Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: X B 74/05
Rechtsgebiete: FGO, EStG, EStDV


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 4 d
EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8
EStDV § 55 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen der in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Art und Weise dargelegt.

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss --vom hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen-- schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu der von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander setzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nicht mit einer auf den Einzelfall bezogenen Betrachtung darlegen.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.

b) Das Finanzgericht (FG) ist davon ausgegangen, dass die vom Kläger bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente eine abgekürzte Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH, auf die sich das FG bezogen hat (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1966 VI 269/65, BFHE 94, 339, BStBl II 1969, 156, 157; vom 22. Januar 1991 X R 97/89, BFHE 164, 304, BStBl II 1991, 686; vom 5. September 2001 X R 40/98, BFHE 196, 286, BStBl II 2002, 6, unter II.1.; vom 10. Juli 2002 X R 46/01, BFHE 199, 541, BStBl II 2003, 391, unter II.2.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 9. Februar 2005 X R 17/04, BFH/NV 2005, 1259).

Eine "Rente auf Zeit" ist lediglich ein besonderes verwaltungstechnisches Instrument zur zeitlich begrenzten Regelung eines mutmaßlich sich ändernden Sachverhalts. Bei zeitlicher Aufeinanderfolge mehrerer Renten auf Zeit ist --bei gleichbleibendem Rentenbeginn-- die voraussichtliche Laufdauer der Rente unter Berücksichtigung der jeweiligen Verlängerung für jeden Veranlagungszeitraum neu zu bestimmen (Senatsurteil in BFHE 164, 304, BStBl II 1991, 686). Mithin korrigiert die wiederholte Bewilligung einer Rente auf Zeit wegen desselben Versicherungsfalles die vom Versicherungsträger zu treffende Prognoseentscheidung. Sie bewirkt aber nicht den Beginn einer neuen Rente, da ein neuer Versicherungsfall nicht vorliegt (Senatsurteil in BFHE 164, 304, BStBl II 1991, 686). Hiervon ausgehend hat der Senat mit Urteil vom 22. Januar 1991 X R 56/90 (BFHE 164, 300, BStBl II 1991, 688) entschieden, dass die "voraussichtliche Dauer des Rentenbezugs" im Rechtssinne nicht allein dadurch abgekürzt wird, dass das vorzeitige oder flexible Altersruhegeld bei Aufnahme einer den zulässigen Rahmen übersteigenden Beschäftigung wegfallen kann, oder dass der Rentenbezieher erklärt, ein Fortfall der Rente erscheine möglich (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1259).

c) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das FG von diesen Grundsätzen zu seinen Ungunsten abgewichen oder dass und aus welchem Grund eine erneute Entscheidung des BFH zu diesen Fragen erforderlich wäre. Geklärt ist insbesondere, dass die voraussichtliche Laufdauer der Rente unter Berücksichtigung der jeweiligen Verlängerung für jeden Veranlagungszeitraum neu zu bestimmen ist. Dies kann dazu führen, dass dann, wenn eine Erwerbsunfähigkeitsrente zunächst für drei Jahre bewilligt worden war und im zeitlichen Anschluss hieran unbefristet gewährt wird, sich die mit Eintritt des Versicherungsfalles beginnende Laufzeit bis zum mutmaßlichen Zeitpunkt des Bezugs von Altersruhegeld verlängert. Dadurch, dass der Rentenversicherungsträger in einem ersten Bewilligungsbescheid zunächst von einer kürzeren Laufzeit ausgeht, ist der Kläger nicht beschwert. Die von ihm vorgetragenen Lebensumstände, die eine Beendigung der Erwerbsunfähigkeitsrente vor Erreichen der Altersgrenze als --eher theoretisch-- denkbar erscheinen lassen, sind ebenso unerheblich wie der Vorbehalt des Versicherungsträgers, in bestimmten Zeitabständen eine ärztliche Untersuchung verlangen zu können (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2005 X R 11/02, BFH/NV 2005, 1053).

Auch das systembedingte Ansteigen des Ertragsanteils je nach Laufzeit der Rente (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551) wird durch den Vortrag des Klägers nicht in Frage gestellt.

d) Macht der Beschwerdeführer geltend, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), so muss er in der Beschwerdebegründung darlegen, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten. Auch in dieser Hinsicht fehlt es an einer schlüssigen Darlegung.

e) Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass, wenn eine Rechtsfrage ausgelaufenes Recht betrifft, sie im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, und vom 21. November 2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 35, m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2002 V B 61/02, BFH/NV 2003, 638; vom 15. September 2004 X B 174/03, juris Nr: STRE200451216).

Bezüglich der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage ergibt sich ab dem 1. Januar 2005 aufgrund des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 8 EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) eine neue Rechtslage.

Ende der Entscheidung

Zurück