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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.07.2000
Aktenzeichen: VIII S 1/00
Rechtsgebiete: AO 1977, ZPO, FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

AO 1977 § 159
ZPO § 78 Abs. 3
ZPO § 117
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
FGO § 155
FGO § 142 Abs. 1
FGO § 129 Abs. 1
FGO § 142
FGO § 56
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde, die sich gegen einen Beschluss richtet, durch den das Finanzgericht (FG) die Bewilligung von PKH für eine Klage betreffend die Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1997 abgelehnt hat. In der Sache ist streitig, ob mehrere auf den Namen der Antragstellerin geführte Bankkonten in Luxemburg und Monaco sowie die diesen Konten gutgeschriebenen Zinsen der Antragstellerin oder einem von ihr nicht benannten Treugeber zuzurechnen sind.

Das FG hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung --ZPO--). Hinsichtlich der Streitjahre 1994 bis 1997 seien die streitigen Bankkonten nach § 159 der Abgabenordnung (AO 1977) der Antragstellerin zuzurechnen, da sie die von ihr behauptete Treuhandschaft nicht durch Benennung des behaupteten Treugebers glaubhaft gemacht habe. Ob die Schätzungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1993 zutreffend seien, könne dahingestellt bleiben; denn jedenfalls fehle es an der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch wenn die Antragstellerin geltend mache, Analphabetin zu sein, hätte sie mit fremder Hilfe die im Vordruck gestellten Fragen gleichwohl beantworten können. Die Antragstellerin weigere sich jedoch, über ihre wirtschaftliche Lage Auskunft zu erteilen, wie auch ihre Ablehnung gegenüber der Vollstreckungsbehörde, ein Vermögensverzeichnis abzugeben, zeige.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des FG Beschwerde eingelegt, ohne hierbei jedoch durch eine in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) genannte Person vertreten worden zu sein. Zugleich hat sie beim FG persönlich die Bewilligung von PKH für das genannte Beschwerdeverfahren und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Zur Begründung führt sie aus, dass die angefochtenen Bescheide falsch seien und die festgesetzten Einkünfte dem Treugeber zuzurechnen seien; dessen ausländischen Namen könne sie als Analphabetin nicht schreiben. Die maßgeblichen Unterlagen seien bei einem Wohnungsbrand vernichtet worden. Da sich das streitige Kapitalvermögen beim Treugeber befinde, sei sie mittellos.

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Zulässigkeit des Antrags auf Bewilligung von PKH steht nicht entgegen, dass der Antrag durch die Antragstellerin persönlich gestellt worden ist. Denn der Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG gilt nicht für den Antrag auf Bewilligung von PKH; nach § 78 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 155 FGO entfällt der Vertretungszwang für alle Prozesshandlungen, die --wie der Antrag auf Bewilligung von PKH (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 ZPO)-- vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Mai 1993 VIII S 1/93, BFH/NV 1994, 49). Ebenso ist unschädlich, dass die Antragstellerin den Antrag nicht beim BFH gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz, § 117 ZPO angebracht hat; da für den Empfang einer Beschwerde nach § 129 Abs. 1 FGO das FG zuständig ist, erstreckt sich dessen Empfangszuständigkeit auch auf einen sich hierauf beziehenden Antrag auf Gewährung von PKH (zur erweiterten Empfangszuständigkeit des FG vgl. BFH-Beschluss vom 27. Mai 1999 VIII S 6/98, BFH/NV 1999, 1374).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO).

Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO ist einem Beteiligten, der außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seiner Familie notwendigen Unterhalts die Prozesskosten zu bestreiten, PKH zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dem Gesuch sind nach § 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen.

Die fehlende Erfolgsaussicht ergibt sich daraus, dass die von der Antragstellerin in dem Verfahren ... erhobene Beschwerde gegen den PKH-Ablehnungsbeschluss des FG unzulässig ist. Denn die Beschwerde ist entgegen dem Vertretungszwang des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG von der Antragstellerin persönlich und nicht von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eingelegt worden. Die für den Antrag auf PKH unter 1. der Gründe erwähnte Ausnahme vom Vertretungszwang erfasst nicht das Beschwerdeverfahren gegen einen PKH-Ablehnungsbeschluss.

Eine erneut durch einen postulationsfähigen Vertreter einzulegende Beschwerde wäre verspätet, weil die Frist von zwei Wochen gemäß § 129 Abs. 1 FGO nicht gewahrt wäre. Auch könnte der Antragstellerin insoweit keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluss vom 18. Januar 1996 V S 11/95, V B 122/95, BFH/NV 1996, 633) wäre die Fristversäumnis einer Beschwerde nur dann unverschuldet, wenn innerhalb der Beschwerdefrist der Antrag auf Gewährung von PKH gestellt wird und außerdem die für die Entscheidung über den PKH-Antrag erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Erklärung i.S. von § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, vorgelegt werden. Hieran fehlt es aber, weil die Antragstellerin innerhalb der Beschwerdefrist die nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO i.V.m. § 142 FGO vorgesehene Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht abgegeben hat. Dass die Antragstellerin vorträgt, Analphabetin zu sein, steht dem insoweit nicht entgegen, weil der Antragstellerin die Abgabe eines ausgefüllten Vordrucks i.S. von § 117 Abs. 4 ZPO jedenfalls mit Hilfe Dritter --wie z.B. von Verwandten, Freunden oder dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts-- grundsätzlich zumutbar war; dass ihr diese Hilfe nicht zur Verfügung stand oder aber verweigert wurde, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen und ist auch nach Aktenlage nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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