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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.07.2004
Aktenzeichen: X B 63/03
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, FGO
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 | |
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 5 | |
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6a | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 | |
EStG § 9 Abs. 5 | |
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 | |
EStG § 12 Nr. 1 | |
AO 1977 § 163 | |
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 |
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Materiell-rechtlich behandelt das angefochtene Urteil die gänzlich unterschiedlichen Fragen der Abzugsfähigkeit von Mehraufwendungen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) im Zusammenhang mit seiner auswärtigen Tätigkeit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einerseits und andererseits der Abzugsfähigkeit von Leistungen, die der Kläger aufgrund eines Vermögensübergabevertrags erbringt.
Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich allerdings, dass der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sich in erster Linie auf die Abzugsfähigkeit weiterer Werbungskosten bezieht und dass für die Frage der Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) schwerpunktmäßig der Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Anspruch genommen wird, während sich die Behauptung eines Verfahrensmangels auf beide materiell-rechtlichen Streitfragen erstreckt. Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe liegt vor.
2. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert auch unter der Geltung des Revisionszulassungsrechts nach dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757), dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers selbst dann nicht, wenn die von ihm herauszuarbeitende abstrakte Rechtsfrage in seinem Vorbringen gesehen wird, die in § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 5 EStG angeordnete Begrenzung der Abzugsfähigkeit des Verpflegungsmehraufwands und die von der Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile vom 14. Juli 1978 VI R 179/76, BFHE 125, 555, BStBl II 1978, 660, und vom 10. Oktober 1994 VI R 2/92, BFHE 175, 553, BStBl II 1995, 137) zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des EStG bestätigte Beschränkung der Abziehbarkeit von Fahrtkosten auf die ersten drei Monate der auswärtigen Tätigkeit seien grundrechtswidrig.
Seine Ansicht stützt der Kläger auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98 und 1735/00 (BStBl II 2003, 534). Die dort maßgebliche Frage, ob in besonderen Fallgestaltungen die Begrenzung der steuerlichen Folgen der doppelten Haushaltsführung auf zwei Jahre mit der Verfassung vereinbar ist, kann nicht verglichen werden mit der im Streitfall zu entscheidenden Frage, in welchem zeitlichen Umfang Mehraufwendungen für Verpflegung und die tatsächlichen Fahrtkosten bei einer Tätigkeit auf wechselnden Einsatzstellen als Werbungskosten anzuerkennen sind. Zum einen waren vom Verfahren vor dem BVerfG im Wesentlichen speziell die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort betroffen, während das BVerfG offensichtlich an der Begrenzung der Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwands auf die ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung keinen Anstoß nahm (BVerfG in BStBl II 2003, 534, unter A I. 4.) Zum anderen ging es allein um die zeitliche Beschränkung der steuerlichen Anerkennung der doppelten Haushaltsführung, während durch die seit 1996 geltende Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG die Abzugsfähigkeit der Mehraufwendungen für Verpflegung von vorneherein ausgeschlossen und ein Abzug als Werbungskosten nur noch in den besonders aufgeführten Fällen zugelassen ist. Eine dieser Ausnahmen erfasst die Tätigkeit auf wechselnden Einsatzstellen, jedoch mit der Maßgabe, dass der Abzug der Mehraufwendungen bei einem Einsatz auf ein und derselben Tätigkeitsstätte auf die ersten drei Monate beschränkt ist. In dieser Einschränkung der Ausnahme von der Regel der Nichtabzugsfähigkeit von Mehraufwendungen für Verpflegung kann im Hinblick auf § 12 Nr. 1 EStG eine Verfassungswidrigkeit nicht gesehen und mit dem Beschluss des BVerfG zur doppelten Haushaltsführung nicht begründet werden.
Gleiches gilt für die Beschränkung des Abzugs der tatsächlichen Fahrtkosten für die Fahrten zwischen der Wohnung und der wechselnden Einsatzstelle auf die ersten drei Monate des Einsatzes auf ein und derselben Tätigkeitsstätte. Denn diese vom BFH entwickelte Beschränkung, die dem Kläger zwar den zeitlich unbegrenzten Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten versagt, nicht aber die Möglichkeit nimmt, die entsprechende Kilometerpauschale in Anspruch zu nehmen, beruht gerade auf dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Sie verhindert, dass sich bei einer Tätigkeit auf wechselnden Einsatzstellen mit einer über dreimonatigen Beschäftigung auf einer Tätigkeitsstätte ungerechtfertigte Vorteile gegenüber Arbeitnehmern mit einer festen Arbeitsstätte ergeben (so ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 175, 553, BStBl 1995, 137, unter 2. a bb), weil im Vergleich zu diesen Arbeitnehmern dem Kläger kein höherer Aufwand entsteht. Die Beschränkung auf die übliche Kilometerpauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist demnach auch im Streitfall sachgerecht.
Das Vorbringen des Klägers stellt sich letztlich als Kritik an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dar und ist damit grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (vgl. Senatsentscheidung vom 28. August 2001 X B 60/01, BFH/NV 2002, 347, m.w.N.). Der Hinweis des Klägers auf Crezelius (Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 2. Aufl. 2002, § 4 Rn. 193) verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Dessen Ansicht, bei einer doppelten Haushaltsführung Selbständiger seien die angemessenen anstelle der notwendigen Mehraufwendungen zu berücksichtigen, wird damit begründet, dass die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG enthaltene Beschränkung auf notwendige Mehraufwendungen in § 4 Abs. 5 Nr. 6a EStG fehlt. Für die streitige Frage kann daraus nichts abgeleitet werden.
