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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.11.2002
Aktenzeichen: X B 6/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 2
FGO § 76 Abs. 1 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 n.F.
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) liegen nicht vor bzw. sind nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. dargelegt.

1. Der Kläger hält die Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam,

* ob Grundsätze über die steuerrechtliche Anerkennung von Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen, insbesondere von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen, auch auf Verträge zwischen getrennt lebenden bzw. geschiedenen Eheleuten anzuwenden sind und

* ob eine Versorgungszusage auch durch eine unentgeltliche Mitarbeit des einen Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten "erdient" werden kann, wenn die Eheleute anfangs noch verheiratet sind, später jedoch getrennt leben oder geschieden sind.

Der Kläger vermochte nicht schlüssig darzulegen, dass diese Rechtsfragen klärungsbedürftig wären. Hierzu fehlt es insbesondere an der gebotenen substantiierten Auseinandersetzung mit der zu diesen Fragen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32).

a) Der erkennende Senat hat im Beschluss vom 8. Februar 1995 X S 7/94 (BFH/NV 1995, 782) festgestellt, es sei ernstlich zweifelhaft, ob die Grundsätze über Verträge zwischen nahen Angehörigen auch bei geschiedenen Ehegatten anzuwenden seien. Es sei aber denkbar, dass Geschiedene --wie auch einander gänzlich Fremde-- auf Grund einer bestimmten Interessenlage, in der sie übereinstimmend eine zutreffende Zuordnung zum wirklichen Rechtsgrund nicht für erforderlich halten, ihre Vertragsverhältnisse zu Lasten des Steuergläubigers gestalten. Dies könne mit steuerrechtlicher Wirkung zu korrigieren sein. So könne z.B. nicht hingenommen werden, wenn durch überhöhte Mietzahlungen verdeckt Unterhalt an den geschiedenen Ehepartner geleistet werde.

Das Finanzgericht (FG) hat in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung erkannt, im Streitfall sei nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt worden, dass der Aufwand für die Versorgungszusage ausschließlich oder ganz überwiegend im Interesse des Betriebs erfolgt sei. Vielmehr sei nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der lebenslänglichen Versorgungszusage an die damals 32 Jahre alte Ehefrau des Klägers um eine privat veranlasste Scheidungsfolgeleistung gehandelt habe. Es sei unüblich und wäre einem fremden Dritten auch bei noch so guter Arbeitsleistung nicht zuteil geworden, bei nicht einmal einjähriger Mitarbeit im klägerischen Unternehmen eine lebenslängliche Versorgungszusage zu erteilen. Im Arbeitsvertrag sei der zeitliche Umfang der Tätigkeit der Ehefrau, die bei einer anderen Firma einer Vollzeitbeschäftigung als Buchhalterin nachgegangen sei, nur unzureichend beschrieben. Eine Vergütung von 3 000 DM monatlich --die "lebenslängliche betriebliche Altersversorgung" wurde bereits im Streitjahr als "Entlohnung für die Tätigkeit" gezahlt-- werde bei einer Nebenbeschäftigung unter Fremden nicht geleistet. Zudem habe der Kläger mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Das Unternehmen des Klägers sei während der Ehezeit aufgebaut worden und falle somit in den auszugleichenden Zugewinn; gleichwohl enthalte das Scheidungsurteil hierzu keine Aussage.

Diese rechtliche Wertung des FG wirft keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf. Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend, da der natürliche Interessengegensatz der Vertragspartner im Allgemeinen die Vermutung begründet, dass Ausgaben, die auf einem gegenseitigen Vertrag --hier mit unternehmerischem oder betrieblichem Bezug-- beruhen, auch i.S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch den Betrieb veranlasst sind. Fehlt es dagegen an einem solchen Interessengegensatz, so bedarf es einer Überprüfung, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich auf dem schuldrechtlich Vereinbarten beruhen und damit durch den Betrieb veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Rechtsgründen erbracht werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. September 2000 IV R 50/99, BFHE 193, 292, BStBl II 2001, 299). Der sog. Fremdvergleich dient der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich oder dem Betrieb bzw. dem Bereich der Einkunftserzielung zuzuordnen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, 571, BStBl II 1990, 160). Der erkennende Senat hat die Grundsätze des Fremdvergleichs bei Verlobten in einem Fall zugrunde gelegt, in dem besondere Anhaltspunkte für das Fehlen gegenläufiger Interessen vorlagen (Urteil vom 22. April 1998 X R 163/94, BFH/NV 1999, 24, zu 2. c). Das Urteil in BFHE 193, 292, BStBl II 2001, 299 betont bezogen auf Rechtsverhältnisse zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft, dass eine Überprüfung am Maßstab des Fremdvergleichs nicht nur bei verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Gesellschaftern geboten ist, sondern immer auch dann, wenn wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses bestehen und diese insbesondere auf die Gewinnverteilung Einfluss gewinnen können. Mithin kann generell auch zwischen einander Fremden im Einzelfall Veranlassung bestehen, die "wirkliche Veranlassung" eines Rechtsgeschäfts und einer auf diesem beruhenden Ausgabe zu ermitteln.

