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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 18.11.1998
Aktenzeichen: X R 143/95
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 10e Abs. 2
EStG § 34f Abs. 2
EStG § 10e
EStG § 10e Abs. 1
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 1
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1990 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In diesem Jahr bauten sie --überwiegend in Eigenleistungen-- das bisher als Speicher genutzte Dachgeschoß ihres Einfamilienhauses zu Wohnraum (Schlafzimmer und Badezimmer) mit einem Kostenaufwand von 5 968 DM um. Eine Baugenehmigung haben sie nicht eingeholt. Hierzu haben sie erläutert, in der Nachbarschaft seien gleichartige Baumaßnahmen durchgeführt und in allen Fällen sei eine Baugenehmigung erteilt worden. Sie hätten deshalb aus Kostengründen auf die Beantragung einer Baugenehmigung verzichtet.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1990 beantragten sie einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die Steuerermäßigung für ihre beiden Kinder gemäß § 34f Abs. 2 EStG. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nicht mit der Begründung, Schwarzbauten seien nicht begünstigt.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Es führte aus, die Steuerbegünstigung könne nicht davon abhängen, ob eine Baugenehmigung für einen Ausbau eingeholt worden sei. Es gehe zwar mit dem FA davon aus, daß --entsprechend der Auskunft des Bauamtes-- für die Nutzungsänderung des Speichers eine Baugenehmigung erforderlich gewesen wäre. Da sie bei gleichartigen Baumaßnahmen in der Nachbarschaft offenbar erteilt worden sei, sei es formalistisch, die Begünstigung nach § 10e EStG zu versagen, obwohl der Förderungszweck mit dem Ausbau erreicht worden sei.

Gegenstand des Klageverfahrens war der --aus nicht den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Gründen-- geänderte Einkommensteuerbescheid für 1990 vom 16. April 1993.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA am 11. Januar 1996 erklärt, für --wie hier-- nicht bestandskräftige Fälle werde die Steuervergünstigung nach § 10e EStG gewährt, wenn die Baugenehmigung nachträglich eingeholt werde und auch die übrigen Voraussetzungen vorlägen. Die Kläger haben darauf eine Bescheinigung der zuständigen Genehmigungsbehörde vorgelegt, nach der das in der Bauvorlage vom 8. Februar 1996 dargestellte Vorhaben nach § 67 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen genehmigungsfrei sei. Das FA ist der Auffassung, maßgeblich für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes sei die vor dem 1. Januar 1996 geltende Rechtslage; danach sei bei Ausbau eines Dachgeschosses eine Baugenehmigung zwingend erforderlich gewesen. Ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG sei deshalb nicht zu gewähren.

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ausbauten und Erweiterungen sind nicht nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigt, wenn eine erforderliche Baugenehmigung nicht erteilt worden ist.

1. § 10e Abs. 1 EStG begünstigt die Anschaffung oder Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, die keine Ferien- oder Wochenendwohnung ist. Abs. 1 gilt entsprechend für Herstellungskosten von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Ausbauten und Erweiterungen (§ 10e Abs. 2 EStG).

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 31. Mai 1995 X R 245/93, BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875, und vom 4. März 1998 X R 142/94, BFH/NV 1998, 965 unter B.3.a) sind Wohnungen, Ausbauten oder Erweiterungen, die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden sind, nicht nach § 10e EStG begünstigt. Der Nachweis, daß das Bauvorhaben dem materiellen Baurecht entspricht, kann regelmäßig nur durch Vorlage einer Baugenehmigung oder einer Bescheinigung der zuständigen Behörde, daß eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, erbracht werden. An dieser Auffassung hält der erkennende Senat fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe dieser Entscheidungen.

2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Entscheidung war deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.

Die Kläger haben nach ihrem eigenen Vortrag im Klageverfahren eine --im Zeitpunkt der Herstellung der Wohnung erforderliche-- Baugenehmigung nicht eingeholt, um die mit einem Baugenehmigungsverfahren verbundenen Kosten einzusparen. Ihnen steht deshalb die Förderung nach § 10e EStG nicht zu. Damit entfällt auch die Voraussetzung für die Steuerbegünstigung nach § 34f EStG.

3. Der Senat kann im Streitfall offenlassen, in welcher Weise eine nachträglich erteilte Baugenehmigung oder Bescheinigung, daß eine solche nicht erforderlich ist, zu berücksichtigen wäre. Denn der Bundesfinanzhof (BFH) muß seiner Entscheidung die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde legen (§ 118 Abs. 2 FGO) und darf deshalb Tatsachen, die von den Beteiligten erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen werden, grundsätzlich nicht berücksichtigen. Das gilt auch für Tatsachen, die das FG nicht feststellen konnte, weil sie erst während des Revisionsverfahrens entstanden sind (BFH-Urteil vom 14. Juli 1992 V R 91/85, BFH/NV 1995, 836).

Ende der Entscheidung

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