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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.03.2007
Aktenzeichen: X B 171/06
Rechtsgebiete: FGO, EStG
Vorschriften:
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 76 Abs. 1 Satz 2 | |
FGO § 76 Abs. 1 Satz 3 | |
FGO § 76 Abs. 1 Satz 4 | |
EStG § 10e | |
EStG § 10e Abs. 1 Satz 2 | |
EStG § 10e Abs. 2 |
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat seine Sachaufklärungspflicht nicht verletzt.
1. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen und ist dabei weder an das Vorbringen noch an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Allerdings ist die Sachaufklärungspflicht des FG eingeschränkt, wenn ein Beteiligter seine prozessuale Mitwirkungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 FGO verletzt hat, z.B. weil er seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts nicht nachkommt, die umso größer ist, je mehr Tatsachen und Beweismittel der von ihm beherrschten Informations- und Tätigkeitssphäre angehören (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/99, BFH/NV 2001, 789, jeweils m.w.N.).
Im Streitfall hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) bereits in der Klageerwiderung vom 13. Oktober 2005 darauf hingewiesen, dass der Begünstigungszeitraum nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Falle des Erwerbs einer Wohnung mit dem Jahr der Anschaffung beginnt und der Kläger die geförderte Wohnung im Jahr 1994 angeschafft hat. Der Begünstigungszeitraum von acht Jahren habe damit Ende 2001 geendet. Unter Bezugnahme auf die Senatsentscheidung vom 24. Januar 2001 X R 60/97 (BFHE 195, 128, BStBl II 2001, 445) hat das FA weiter ausgeführt, dass sich der Abzugszeitraum wegen fehlender Eigennutzung im Jahr 1994 um ein Jahr verkürzt habe. Es wäre Sache des sachkundig vertretenen Klägers gewesen, als Reaktion auf diese Auffassung des FA und unter Berücksichtigung seiner Feststellungslast dem FG nicht nur eine Auflistung der von ihm durchgeführten wesentlichen Arbeiten am Haus vorzulegen, sondern --unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien-- vorzutragen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Neuherstellung gegeben sind. Nur ihm war bekannt, welche Baumaßnahmen durchgeführt worden sind und wer die Durchführung dieser Arbeiten bezeugen kann.
2. Im Übrigen bedeutet Herstellen einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 (EStG) nach der Rechtsprechung des Senats das Herstellen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 15. Mai 2002 X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158, m.w.N.). Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude sind deshalb nur dann als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG zu beurteilen, wenn sie einem Neubau gleichkommen, d.h. das Gebäude muss bautechnisch neu sein.
Hierfür genügt es nicht, dass die Aufwendungen für die Instandsetzung, die Renovierung und ggf. Modernisierung des Gebäudes in ihrer Gesamtheit über die zeitgemäße substanzerhaltende Bestandteilerneuerung hinaus den Gebrauchswert des Hauses insgesamt erhöhen. Eine Neuherstellung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der "Generalüberholung" angenommen werden. Dieser Begriff hat nach der neueren Rechtsprechung des BFH keine eigenständige steuerrechtliche Bedeutung, sondern umschreibt lediglich in tatsächlicher Hinsicht den Vorgang umfangreicher Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten (BFH-Urteile vom 9. Mai 1995 IX R 116/92, BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, unter I. 4. a; vom 17. Dezember 1997 X R 54/96, BFH/NV 1998, 841, m.w.N.).
Nur wenn ein Gebäude infolge Abnutzung unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), wird durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Wirtschaftsgut hergestellt. Unbrauchbar im Sinne eines Vollverschleißes ist nach dem Senatsurteil in BFH/NV 1998, 841 (m.w.N.) ein Gebäude nur bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen, indes nicht schon dann, wenn es beispielsweise deshalb nicht bewohnbar ist, weil es wegen Abnutzung und Verwahrlosung zeitgemäßen Wohnvorstellungen nicht mehr entspricht. Die Umgestaltung des umbauten Raums oder die grundlegende Sanierung reicht nicht aus. Vielmehr müssen die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge geben. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind wie z.B. Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschossdecken und die Dachkonstruktion. Die Altbausubstanz muss so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert worden sein, dass die neu eingefügten Gebäudeteile der entstandenen Wohnung das Gepräge geben und die verwendeten Altteile wertmäßig untergeordnet erscheinen (BFH-Urteile vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92, und vom 11. September 1996 X R 46/93, BFHE 181, 294, BStBl II 1998, 94). Das kann angenommen werden, wenn der angefallene Bauaufwand zuzüglich des Wertes der Eigenleistungen nach überschlägiger Berechnung den Wert der Altbausubstanz (Verkehrswert) übersteigt. Bei diesem Vergleich müssen nach der Rechtsprechung des Senats jedoch typische Erhaltungsaufwendungen außer Betracht bleiben. Nur Aufwendungen, durch welche die verwendete Bausubstanz so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, dass die eingefügten Teile der Wohnung das Gepräge geben, sind dem Wert der Altbausubstanz gegenüberzustellen. Aufwendungen wie z.B. für die Erneuerung von Bodenbelägen, Fenstern und Türen, die Modernisierung der Heizung, die Überholung und Erweiterung der Elektroinstallation, die Badsanierung, Neueindeckung des Daches und der Außenputz müssen deshalb außer Betracht bleiben.
Nach diesen Maßstäben hat der Kläger auch dann keine Wohnung i.S. von § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt, sondern sie lediglich i.S. des § 10e Abs. 2 EStG ausgebaut, wenn sein Vorbringen in der Beschwerdebegründung als zutreffend unterstellt wird. Danach hat er von den Gebäudeteilen, die dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge geben, nur Teile der Dachkonstruktion, nicht aber Fundamente, Geschossdecken sowie tragende Außen- und Innenwände erneuert. Der dadurch verursachte Bauaufwand blieb nach überschlägiger Berechnung weit hinter dem vom Kläger angesetzten Wert der Altbausubstanz zurück.
Eine Förderung nach § 10e Abs. 2 EStG scheidet --wie das FG zu Recht erkannt hat-- wegen Objektverbrauchs aus.
Ende der Entscheidung
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