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das FG bezogen auf den vorliegenden Streitfall "unter Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles" eine betriebliche Veranlassung für die Versorgungszusage nicht als erwiesen angesehen (so ausdrücklich unter 6. der Entscheidungsgründe). Die abstrakte Frage, "ob die Grundsätze über die steuerrechtliche Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen auch anzuwenden sind, wenn die Eheleute getrennt leben oder geschieden sind", wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

b) Auch der weiteren Rechtsfrage, ob anfangs noch verheiratete und später getrennt lebende bzw. geschiedene Ehegatten durch die unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb Versorgungszusagen "erdienen" können, ist namentlich aus den vorgenannten Gründen nicht klärungsfähig. Die vom Kläger unter Hinweis auf die Kommentierung bei Schmidt/Seeger (Einkommensteuergesetz, 21. Aufl. 2002, § 4b Rz. 14) angeführte Rechtsprechung zu den Besonderheiten bei teilweise unentgeltlicher Mitarbeit bezieht sich auf die Direktversicherung bei Entgeltumwandlung. In Fällen einer Versorgungszusage an den Ehegatten des Betriebsinhabers ist es als durch die Rechtsprechung geklärt anzusehen, dass diese nur dann anzuerkennen ist, wenn und soweit sie eindeutig vereinbart und ernsthaft gewollt sowie dem Grunde und der Höhe nach ausschließlich betrieblich veranlasst ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Februar 1990 X R 63-65/87, BFH/NV 1991, 80, m.w.N.). Dabei wird ein zivilrechtlich wirksam begründeter Anspruch des Ehegatten-Arbeitnehmers ebenso vorausgesetzt wie die voraussichtliche Inanspruchnahme des Arbeitgeber-Ehegatten aus der Pensionsverpflichtung. Darüber hinaus ist die betriebliche Veranlassung der Pensionszusage anhand des sog. Fremdvergleichs festzustellen (vgl. dazu allgemein Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160). Nichts anderes aber kann für Ehegatten gelten, die im Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage noch verheiratet sind und sich kurz darauf trennen. Gerade im Zusammenhang mit der Trennung von Ehegatten entstehen im Regelfall --so auch mutmaßlich im Streitfall-- Ansprüche auf Unterhalt, Versorgungs- und Zugewinnausgleich. Angesichts dessen hat das FG eine ausschließlich betriebliche Veranlassung der Versorgungszusage als nicht nachgewiesen angesehen. Ein solcher Nachweis wäre aber Voraussetzung dafür, dass in einem Revisionsverfahren eine Entscheidung über die rechtliche Relevanz der unentgeltlichen Mitarbeit ergehen könnte.

2. Unschlüssig erhoben sind auch die Rügen des Klägers, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt (vgl. § 76 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO n.F.).

a) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt oder seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht nachkommt (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 1998 X B 95/98, BFH/NV 1999, 811). Eine schlüssige Aufklärungsrüge setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass nicht nur die ermittlungsbedürftigen Tatsachen und die angebotenen Beweismittel genau bezeichnet werden, sondern auch dargelegt wird, inwiefern das Urteil des FG --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre. Zudem wird die Ermittlungspflicht des FG durch Mitwirkungspflichten der Beteiligten eingeschränkt (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO). Das FG kann davon ausgehen, dass die Beteiligten selbst auf die Wahrung ihrer Interessen bedacht sind (s. z.B. BFH-Urteil vom 11. November 1986 VII R 87/82, BFH/NV 1987, 419).

b) Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hat sich in seiner Beschwerdeschrift darauf beschränkt geltend zu machen, das FG habe Ermittlungen zur Dauer der unentgeltlichen Mitarbeit der Ehefrau, zum Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und zur Höhe des Zugewinnausgleichs unterlassen. Ausführungen dazu, warum der Kläger diese in seiner Sphäre liegenden und aus seiner Sicht wesentlichen Fakten zur Beurteilung der Angemessenheit der Versorgungszusage nicht von sich aus vorgetragen hat, enthält die Beschwerdeschrift nicht.

3. Die gegen die Entscheidung des FG erhobenen Einwände des Klägers stellen sich in Wahrheit als Einwendungen gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar. Diese können im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg führen (Senatsbeschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612, m.w.N. der Rechtsprechung).

4. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Ende der Entscheidung

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