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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: X B 184/05
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 80 Abs. 1 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) sowie von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise begründet.

1. Zur rechtlichen Beurteilung der Verkäufe von Ikonen hat der Kläger u.a. vorgetragen: Diese hätten den Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten. Da er Ikonen lediglich an bekannte Adressen "abverkauft" habe, entfalle das Kriterium der Umschichtung. Mit dem einvernehmlichen Abschluss der früheren Prüfung durch die Steuerfahndung sei "seine Vergangenheit" abgeschlossen worden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) selbst habe ihn zum Abverkauf gezwungen, um die seinerzeit akzeptierten Steuerschulden zu tilgen. Hieraus ergebe sich für das FA eine Bindung aus Treu und Glauben. Ein Einkauf von Ikonen sei nicht nachgewiesen worden. Es fehle daher für den hier fraglichen Zeitraum an einem marktmäßigen Umschlag von Waren und damit an der Händlereigenschaft. Der fehlende Nachweis eines Einkaufs habe im Strafverfahren zum Freispruch geführt. Da lediglich ein Abverkauf vorliege, fehle es auch an einer Gewinnerzielungsabsicht. Das Finanzgericht (FG) habe die Rechtsgrundsätze der BFH-Urteile vom 20. Dezember 2000 X R 1/97 (BFHE 194, 198, BStBl II 2001, 706) und vom 20. Dezember 2000 X R 67/98 (BFH/NV 2001, 1015) nicht angewendet, die sogar einen Zukauf erlaubten. Das FG sei von beiden Urteilen abgewichen.

Mit diesem Vortrag ist ein Zulassungsgrund nicht dargelegt. Wird --wie hier-- eine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von einer Entscheidung des BFH gerügt, so muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 42). Diesen Anforderungen wird die Divergenzrüge des Klägers nicht gerecht.

Aus den gleichen Erwägungen kommt eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer BFH-Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der "Grundsatzrevision" vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes reicht der Vortrag nicht aus, das FG habe im konkreten Einzelfall unrichtig entschieden und dabei ggf. eine vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung übersehen oder fehlerhaft umgesetzt (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2004 X B 174/03, juris; vom 30. Mai 2005 X B 149/04, BFH/NV 2005, 1618, jeweils m.w.N. der Rechtsprechung).

Der Kläger wendet sich im Kern gegen die Feststellungen des FG, er habe durch den Ankauf und die Veräußerung einen Handel mit Ikonen betrieben. Indes hat sich die Vorinstanz ausführlich mit den Erfordernissen eines gewerblichen "Handels" befasst. Es hat einen "händlertypischen laufenden Zukauf und Verkauf von Ikonen" festgestellt und ausgeführt, mit den hier angegriffenen Steuerbescheiden habe das FA nur Erträge erfasst, "die aus Ikonenverkäufen herrühren, die nach der ersten Fahndungsprüfung . . . getätigt worden" seien. Im Übrigen habe der Kläger, so das FG, "bereits seit Jahrzehnten" als gewerblicher Ikonenhändler eine für einen Sammler untypische Umschlagshäufigkeit praktiziert.

Diese tatsächlichen Feststellungen des FG sind möglich; sie brauchen nicht zwingend zu sein. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Erhebung der Tatsachen und deren Würdigung verfahrensfehlerhaft gewesen seien. Sie sind daher in einem Revisionsverfahren für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. Dass das FG nicht den Kläger persönlich zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen hat, stellt keinen Verfahrensfehler dar. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO "kann" das Gericht das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen; die Entscheidung hierüber steht in seinem Ermessen. Ein Beteiligter hat keinen Anspruch darauf, dass sein persönliches Erscheinen angeordnet wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 2001 VII B 244/00, juris; vom 23. März 2005 VI B 102/04, BFH/NV 2005, 1224).

3. Auch die Rüge, die vom Prozessvertreter benannten Zeugen seien nicht vernommen worden, hat keinen Erfolg. Insoweit hat der Kläger auf sein Rügerecht verzichtet.

Zwar kann die Nichterhebung eines angebotenen Beweises eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) und der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO begründen. Wird indes die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, auf deren Beachtung ein Beteiligter gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung (ZPO) verzichten kann, muss der Beschwerdeführer vortragen, dass er den Verstoß in der mündlichen Verhandlung gerügt hat bzw. aus welchen Gründen er an einer solchen Rüge gehindert gewesen ist. Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört die Verletzung der Sachaufklärungspflicht und des Rechts auf Gehör durch das Übergehen eines Beweisantrags (BFH-Beschluss vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 101 und § 119 Rz 12, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Ein endgültiger Rügeverlust tritt auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge ein. Ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich.

4. Der Vortrag, der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag sei nicht protokolliert worden, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Behauptet der Beschwerdeführer, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung dadurch verletzt, dass es Beweisanträge übergangen habe, ohne dass die Anträge protokolliert worden seien, so muss er in der Beschwerdebegründung darlegen, dass er die Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung beantragt hat (s. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 30. Juni 2005 X B 173/04, BFH/NV 2005, 1850). An einer solchen Darlegung fehlt es hier.

5. Zur rechtlichen Beurteilung der Immobilienverkäufe trägt der Kläger vor: Diese seien bereits Anlass für die erste Fahndungsprüfung gewesen. Die damalige Schlussbesprechung habe hierzu keinerlei Feststellungen ergeben. Seither hätten sich keine Änderungen ergeben. Demgegenüber führe das FG aus, dass schon zum damaligen Zeitpunkt der Tatbestand des gewerblichen Grundstückshandels verwirklicht worden sei. Heute könne jedenfalls für die Vergangenheit keine abweichende Feststellung getroffen werden. Er werde durch die Art der Gewinnermittlung benachteiligt, da er mangels Verpflichtung zur Aufbewahrung nunmehr keine Belege vorlegen könne. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da das FG den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung nicht beachtet habe. Ferner sei das FG von den BFH-Entscheidungen vom 2. August 2004 IX B 41/04 (BFH/NV 2005, 68) und vom 21. Oktober 1992 X R 99/88 (BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289) abgewichen. Hiernach bestehe Vertrauensschutz auch außerhalb einer ausdrücklich erteilten Zusage. Auf seine eigene Nachfrage beim FA (Bezugnahme auf S. 24 Nr. 5 der Klageschrift) sei ihm mitgeteilt worden, dass er lediglich Spekulationsfristen zu beachten habe.

Ein Zulassungsgrund wird damit nicht schlüssig dargelegt. Es ist nicht erkennbar, inwiefern Rechtsfragen des einkommensteuerrechtlichen Abschnittsprinzips rechtsgrundsätzlich und im Streitfall entscheidungserheblich sein könnten. Der Kläger wendet sich der Sache nach gegen die Feststellung des FG, dass hinsichtlich der Grundstücksgeschäfte weder eine tatsächliche Verständigung getroffen noch dass insoweit eine bindende Zusage gegeben worden sei.

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