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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.01.2003
Aktenzeichen: X B 106/02
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, FGO, GG


Vorschriften:

EStG § 16
EStG § 17
EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 6 Abs. 5 Satz 3 ff.
EStG § 24 Nr. 1
EStG § 24 Nr. 3
EStG § 34 Abs. 3
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 34
EStG i.d.F. des StSenkErgG § 34 Abs. 3
EStG i.d.F. des StSenkErgG § 34 Abs. 2 Nr. 1
EStG i.d.F. des StSenkErgG § 34 Abs. 3 Satz 2
EStG i.d.F. des StSenkErgG § 34 Abs. 3
EStG a.F. § 34
AO 1977 § 163
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 69 Abs. 2 Satz 2
FGO § 69 Abs. 2
GG Art. 3
GG Art. 20
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) veräußerten mit notariellen Verträgen vom 30. August 1999 mit sofortiger Wirkung ihre Anteile an der G-GmbH und der I-GmbH. Der im Jahr 1957 geborene Antragsteller erzielte hierbei einen nach § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 2 616 610 DM, die im Jahr 1961 geborene Antragstellerin einen nach § 17 EStG steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 975 000 DM.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Gewinne bei der Steuerfestsetzung des Jahres 1999. Es ermittelte dabei die darauf entfallende Einkommensteuer nach der sog. Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304). Über den dagegen eingelegten Einspruch hat das FA bislang nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 lehnte es mit Bescheid vom 21. Januar 2002 ab.

Auch das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf AdV des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 ab. Das FA habe die Einkommensteuer nach den im Streitfall anzuwendenden Rechtsvorschriften zutreffend festgesetzt und auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der im Streitjahr geltenden Fassung des § 34 EStG bestünden nicht. Die Abschaffung des halben Steuersatzes und die Einführung der sog. Fünftel-Regelung belaste die Antragsteller nicht rückwirkend, da sie erst mit den notariellen Verträgen vom 30. August 1999 und damit nach In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 34 EStG steuererheblich über ihre GmbH-Anteile disponiert hätten. Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei einer wesentlichen Beteiligung entstehe in dem Zeitpunkt, in dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen vom Veräußerer auf den Erwerber übergehe. Im Streitfall sei das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen nicht vor Abschluss der notariellen Verträge vom 30. August 1999 übergegangen. Zivilrechtliche Verpflichtungen, die eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums bewirkt hätten, seien zuvor nicht entstanden, selbst wenn die Antragsteller aus ökonomischen Gründen die GmbH-Anteile zu einem bereits im Jahr 1998 unter Berücksichtigung des halben Steuersatzes gefundenen Kaufpreis veräußern mussten. Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 34 EStG nicht in den grundrechtlich verbürgten Vertrauensschutz eingegriffen. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Vertrauensschutz schaffe lediglich insoweit eine veranlagungszeitraumübergreifende Kontinuitätsgewähr, als er abrupte, sprunghafte und widersprüchliche Änderungen untersage. Eine solche enthalte die Neuregelung des § 34 EStG nicht. Die Vorschrift bewirke ab dem Veranlagungszeitraum 1999 lediglich eine Tarifglättung. Der Gesetzgeber habe unangemessene Progressionsvorteile bei hohen laufenden Einkünften gekappt und durch die Fünftelung bei außerordentlichen Einkünften "mittlerer Größe" die Belastung durch den Tarifanstieg gemildert. Bei sehr geringen laufenden Einkünften sei die Neuregelung günstiger. Besondere Härten im Einzelfall führten nicht zur Verfassungswidrigkeit der Neuregelung, sondern seien ggf. im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung nach § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) zu berücksichtigen. Auch die wahlweise Wiedereinführung des halben Steuersatzes ab dem Jahr 2001 könne einen verfassungsrechtlichen Anspruch der Antragsteller auf die Besteuerung nach dem halben Steuersatz nicht begründen, da der Gesetzgeber sich nicht auf die Wiedereinführung der alten, bis einschließlich 1998 geltenden Regelung beschränkt habe, sondern die Vorschrift im Zusammenhang mit dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren umfassend neu gestaltet habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Veröffentlichung des Beschlusses in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1171 verwiesen.

