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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.07.2000
Aktenzeichen: X B 4/00
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, ZPO


Vorschriften:

AO 1977 § 162
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Im Streitjahr 1994 betrieb der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) eine ... sowie ein Gewerbe ... Nachdem er weder Steuererklärungen abgegeben noch Fristverlängerungsanträge gestellt hatte, zog ihn der Beklagte (das Finanzamt --FA--) schließlich im Mai bzw. Juni 1996 im Wege der Schätzung zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer heran, wobei es bei der Einkommensteuer (Steuerfestsetzung: ... DM) im Wesentlichen (unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Einkunftsquelle für die negativen Vermietungseinkünfte inzwischen nicht mehr zur Verfügung stand) an die erklärungsgemäß durchgeführte Veranlagung 1993, bei der Umsatzsteuer (Steuerfestetzung: ... DM; Vorjahr: ... DM) an die Voranmeldungen (zuzüglich eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 10 %) anknüpfte.

Nachdem der Kläger, vertreten von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten, im Einspruchs- und im anschließenden Klageverfahren sein Begehren nicht substantiiert, auch keine Steuererklärungen nachgereicht und das den angefochtenen Verwaltungsakten zu Grunde liegende Rechenwerk nicht angegriffen hatte, war er vom Finanzgericht (FG) am 3. bzw. 17. Februar 1997 mit Ausschlussfrist aufgefordert worden, den jeweiligen Gegenstand seines Klagebegehrens zu bezeichnen und die Tatsachen anzugeben, durch die er sich beschwert fühle. Demgegenüber machte er geltend, das FA sei nicht zu den Schätzungen befugt gewesen, weil es die Nichtabgabe der Steuererklärungen verschuldet habe. Auf dessen Betreiben nämlich habe das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (Steufa-FA) am ... 1996 nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens die komplette Buchführung beschlagnahmt. Diese werde ihm nunmehr vorenthalten. Die Einkommensteuer für 1994 müsse zutreffenderweise auf 0 DM festgesetzt werden, die Beschwer in der Umsatzsteuersache liege darin, dass die Steuerfestsetzung über dem Gesamtbetrag der Voranmeldungen (... DM) liege.

In der mündlichen Verhandlung vom ... trug der Prozessbevollmächtigte vor, das Steufa-FA (Straf- und Bußgeldsachenstelle) habe die Herausgabe der Buchführungsunterlagen verweigert, so dass er den Jahresabschluss nicht habe erstellen können. Daraufhin vertagte das FG beide Sachen, erhielt auf entsprechende Anfrage vom Steufa-FA die Auskunft, die Geschäftsunterlagen für das von den strafrechtlichen Ermittlungen nicht betroffene Jahr 1994 könnten in Empfang genommen werden, und forderte den Kläger am 14. September 1998 auf, die angekündigten Steuererklärungen binnen zwei Monaten einzureichen.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt hatte, er könne die Steuererklärungen nicht fertigen, weil er nicht im Besitz der Unterlagen sei und auch Nachforschungen nicht zum Erfolg geführt hätten, forderte das FG selbst die Unterlagen an, setzte den Prozessbevollmächtigten von deren Eintreffen sowie davon in Kenntnis, dass sie bei der Geschäftsstelle abgeholt bzw., soweit von der Beschlagnahme erfasst (betroffen hiervon waren die Kontenblätter der früheren Steuerberaterin), eingesehen werden könnten, und forderte die ausstehenden Steuererklärungen erneut innerhalb von zwei Monaten an.

Auch diese Frist ließ der Prozessbevollmächtigte ergebnislos verstreichen und begründete dies damit, dass Fristwahrung unter den gegebenen Umständen (nur teilweise Überlassung der Unterlagen, im Übrigen nur Einsichtnahme bei Gericht) nicht möglich gewesen sei, was durch ein "arbeitstechnisches und buchhalterisches Sachverständigengutachten" nachgewiesen werden könne.

Erst am ..., vier Tage vor der mündlichen Verhandlung, machte der Prozessbevollmächtigte von der Möglichkeit der Akteneinsicht Gebrauch und trug im Schriftsatz vom 18. November 1999 vor, die Erstellung der Steuererklärungen sei angesichts der Unvollständigkeit der dem Gericht übersandten Unterlagen nicht möglich.

Auf die mündliche Verhandlung vom ..., in der seitens des Klägers nur Sachanträge gestellt wurden, hat das FG die Klagen durch Sachurteile mit der Begründung abgewiesen, angesichts der groben Verletzung steuerlicher Mitwirkungspflichten durch den Kläger sei das FA gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) für das Streitjahr zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer berechtigt gewesen. Auch die Höhe der Schätzungen sei nicht zu beanstanden, zumal sich der --fachkundig vertretene-- Kläger auch während der finanzgerichtlichen Verfahren, d.h. mehr als drei Jahre hindurch, weder um die Herausgabe der im ... 1996 beschlagnahmten nicht "strafbefangenen" Unterlagen, notfalls unter Einschaltung der ordentlichen Gerichte gekümmert noch in einer Weise Akteneinsicht genommen habe, die einen substantiierten Vortrag ermöglicht hätte.

In beiden Verfahren hat das FG die Revision nicht zugelassen. Hiergegen hat sich der Kläger erfolglos mit Nichtzulassungsbeschwerden gewendet. Die gleichzeitig gegen die klageabweisenden Urteile eingelegten Revisionen hat der Senat als unzulässig verworfen.

Außerdem wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde gegen die Ablehnung seines im Klageverfahren gestellten Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). Er hält die vom FG hierfür gegebene Begründung --Fehlen einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem hierfür vorgeschriebenen amtlichen Vordruck-- für formalistisch und vermisst einen entsprechenden richterlichen Hinweis. Zur Beschwerdebegründung hat der Kläger außerdem einen --ohne Datum unterschriebenen-- im Wesentlichen unausgefüllt gebliebenen Vordruck nachgereicht und beruft sich im Übrigen auf einen Bescheid des Sozialamts, den er schon zusammen mit dem formlosen PKH-Antrag beim FG eingereicht habe.

Der Kläger begehrt sinngemäß weiterhin Gewährung von PKH sowie Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.

Das FA hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Auf Antrag erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Außerdem sind dem Antrag eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierfür ist die Verwendung des amtlichen Vordrucks zwingend vorgeschrieben (§ 117 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO).

Schon wegen des Formmangels hat das FG den Antrag zu Recht abgelehnt; die Nachreichung im Beschwerdeverfahren heilt diesen Formmangel nicht (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 1999 VII B 113/99, BFH/NV 2000, 436, und vom 2. November 1999 X B 51/99, BFH/NV 2000, 581), zumal der nunmehr vorgelegte Vordruck offensichtlich in wesentlichen Punkten (z.B. hinsichtlich der Vermögenslage) unvollständig ist. Es kommt hinzu, dass bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung (s. dazu z.B. Senatsbeschluss vom 24. Februar 1999 X B 204 und 205/98, BFH/NV 1999, 1181, 1182; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 142 Rz. 7) des PKH-Begehrens das weitere Erfordernis der hinreichenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache ebenfalls nicht erfüllt ist.



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