St 215, koordinierter Ländererlass: "mit Ablauf der Haltefrist (habe) der Aktionär das Angebot der DT-AG zum Bezug der Bonusaktien angenommen"; ebenso OFD Frankfurt a.M., Schreiben vom 16. Juli 2003 16 S 2256 A - 15 St II 27, Der Betrieb --DB-- 2003, 1986) und dem Wortlaut des Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekts (vgl. S. 12) lediglich zu entnehmen ist, dass die Bonusaktien "aus dem Bestand des Bundes gewährt werden" und die "DT-AG eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Überwachung der Abwicklung des Bonusplans beauftragen werde", erscheint es angezeigt, dass das BMF dem Revisionsverfahren beitritt, um --ggf. unter Einbindung des Bundesministeriums der Justiz-- zur Auslegung des Prospekts Stellung zu nehmen. Hierbei sollte insbesondere auch auf folgende Aspekte eingegangen werden:

a) Welche weiteren Umstände sprechen für die vom FG vertretene Ansicht? Entspricht die Auffassung der Vorinstanz einer Vereinbarung, die --beispielsweise als Ergebnis einer vertieften Erörterung im Zuge der Vorbereitung des Börsengangs-- zwischen der DT-AG und der Bundesrepublik getroffen wurde? Insoweit wird auch auf § 3 Sätze 1 und 2 (Nr. 2) des Postneuordnungsgesetzes (sog. Börsenvortritt der DT-AG) sowie auf die weiter gehende Absprache lt. Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekt (dort S. 18, zweiter Absatz von unten) verwiesen.

b) In welchem Umfang sind solche Umstände bei der Bestimmung der Person des Leistungsverpflichteten und damit bei der Auslegung des Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekts zu berücksichtigen?

c) Wäre die vom FA befürwortete Auslegung (eigene Verpflichtung der DT-AG) mit den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien sowie zum Verbot der Rückgewähr von Einlagen (vgl. §§ 71, 57 des Aktiengesetzes) vereinbar gewesen?

aa) Macht es hierbei einen Unterschied, ob man von einem Durchgangserwerb der DT-AG zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit (Variante 1) oder davon ausgeht, dass die Schuld der DT-AG unmittelbar von einem Dritten i.S. von § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: Bundesrepublik) unter gleichzeitigem Verzicht auf Ersatzansprüche gegenüber der DT-AG erfüllt wurde (Variante 2)?

bb) Sollten auch nur für eine dieser Varianten aktienrechtliche Hindernisse bestanden haben, stellt sich ebenfalls die Frage, ob diese Eingang in die Auslegung des Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekts finden können.

2. Zum anderen erscheint eine Stellungnahme zum Zuflusszeitpunkt sowie zur Bewertung der Bonusaktien angezeigt. Hierzu bestehen unterschiedliche Anweisungen (vgl. zusammenfassend OFD Frankfurt a.M., Schreiben vom 16. Juli 2003, DB 2003, 1986), je nachdem, ob die Besteuerung im zweiten Börsengang in Frage steht (erster Kurs im Parketthandel der Frankfurter Börse nach Ablauf der Haltefrist) oder der dritte Börsengang zu beurteilen ist (niedrigster Kurswert an einer deutschen Börse --einschließlich XETRA-- am Tag der Einbuchung der Bonusaktien in das jeweilige Depot; vgl. dazu auch Fechner, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3, 11445, 11889).

3. Das BMF wird gebeten, sich zu den aufgeworfenen Fragen bis 30. Juni 2004 zu äußern.

Ende der Entscheidung

Zurück