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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: X B 190/03
Rechtsgebiete: FGO, BGB


Vorschriften:

FGO § 56 Abs. 2 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
BGB § 126 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.

a) Wird geltend gemacht, eine Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, dann muss ausführlich dargestellt werden, weshalb die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist. Ist die Frage bereits höchstrichterlich beantwortet, bedarf es Ausführungen dazu, welche neuen vom Bundesfinanzhof (BFH) noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung und Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht worden sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32 f., m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nicht. Ihre Ausführungen erschöpfen sich darin, unter Hinweis auf eine Kommentarstelle vorzutragen, die Rechtsprechung zum Schriftformerfordernis der Klageerhebung sei kasuistisch und zum Teil widersprüchlich. Die Klägerin setzt sich insbesondere nicht damit auseinander, dass der BFH auch nach Ergehen des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98 (Deutsches Steuerrecht 2000, 1362) in seinem Beschluss vom 10. Juli 2002 VII B 6/02 (BFH/NV 2002, 1597) daran festgehalten hat, dass eine Klage grundsätzlich eigenhändig unterzeichnet sein muss. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Unterzeichnung der Klageschrift den Anforderungen des § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entspricht, weil diese Vorschrift nur für das bürgerliche Recht gilt (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. April 1979 GmS-OGB 1/78, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 172). Lässt sich ein Kläger durch einen Bevollmächtigten vertreten, dann ist, wie der BFH mehrfach in anderem Zusammenhang entschieden hat, das Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift nicht gewahrt, wenn der Bevollmächtigte mit dem Namen des Klägers unterschreibt und die Bevollmächtigung nicht aus der Klageschrift oder aus dieser beigefügten Unterlagen ersichtlich ist (BFH-Urteile vom 7. November 1997 VI R 45/97, BFHE 184, 381, BStBl II 1998, 54, und vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313; vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. April 1996 9 S 1013/94, NJW 1996, 3162, zur vergleichbaren Situation im Verwaltungsprozess).

b) Die Klägerin hat auch nicht in ausreichender Weise dargetan, dass die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) von der Rechtsprechung des BFH abweicht und die Sicherung der Rechtseinheit deshalb eine Zulassung der Revision erfordert.

Hierzu wäre es erforderlich gewesen, die tragenden Rechtssätze der angefochtenen Entscheidung und --angeblicher-- Divergenzentscheidungen in einer Weise herauszuarbeiten und gegenüberzustellen, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42, m.w.N.). Die Klägerin hat insoweit lediglich aus den Leitsätzen von Entscheidungen zitiert oder deren Ergebnis wiedergegeben. Dies reicht zur Darlegung einer Divergenz nicht aus.

c) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass eine Abweichung des angefochtenen Urteils von den von der Klägerin angesprochenen BFH-Urteilen auch nicht vorliegt.

aa) Das BFH-Urteil vom 24. November 1971 I R 116/71 (BFHE 103, 408, BStBl II 1972, 95) befasst sich nicht mit der Unterzeichnung der Klageschrift unter fremdem Namen. Gegenstand war vielmehr die Frage, ob eine Klage zulässig ist, wenn diese unter dem Briefkopf des Bevollmächtigten erhoben wurde, aber die Unterschrift eines Angestellten des Bevollmächtigten trägt. Eine Divergenz liegt daher schon deshalb nicht vor, weil nicht über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden war.

bb) Das BFH-Urteil vom 10. März 1988 IV R 218/85 (BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731) bringt zum Ausdruck, dass die Schriftform einer Urkunde auch dann gewahrt ist, wenn sich der Name des Prozessbevollmächtigten zwar nicht aus der Klageschrift selbst, sondern aus einer hieran angehefteten Urkunde ergibt. Hiervon ist das FG nicht im Grundsätzlichen abgewichen. Es hat lediglich das Argument verworfen, aus der Angabe einer gemeinsamen Fax-Nummer der Klägerin und ihres Ehemanns auf der Klageschrift sei erkennbar gewesen, dass nicht die Klägerin selbst, sondern ihr Ehemann als Bevollmächtigter Klage erhoben hat. Es hat als maßgeblich angesehen, dass im Briefkopf der Klageschrift der vollständige Name der Klägerin, nicht aber der ihres Ehemanns angegeben worden ist.

cc) Eine Divergenz zu dem BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 31/01 (BFHE 198, 337, BStBl II 2003, 45) und zum BFH-Beschluss vom 29. November 1995 X B 56/95 (BFHE 179, 233, BStBl II 1996, 140) liegt ebenfalls nicht vor. Das FG hat nicht in Abrede gestellt, dass es grundsätzlich möglich ist, eine Klage mittels Fax einzureichen. Es hatte sich auch nicht mit der Frage zu befassen, ob die Unterzeichnung einer Klageschrift mit einer Paraphe dem Schriftformerfordernis genügt.

dd) Das FG ist auch nicht im Grundsätzlichen vom Senatsurteil vom 16. März 1999 X R 41/96 (BFHE 188, 528, BStBl II 1999, 565) abgewichen, nach welchem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn das FG die auf der Klage angebrachte Unterschrift für eine nicht ausreichende Paraphe hält, der Kläger aber glaubhaft und unwidersprochen vorträgt, dass diese Art der Unterzeichnung jahrelang bei Behörden und in Gerichtsverfahren unbeanstandet geblieben sei. Das FG ist von diesem Ansatz ausgegangen. Es hat aber im Streitfall keine Ansatzpunkte dafür gesehen, dass Gerichte oder Behörden die Unterzeichnung von Schriftsätzen der Klägerin durch den Kläger in verdeckter Stellvertretung als ausreichend angesehen haben.

d) Die Klägerin hat auch nicht schlüssig einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügt. Ihre Ausführungen, das FG habe es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Erhebung einer wirksamen Klage bzw. wegen der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung zu gewähren, ist nicht schlüssig. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt u.a. gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO voraus, dass die versäumte Rechtshandlung rechtzeitig nachgeholt wird. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie dem FG eine Klageschrift zugeleitet hat, die von ihr selbst unterzeichnet worden ist, nachdem sie vom FG auf das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift aufmerksam gemacht worden war. Nach Lage der Akten ist dies auch nicht geschehen. Dass es der Nachholung der versäumten Rechtshandlung bedurfte, war der durch ihren Ehemann vertretenen Klägerin jedenfalls ab dem Zeitpunkt bekannt, ab dem dieser, wie in der Beschwerdebegründung dargelegt, einen Kommentar zur FGO erworben hatte.

Ende der Entscheidung

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