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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.08.2007
Aktenzeichen: X B 147/06
Rechtsgebiete: FGO, BGB, AO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
BGB § 117 Abs. 1 | |
AO § 41 Abs. 2 | |
AO § 41 Abs. 2 Satz 2 |
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Soweit er sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beruft, entsprechen seine Rügen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (vgl. unten 1., 2. und 3.). Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor (vgl. unten 5.).
1. a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend, so muss er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Des Weiteren muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die vom Finanzgericht (FG) angeführten Gründe würden nicht für, sondern vielmehr gegen ein Scheingeschäft sprechen. Die Würdigung stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung für solche Fallgestaltungen. Damit hat der Kläger jedoch keine konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet, sondern seine Würdigung des Sachverhalts dargestellt. Darüber hinaus fehlt eine Darstellung der Klärungsbedürftigkeit. Hierzu wäre erforderlich, dass der Kläger sich mit der Rechtsprechung und Literatur auseinandersetzt, und darlegt, dass es sich um eine bisher nicht geklärte, im Interesse der Allgemeinheit aber klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt. Die vom Kläger aufgestellte Behauptung, der Bestand des FG-Urteils würde für die Allgemeinheit eine erhebliche Rechtsunsicherheit bewirken, ob die Fortführung eines in die Insolvenz geratenen Unternehmens zukünftig durch den anderen Ehepartner noch möglich ist, reicht dazu nicht aus.
2. Aus denselben Gründen kommt in Bezug auf die unter 1. bezeichnete Rechtsfrage eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der "Grundsatzrevision" vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38).
3. Ebenso unschlüssig ist die Rüge des Klägers, dass eine Entscheidung des BFH im Hinblick auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Rügt der Beschwerdeführer --wie hier-- eine Abweichung des angegriffenen FG-Urteils von der Rechtsprechung des BFH, so muss er die (vorgebliche) Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnen, dass die Identität des Urteils zweifelsfrei ermittelt werden kann. Das BFH-Urteil ist mit Datum und Aktenzeichen und/oder Fundstelle zu benennen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 41, m.w.N.). Außerdem muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42).
b) Daran fehlt es im Streitfall. Statt die (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen des BFH genau zu bezeichnen, hat der Kläger lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass bislang in keinem BFH-Urteil der in der Beschwerdebegründung dargelegte Sachverhalt als Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gewertet worden sei. Dies sei auch konsequent, da sich eine solche von den Ehegatten gewählte Variante gerade nicht als Scheingeschäft darstelle, weil beide Ehepartner --wie bereits der Reichsfinanzhof entschieden habe-- ein erhebliches Interesse an einem wirksamen Vertrag hätten. Überdies hat es der Kläger auch unterlassen, aus dem angegriffenen FG-Urteil einen hinreichend konkretisierten, tragenden und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz herauszuarbeiten.
4. Im Kern erschöpft sich die Beschwerdebegründung zu den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO statuierten Zulassungsgründen --nach Art einer Revisionsbegründung-- in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42).
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; ferner Lange, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 782, 784).
Solche gravierenden Rechtsfehler hat der Kläger nicht substantiiert vortragen können. Derart eklatante Mängel liegen im Übrigen schon deswegen fern, weil das FG seine (tatsächliche und rechtliche) Würdigung des Streitfalles schlüssig und nachvollziehbar begründet hat.
5. Der Kläger rügt weiter, das angefochtene Urteil beruhe auf der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Es sei, weil es auf das Vorliegen eines Scheingeschäfts abhebe, obgleich während des gesamten Verfahrens zwischen den Beteiligten das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Kläger und seiner Frau diskutiert worden sei, eine Überraschungsentscheidung.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; vom 31. Juli 1991 VIII R 23/89, BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert. Das Gericht ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (BFH-Urteil in BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539, m.w.N.). Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss daher ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (BVerfG-Beschluss vom 13. Oktober 1994 2 BvR 126/94, Deutsches Verwaltungsblatt 1995, 34). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt erst dann vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter --selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen-- nicht zu rechnen brauchte, so dass dies im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleichkommt (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Januar 1999 1 BvR 1274/92, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 3326; vom 12. Juni 2003 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524, jeweils mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).
b) Entgegen der Ansicht des Klägers stellt das angefochtene Urteil keine Überraschungsentscheidung dar, auch wenn --wie er behauptet-- das FG nicht auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Scheingeschäfts i.S. des § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) hingewiesen haben sollte.
Es mag zutreffen, dass sich die Einspruchsentscheidung, der Vortrag der Beteiligten im Klageverfahren sowie der Beschluss des FG im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Gewinnfeststellungsbescheids für das Jahr 1989 ausschließlich mit der Frage beschäftigt haben, ob zwischen dem Kläger und seiner verstorbenen Frau ein Treuhandverhältnis bestanden hat, obwohl das FG dem Kläger im AdV-Verfahren die streitigen Vermietungseinkünfte gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 AO zugerechnet und das FA jedenfalls im Schriftsatz vom 8. April 2005 ein Scheingeschäft angesprochen hat. Werden Vermögenswerte unter Ehegatten übertragen, um sie dem Zugriff eines Dritten zu entziehen, kann dies treuhänderisch oder scheinbar erfolgen. Durch Scheingeschäfte werden ebenso wie durch verdeckte Treuhandverhältnisse gegenüber dem Geschäftsverkehr die tatsächlichen Verhältnisse verschleiert. Deshalb lag es nahe, dass das FG auf der Grundlage der ihm vorliegenden Akten des Amtsgerichts (AG) X - Familiengericht - (insbesondere auch der Schriftsatz des Prozessvertreters des Klägers im Scheidungsverfahren vom 4. Oktober 1995) und der in den Konkursakten des AG Y enthaltenen Erklärungen des Klägers vor dem Court of Arbitration, die der Klägervertreter vor der mündlichen Verhandlung eingesehen hatte, geprüft hat, ob im Streitfall die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts vorlagen. Damit hatte auch der Kläger, der im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, angesichts des Ablaufs der mündlichen Verhandlung zu rechnen, in der lt. Beschwerdebegründung der Berichterstatter des FG in seinem Sachvortrag äußerst häufig auszugsweise Aussagen des Klägers aus dem Jahr 1994 vor dem Court of Arbitration zitierte.
Ende der Entscheidung
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