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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.11.2008
Aktenzeichen: X B 137/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Die Zuständigkeit des VII. Senats für die Feststellung der Nichtigkeit der aufgrund der Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1983 bzw. der Gewerbesteuerbescheide 1976 bis 1983 durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs (BFH) Teil A (Sachliche Zuständigkeit der Senate) VII. Senat, Nr. 3e i.V.m. den "Ergänzenden Regelungen" I. Nr. 4.

2. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die wirksame Bekanntgabe der Gewerbesteuerbescheide 1976 bis 1983 bzw. der Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1983 rügt, hat die Beschwerde keinen Erfolg.

a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegen. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfragen zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu diesen Rechtsfragen bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

Hat der BFH schon früher über die Rechtsfragen entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu diesen Rechtsfragen für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich beantworteten Fragen weiterhin umstritten sind, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des BFH vorgebracht worden sind (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

aa) Der Kläger hält zunächst die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei Bekanntgabe mehrerer Bescheide durch förmliche Zustellung die Bildung von lediglich drei Geschäftszeichen auf der Postzustellungsurkunde und ohne Hinweis auf die in der Sendung enthaltenen Schriftstücke ausreichend ist, um eine urkundliche Beziehung zwischen der Sendung und den zuzustellenden Schriftstücken herzustellen.

Diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt; der Kläger hat nicht dargelegt, inwiefern und aus welchen Gründen diese Frage in der Literatur weiterhin umstritten ist. Nach dem Senatsurteil vom 7. Juli 2004 X R 33/02 (BFH/NV 2005, 66) reicht es in diesen Fällen aus, wenn der fragliche Vorgang derart durch Zahlen und Buchstaben gekennzeichnet ist, dass der Empfänger die Sendung eindeutig dem Vorgang zuordnen kann.

bb) Auch der weitere Vortrag des Klägers, auf der Postzustellungsurkunde seien lediglich drei Geschäftszeichen vermerkt und aus diesen lasse sich kein Hinweis auf die Anzahl der in der Sendung enthaltenen Schriftstücke entnehmen, ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage zu belegen. Mit diesem Vortrag bezweifelt der Kläger letztendlich die materiell-rechtliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Darauf kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht gestützt werden (Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705). Im Übrigen ist das FG auch nach Auffassung des beschließenden Senats zutreffend davon ausgegangen, dass sich anhand der Angaben im Geschäftszeichen sehr wohl erkennen lässt, dass die Sendung insgesamt 18 Bescheide enthielt.

b) Die vom Kläger weiter formulierte Rechtsfrage, ob eine Reduzierung des Beweismaßes bei dem vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) zu führenden Beweis des Inhalts und des Zugangs von Steuerbescheiden in Betracht kommt, wenn die Bescheide beim Finanzamt abhanden kommen, diese jedoch computergestützt erstellt worden sind, wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da das FA nach zutreffender Auffassung des FG den Nachweis der wirksamen Bekanntgabe der Gewerbe- und Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1978 bis 1983 mit Hilfe der Postzustellungsurkunde führen konnte.

Auch die Frage der wirksamen Bekanntgabe der Gewerbesteuerbescheide 1976 und 1977 ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Das FG kam sachverhaltsbezogen zu dem Ergebnis, auch diese Bescheide seien dem Kläger wirksam bekanntgegeben worden. Mit seinem gesamten Vorbringen hierzu wendet sich der Kläger gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Er setzt seine Rechtsauffassung, bei Würdigung sämtlicher Umstände des Falles und Berücksichtigung aller Beweisanzeichen sei nur die Auffassung gerechtfertigt, dass die der Vollstreckung zugrunde liegenden Steuerbescheide ihm gegenüber nicht wirksam ergangen und damit nicht vollstreckbar seien, an die Stelle der des FG, wonach dieser Nachweis gelungen sei. Die Rüge betrifft auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung (z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2003 III B 125/02, BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.), der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führt.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Revision auch nicht wegen Divergenz zu den Senatsurteilen vom 12. März 2003 X R 17/99 (BFH/NV 2003, 1031) bzw. vom 28. November 2007 X R 11/07 (BFHE 220, 3, BStBl II 2008, 335) zugelassen werden.

Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung setzt voraus, dass das FG einen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aufgestellt hat, der von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, und dass das angefochtene Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung dieselbe (identische) Rechtsfrage betreffen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48). Letzteres trifft im vorliegenden Streitfall nicht zu.

In dem dem Senatsurteil in BFH/NV 2003, 1031 zugrunde liegenden Streitfall hatte das FA den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1980, dessen Datum es nicht mehr angeben konnte, mit einfachem Brief bekannt gegeben. Im Streitfall hingegen wurden die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1978 bis 1983 vom 9. Februar 1988 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Fallbezogen kam das FG zu dem Ergebnis, dass die Gewerbesteuerbescheide der Jahre 1976 und 1977 wirksam bekannt gegeben worden sind. Es hat nicht nur darauf abgestellt, dass der Kläger die Nichtbekanntgabe dieser Bescheide erst nach ca. 23 Jahren erstmals gerügt hat. Von Bedeutung war seiner Meinung nach auch, dass die rückständigen Gewerbesteuerbeträge bereits 1986 Gegenstand einer persönlichen Unterredung zwischen dem Kläger, seinem Rechtsanwalt und Mitarbeitern des FA waren. Es hat ferner in seine Erwägung einbezogen, dass der auch zu diesem Zeitpunkt anwaltschaftlich vertretene Kläger bei einem Pfändungsversuch im Jahr 1989 zu keinem Zeitpunkt die unterlassene oder fehlgeschlagene Bekanntgabe der Bescheide gerügt hat. Das FG hat zudem darauf abgestellt, dass der Kläger bzw. sein Rechtsanwalt die übersandten Rückstandsanzeigen unbeanstandet entgegengenommen haben und in einem Schreiben der Veranlagungsstelle vom 1. November 1979 der fristgerechte Einspruch u.a. auch gegen den Gewerbesteuerbescheid 1977 bestätigt wurde. Mit diesen Indizien hat das FA nach Auffassung des FG, dem grundsätzlich die Würdigung der ihm vorliegenden Unterlagen und Beweisergebnisse allein vorbehalten ist (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2003, 1031, unter II.2.a aa, den vollen Beweis auch über den Zugang der Gewerbesteuerbescheide 1976 und 1977 erbracht.

Eine Abweichung vom Senatsurteil in BFHE 220, 3, BStBl II 2008, 335, scheidet schon deshalb aus, weil in dieser Entscheidung die wirksame Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 1975 nicht in Frage stand. Fraglich war lediglich, ob das FA in der ursprünglichen Veranlagung für 1975 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM angesetzt hatte.



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