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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.08.2006
Aktenzeichen: X B 169/05
Rechtsgebiete: FGO, UStG, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 6
UStG § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5
AO 1977 § 140
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (1985 und 1986) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Die Klägerin unterhielt in den Streitjahren einen Friseurbetrieb, dessen Gewinn sie nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Des Weiteren erzielten die Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Ihre Einnahmen aus dem Friseurbetrieb zeichnete die Klägerin seit 1958 bis einschließlich 1986 in einem Notizbuch getrennt nach "Kabinett" und "Verkauf" auf. Für die Jahre ab 1964 notierte sie ferner die Monats- und Tagessummen. In einem weiteren Notizbuch verzeichnete sie ab 1981 bis Ende 1986 die Tageseinnahmen sowie zum großen Teil die Kundennamen. Sonstige Aufzeichnungen, insbesondere ihrer (Betriebs-)Ausgaben, fertigte die Klägerin nicht an. Entsprechende Belege wurden nicht aufbewahrt. Nach diesen Aufzeichnungen fielen in den Streitjahren folgende Betriebseinnahmen an:

 1985 
Einnahmen "Kabinett"21 160 DM
Einnahmen "Verkauf" 1 194 DM
Summe22 354 DM

 1986 
Einnahmen "Kabinett"19 043 DM
Einnahmen "Verkauf" 1 224 DM
Summe20 267 DM

In ihren Einkommensteuererklärungen deklarierten die Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1985 in Höhe von 1 130 DM und für 1986 in Höhe von 586 DM.

Im Rahmen einer bei den Klägern in den Jahren 1987 bis 1989 durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stellten die Prüfer u.a. fest, dass die Klägerin ihre Einkünfte aus dem Friseurbetrieb nicht vollständig erklärt hatte. Die Prüfer gingen davon aus, dass die Klägerin Betriebseinnahmen in Höhe der aus ihren Notizbüchern ersichtlichen Beträge (s. oben) erzielt habe und schätzten die Betriebsausgaben in Höhe von jeweils 26 v.H. dieser Betriebseinnahmen, d.h. mit 5 812 DM (für 1985) und 5 269 DM (für 1986).

Die so geschätzten Betriebsausgaben sollten ausweislich des Prüfungsberichts sämtliche Kosten für "Energie, Gebäude, Material sowie für Verbrauchs- und Einrichtungsgegenstände" enthalten.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) schloss sich den Feststellungen der Fahndungsprüfer an und erließ am 30. Juni 1988 entsprechende Einkommensteueränderungsbescheide für 1985 und 1986.

Mit ihrer dagegen nach insoweit erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage begehrten die Kläger u.a. die Herabsetzung der gewerblichen Gewinne auf jeweils 0 DM. Sie trugen vor, in den Streitjahren seien im Friseurbetrieb der Klägerin drei Aushilfskräfte beschäftigt worden und Personalaufwendungen in Höhe von jährlich 15 600 DM zu berücksichtigen. Außerdem seien monatliche Mietzahlungen in Höhe von 350 DM (also pro Streitjahr 4 200 DM) als Betriebsausgaben anzusetzen. Dass ursprünglich nur eine Miete von 80 DM pro Monat angegeben worden sei, hänge damit zusammen, dass aufgrund zu gering erklärter Umsätze auch die Betriebsausgaben nicht oder --wie im Fall der Miete-- in zu geringer Höhe geltend gemacht worden seien.

Während des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) erließ das FA am 22. Juli 2005 erneute Einkommensteueränderungsbescheide, in denen es --bei unverändert gelassenen Betriebseinnahmen-- zusätzlich zu den bisher mit 26 v.H. der Betriebseinnahmen geschätzten Betriebsausgaben Personalkosten in Höhe von jeweils 5 500 DM jährlich anerkannte.

In dem in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom Prozessbevollmächtigten der Kläger (= Sohn der Kläger) übergebenen Schriftsatz vom 15. August 2005 beantragten die Kläger u.a., bezüglich der Höhe des in den Streitjahren angefallenen Personalaufwands die drei als Friseurinnen beschäftigten Aushilfskräfte Frau A, Frau B und Frau C sowie die als Putzhilfe tätige Frau D zu vernehmen. Zur Höhe des Mietaufwands beantragten sie, ihren Sohn und Prozessbevollmächtigten als Zeugen zu hören.

Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung am 15. August 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger die im Schriftsatz vom selben Tag gestellten Beweisanträge wiederholt. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende des FG-Senats den Beschluss, dass eine Entscheidung den Beteiligten zugestellt werde.

Das FG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt: Bei der dem Grunde und der Höhe nach berechtigten Schätzung der Gewinne sei zu berücksichtigen, dass die Kläger über viele Jahre bewusst unrichtige Steuererklärungen abgegeben hätten. Die Schätzungen hätten sich an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren dürfen. Zwar müsse auch bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen die Schätzung so erfolgen, dass für ihre Richtigkeit die größte Wahrscheinlichkeit spreche. Aufgrund des vorangegangenen Verhaltens der Kläger kennzeichne sich der Streitfall jedoch in besonderem Maße durch eine Verminderung der Sachaufklärungspflicht und des Beweismaßes. Die Besteuerungsgrundlagen müssten nach dem für die Kläger ungünstigsten, aber noch möglichen Sachverhalt festgestellt werden.

Die Klägerin habe ihre vereinnahmten Entgelte nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) einzeln aufzeichnen müssen. Diese Verpflichtung gelte über den Wortlaut des § 140 der Abgabenordnung (AO 1977) hinaus unmittelbar für alle Besteuerungszwecke. Eine solche einzelne Aufzeichnung der Betriebseinnahmen habe die Klägerin indessen nicht vorgenommen. Auch habe sie die Betriebsausgaben nicht aufgezeichnet und etwaige Belege nicht vorlegen können.

Das Gericht halte die vom FA vorgenommene Schätzung der gewerblichen Gewinne für angemessen. Es folge nicht der Ansicht der Kläger, dass im Rahmen der Schätzung einzelne Aufwandspositionen, insbesondere Personal- und Mietkosten, durch das Gericht nachträglich dem Grunde und der Höhe nach zu ermitteln seien. Einer Beweisaufnahme --namentlich vor allem durch Einvernahme der genannten Zeugen-- bedürfe es hierzu nicht. Denn auch bei der Unterstellung der Richtigkeit des behaupteten Personalaufwands würden sich die zu schätzenden jährlichen Gewinne nicht verringern. Zu Gunsten der Kläger sei das FA davon ausgegangen, dass für Zwecke der Gewinnberechnung die von der Klägerin in ihrem Notizbuch erfassten Umsätze zugrunde gelegt werden könnten. Dies sei jedoch keinesfalls zwingend, da die Klägerin ihre gesetzlichen Aufzeichnungspflichten verletzt habe. Unterstellte man zu Gunsten der Klägerin den Anfall weiterer Personalkosten in der von ihr behaupteten Höhe, so müssten wegen des erhöhten "Fertigungslohneinsatzes" auch die Umsätze entsprechend erhöht werden.

Eine Wiederholung der Vernehmung der bereits von der Steuerfahndung einvernommenen Zeuginnen A, B und C und auch der Zeugin D halte das Gericht für nicht erforderlich, zumal die Streitjahre nunmehr bereits 20 Jahre zurücklägen und --wegen des erfahrungsgemäß nachlassenden Erinnerungsvermögens von Zeugen-- eine zuverlässige Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr zu erwarten sei.

Gleiches gelte für die Beweisaufnahme zu den von den Klägern geltend gemachten Mietaufwendungen. Selbst wenn sich im Rahmen einer Beweisaufnahme herausstellen würde, dass ein Mietvertrag zwischen den Klägern und ihren Eltern geschlossen worden sei, bestünden Bedenken, ob dieser Vertrag steuerrechtlich anzuerkennen wäre, da auch in der mündlichen Verhandlung am 15. August 2005 ein schriftlicher Mietvertrag oder Nebenkostenabrechnungen nicht vorgelegt worden seien. Aber auch wenn ein anzuerkennendes Mietverhältnis vorläge, hätte dies nach Auffassung des Gerichts keine Auswirkungen auf die Höhe des Gewinns, da auch in diesem Fall zwingend weitere Einnahmenzuschätzungen vorzunehmen wären, so dass der vom Gericht zu schätzende Gewinn unverändert bliebe.