3. Macht der Beschwerdeführer --wie hier hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen als dauernde Last-- geltend, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des BFH, so muss er in der Beschwerdebegründung auch nach dem neuen Zulassungsrecht substantiiert aufzeigen, inwieweit über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 40). Er muss voneinander abweichende Rechtssätze aus dem angefochtenen und dem vermeintlichen Divergenzurteil herausarbeiten und einander gegenüberstellen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 2002 II B 33/01, BFH/NV 2002, 1482; vom 12. Juli 2002 XI B 152/01, BFH/NV 2002, 1484, und vom 7. August 2002 VII B 214/01, BFH/NV 2002, 1606; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).
Dies hat der Kläger unterlassen. Im Übrigen hat der Große Senat des BFH im Beschluss vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 (BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95) die Abziehbarkeit von Versorgungsleistungen als dauernde Last davon abhängig gemacht, dass sie aus den erzielbaren laufenden Nettoerträgen des übergebenen Vermögens gezahlt werden können. Nichts anderes besagt das angefochtene Urteil. Es verneint in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z.B. Urteile vom 25. März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012, am Ende, und vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19) die Abziehbarkeit der vom Kläger seinem Vater erbrachten Versorgungsleistungen gerade deshalb, weil der Kläger aus dem einzigen ihm von seinem Vater übergebenen Vermögensgegenstand (einem Miteigentumsanteil von 1/2 an einer Eigentumswohnung) keine Erträge zieht, nachdem der Übergeber aufgrund des Übergabevertrags das dinglich gesicherte Wohnrecht an dieser Wohnung eingeräumt erhalten hat und auch ausübt.
Die weiteren Ausführungen des Klägers zu dieser Frage stellen sich ebenfalls als im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht zu beachtende Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils dar. Dies gilt für die Ansicht des Klägers, das angefochtene Urteil verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), und ebenso für seine Auffassung, die vom FG zitierte Entscheidung des BFH vom 16. Mai 2001 X R 53/99 (BFH/NV 2001, 1388) trage das angefochtene Urteil nicht. Dabei übersieht der Kläger, dass sich in jenem Fall --anders wie im Streitfall-- das übergebene Vermögen nicht in der mit dem Wohnrecht zugunsten des Übergebers belasteten Wohnung erschöpfte, der Übernehmer vielmehr in der Lage war, aus dem übrigen übergebenen Vermögen Erträge zu erwirtschaften, aus denen er die geschuldeten Versorgungsleistungen erbringen konnte.
4. Als Verfahrensmängel rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) und mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO).
a) Den Anspruch auf rechtliches Gehör sieht der Kläger verletzt durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung und die Anordnung seines persönlichen Erscheinens, die zu befolgen ihm nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers unmöglich war. Dass das Finanzgericht (FG) dennoch die mündliche Verhandlung nicht vertagt, sondern sie in Abwesenheit des Klägers durchgeführt hat, begründet keinen Verfahrensfehler. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 31. Januar 2003 ausdrücklich auf mündliche Verhandlung und damit auf ein weiteres Vorbringen verzichtet, für das er zudem --nach seinen Ausführungen-- keine Notwendigkeit mehr sah.
Mit dem Vorbringen, "das rechtliche Gehör (sei) aber auch deswegen verletzt, weil das Nds. FG seine Ergebnisse aus dem Tatbestand ... seiner Entscheidung unter Entscheidungsgründe auf Seite 3 nicht zu Grunde" lege, kann ebenfalls keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör begründet werden. Zwar ist das Gericht verpflichtet, wesentliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen sowie seiner Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen die Prozessbeteiligten sich äußern konnten. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich das Gericht mit allen ihren Ausführungen in den Entscheidungsgründen ausführlich befassen muss (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2002 X B 189/01, BFH/NV 2003, 634). Erst recht muss das Gericht Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten nicht die von diesen ihnen zugedachte Bedeutung beimessen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 16). Außerdem hatte das FG aufgrund seiner Rechtsauffassung keinen Anlass, die vom Kläger geltend gemachten Versorgungsleistungen im Einzelnen rechtlich zu würdigen. Es verneinte deren Abzugsfähigkeit schon dem Grunde nach, weil dem Kläger kein ausreichend ertragbringendes Vermögen übertragen wurde.
b) Die Rüge mangelnder Sachaufklärung verlangt u.a. die Angabe, welche (genauen) Tatfragen aufklärungsbedürftig sind, aus welchen (genau bezeichneten) Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung (Beweiserhebung) auch ohne entsprechenden Antrag aufdrängen musste, und die Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der weiteren Sachaufklärung. Diese Anforderungen sind mit dem Hinweis des Klägers "Im Übrigen wurde die nicht genügende Sachaufklärung bereits im Schriftsatz vom 31.01.2003 letzte Seite (Seite 4) letzter Absatz gerügt" nicht erfüllt.
c) Dass weder der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) noch das FG --wie der Kläger rügt-- auf seinen gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) beiläufig gestellten Antrag eingegangen sind, kann im konkreten Fall keinen Verfahrensmangel begründen. Gegenstand des Verfahrens vor dem FG war die rechtliche Beurteilung von Mehraufwendungen des Klägers als Werbungskosten und von Versorgungsleistungen als dauernde Last. In einem sich auf die Rechtmäßigkeitsprüfung des Steuerbescheids beschränkenden Verfahren ist kein Raum für eine auf § 163 AO 1977 gestützte selbständig anfechtbare und von der Rechtmäßigkeitsprüfung unabhängige Billigkeitsentscheidung. Dem FG war es daher verwehrt, diesen Antrag des Klägers zu behandeln. Darauf im Urteil hinzuweisen, konnte es sich wegen der insoweit klaren Rechtslage ersparen.
5. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Ende der Entscheidung
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