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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.02.1999
Aktenzeichen: X B 191/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 55
FGO § 113 Abs. 1
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 6
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 129 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Klägers, Antragstellers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Prozeßkostenhilfe (PKH) für seinen Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1994 abgelehnt. Dem Beschluß vom 17. März 1998 ist die folgende Rechtsmittelbelehrung beigefügt:

"Gegen diesen Beschluß kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Beschwerde beim Finanzgericht ... schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Über sie entscheidet der Bundesfinanzhof, wenn das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.

Vor dem Bundesfinanzhof muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. ..."

Gegen diesen Beschluß legte der Kläger persönlich mit einem am 2. Juni 1998 beim FG eingegangenen Schreiben Beschwerde ein. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des FG hat unter diesem Datum einen Aktenvermerk mit folgendem Inhalt gefertigt:

"Ich habe den Kläger bzw. Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, daß er, wie aus der Rechtsmittelbelehrung der Beschlüsse ersichtlich ist, sich schon bei der Einlegung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten lassen muß. Er könne aber auch für die Führung der Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe beantragen."

Auf ein Schreiben der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 21. September 1998, in welchem dem Kläger der Inhalt der dem FG-Beschluß vom 17. März 1998 beigefügten Rechtsmittelbelehrung erläutert wurde, nahm dieser die Beschwerde mit Schreiben vom 14. Oktober 1998 zurück.

Zuvor hatte die Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1998 gegen den Beschluß vom 17. März 1998 erneut Beschwerde eingelegt und wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trug sie vor, die Rechtsmittelbelehrung sei hinsichtlich des Erfordernisses der Postulationsfähigkeit ungenau. Es werde dort auf die Abhilfemöglichkeit durch das FG hingewiesen, jedoch ohne Belehrung über einen Vertretungszwang auch in diesem Teil des Verfahrens. Der Kläger habe daraus den Schluß gezogen, daß innerhalb der Beschwerdefrist ein Abhilfeverfahren vor dem FG ohne Vertretungszwang durchgeführt werde und erst nach Erfolglosigkeit dieses Verfahrens für die Vorlage an den Bundesfinanzhof (BFH) eine postulationsfähige Person hinzugezogen werden müsse. Der diesbezügliche Irrtum sei nicht schuldhaft. Er sei in seinem Rechtsirrtum noch von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des FG bestärkt worden.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 8. Januar 1998 hat der Kläger unter Beifügung einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf eine zwischenzeitliche Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

den angefochtenen Beschluß aufzuheben und ihm die beantragte PKH zu gewähren.

Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nach Ablauf der Beschwerdefrist von zwei Wochen erhoben worden; dies bedarf angesichts dessen, daß auch der Kläger hiervon ausgeht, keiner näheren Begründung. Die Rechtsmittelbelehrung war auch inhaltlich richtig erteilt, so daß sich die Beschwerdefrist nicht auf ein Jahr verlängerte (§ 55 i.V.m. § 113 Abs. 1, § 105 Abs. 2 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn sie enthielt den unmißverständlichen Hinweis darauf, daß der Vertretungszwang auch für die Einlegung der Beschwerde beim FG gilt. Sie gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Vertretungszwang könnte nur für das Entscheidungsverfahren beim BFH gelten.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Kläger nicht gewährt werden.

Der vom Kläger behauptete Rechtsirrtum war nicht unverschuldet (§ 56 Abs. 1 FGO). Nach dieser Vorschrift ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Vorliegend ist nicht die gesetzliche Frist zur Einlegung der Beschwerde versäumt worden, sondern die fristgerechte Prozeßhandlung war wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs unwirksam. Auf diese Fälle ist § 56 Abs. 1 FGO anzuwenden. Der Kläger war jedoch nicht ohne Verschulden gehindert, ordnungsgemäß --durch eine nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsberechtigte Person-- innerhalb der Zweiwochenfrist des § 129 Abs. 1 FGO Beschwerde einzulegen. In der dem angefochtenen Beschluß beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist --entsprechend dem Wortlaut des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG-- ausgeführt, daß der vor dem BFH bestehende Vertretungszwang auch für die Einlegung der Beschwerde gilt. Wenn der Kläger gleichwohl persönlich Beschwerde eingelegt hat, ist ihm dies als Verschulden zuzurechnen. Im Beschwerdeverfahren X B 138/98 hat er mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1998 vorgetragen, anläßlich des persönlichen Einreichens der Beschwerde am 2. Juni 1998 habe die Urkundsbeamten "Zweifel an (seiner) Interpretation" der Rechtsmittelbelehrung geäußert. Unabhängig davon, ob die Urkundsbeamtin eine von ihm erbetene weitere fernmündliche Stellungnahme abgegeben hat, war von diesem Zeitpunkt an ein weiteres Vertrauen auf die Richtigkeit seiner eigenen Auslegung der Rechtsmittelbelehrung nicht mehr schuldlos. Im übrigen begründet auch das behauptete Mißverständnis der Rechtsmittelbelehrung keine unverschuldete Verhinderung an der rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde durch eine vor dem BFH vertretungsbefugte Person (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. September 1995 X B 114/95, BFH/NV 1996, 241; vom 23. Juli 1996 VIII B 25-28/96, BFH/NV 1997, 185).

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