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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: X B 141/03
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 9
EStG § 12 Nr. 1
EStG § 12 Nr. 2
FGO § 104 Abs. 2
FGO § 105 Abs. 4
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Nach Schließung der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2003 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats des Finanzgerichts (FG) ausweislich des Protokolls den Beschluss verkündet, dass eine Entscheidung den Beteiligten zugestellt wird. Aus der FG-Akte ist ersichtlich, dass das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats des FG am 25. Juni 2003 übergeben worden ist. Ausgefertigt und versendet wurde das Urteil nach Aktenlage am 14. August 2003; am 19. August 2003 ist es dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zugestellt worden. Mit dem Urteil ist die Klage der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1995 bis 1997 abgewiesen worden.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision machen die Kläger sinngemäß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz geltend. Ein Richter des FG habe in der mündlichen Verhandlung die Vertreterin des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) hingewiesen, wonach es nicht zulässig sei, auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Vater und Sohn zur Begründung des Fehlens einer Gewinnerzielungsabsicht abzustellen, wenn der Vater Rechtsbeziehungen mit einer Kapitalgesellschaft eingehe, deren Stammkapital von dem Sohn gehalten werde. Trotz intensiver Suche sei es den Klägern nicht gelungen, dieses Urteil zu finden. Sie bäten daher insoweit den BFH um Rechtshilfe. Darüber hinaus rügen die Kläger einen Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Dieser liege darin, dass weder das vollständig abgefasste Urteil noch der Urteilstenor innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats des FG übergeben worden sei. Das Urteil beruhe auf diesem Verfahrensfehler, weil die ungewöhnliche Fristüberschreitung um sechs Wochen auf Meinungsverschiedenheiten innerhalb des erkennenden Senats zurückzuführen sei.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Sie genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache dann, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im allgemeinen Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf. Der Beschwerdeführer muss darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der konkret formulierten Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217). Einwände, die sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden, sind grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (vgl. Senatsentscheidung vom 28. August 2001 X B 60/01, BFH/NV 2002, 347, m.w.N.).

b) Dem entspricht die Beschwerdeschrift nicht. Zwar ist die von den Klägern gestellte Frage "Dürfen verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Vater und Sohn als Begründung für das Nichtvorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht herangezogen werden, wenn der Vater Rechtsbeziehungen mit einer Kapitalgesellschaft eingeht, deren Stammkapital vom Sohn gehalten wird" eine Rechtsfrage i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, also eine abstrakte Frage nach der rechtlichen Grundlage der Entscheidung des FG, und bezieht sich nicht lediglich auf die rechtliche Würdigung eines konkreten Sachverhalts. Die Kläger haben es aber versäumt, in der Beschwerdebegründung die Breitenwirkung einer Revisionsentscheidung zu dieser Frage darzulegen. Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass ein Fremdvergleich nicht nur beim Transfer von Werten unmittelbar zwischen nahen Angehörigen vorzunehmen ist, sondern auch bei Wertbewegungen, an denen die nahen Angehörigen nur mittelbar --über ihre Beteiligung an der Kapitalgesellschaft-- beteiligt sind. Im Rahmen des danach erforderlichen Fremdvergleichs ist zu prüfen, ob auch ein fremder Dritter den von dem Angehörigen zugunsten der Kapitalgesellschaft geleisteten Beitrag erbracht hätte (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505, BFH/NV 2000, 1278). Durch den Fremdvergleich (Drittvergleich) soll bei Vermögensverschiebungen zwischen nahen Angehörigen der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --wie auch der des § 9 EStG-- im Hinblick auf die Abzugsverbote des § 12 Nr. 1 und Nr. 2 EStG sachgerecht eingegrenzt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 27. März 1998 X B 117/97, BFH/NV 1998, 1212).

2. Die Kläger haben auch nicht schlüssig dargelegt, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO n.F.). Ihr pauschaler und unsubstantiierter Hinweis darauf, das FG habe eine Entscheidung des BFH nicht beachtet, nach der es nicht zulässig sei, verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Vater und Sohn als Begründung für das Nichtvorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht heranzuziehen, wenn der Vater Rechtsbeziehungen zu einer Kapitalgesellschaft eingeht, genügt dafür nicht. Soweit ein Beschwerdeführer geltend macht, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sei gestört, weil das FG von der Rechtsauffassung des BFH abgewichen sei, muss er auch nach neuem Zulassungsrecht die Divergenzentscheidung so genau --mit Datum und Aktenzeichen und/oder Fundstelle-- bezeichnen, dass deren Identität zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 41). Daran fehlt es im Streitfall. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, durch eigene Ermittlungen diese vom Beschwerdeführer verlangten Angaben zu ersetzen. Im Übrigen spricht, wie vorstehend dargelegt, wenig dafür, dass es eine BFH-Entscheidung mit der von den Klägern behaupteten rechtlichen Aussage gibt.

3. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel, weder das vollständig abgefasste Urteil noch das Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sei gemäß § 105 Abs. 4 FGO innerhalb von zwei Wochen --vom Tag der Verkündung an gerechnet-- der Geschäftsstelle übergeben worden, führt nicht zur Zulassung der Revision. Zum einen ist aus der FG-Akte ersichtlich, dass das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung bereits am Tag nach der mündlichen Verhandlung, am 25. Juni 2003, der Geschäftsstelle des erkennenden Senats des FG übergeben worden ist. Zudem betrifft § 105 Abs. 4 FGO nur den Fall der Urteilsverkündung; das FG-Urteil wurde jedoch nicht verkündet, sondern den Beteiligten zugestellt. In einem solchen Fall kann von einem Verfahrensmangel erst dann gesprochen werden, wenn das vollständige Urteil nicht binnen fünf Monaten, gerechnet von dem nach § 104 Abs. 2 FGO maßgebenden Termin, an die Geschäftsstelle übergeben worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177, m.w.N.; Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 674).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

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