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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.09.1998
Aktenzeichen: X B 22/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 42 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Prozeßbevollmächtigte erhob im Namen des Klägers, Antragstellers und Beschwerdeführers (Kläger) Klage wegen Einkommensteuer 1992 bis 1995. Die von ihm vorlegte undatierte Vollmacht trägt einen Stempelaufdruck "für Einkommensteuer, Lohnsteuer-Jahresausgleich, Solidaritätszuschlag".

Der Einzelrichter, auf den die Sache übertragen worden war, wandte sich mit Schreiben vom 25. August 1997 an den Kläger persönlich mit der Begründung, es drängten sich im Hinblick auf die vom Prozeßbevollmächtigten in einer Vielzahl von Fällen erhobenen Klagen Zweifel daran auf, ob die Klage mit Einverständnis des Klägers erhoben worden sei. Die Zweifel stützten sich vor allem darauf, daß die vorgelegte Prozeßvollmacht nicht datiert sei und keine Bezugnahme auf das vorliegende Klageverfahren enthalte, vielmehr mit einem --möglicherweise nachträglich-- angebrachten Stempelaufdruck versehen sei. Aus diesem Grund und wegen des nicht unbeträchtlichen Kosten- und Gebührenrisikos, das für den Kläger mit der Klage verbunden sei, werde um Mitteilung gebeten, ob der Kläger mit der in seinem Namen erhobenen Klage einverstanden sei.

Der Prozeßbevollmächtigte erhielt eine Kopie dieses Schreibens und außerdem die gesonderte Mitteilung, daß die vorgelegte Vollmacht wegen der genannten Zweifel den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge, zumal mit der Klage formularmäßig verfassungsrechtliche Einwände geltend gemacht würden, der angefochtene Bescheid hinsichtlich der betroffenen Besteuerungsgrundlagen zumeist für vorläufig erklärt worden sei und das Gericht entsprechende Klagen in der Vergangenheit in großer Zahl teils als unzulässig, teils als unbegründet abgewiesen habe. Außerdem forderte der Einzelrichter den Prozeßbevollmächtigten auf, "eine neue den Anforderungen entsprechende Vollmacht vorzulegen". Der Prozeßbevollmächtigte wurde darauf hingewiesen, daß der Kläger eine Durchschrift dieses Schreibens erhalte.

Der Kläger äußerte sich auf diese Schreiben nicht. Der Prozeßbevollmächtigte beantragte, den Einzelrichter als befangen abzulehnen, weil er mit dem persönlichen Anschreiben die Vertretungsrechte des Klägers "vorsätzlich mißachtet" habe "mit dem offensichtlichen Ziel, diesen rechtlos zu machen und ihm das Recht auf Gehör zu nehmen". Ein faires Verfahren könne von einem solchen Richter nicht erwartet werden.

Das Finanzgericht (FG) wies --ohne Mitwirkung des Einzelrichters-- das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde, die nicht begründet worden ist.

Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat von der Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das FG das Befangenheitsgesuch abgelehnt.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Mißtrauen sind gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Es müssen Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung oder Willkür des Richters vorliegen (z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Juli 1992 X B 38/92, BFH/NV 1993, 110, m.w.N.).

Derartige Anhaltspunkte liegen im Streitfall nicht vor, selbst wenn die vom Einzelrichter im Schreiben vom 25. August 1997 bekundeten Zweifel an der Wirksamkeit der vorgelegten Prozeßvollmacht nicht durchgreifen sollten (vgl. dazu neuerdings das BFH-Urteil vom 27. Februar 1998 VI R 88/97, BStBl II 1998, 445, BFH/NV 1998, 926, m.w.N.). Denn die Befangenheitsregelung soll den Rechtsuchenden allein vor Parteilichkeit des Richters, nicht vor fehlerhafter Rechtsanwendung schützen. Daher sind Rechtsfehler --materieller wie formeller Art-- grundsätzlich nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu stützen, es sei denn, die Fehlerhaftigkeit rechtfertige bei vernünftiger Betrachtung den Schluß auf eine unsachliche Einstellung oder Willkür des Richters (vgl. die BFH-Beschlüsse vom 27. September 1994 VIII B 64-76/94, BFH/NV 1995, 526, 528; vom 27. Juni 1996 X B 84/96, BFH/NV 1997, 122; vom 30. Oktober 1997 X B 12/97, BFH/NV 1998, 599; vom 8. Dezember 1997 I B 77/97, BFH/NV 1998, 714, und vom 12. Dezember 1997 XI B 34/96, BFH/NV 1998, 861, jeweils m.w.N.).

Die vom Prozeßbevollmächtigten beanstandeten Schreiben lassen weder von der Form noch vom Inhalt auf eine unsachliche Einstellung oder Willkür des Einzelrichters schließen, zumal das Gericht berechtigten Zweifeln, ob sich eine Vollmacht auf ein konkretes Verfahren erstreckt, nachzugehen hat (BFH-Beschluß vom 7. März 1995 X R 195/93, BFH/NV 1995, 713).

Ende der Entscheidung

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