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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: X B 173/04
Rechtsgebiete: EStG, ZPO


Vorschriften:

FGO § 94
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 160 Abs. 4
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 7g Abs. 1
ZPO § 159 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 159 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 164
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie erfüllt nicht die Anforderungen, die § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde stellt.

1. Wird --wie im Streitfall-- die nicht genügende Sachaufklärung, insbesondere die Nichterhebung von Beweisen gerügt, sind die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen genau zu bezeichnen. Ferner ist darzulegen, inwiefern die unterlassene Beweisaufnahme zu der sachlich-rechtlichen Auffassung des Finanzgerichts (FG) geführt hat. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sowohl zur Streitfrage der Anerkennung von Zinszahlungen aufgrund eines Ehegattendarlehens als Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wie zum Umfang der privaten Nutzung eines PKWs, für den sie eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG begehrt, nicht gerecht.

a) Die bloße Behauptung der Klägerin, sie habe in der mündlichen Verhandlung entsprechende Beweisanträge gestellt, reicht nicht aus, wenn sich dies nicht aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Der mit dem Begründungszwang bezweckte Entlastungseffekt verbietet es, dem Revisionsgericht in diesen Fällen die Klärung der Tatfrage aufzubürden, ob ein Beweisantrag gestellt wurde.

b) Weil die unzureichende Sachaufklärung zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln gehört, verlangt eine hierauf gerichtete schlüssige Rüge des Weiteren die Darlegung, dass das Übergehen der Beweisanträge schon vor dem FG gerügt wurde oder dass und warum dies nicht möglich war (s. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125, 1126; Senatsbeschluss vom 2. April 2002 X B 56/01, BFH/NV 2002, 947). In dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ist keine diesbezügliche Rüge enthalten; eine entsprechende Ergänzung im Wege der Protokollberichtigung (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 der Zivilprozessordnung --ZPO--) hat die Klägerin nicht beantragt.

c) Hat ein Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG einen Beweisantrag gestellt, der nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen wurde, hat er die Möglichkeit, gemäß § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 ZPO die Aufnahme seines Beweisantrages in das Protokoll noch während der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Sieht das Gericht von der Aufnahme des Beweisantrages in das Protokoll ab, so hat das FG diesen Beschluss in das Protokoll aufzunehmen (§ 160 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 ZPO). Für diesen Fall reicht es für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde aus, diesen Vorgang mitzuteilen und auf den entsprechenden Beschluss im Sitzungsprotokoll zu verweisen. Hat das FG hingegen auch den Beschluss, einen Beweisantrag nicht in das Protokoll aufzunehmen, nicht protokolliert, hat der Kläger auch noch nach der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, gemäß § 164 ZPO die Berichtigung des Protokolls zu beantragen. Dass die Klägerin von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist mit der Beschwerdebegründung vorzutragen (vgl. zum Ganzen BFH-Beschluss vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562). Einen solchen Vortrag hat sie unterlassen.

d) Die Klägerin kann die unterlassene Darlegung nicht mit dem Vorbringen erklären, es sei kein Protokoll über die mündliche Verhandlung gefertigt worden. Sie folgert dies aus der Tatsache, dass weder ein Protokollführer/eine Protokollführerin bestellt gewesen noch ihr das Protokoll zugestellt worden sei. Nach § 94 FGO i.V.m. § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann von der Zuziehung eines Protokollführers abgesehen werden; das Protokoll kann also auch von einem Richter --hier der Vorsitzenden Richterin-- geführt werden. Das Protokoll wird im Allgemeinen nur auf Verlangen den Prozessbeteiligten zugesandt.

Das Vorbringen der Klägerin steht zudem in Widerspruch zu dem Inhalt der FG-Akte. Danach ist die in § 159 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 94 FGO geregelte Pflicht zur Protokollaufnahme im Streitfall durch die Protokollführung der Vorsitzenden Richterin am FG erfüllt worden.

2. Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) --wie hier-- zusätzlich mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390; Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332, und vom 9. März 2004 X B 68/03, BFH/NV 2004, 1112). Dies hat die Klägerin unterlassen.

Auch insoweit muss der Beschwerdeführer darlegen, dass er die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich war (BFH-Beschluss vom 26. September 1996 V B 39/96, BFH/NV 1997, 352, m.w.N.). Ausführungen dieser Art sind für die Rüge mangelnder Sachaufklärung erforderlich, weil die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr im Rechtsmittelverfahren gerügt werden kann, wenn der Beteiligte sie vor dem Tatsachengericht nicht beanstandet hat, obwohl er dazu Gelegenheit hatte und ihm der behauptete Mangel bekannt war oder bekannt sein musste (BFH-Beschluss in BFH/NV 1997, 352, m.w.N.). Auch diesen Anforderungen wird die Begründung der Beschwerde nicht gerecht.

3. Die Klägerin rügt auch die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO).

a) Soweit sie zur Begründung dieser Rüge ausführt, das FG habe eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Abgabe eidesstattlicher Versicherungen von der Zustimmung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) abhängig gemacht, könnte diesem Vorbringen --wenn überhaupt-- nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des FG im Urteil oder in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung feststellen ließen. Das ist jedoch nicht der Fall.

b) Soweit die Klägerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sehen sollte, dass das FG sich mit ihrem Vortrag nicht befasst hat, eine über 10 % hinausgehende private Nutzung des im Oktober 1997 angeschafften und im Dezember 1997 zugelassenen PKWs sei gar nicht möglich gewesen, lässt sie außer Acht, dass das FG ein Vorbringen außer Betracht lassen kann, das nach seiner Rechtsauffassung unerheblich ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Anm. 10a). Weil das FG den Standpunkt vertritt, das Fehlen einer schädlichen privaten Nutzung könne ausschließlich durch ein Fahrtenbuch nachgewiesen werden, kam es für seine Entscheidung auf die von der Klägerin angeführten anderen Möglichkeiten, den Nachweis zu führen, nicht an.

4. Letztlich zeigt die Beschwerdebegründung, dass die Klägerin dem FG eine fehlerhafte materiell-rechtliche Würdigung vorhält. Damit lässt sich jedoch eine auf Verfahrensfehler gestützte Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen.

Ende der Entscheidung

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