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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: VIII R 70/06
Rechtsgebiete: EStG, BGB
Vorschriften:
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1 | |
BGB § 738 Abs. 1 S. 1 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin der E GdbR mbH (im Folgenden: E GbR).
Gegenstand des in den Streitjahren von der E GbR geführten Unternehmens war der Betrieb eines Ingenieurbüros in X.
An diversen anderen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland unterhielten rechtlich selbstständige Schwestergesellschaften ebenfalls Ingenieurbüros. Über diesen sog. Standortgesellschaften, die zum Teil als Personen-, zum Teil als Kapitalgesellschaften organisiert waren, war die Firma A und Partner als Konzernspitze angesiedelt. Hierbei handelte es sich um eine im Partnerschaftsregister eingetragene Partnerschaftsgesellschaft (im Folgenden: Partnerschaftsgesellschaft). Sie war in den Streitjahren mehrheitlich an den Standortgesellschaften (u.a. der A GdbR mbH, Y GmbH, A GmbH, C GmbH, D GmbH, E GmbH, G GmbH) beteiligt. Die Höhe ihrer Beteiligung an der E GbR betrug 67% und ab 2001 70%.
Zwischen der Partnerschaftsgesellschaft und den Standortgesellschaften besteht eine schriftliche "Vereinbarung über die Erbringung von Dienstleistungen im Konzern und deren Vergütung" (im Folgenden: Dienstleistungsvereinbarung). Nach deren Präambel haben die Umstrukturierung der ehemaligen K GdbR mbH in ein Konzerngebilde mit der Partnerschaftsgesellschaft als Holding und verschiedenen operativen Standortgesellschaften und die sich daraus ergebenden Leistungsbeziehungen untereinander den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung erforderlich gemacht. Nach § 1 der Dienstleistungsvereinbarung übernimmt die Holding bestimmte in einer Anlage zur Vereinbarung aufgelistete Leistungen im Interesse und zum Nutzen der Gesellschaften, um ihnen insoweit eigene Aufwendungen zu ersparen. Die Leistungen werden von der Holding laufend erbracht und erfordern keinen speziellen Auftrag durch die Standortgesellschaften. Sie erfolgen gegen Kostenerstattung im Wege einer Umlage (§§ 2 und 3 der Dienstleistungsvereinbarung).
Neben der Partnerschaftsgesellschaft waren mehrere natürliche Personen Gesellschafter der E GbR. Von einer Ausnahme abgesehen, waren diese Ingenieure oder unstreitig ingenieurähnlich tätig. Der mit 2% beteiligte Gesellschafter war der Diplom-Volkswirt B (im Folgenden: B). Er war als einer der geschäftsführenden Gesellschafter zugleich Fachgruppenleiter für kaufmännische Verwaltung und Controlling. Bereits vor der Neustrukturierung der Unternehmensgruppe war er auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages kaufmännischer Leiter des Standorts X gewesen.
B nahm zunächst kaufmännische Leitungsaufgaben innerhalb der Klägerin wahr. Zusätzlich erbrachte er Leistungen, die in die Ingenieurleistungen der E GbR gegenüber Auftraggebern einflossen. So war er insbesondere in den Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung), 2 (Vorplanung), 3 (Entwurfsplanung), 7 (Mitwirken bei der Vergabe), 8 (Objektüberwachung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) im Leistungsbild Technische Ausrüstung gemäß § 73 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) tätig. Schließlich erbrachte B auch diverse Leistungen gegenüber Schwestergesellschaften. So beriet er diese etwa in Bilanz- und Abrechnungsfragen.
