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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.07.1998
Aktenzeichen: X B 13/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 42 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Prozeßbevollmächtigte hat im Namen der Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) in deren Einkommensteuersache 1994, jeweils --wie in zahlreichen anderen Fällen auch-- formularmäßig und mit formelhaften Kurzbegründungen Einspruch eingelegt und Klage erhoben, ohne eine Vollmacht vorzulegen.

Die Vollmacht, die der Prozeßbevollmächtigte dann auf entsprechende Aufforderung beim Finanzgericht (FG) einreichte, ist --wie ebenfalls in massenhaft bekanntgewordenen anderen Fällen auch-- undatiert und offenbar erst nachträglich, vom Prozeßbevollmächtigten selbst bzw. in seinem Büro, teils durch Stempel, teils handschriftlich mit einer Bezeichnung des Gegenstand des Mandats ("Einkommensteuer, Lohnsteuer-Jahresausgleich, Solidaritätszuschlag 1986 bis 1997") versehen worden.

Nach Übertragung der Sache auf den Einzelrichter, den Berichterstatter, wandte sich dieser mit Schreiben vom 25. August 1997 an die Beschwerdeführerin persönlich mit der Begründung, es drängten sich im Hinblick auf die vom Prozeßbevollmächtigten in einer Vielzahl von Fällen erhobenen Klagen Zweifel daran auf, ob die Klage mit Einverständnis der Beschwerdeführerin erhoben worden sei. Wörtlich heißt es in diesem Zusammenhang weiter:

"Die Zweifel stützen sich vor allem darauf, daß die ... vorgelegte Prozeßvollmacht nicht datiert ist und keine Bezugnahme auf das vorliegende Klageverfahren enthält, vielmehr mit einem möglicherweise nachträglich angebrachten Stempelaufdruck und den handschriftlichen Jahreszahlen 1986 bis 1997 versehen ist. Aus diesem Grund und wegen des nicht unerheblichen Kosten- und Gebührenrisikos ... bitte ich ... mitzuteilen, ob Sie mit der ... in ihrem Namen erhobenen Klage einverstanden sind ..."

Der Prozeßbevollmächtigte erhielt eine Kopie dieses Schreibens und außerdem unter dem gleichen Datum die gesonderte Mitteilung, daß die vorgelegte Vollmacht wegen der genannten Zweifel den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge, zumal mit der Klage formularmäßig verfassungsrechtliche Einwände geltend gemacht würden, deretwegen der angefochtene Bescheid zumeist für vorläufig erklärt worden sei, was nach der Rechtsprechung des FG "in großer Zahl" zur Erfolglosigkeit solcher Klagen geführt habe. Verbunden war dies mit der Aufforderung, eine "neue den Anforderungen entsprechende Vollmacht vorzulegen", sowie mit dem Hinweis, daß die Beschwerdeführerin eine Durchschrift dieses Schreibens erhalte.

Daraufhin äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht. Der Prozeßbevollmächtigte beantragte (in ihrem Namen), den Berichterstatter als befangen abzulehnen, weil er mit dem persönlichen Anschreiben die Vertretungsrechte der Beschwerdeführerin "vorsätzlich mißachtet" habe - "mit dem offensichtlichen Ziel, diese rechtlos zu machen und ihr das Recht auf Gehör zu nehmen". Ein faires Verfahren könne von einem solchen Richter nicht erwartet werden.

Das FG wies --ohne Mitwirkung des Berichterstatters-- das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.

Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde, die nicht begründet worden ist.

Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat von der Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das FG das Befangenheitsgesuch abgelehnt.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Maßgeblich hierfür ist, ob ein Beteiligter, von seinem Standpunkt aus, bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, der Richter werde nicht unvoreingenommen, sondern willkürlich entscheiden (s. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 51 Rz. 37, m.w.N.). Das ist im Streitfall nicht zu befürchten, selbst wenn die vom Berichterstatter in den Schreiben vom 25. August 1997 bekundeten Zweifel an der Wirksamkeit der vorgelegten Prozeßvollmacht nicht durchgreifen sollten (vgl. dazu neuerdings das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Februar 1998 VI R 88/97, Betriebs-Berater 1998, 884, BFH/NV 1998, 926, nebst den dortigen Nachweisen). Denn die Befangenheitsregelung soll den Rechtsuchenden allein vor Parteilichkeit der Richters, nicht vor fehlerhafter Rechtsanwendung schützen. Daher sind Rechtsfehler --materieller wie formeller Art-- grundsätzlich nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu stützen, es sei denn, die Fehlerhaftigkeit rechtfertige bei vernünftiger Betrachtung den Schluß auf eine unsachliche oder willkürliche Einstellung des Richters (vgl. die BFH-Beschlüsse vom 27. September 1994 VIII B 64-76/94, BFH/NV 1995, 526, 528; vom 27. Juni 1996 X B 84/96, BFH/NV 1997, 122; vom 30. Oktober 1997 X B 12/97, BFH/NV 1998, 599; vom 8. Dezember 1997 I B 77/97, BFH/NV 1998, 714, und vom 12. Dezember 1997 XI B 34/96, BFH/NV 1998, 861; Gräber, a.a.O., Rz. 40, jeweils m.w.N.). Davon kann hier nach Art und Inhalt der in Frage stehenden Schreiben, angesichts der Prozeßlage (dazu BFH-Beschluß vom 30. Mai 1997 I B 17/97, BFH/NV 1998, 34, 35) nicht die Rede sein (vgl. allgemein zur Notwendigkeit, Zweifeln an der Wirksamkeit einer Prozeßvollmacht nachzugehen: Gräber, a.a.O. § 51 Rz. 39a, m.w.N. und die in BFH/NV 1998, 926, 927 unter 2. b, dd und ee zitierten Entscheidungen).



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