Mit der Beschwerde machen die Antragsteller geltend, § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 greife rückwirkend in ihre wirtschaftlichen Dispositionen ein. Die für den Veranlagungszeitraum 1999 geltende Rechtslage führe im Vergleich zu der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1998 geltenden Regelung zu einer erheblich höheren Einkommensteuerschuld. Der Gesetzgeber habe deshalb eine Übergangsregelung vorsehen müssen. Zudem sei die Regelung in § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuersenkungsergänzungsgesetzes (StSenkErgG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1812, BStBl I 2001, 25), der die Progressionswirkung nur mindert, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, willkürlich. Bei einer verfassungsgemäßen Auslegung dieser Vorschrift hätten die Antragsteller im Veranlagungszeitraum 2001 den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen können. Zwar beziehe § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG --die von der Antragstellerin erzielten-- Gewinne nach § 17 EStG nicht ein, doch werde durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens eine ermäßigte Besteuerung dieser Gewinne erreicht.

Die Antragsteller beantragen, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 vom 4. Dezember 2001 in dem Umfang von der Vollziehung auszusetzen, in dem die Besteuerung des Veräußerungsgewinns nicht dem halben Steuersatz unterworfen wurde.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO können auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. März 2001 IX B 90/00, BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405, m.w.N.).

2. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 i.V.m. Art. 20 des Grundgesetzes (GG).

a) Nach § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des --für den Veranlagungszeitraum 1998 geltenden-- Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928 --§ 34 EStG a.F.--) ist die auf außerordentliche Einkünfte, die den Betrag von 15 Mio. DM nicht übersteigen, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Dieser ermäßigte Steuersatz, durch den Härten, die sich aus der progressiven Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs bei Bezug "zusammengeballter" Einkünfte in einem Jahr ergeben können, ausgeglichen werden sollen, war seit 1965 auf die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes festgelegt, aber schon in den Jahrzehnten davor in ständiger Praxis von der Finanzverwaltung auf diesem Niveau festgesetzt worden (zur Rechtsentwicklung seit dem EStG 1920 vgl. Horn in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 34 EStG Rz. 2; Wendt, Finanz-Rundschau --FR-- 2000, 1199).

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des im Streitjahr geltenden StEntlG 1999/2000/2002 beträgt die für außerordentliche Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.

Diese sog. Fünftel-Regelung, aufgrund derer außerordentliche Einkünfte rechnerisch auf einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt werden, wurde eingeführt, weil die mit der Anwendung des halben durchschnittlichen Steuersatzes verbundene Entlastung der außerordentlichen Einkünfte regelmäßig über den Ausgleich der mit dem zusammengeballten Bezug verbundenen Progressionsnachteile hinausging. Insbesondere Steuerpflichtige, die dem Spitzensteuersatz unterlagen, wurden nach Auffassung des Gesetzgebers übermäßig begünstigt. Außerdem wurde die bisherige Regelung wegen der unterschiedlichen Entlastung außerordentlicher Einkünfte und der Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit für zu kompliziert gehalten (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, BTDrucks 14/23, 183).

Mit dem StSenkErgG wurde diese gesetzgeberische Entscheidung revidiert. Durch den neu eingefügten Absatz 3 des § 34 EStG wurde der halbe Steuersatz für Veräußerungsgewinne i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des StSenkErgG in eingeschränktem Umfang wieder eingeführt. Auf Antrag kann ab dem Veranlagungszeitraum 2001 die auf den Teil der außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, der den Betrag von insgesamt 10 Mio. DM nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der ermäßigte Steuersatz beträgt nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkErgG die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre. In jedem Fall ist auf die außerordentlichen Einkünfte jedoch eine Steuer in Höhe des Mindeststeuersatzes (2001: 19,9 v.H.) zu entrichten.

Da durch die Einführung einer Altersvorsorgekomponente dem Mittelstand ein Ausgleich für die ab dem Jahr 2002 geltenden Begünstigungen bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaften gewährt werden sollte, wurde die Tarifbegünstigung in § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG nicht rückwirkend wieder eingeführt (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks 14/4217, S. 7; Diller, Bericht der 754. Sitzung des Bundesrates vom 29. September 2000, Plenarprotokoll 754, S. 373).

b) Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 EStG verstößt im Streitfall nicht gegen Art. 3 i.V.m. Art. 20 GG.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz und damit auch eine gleichmäßige steuerliche Belastung. Die Belastungsgleichheit hat sich am Maßstab der Folgerichtigkeit zu orientieren. Der Gleichheitssatz wirkt umso strikter, je mehr er den Einzelnen als Person betrifft, und ist umso mehr für gesetzgeberische Gestaltungen offen, als allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden. Im Sachbereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes einen weitreichenden Gestaltungsraum. Nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes aber hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 10. November 1999 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160, m.w.N.).

bb) Diesen Maßstäben genügt die Neuregelung des § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002. Der Gesetzgeber hat die bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltende Begünstigung reduziert und durch die sog. Fünftel-Regelung ersetzt. Die Antragsteller konnten nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber die für sie günstigere Rechtslage, wonach Veräußerungsgewinne lediglich mit dem halben regulären Steuersatz der Besteuerung unterworfen werden, für alle Zukunft aufrechterhält. Ein voller Schutz zugunsten des Fortbestands der bisherigen Gesetzeslage könnte den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber den Einzelinteressen lähmen und das Gemeinwohl gefährden; dies würde den Widerstreit zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Blick auf den Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (BVerfG-Beschluss vom 30. September 1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256).

Die Antragsteller wurden auch nicht nachträglich einer höheren steuerlichen Belastung unterworfen. Sie haben mit notariellen Verträgen vom 30. August 1999 ihre GmbH-Anteile veräußert. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH entstand der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile in dem Zeitpunkt, in dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen auf den Erwerber überging (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 VIII R 5/00, BFH/NV 2002, 640, m.w.N.). Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums zu einem früheren Zeitpunkt als den Vertragsschlüssen liegt nicht vor. Auch wenn --wie von den Antragstellern vorgetragen-- die Verkaufsverhandlungen bereits Ende 1998 abgeschlossen und zu diesem Zeitpunkt der Kaufpreis unter Berücksichtigung des halben Steuersatzes festgelegt wurde, selbst wenn sich die Antragsteller durch die faktische Eingliederung der GmbH in den Konzern des Erwerbers bereits vor den Vertragsschlüssen faktisch gebunden fühlten, ging das Eigentum an den GmbH-Anteilen noch nicht auf den Erwerber über, da dieser nicht alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben konnte (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 640, m.w.N.). Die Antragsteller haben somit steuererheblich über ihre Anteile erst Ende August 1999 und damit nach der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 disponiert.

cc) Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 spricht im Streitfall auch nicht, dass der Gesetzgeber den ermäßigten Steuersatz auf Veräußerungsgewinne nach § 16 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2001 durch das StSenkErgG wiedereingeführt hat.

Die Änderung des § 34 EStG durch das StSenkErgG beruht auf keiner "willkürlichen Aktion" des Gesetzgebers. Dieser hat das System der Körperschaftsbesteuerung grundlegend geändert und in Zusammenhang mit der Einführung des sog. Halbeinkünfteverfahrens, dessen Vorteile im Wesentlichen ab dem Veranlagungszeitraum 2001 zur Wirkung kommen, auch Personengesellschaften und Einzelunternehmern gewisse steuerliche Erleichterungen zugestanden. Neben der Wiedereinführung des halben regulären Steuersatzes (vgl. § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG) wurde auch § 6 Abs. 5 Satz 3 ff. EStG umgestaltet.

Der Zusammenhang der Wiedereinführung des ermäßigten Steuersatzes mit der grundlegenden Umgestaltung der Besteuerung der Kapitalgesellschaften erlaubt es dem Gesetzgeber, die Neuregelung ohne rückwirkende Übergangsregelung in Kraft zu setzen. Die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG war nicht Folge einer Änderung des Binnensystems des § 34 EStG, sondern eine Folge der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens (vgl. auch BFH-Beschluss vom 10. Juli 2002 XI B 68/02, BFH/NV 2002, 1568). Zudem unterscheidet sich die Neuregelung von der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1998 geltenden Regelung erheblich (Borggreve in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 34 EStG Rz. 7). So werden nach § 34 EStG i.d.F. des StSenkErgG nicht nur Gewinne nach § 17 EStG, sondern auch Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG und Nutzungsvergütungen i.S. von § 24 Nr. 3 EStG nicht mehr mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Die Begünstigungsgrenze beträgt ab dem Jahr 2001 10 Mio. DM anstelle von 15 Mio. DM im Jahr 1998 und die in § 34 Abs. 3 EStG normierte Tarifbegünstigung kommt nur zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder aber berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist. Zudem kann der ermäßigte Steuertarif, der auf einen Mindeststeuersatz in Höhe des Eingangssteuersatzes begrenzt ist, nur noch einmal im Leben in Anspruch genommen werden und wird infolgedessen ausschließlich auf Antrag gewährt. Wird kein Antrag gestellt, kommt auch ab dem Jahr 2001 die sog. Fünftel-Regelung zur Anwendung. Der Regelungszweck der Vorschrift hat sich damit verändert. Während § 34 EStG a.F. eine leistungsfähigkeitsbestimmende Fiskalzwecknorm war, ist § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG eine Sozialzwecknorm, die der Sicherung der Altersvorsorge mittelständischer Unternehmer dient.