Gesellschafter der Partnerschaftsgesellschaft waren insgesamt sechs natürliche Personen. Fünf von ihnen waren Ingenieure, der sechste, mit 5% beteiligte Gesellschafter war der Diplom-Kaufmann S (im Folgenden: S). Die Ingenieur-Gesellschafter waren auf der Ebene der Partnerschaft tätig. Sie arbeiteten aber auch bei den operativ tätigen Standortgesellschaften an der Bearbeitung der diesen erteilten Planungsaufträge mit. S war kaufmännischer Leiter der Holding und wurde zudem auf der Grundlage der Dienstleistungsvereinbarung für diese tätig. Er war an der Klägerin nicht unmittelbar beteiligt und für diese auch nicht gegenüber Dritten tätig.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an eine Außenprüfung die Auffassung, die E GbR sei gewerblich tätig gewesen. Der Gesellschafter B sei im Innenverhältnis für die E GbR und die anderen Standortgesellschaften eingesetzt gewesen. Er sei nicht freiberuflich tätig gewesen, weil er nach außen hin nicht beratend in Erscheinung getreten sei.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) schloss sich der Beurteilung des FA im Wesentlichen an. Zwar könne eine Mitunternehmerschaft auch dann freiberuflich tätig sein, wenn sie sich aus Angehörigen verschiedener freier Berufe zusammensetze. Alle Gesellschafter müssten jedoch freiberuflich tätig sein, was voraussetze, dass Leistungen gegenüber externen Auftraggebern gegen Entgelt erbracht würden. Organisatorische und geschäftsleitende Tätigkeiten im Innenverhältnis der Gesellschaft genügten nicht. Der Gesellschafter B sei berufsfremd. Er habe den Beruf des Ingenieurs nicht erlernt. Als kaufmännischer Leiter der E GbR sei er auch nicht freiberuflich als beratender Betriebswirt tätig geworden. Weder seine Einbindung in die Erbringung von Ingenieurleistungen gegenüber Dritten noch seine Tätigkeiten gegenüber den anderen Gesellschaften des Konzerns seien hierfür ausreichend. Zweifelhaft sei schon, ob man die jeweiligen Betätigungen überhaupt als beratend einordnen könne. Die meisten Leistungen seien in die Ingenieurleistungen der anderen Gesellschafter eingegangen, insoweit habe er sich aber nicht als beratender Betriebswirt betätigt. Soweit B darüber hinaus Schwestergesellschaften etwa zu Bilanzfragen beraten habe, könne nur ein ganz geringer Teil der Tätigkeiten des B über ingenieurtypische Fragen hinausgegangen sein. Es könne nicht die Rede davon sein, dass sich seine Tätigkeit wenigstens auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre erstreckt habe. Leistungen für die Schwestergesellschaften auf den Gebieten des Controllings und des Mahnwesens seien, da nicht gesondert vergütet, nicht der entgeltlichen Tätigkeit des B zuzuordnen.
Die Beteiligung der Partnerschaftsgesellschaft an der E GbR sei allerdings unschädlich. Für die Frage, ob die Partnerschaftsgesellschaft (Obergesellschaft) im Rahmen der E GbR (Untergesellschaft) freiberuflich tätig sei, komme es nur auf diejenigen Obergesellschafter an, die in der Untergesellschaft tätig seien. Die für die E GbR tätigen Ingenieur-Obergesellschafter hätten aber ausschließlich Ingenieurleistungen erbracht und seien damit freiberuflich tätig gewesen.
Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die E GbR sei eine interprofessionelle Freiberufler-Personengesellschaft. Die Ingenieure seien als solche tätig gewesen. Der Gesellschafter B habe Leistungen als beratender Betriebswirt erbracht. Zum einen habe er zu fremdüblichen Bedingungen Schwestergesellschaften in Bilanzfragen oder im Bereich Kostenaufteilung und Rechnungsstellung und damit auf Hauptgebieten der Betriebswirtschaftslehre beraten. Soweit B die im Rahmen von Ingenieuraufträgen anfallenden Aufgaben mit wirtschaftlichem und rechtlichem Einschlag bearbeitet habe, habe dies dem Berufsbild des beratenden Betriebswirts entsprochen. Schließlich sei er als Fachgruppenleiter für kaufmännische Verwaltung und Controlling auf zwei Hauptgebieten der Betriebswirtschaftslehre tätig geworden. Diesen Aufgabenbereich habe er eigenverantwortlich aufgrund seiner Sachkenntnis geleitet, was der nach der BFH-Rechtsprechung möglichen Aufgabenverteilung innerhalb einer Freiberufler-Gesellschaft entsprochen habe. Diesbezüglich mache das FG die Anerkennung der Freiberuflichkeit rechtsfehlerhaft von der konkreten Vergütung der einzelnen Tätigkeit durch einen Auftraggeber abhängig. Dies würde aber die arbeitsteilige Erledigung von Aufträgen, die auf der Grundlage einer Gebührenordnung abzurechnen seien, unmöglich machen. Unter Verletzung seiner Sachaufklärungspflicht habe das FG diesbezüglich auch nicht geprüft, ob B eine ingenieurähnliche Tätigkeit entfaltet habe. Schließlich habe das FG die Abfärberegelung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unzutreffend angewandt. Vor Anwendung der Vorschrift sei zunächst zu klären, ob es sich um gemischte oder trennbare Tätigkeiten handele. Die Gesamttätigkeit von B stelle sich vorliegend als ein Konglomerat verschiedener Leistungsbestandteile dar, die von freiberuflichen Elementen geprägt würden, so dass insgesamt von freiberuflichen Tätigkeiten auszugehen sei. Schließlich habe das FG keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wie der Anteil der Tätigkeiten des B vor dem Hintergrund zu bewerten sei, dass nach der Rechtsprechung des BFH bei geringfügigen gewerblichen Einkünften die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht eingreife.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG Nürnberg vom 22. Februar 2006 V 323/2004, den Gewerbesteuermessbescheid 1999 vom 13. Januar 2004, den Gewerbesteuermessbescheid 2000 vom 2. September 2004, den Gewerbesteuermessbescheid 2001 vom 2. September 2004, abgeändert durch Bescheid vom 1. Oktober 2004, den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 2. September 2004, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2000 vom 2. September 2004 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2001 vom 2. September 2004, abgeändert durch Bescheid vom 1. Oktober 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. November 2004 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