Mit ihrer wegen Nichtzulassung der Revision erhobenen Beschwerde machen die Kläger u.a. geltend, dass das FG ihr Recht auf Gehör (§ 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verletzt habe. Erstmals und ohne vorherigen richterlichen Hinweis habe das FG in der schriftlichen Urteilsausfertigung die Ansicht vertreten, dass nicht nur die Betriebsausgaben, sondern auch die Betriebseinnahmen aus dem Friseurbetrieb zu schätzen seien. Dies sei überraschend geschehen. Zwischen den Beteiligten habe hinsichtlich der Höhe der Betriebseinnahmen in allen Jahren seit 1988 Konsens bestanden. Dies sei dem FG bei der Urteilsfindung auch bewusst gewesen, weil es in dem angefochtenen Urteil (auf S. 9, Mitte) heiße, dass "zugunsten der Kläger ... der Beklagte davon ausgegangen (sei), dass für Zwecke der Gewinnberechnung die von der Klägerin in ihrem Notizbuch erfassten Umsätze zugrunde gelegt werden".

Im Verfahren vor dem FG hätten sie (die Kläger) sich zu dieser Frage nicht mehr äußern können, da ihnen "die geänderte Rechtsauffassung des Gerichts ... erst durch die schriftliche Urteilsausfertigung bekannt (geworden sei)".

Das FG habe im angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Klägerin ihre vereinnahmten Entgelte nicht einzeln aufgezeichnet habe und infolgedessen § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 UStG verletzt sei. Bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs hätte der Prozessbevollmächtigte das FG darauf hingewiesen, dass es diesbezüglich von einer unzutreffenden Annahme ausgehe. Denn die Klägerin habe ihre Einnahmen einzeln aufgezeichnet. Wenn es in Tz. 14 des Steuerfahndungsberichts vom 7. Juli 1989 heiße, in "dem sichergestellten dunkelbraunen Notizbuch (seien) ab 1981 bis Ende 1986 die Tageseinnahmen --zum großen Teil mit den Kundennamen-- notiert (worden)", so könnten mit dem Begriff "Tageseinnahmen" nur die Einzelumsätze gemeint sein, weil es keinen Sinn machen würde, Kundennamen neben Tagessummen zu schreiben. Die Kundennamen seien neben die dazugehörigen Einzelumsätze geschrieben worden.

Des Weiteren hätte der Prozessbevollmächtigte sich als Zeuge dafür benannt, dass die Klägerin ihre Einzelumsätze aufgezeichnet habe und diese Aufzeichnungen den Mitarbeitern der Steuerfahndung seinerzeit auch vorgelegen hätten. Hierfür hätte der Prozessbevollmächtigte ferner die Mitarbeiter der Steuerfahndung, die damals den Bericht angefertigt hätten, als Zeugen benannt. Diese hätten keine Probleme gehabt, aus "diesen Unterlagen (...) --ohne Zuschätzungsbeträge, auf die wegen der Sorgfalt der Anschreibungen verzichtet werden konnte-- die Umsatzzahlen (zu) ermitteln" (Tz. 14 des Steuerfahndungsberichts vom 7. Juli 1989).

Es sei nicht auszuschließen, dass das FG nach diesen Erläuterungen und Beweisanträgen zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 UStG erfüllt seien und eine von den Notizen der Klägerin nach oben abweichende Schätzung der Betriebseinnahmen nicht in Betracht komme mit der Folge, dass ein für die Kläger günstigeres Urteil ergangen wäre.