In diesen Fällen eines Systemwechsels hat der Gesetzgeber größere Freiheiten; er ist berechtigt, die mit dem Systemwechsel verbundenen Konsequenzen zu ziehen, ohne die Altregelung fortführen oder anpassen zu müssen. Bei einem Systemwechsel kann in Bezug auf die alte Regelung Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit nicht hergestellt werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1568). Deshalb setzt sich der Gesetzgeber hier nicht in Widerspruch zu seinen vorangegangenen Regelungen und auch die rechtsstaatliche Kontinuitätsgewähr verbietet ihm die Schaffung einer Mittelstandskomponente ab dem Veranlagungszeitraum 2001 zum Ausgleich der Steuererleichterungen für Kapitalgesellschaften nicht. Die Erwartungen des Steuerpflichtigen, an der Besserstellung rückwirkend teilzuhaben, sind ebenso wenig geschützt wie seine Erwartungen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 5. Dezember 1997 VI R 94/96, BFHE 185, 8, BStBl II 1998, 211). Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Neuregelung erst mit dem Systemwechsel wirksam werden zu lassen. Eine rückwirkende Besserstellung ist verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1568). Der Vorwurf des Verstoßes gegen die Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit (so Müller, EFG 2002, 460) ist unbegründet.

Daneben hatten die Antragsteller im Streitjahr noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet und Gewinne nach § 17 EStG, die die Antragstellerin erzielte, unterliegen nach § 34 EStG i.d.F. des StSenkErgG nicht mehr der Tarifermäßigung. Die Veräußerungsgewinne der Antragsteller wären deshalb auch dann nicht nach § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des StSenkErgG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, wenn der Gesetzgeber verpflichtet gewesen wäre, eine rückwirkende Übergangsregelung vorzusehen. Die Beschränkung der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes nach dem StSenkErgG auf Steuerpflichtige, die das 55. Lebensjahr vollendet oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd erwerbsunfähig sind, ist entgegen dem Vortrag der Antragsteller nicht willkürlich. Die Entscheidung, nur diesen Steuerpflichtigen den ermäßigten Steuersatz als Beitrag zur Sicherung ihrer Altervorsorge zu gewähren, bewegt sich innerhalb der Grenzen des gesetzgeberischen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums.

dd) Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit dem Fall, der den Senat in seinem Beschluss vom 10. November 1999 X R 60/95 (BFHE 189, 479, BStBl II 2000, 131) veranlasst hat, aus Art. 3 Abs. 1 GG einen Grundsatz der "Gleichheit in der Zeit" abzuleiten. Die uneingeschränkte Duldung von Jubiläumsrückstellungen bis zum Veranlagungszeitraum 1987 einschließlich und ihre ausdrückliche, nur an bestimmte zusätzliche Voraussetzungen geknüpfte Billigung ab dem Veranlagungszeitraum 1993 bestätigen, dass auch der gesetzlichen Regelung die prinzipielle Gleichwertigkeit von Jubiläumsrückstellungen und sonstigen Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten zu Grunde liegt. Vor diesem Hintergrund erweist sich die zeitweilige Ungleichbehandlung des gleichen Lebenssachverhalts aus der Sicht der betroffenen Normadressaten als willkürlich. Denn bei Fiskalzwecknormen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steuertatbestandlich konkretisieren, kann es nicht kurz aufeinander folgend unterschiedliche Maßstäbe geben (vgl. J. Hey, Betriebs-Berater 2000, 1453, 1456). Hierum geht es im Streitfall aber nicht.



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