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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: X B 144/01
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 n.F. | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 n.F. |
Gründe:
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) --im Folgenden: FGO n.F.-- entspricht.
1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) einen Verstoß des angefochtenen Urteils gegen die Denkgesetze darin erblickt, dass das Finanzgericht (FG) einerseits die Frage offen ließ, ob die drei vom Rechtsvorgänger der Klägerin, Herrn A, unterhaltenen Produktionsstätten in X, Y und Z einen einzigen --einheitlichen-- Betrieb darstellten, andererseits aber davon ausging, dass sich die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Steuerbescheids gerade nicht feststellen lasse, liegt darin entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Rüge eines Verfahrensfehlers, sondern eines Denkfehlers, mithin eines materiell-rechtlichen Mangels der Vorentscheidung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 83, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--).
2. Die von der Klägerin erhobene Rüge, das FG habe "den Inhalt der Akten nicht beachtet" (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), genügt nicht den Anforderungen an die substantiierte Darlegung eines Verfahrensmangels.
Dabei mag offen bleiben, ob der Vorwurf der Klägerin berechtigt ist, das FG habe in seine auf eine Reihe von tatsächlichen Umständen gestützte Würdigung, dass die 1958 durchgeführte Betriebsprüfung und die sich daran anschließende Besteuerung nicht bereits auf eine zwangsweise Veräußerung oder Enteignung des Unternehmens oder einzelner seiner Teile gerichtet gewesen seien, den handschriftlichen Aktenvermerk vom 6. Mai 1959 des Referatsleiters Steuern beim Rat der Stadt X nicht einbezogen, in welchem ausgeführt wurde, "die bisherigen Verhandlungen über einen Ankauf der Produktionsstätten durch die B-Bank ... (hätten) bisher zu keinem Erfolg (geführt), da sich ein Käufer nicht gefunden (habe)". Es fehlt jedenfalls an dem gebotenen (schlüssigen) Vortrag der Klägerin, inwieweit das angefochtene Urteil auf dem (vermeintlichen) Verfahrensmangel beruhe, d.h. --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- ohne den Verfahrensfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre (vgl. dazu z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 72 i.V.m. § 116 Rz. 50, m.w.N., und § 116 Rz. 49). Nähere Ausführungen der Klägerin zu diesem Punkt lagen umso mehr nahe, als
a) sich allein aus dem von der Klägerin zitierten Aktenvermerk nicht ergibt, dass der Betriebsinhaber A in einen Verkauf der verlustträchtigen Produktionsstätten nicht oder nur unter dem rechtswidrigen Druck einer konfiskatorischen Betriebsprüfung und Besteuerung einwilligte, und
b) das FG seine Würdigung auf eine Mehrzahl plausibler Tatsachen stützte (insbesondere: Gewährung eines neuen Produktionskredits an A trotz Vorhandenseins der aus der Betriebsprüfung resultierenden Steuerschulden; Verzicht auf Tilgung und Beitreibung der Steuerschulden bis zur Rückzahlung des Produktionskredits, obwohl A über Vermögenswerte verfügte; Erlass der "Verzugs- und Strafzuschläge"; spätere Herabsetzung der Steuernachzahlungen von 49 918 Mark auf 40 481 Mark).
3. Unschlüssig sind schließlich auch die Rügen der Klägerin, das FG sei von einer Entscheidung des Reichsfinanzhofs (RFH) und einer Reihe von BFH-Entscheidungen abgewichen.
Soweit die Klägerin eine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von der Entscheidung des RFH vom 28. September 1938 VI 611/38 rügt, kann der Senat die Streitfrage offen lassen, ob unter der Geltung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F. (Erfordernis einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) als mögliche Divergenzentscheidung auch eine solche des RFH in Betracht kommt (verneinend z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 49, a.E.; bejahend dagegen z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Rz. 71).
Hinsichtlich aller von der Klägerin gerügten Abweichungen fehlt es jedenfalls an der auch nach neuem Revisionszulassungsrecht erforderlichen schlüssigen Darlegung, dass die vom FG aufgestellten, von den zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen (vermeintlich) divergierenden abstrakten Rechtssätze für sein klageabweisendes Urteil tragend waren (zu diesem Erfordernis vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 48, 54 und 59, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Das FG hat die Frage, ob die drei in Rede stehenden Produktionsstätten als ein einziger einheitlicher Betrieb oder als mehrere, jeweils für sich zu behandelnde selbständige Betriebe zu qualifizieren sind, ausdrücklich dahinstehen lassen, weil der "inkriminierte" Steuerbescheid auch dann nicht wegen Verstoßes gegen rechtsstaatliche Prinzipien gemäß Art. 19 Satz 2 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (Einigungsvertrag) aufzuheben sei, wenn die diesem Bescheid zugrunde liegende Annahme vom Vorliegen mehrerer eigenständiger Betriebe unrichtig wäre.
4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. abgesehen.
Ende der Entscheidung
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