B verfüge zwar über die einem Diplom-Kaufmann vergleichbaren Kenntnisse, er sei aber nach den Feststellungen des FG nicht auf einem Hauptgebiet der Betriebswirtschaftslehre tätig gewesen. Der BFH gehe in seinem Urteil vom 23. November 2000 IV R 48/99 (BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241) zwar davon aus, dass mehrere Freiberufler einen Auftrag aufteilen könnten, setze aber voraus, dass die Arbeitsergebnisse direkt für einen externen Auftraggeber erbracht würden. Die vom FG festgestellten Tätigkeiten des B erfüllten die Voraussetzungen der betriebswirtschaftlichen Beratung nicht. Seine Tätigkeiten führten daher zur Gewerblichkeit der gesamten Gesellschaft. Es sei müßig, Überlegungen zu den Rechtsfolgen bei unterstellter Arbeitnehmereigenschaft des B anzustellen. Denn ein solcher Sachverhalt liege im Streitfall nicht vor. Die von der Klägerin angeführte Bagatellgrenze der gewerblichen Abfärbung gebe es grundsätzlich nicht. Für das FG habe daher kein Anlass bestanden, diesbezügliche Feststellungen zu treffen.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA am 12. Juni 2007 geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2000 bis 2002 und geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 2000 und auf den 31. Dezember 2001 erlassen. Die Änderungsbescheide berühren die tatsächlichen Grundlagen des Streitfalles nicht.
II.
Die Vorentscheidung ist hinsichtlich der vorstehend erwähnten Bescheide bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben; denn das FG hat über die ursprünglich angefochtenen Bescheide entschieden, an deren Stelle während des Revisionsverfahrens gemäß § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die geänderten Bescheide vom 12. Juni 2007 getreten sind. Damit liegen dem FG-Urteil in ihrer Wirkung suspendierte Bescheide zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil insoweit keinen Bestand mehr haben kann (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 37; vom 13. Dezember 2006 VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568, m.w.N.). Die vom FG verfahrensfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 37, und in BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568).
III.
Die Revision ist hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids 1999 unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Im Übrigen entscheidet der Senat gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO in der Sache und weist die Klage ab. Die Beurteilung des FG, wonach die Einkünfte der E GbR als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind, ist revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1.
Das Revisionsverfahren ist durch die Vollbeendigung der E GbR nicht nach § 155 FGO i.V.m. § 239 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen.
Die E GbR ist während des Revisionsverfahrens erloschen. Wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten notariellen Urkunden ergibt, haben sämtliche Gesellschafter der E GbR ihre Beteiligungen in die neu gegründete Klägerin eingebracht. Diese ist dadurch alleinige Gesellschafterin der E GbR geworden. Deren Gesamthandsvermögen ist im Wege der Anwachsung gemäß § 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in einem Akt ohne Liquidation auf die Klägerin übergegangen. Die E GbR wurde damit sofort vollbeendet (vgl. BFH-Urteile vom 18. September 1980 V R 175/74, BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293; vom 28. November 1991 XI R 40/88, BFHE 168, 343, BStBl II 1992, 741; BFH-Beschluss vom 25. September 1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 57 FGO Rz 36; MünchKommBGB/Ulmer, 5. Aufl., Vor § 723 Rz 9). Die Klägerin als ihre Rechtsnachfolgerin ist befugt, das Verfahren gegen den streitigen Gewerbesteuermessbescheid fortzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520; vom 17. Februar 1994 VIII R 13/94, BFHE 174, 550, BStBl II 1994, 809). Eine Unterbrechung ist durch die Rechtsnachfolge nicht eingetreten, weil die E GbR durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 155 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO; vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326; vom 25. April 2006 VIII R 52/04, BFHE 214, 40, BStBl II 2006, 847; Spindler in HHSp, § 57 FGO Rz 36).
2.
Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Er sieht insoweit von einer Begründung gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO ab.
3.
Die Revision hat auch mit der Sachrüge keinen Erfolg. Die E GbR war in den Streitjahren nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil vom 28. Oktober 2008 in der Parallelsache VIII R 69/06.
Ende der Entscheidung
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