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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.12.1999
Aktenzeichen: X B 9/98
Rechtsgebiete: FGO, EStG, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 3 Satz 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
EStG § 34f
EStG § 32 Abs. 6
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist innerhalb der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) "darzulegen" (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr müssen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Das gilt auch, wenn die grundsätzliche Bedeutung auf einen Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) gestützt wird (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juli 1992 X B 58/92, BFH/NV 1993, 40).

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

a) Die Kläger haben lediglich vorgetragen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, ob mit dem Baukindergeld gemäß § 34f des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine ausreichende steuerliche Entlastung und vor allem Gleichbehandlung von Familien mit Kindern gegenüber Familien/Wohnungseigentümern ohne Kinder vorliege. Auch unter Berücksichtigung der Kinderfreibeträge und unter Berücksichtigung des staatlich gekürzten Kindergeldes im Veranlagungszeitraum sei eine --verfassungsrechtlich gebotene-- Gleichbehandlung durch das Baukindergeld von 600 DM je Kind gegenüber kinderlosen Berechtigten nicht gegeben. Für die gesamten steuerlichen Vorteile sei kein angemessener zusätzlicher Wohnbedarf zu erreichen. Nicht dargelegt haben die Kläger jedoch, inwiefern sie durch eine Steuerermäßigung von 600 DM je Kind gegenüber Steuerpflichtigen ohne Kinder, denen keine Steuerermäßigung nach § 34f EStG zusteht, in gleichheitswidriger Weise benachteiligt werden.

b) Soweit die Kläger sich darauf berufen, die Steuerermäßigung sei zu niedrig, haben sie nicht dargetan, in welcher Weise und in welcher Höhe die dem Steuerpflichtigen durch Kinder erwachsenden Aufwendungen von Verfassungs wegen zu berücksichtigen sind. Allein die Behauptung, die Steuerermäßigung je Kind sei um 400 DM zu niedrig, reicht für die Darlegung der Verfassungswidrigkeit und der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus.

c) Auch durch die Bezugnahme auf Schmidt/Drenseck (Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 1996, § 10e Rz. 5) wird der Darlegungspflicht nicht genügt. Denn in der angegebenen Kommentarstelle werden verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Höhe des Baukindergelds geltend gemacht, sondern dagegen, dass die Grundförderung nach § 10e EStG progressionsabhängig, das Baukindergeld dagegen progressionsunabhängig ausgestaltet sei. Die Kläger haben aber nicht dargelegt, inwieweit sie durch die progressionsunabhänge Ausgestaltung des Baukindergelds beschwert sind.

d) Die von den Klägern zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. November 1998 2 BvL 42/93 (BStBl II 1999, 174), 2 BvR 1057/91, 1226/91, 980/91 (BStBl II 1999, 182), 2 BvR 1220/93 (BStBl II 1999, 193) und 2 BvR 1852/97, 1853/97 (BStBl II 1999, 194) haben auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des Baukindergelds keinen Einfluss.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist das Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner Familie von der Einkommensteuer freizustellen durch die Gewährung von Kindergeld und/oder den Abzug von Kinderfreibeträgen (z.B. Beschluss vom 25. September 1992 2 BvL 5/91 u.a., BStBl II 1993, 413). In den Entscheidungen in BStBl II 1999, 174, 193 und 194 hat das BVerfG präzisiert, wie das Existenzminimum von Kindern zu berechnen ist. Nach der Entscheidung in BStBl II 1999, 182 muss neben dem existenziellen Sachbedarf für die Kinder ab 1. Januar 2000 auch der sog. Betreuungsbedarf einkommensteuerlich unbelastet bleiben.

Die Wohneigentumsförderung durch die Berücksichtigung von Abzugsbeträgen nach § 10e EStG und Baukindergeld nach § 34f EStG hängt jedoch mit der Steuerfreistellung des Existenzminimums und des Betreuungsbedarfs nicht zusammen. Von Verfassungs wegen ist die steuerliche Förderung des Wohneigentums nicht zwingend geboten. Entscheidet sich der Gesetzgeber dazu, den Erwerb von Wohneigentum steuerlich zu begünstigen, ist ihm --wie allgemein bei der Schaffung von Steuervergünstigungen-- eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Weder aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus Art. 6 Abs. 1 GG lässt sich der Anspruch auf eine bestimmte Höhe der Wohneigentumsförderung ableiten.

e) Die Ausführungen der Kläger zur Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) sind für die Zulassung der Revision schon deshalb unbeachtlich, weil die Kläger sich erst nach Ablauf der Begründungsfrist darauf berufen haben. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Existenzminimum von Kindern im Streitjahr 1992 durch das Kindergeld und die Kinderfreibeträge von 4 104 DM je Kind ausreichend berücksichtigt ist. Das von der Einkommensteuer freizustellende Existenzminimum eines Kindes lag im Streitjahr 1992 bei überschlägiger Berechnung zwischen 5 600 DM und 5 800 DM. § 32 Abs. 6 EStG könnte daher im Veranlagungszeitraum 1992 allenfalls ab einem Grenzsteuersatz, der sich dem Höchststeuersatz annähert, in die verfassungsrechtliche Unvereinbarkeit hineinwachsen (BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 VI B 9/98, BFH/NV 1999, 1328). Dem entspricht § 53 EStG i.d.F. des Entwurfs des Gesetzes zur Familienförderung vom 12. November 1999. Danach beträgt das steuerlich zu berücksichtigende Existenzminimum für 1992 5 676 DM und der Grenzsteuersatz, ab dem Kindergeld und Kinderfreibetrag zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums nicht ausreichen würden, 53,4 v.H. Bei den Klägern lag der Grenzsteuersatz im Streitjahr 1992 aber lediglich bei 31,5 v.H.

Außerdem ist der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1992 hinsichtlich der Kinderfreibeträge vorläufig, so dass insoweit etwaige gesetzliche Änderungen noch berücksichtigt werden könnten.

3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.



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