Soweit das FG in seinem Urteil ausgeführt habe, es "müssten wegen des erhöhten Fertigungslohneinsatzes auch die Umsätze entsprechend erhöht werden", handele es sich ebenfalls um einen neuen Gesichtspunkt. Folglich habe das FG den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör auch dadurch verletzt, dass es die beantragten Beweise nicht erhoben habe. Was speziell die beantragte Vernehmung der ehemaligen Mitarbeiterinnen der Klägerin betreffe, habe das FG in der schriftlichen Urteilsausfertigung die Auffassung vertreten, dass das nachlassende Erinnerungsvermögen der Zeuginnen eine zuverlässige Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr erwarten lasse. Auch diese Bedenken seien vom FG in der mündlichen Verhandlung bzw. zu einem vorherigen Zeitpunkt nicht geäußert worden.

Wären dem Prozessbevollmächtigten diese Bedenken seitens des Gerichts bekannt gewesen, hätte er das FG darauf hingewiesen, dass die Zeuginnen mehrfach die Gelegenheit gehabt hätten, ihr Erinnerungsvermögen aufzufrischen, und zwar durch diverse Vernehmungen durch die Steuerfahndung, das FA und durch das Strafgericht. Im Übrigen sei dem Prozessbevollmächtigten "positiv bekannt", dass sich die Zeuginnen auch heute noch an ihre damaligen Beschäftigungsverhältnisse erinnern könnten.

Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Vorinstanz aufgrund dieser Mitteilungen des Prozessbevollmächtigten doch dazu entschlossen hätte, den Zeugenbeweis zu erheben und letztlich eine für die Kläger günstigere Entscheidung herausgekommen wäre. In diesem Zusammenhang sei schwer nachvollziehbar, warum das FG zur Frage der Personalaufwendungen nicht zumindest den Urkundenbeweis erhoben habe. "Das Erinnerungsvermögen" von Akten (schwinde) bekanntlich nicht.

II. Die Beschwerde der Kläger ist zulässig und begründet. Die Kläger haben schlüssig das Vorliegen eines Verfahrensfehlers i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, namentlich in Gestalt der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--; § 96 Abs. 2 FGO), gerügt. Der gerügte Verfahrensmangel liegt überdies tatsächlich vor. Das angefochtene Urteil wird deshalb gemäß § 116 Abs. 6 FGO aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

1. Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO verpflichten das Gericht insbesondere dazu, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen sowie seine Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu stützen, zu denen die Prozessbeteiligten sich äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. die Nachweise in Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10 a).

Ein absoluter Revisionsgrund i.S. von § 119 Nr. 3 FGO und damit zugleich ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt vor, wenn das angefochtene Urteil ohne vorherigen Hinweis des Gerichts auf tatsächliche und/oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt wird, die weder im Besteuerungsverfahren noch im außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren mit den Beteiligten erörtert wurden und die auch nicht nahe liegen (Verbot von "Überraschungsentscheidungen"; vgl. z.B. die Nachweise aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Gräber/ Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10 a).

Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Schlüssig und tatsächlich zutreffend rügen die Kläger, dass die Beteiligten sowohl im Verwaltungsverfahren einschließlich des Einspruchsverfahrens als auch im FG-Verfahren bis zum Ende der mündlichen Verhandlung übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die im Friseurgeschäft der Klägerin in den Streitjahren erzielten Betriebseinnahmen auf der Grundlage der im Zuge der Steuerfahndungsprüfung vorgefundenen Notizbücher der Klägerin von den Fahndungsprüfern und --ihnen folgend-- vom FA in den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheiden in zutreffender Höhe geschätzt wurden. Auch hat das FG die Beteiligten --ausweislich der dem angerufenen Senat vorliegenden FG-Akten-- zu keiner Zeit, d.h. weder in der mündlichen Verhandlung noch davor, darauf hingewiesen, dass es die Höhe der von den Fahndungsprüfern und dem FA ihren Schätzungen zugrunde gelegten Betriebseinnahmen jedenfalls für den Fall als zu niedrig ansehe, dass zusätzliche Betriebsausgaben in Gestalt von Personal- und Mietaufwand anzuerkennen sein sollten. Die dahin gehenden Erwägungen des FG wurden den Prozessbeteiligten erst mit der Zustellung des schriftlich abgefassten Urteils bekannt mit der Folge, dass sie hiervon "überrascht" wurden.

