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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: VIII R 71/99
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a | |
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c |
Gründe:
I. Der 1971 geborene S, der Sohn des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger), bestand 1994 die staatliche Prüfung zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) in der Fachrichtung Bank. Danach studierte er im quadronationalen MBA-Studiengang European Management an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) und an einer Universität in London. Laut Urkunde vom 6. Oktober 1995 verlieh ihm diese Universität den Grad "Master of Business Administration (European Management)".
Anschließend bemühte sich S um einen Platz für ein mit dem Doktorat abzuschließendes Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität A. Dort wurde die Bewerbung des S mit Schreiben vom 24. April 1996 abgelehnt, weil der Nachweis fehle, dass S an der Universität in London unmittelbar zu einem Ph.D.-Studium (Doctor of Philosophy) der Betriebswirtschaft zugelassen sei. Das Schreiben ging dem S am 13. Mai 1996 zu. Das Erfordernis der unmittelbaren Zulassung zum Studium an der bisherigen Universität ergab sich aus einem "Merkblatt für Studienbewerber mit ausländischem Reifezeugnis", Stand Mai 1995, welches dem S seit Januar 1996 vorgelegen hatte. S hatte sich daraufhin um eine entsprechende Bestätigung der Universität in London bemüht; diese bestätigte ihm jedoch mit Schreiben vom 6. Februar 1996 lediglich, er habe den MBA in European Management im September 1995 erlangt und den Titel im Oktober 1995 verliehen bekommen. Weiter heißt es in der Bestätigung, S erfülle nunmehr die Voraussetzungen, um für ein Studium mit dem Ziel der Erlangung des Grades Ph.D. zugelassen zu werden. Die Universität A forderte daraufhin mit Schreiben vom 12. und 19. März 1996 den weitergehenden Nachweis, dass S an der Universität in London tatsächlich zum Studium zugelassen war.
Da sich im April 1996 herausstellte, dass für die Zulassung zum weiteren Studium an der Universität in London Gebühren von 2 340 Britischen Pfund aufzuwenden wären, sah S davon ab, seine tatsächliche Zulassung dort zu betreiben.
Im März 1996 teilte der Kläger dem Beklagten und Revisionskläger (Beklagter) mit, dass S sich für das Sommersemester 1996 für ein Zusatzstudium eingeschrieben habe. Die Bescheinigung darüber werde er, der Kläger, dem Beklagten nach Erhalt zusenden. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger weiter mit, dass S das Studium mit der vorgeschriebenen Prüfung abzuschließen gedenke. Mit Schreiben vom 18. Mai 1996 unterrichtete der Kläger den Beklagten schließlich davon, dass die Universität A den S "wegen angeblich nicht erbrachter Nachweise" nicht zum Studium zugelassen habe. Der Beklagte hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung für S ab Januar 1996 auf. Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage, mit der der Kläger die Leistung von Kindergeld für die Monate Januar bis Mai 1996 begehrte, mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 783 veröffentlichten Gründen statt.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (im Folgenden: EStG).
Der Beklagte beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dem Kläger steht ab Januar 1996 kein Anspruch auf Kindergeld für S mehr zu.
Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird für das Kindergeld u.a. dann berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.
a) Die Berücksichtigungsfähigkeit des S scheitert allerdings entgegen der Auffassung der Revision nicht bereits grundsätzlich daran, dass S sich um einen Studienplatz für einen Doktoratsstudiengang beworben hat. Selbst die Vorbereitung auf eine Promotion nach abgeschlossenem Studium stellt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) einen Teil der Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar (BFH-Urteile vom 9. Juni 1999 VI R 92/98, BFHE 189, 103, BStBl II 1999, 708; vom 29. Oktober 1999 VI R 53/99, BFH/NV 2000, 431; ebenso nunmehr Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG)-- 63.3.2.3 Abs. 4, BStBl I 2002, 366, 369, 390); umso mehr gilt dies für einen Studiengang, der mit der Promotion abschließt.
b) Die Voraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, wonach ein Kind mangels Ausbildungsplatzes gehindert sein muss, seine Ausbildung zu beginnen oder fortzusetzen, lag im Streitfall jedoch nicht vor.
aa) Voraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist es, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (Greite in Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 32 Rz. 51; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 32 EStG Anm. 104). Dabei ist zwar grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen (Greite, a.a.O., § 32 Rz. 51; Heuermann in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 32 EStG Rz. 90; Jachmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 32 Rdnr. C 26); seine Verwirklichung darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen des Kindes scheitern (Greite, a.a.O, § 32 Rz. 51; Jachmann, a.a.O., § 32 Rdnr. C 26). Ein ernsthaftes Bemühen i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist deshalb nicht gegeben, wenn das Kind sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, für den es die objektiven Anforderungen nicht erfüllen kann (vgl. auch BFH-Beschluss vom 8. November 1999 VI B 322/98, BFH/NV 2000, 432) oder will. Eine solche Bewerbung ist vielmehr aus Gründen, die in der Person des Kindes liegen, aussichtslos. Auf die subjektive Kenntnis des Kindes, dass es die Voraussetzungen für den angestrebten Ausbildungsplatz nicht erfüllt, kommt es danach nicht an.
bb) Nach diesen Grundsätzen war die Bewerbung des S um einen Studienplatz an der Universität A nicht als ernsthaftes Bemühen um einen Ausbildungsplatz i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu qualifizieren. Nach den Feststellungen des FG erfüllte S die Zulassungsvoraussetzungen für den gewünschten Studiengang nicht, da er nicht unmittelbar zu einem Ph.D.-Studium der Betriebswirtschaft an der Universität in London zugelassen war. Die Bemühungen des S um entsprechende Bescheinigungen der Universität in London gingen ins Leere, weil er die notwendigen Bestätigungen nicht erhalten konnte, solange er sich nicht bereit fand, den Betrag von 2 340 Britischen Pfund für die erneute Einschreibung an der dortigen Universität aufzuwenden. S erfüllte folglich nicht die objektiven Anforderungen für die Zulassung zum Studium an der Universität A und war auch nicht willens, dies durch Zahlung von 2 340 Britischen Pfund zu ändern.
Ende der Entscheidung
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