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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: X B 167/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Zur schlüssigen Rüge, das Finanzgericht (FG) habe das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, muss der Beteiligte darlegen, inwiefern ihm das Gericht das rechtliche Gehör versagt hat, zu welchen --der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten-- Tatsachen oder Rechtsfragen er sich nicht hat äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß beim FG gerügt hat und inwiefern schließlich durch sein --lediglich infolge des Verfahrensfehlers unterbliebenes-- Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG anders hätte ausfallen können (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. August 1997 VIII B 81/96, BFH/NV 1998, 196).

Daran fehlt es hier. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen, das FG habe nicht beachtet, dass sich der Kläger vor der Anmietung der Wohnung bei seinem Steuerberater erkundigt habe, was zu beachten sei und ob die Anmietung zu Problemen mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) führen könne. Die sehr detaillierte Stellungnahme des Beraters vom 1. April 2005, die Entscheidungsgrundlage des FG-Urteils hätte werden müssen, werde im Tatbestand der Entscheidung nicht erwähnt. Mit dieser Rüge lassen die Kläger außer Acht, dass sich das FG mit ihrem Vorbringen, der Kläger habe die Wohnung lediglich für die thailändische Schwester der Klägerin angemietet, sowohl im Tatbestand (S. 4) als auch in den Entscheidungsgründen (S. 6 f.) auseinandergesetzt hat. Ihre Rüge geht somit letztlich dahin, dem FG entgegenzuhalten, es habe ihr Vorbringen nicht in der von ihnen --den Klägern-- als richtig angesehenen Weise gewürdigt. Darauf kann jedoch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht gestützt werden.

2. Auch die von den Klägern erhobene Sachaufklärungsrüge ist nicht substantiiert.

a) Machen die Beschwerdeführer --wie im vorliegenden Fall-- einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend, das FG habe auch ohne entsprechende Beweisantritte von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind sie gehalten, u.a. substantiiert auszuführen,

- welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten,

- inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und

- dass der Mangel in der (nächsten) mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde oder --falls dies nicht geschehen sein sollte-- aus welchen (entschuldbaren) Gründen eine dahingehende Rüge unterblieb (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.).

b) Zu sämtlichen genannten Erfordernissen haben die Kläger keine (hinlänglichen) Angaben gemacht.

3. Die von den Klägern gegen die Schätzung des FG erhobenen Einwände vermögen die Zulassung der Revision nicht zu begründen. Sie legen einen erheblichen Rechtsfehler des FG bei der Schätzung der Umsätze, der nur ausnahmsweise gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen könnte (Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2007 X B 126/07, nicht veröffentlicht --n.v.--; vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757), nicht hinreichend dar.

a) Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004 X B 142/03, n.v.). Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2007 X B 36/07, n.v.). Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 69, m.w.N.). Ein Verstoß gegen Denkgesetze führt bei Schätzungen erst zur Zulassung der Revision wegen willkürlich falscher Rechtsanwendung, wenn sich das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 69, m.w.N.). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (Senatsbeschluss vom 9. August 2007 X B 218/06, BFH/NV 2007, 2273).

b) Dies ist nicht geschehen. Die Kläger legen nicht in der erforderlichen Weise dar, dass das Schätzungsergebnis des FG willkürlich und realitätsfremd ist.

Die Kläger erheben zwar zahlreiche Einwände gegen die Schätzung des FG. Einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler legen sie damit aber nicht in der erforderlichen Weise dar. Ihre Ausführungen erschöpfen sich nach Art einer Revisionsbegründung in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum die vom FG vorgenommene rechtliche Beurteilung und tatsächliche Würdigung des Streitfalles unrichtig sein soll. Es fehlen substantiierte Ausführungen dazu, warum die gerügten Rechtsfehler in den Streitjahren zu einem willkürlichen und realitätsfremden Schätzungsergebnis geführt haben sollen. Aus der Urteilsbegründung ergibt sich, dass das FG offen ließ, ob der Verdienst einer Prostituierten tatsächlich mit 100 DM je "Freier" zu schätzen sei. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, das FA sei lediglich von vier "Freiern" je Prostituierter und Tag ausgegangen und diese Zahl erscheine bei einer Öffnungszeit von 5.00 Uhr bis 22.00 Uhr überaus gering. Das FG hat auch die geschätzte Zahl der Öffnungstage nicht als sachwidrig eingeschätzt, weil in einem Bordellbetrieb eine Vielzahl von Prostituierten ihrer Tätigkeit nachgehen würden und auch an Feiertagen "gearbeitet" würde.

4. Auch soweit die Kläger mit ihrem Vortrag, das FG habe die Rechtsprechung des BFH zur Zulässigkeit von Schätzungen bei vorhandener Buchhaltung verkannt, die Divergenz des FG-Urteils zur Rechtsprechung des BFH rügen wollten, entspricht ihr Vorbringen nicht den Vorgaben des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Sie haben es versäumt, tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten (genau --mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle-- bezeichneten) Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484).

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