Die Kläger haben darüber hinaus --wie im vorliegenden Fall für eine schlüssige Gehörsrüge geboten (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--)-- substantiiert dargelegt, was sie bei dem gehörigen Hinweis des Gerichts auf die von ihm vertretene Auffassung zur Höhe der Betriebseinnahmen vorgetragen hätten und dass dies die Entscheidung des FG zu ihren Gunsten hätte beeinflussen können. Die Kläger haben hierzu namentlich vorgetragen, dass sie der Annahme des FG, die Klägerin habe ihre vereinnahmten Entgelte entgegen dem Gebot des § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 UStG nicht einzeln aufgezeichnet, mit dem durch Anträge auf Vernehmung des Sohnes und Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie der Steuerfahndungsprüfer als Zeugen und Heranziehung des Steuerfahndungsberichts unter Beweis gestellten Vortrag widersprochen hätten, dass die durch die Fahndungsprüfer ausgewerteten Notizbücher in Bezug auf die Streitjahre sehr wohl den Anforderungen des § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG an eine einzelne Aufzeichnung der Betriebseinnahmen genügt hätten.

Zutreffend haben die Kläger darauf hingewiesen, dass die entsprechende Erhebung dieser Zeugen- und Urkundenbeweise zu einer anderen Beurteilung des Streitfalls hätte führen können.

2. Der beschließende Senat verfährt nach § 116 Abs. 6 FGO. Das angefochtene FG-Urteil wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

3. Aus verfahrensökonomischen Gründen weist der Senat für das Verfahren im zweiten Rechtsgang --ohne Anspruch auf Vollständigkeit-- auf Folgendes hin:

Das FG wird von der Erhebung der von den Klägern in Bezug auf die als Betriebsausgaben geltend gemachten Personal- und Mietaufwendungen angetretenen Zeugen- und Urkundenbeweise nicht wie bisher mit der pauschalen und unsubstantiierten Erwägung absehen dürfen, dass im Falle der Anerkennung der begehrten Betriebsausgaben die Betriebseinnahmen entsprechend höher zu veranschlagen seien. Eine solche Vorgehensweise ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn sich nach einer weiteren Sachaufklärung, namentlich insbesondere nach Erhebung der von den Klägern in Bezug auf die Einnahmenseite angebotenen Beweise ergibt, dass die von der Klägerin in ihren ("schwarzen") Notizbüchern aufgezeichneten und von den Fahndungsprüfern und dem FA bislang als vollständig der Besteuerung zugrunde gelegten Umsätze hinter den tatsächlich erzielten Betriebseinnahmen in einem Ausmaß zurückblieben, dass die von den Klägern erstrebte Erhöhung der Betriebsausgaben erreicht oder sogar übersteigt. Von der Vernehmung der von den Klägern hinsichtlich der Höhe des Personalaufwands benannten vier Aushilfskräfte als Zeuginnen kann überdies nicht allein mit der im angefochtenen Urteil angeführten Erwägung abgesehen werden, "dass die Streitjahre nunmehr 20 Jahre zurück (lägen) und ... wegen des erfahrungsgemäß nachlassenden Erinnerungsvermögens von Zeugen eine zuverlässige Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr zu erwarten (sei)". Denn dies liefe auf eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus (zu diesem Verfahrensmangel vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 80, m.w.N.). Die Kläger haben in diesem Zusammenhang in ihrer Beschwerdebegründung ausgeführt, "dass die Zeugen mehrfach die Gelegenheit hatten, ihr Erinnerungsvermögen aufzufrischen, und zwar durch diverse Zeugenvernehmungen (durch Mitarbeiter der Steuerfahndung ... bzw. des Beklagten ... und auch durch das Amtsgericht ... in der Strafsache der Klägerin). Die Zeugen (hätten) bei diesen Gelegenheiten ihre Beschäftigungsverhältnisse mit der Klägerin bestätigt". Ferner hätte der Prozessbevollmächtigte und Sohn der Kläger das FG auf seine Kenntnis darüber hingewiesen, dass sich die "Zeuginnen ... auch heute noch an ihre damaligen Beschäftigungsverhältnisse erinnern (könnten)".



Ende der Entscheidung

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