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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: X R 147/97
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, EigZulG


Vorschriften:

EStG § 10e
EStG § 10e Abs. 2
EStG § 10e Abs. 1
EStG § 10e Abs. 1 Satz 1
EStG § 10e Abs. 1 Satz 6
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1
EigZulG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren zu je einem Drittel Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das sie zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Zu einem Drittel gehörte das Grundstück der --ebenfalls in dem Gebäude wohnenden-- Mutter der Klägerin.

In den Jahren 1992 und 1993 errichteten die Kläger für insgesamt 140 391 DM einen Anbau an das Gebäude, der im Herbst 1993 fertiggestellt wurde. Durch notariellen Kaufvertrag vom 28. März 1994 übertrug die Mutter ihren Grundstücksanteil auf die Klägerin. Gleichzeitig räumten die Kläger der Mutter ein Wohnrecht auf Lebenszeit an einem Zimmer im ersten Obergeschoss des Hauses ein.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 beantragten die Kläger die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 6 v.H. der Herstellungskosten des Anbaus (= 8 423 DM). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) kürzte die Herstellungskosten um 1/3, weil die Kläger im Streitjahr nur zu 2/3 Eigentümer des Grundstücks gewesen seien, und berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 1993 nur einen Abzugsbetrag in Höhe von 5 615 DM (140 391 DM x 2/3 x 6 v.H.). Der Einspruch war erfolglos.

Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 189 veröffentlicht ist, wies die Klage ab.

Mit der Revision tragen die Kläger im Wesentlichen vor:

Sie seien bereits im Streitjahr 1993 als wirtschaftliche Eigentümer des gesamten Grundstücks anzusehen, weil sie die gesamten Kosten der Baumaßnahme getragen und bereits vor Beginn der Bauarbeiten die Übertragung des Eigentumsanteils verbindlich vereinbart und alsbald nach Fertigstellung der Baumaßnahme verwirklicht hätten. Dass ihnen die Wohneigentumsförderung für das gesamte Grundstück zustehe, ergebe sich aus der überzeugend begründeten Entscheidung des FG München vom 16. Juli 1996 16 K 2780/94 (EFG 1997, 1113).

Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1993 einen Abzugsbetrag in Höhe von 8 423 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG nur 2/3 der Anbaukosten in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag einbezogen.

1. Nach § 10e Abs. 2 EStG gilt für Herstellungskosten zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten und Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung § 10e Abs. 1 EStG entsprechend. Das bedeutet, dass die in Absatz 1 für die Begünstigung von Herstellungskosten einer Wohnung aufgestellten Voraussetzungen sinngemäß auf Ausbauten und Erweiterungen anzuwenden sind.

a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen für die Herstellungskosten einer Wohnung ein Abzugsbetrag lediglich zu, wenn es sich um eine Wohnung im eigenen Haus oder um eine eigene Eigentumswohnung handelt. Aufgrund der durch § 10e Abs. 2 EStG angeordneten sinngemäßen Geltung sind deshalb Herstellungskosten für Ausbauten/Erweiterungen ebenfalls nur begünstigt, wenn sie eine Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung betreffen. Der Steuerpflichtige muss zivilrechtlicher oder zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten oder erweiterten Wohnung sein.

b) Trägt der Steuerpflichtige die Herstellungskosten eines Ausbaus/einer Erweiterung an einer fremden Wohnung, wird er dadurch nicht deren wirtschaftlicher Eigentümer.

aa) Nach der neueren Rechtsprechung des I. und XI. Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. die Urteile vom 28. Juli 1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164, und vom 11. Juni 1997 XI R 77/96, BFHE 183, 455, BStBl II 1997, 774) ist der Nutzungsberechtigte als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen, wenn er die Herstellungskosten des Wirtschaftsguts getragen hat und im Falle der Beendigung des Nutzungsrechts einen Anspruch auf vollen Wertersatz hat. I. und XI. Senat sehen den Grund, das Wirtschaftsgut in einem solchen Fall abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum dem Nutzungsberechtigten zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--), darin, dass der zivilrechtliche Eigentümer zwar rechtlich, aber nicht wirtschaftlich über sein Eigentum verfügen kann, weil er im Falle der Nutzungsbeendigung dem Nutzungsberechtigten vollen Ersatz für das vom Nutzungsberechtigten hergestellte Wirtschaftsgut leisten muss.

bb) Ob diese Rechtsprechung gleichermaßen bei der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG anzuwenden ist (so das von den Klägern zitierte Urteil des FG München in EFG 1997, 1113), kann im Streitfall dahinstehen. Denn dadurch, dass der zivilrechtliche Eigentümer bei Beendigung der Nutzung ggf. eine Entschädigung in Höhe des Wertes des Ausbaus oder der Erweiterung zu leisten hat, wird sein zivilrechtlicher Anspruch auf Herausgabe der Wohnung nicht wirtschaftlich wertlos.

c) Wirtschaftliches Eigentum --das grundsätzlich auch an einem realen Gebäudeteil möglich ist (BFH-Urteil vom 28. Juli 1999 X R 116/96, BFH/NV 2000, 182)-- könnte allenfalls an dem Ausbau/der Erweiterung selbst bestehen, wenn der Steuerpflichtige die Herstellungskosten hierfür getragen hat. Wirtschaftliches Eigentum an dem Ausbau/der Erweiterung allein berechtigt aber nicht zur Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG.

aa) Die Begünstigung nach § 10e Abs. 2 EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten oder erweiterten Wohnung ist. Dem Hersteller zuzurechnende Ausbauten und Erweiterungen an einer fremden Wohnung werden nur gefördert --und zwar nach § 10e Abs. 1 EStG--, wenn durch den Ausbau oder die Erweiterung eine selbständige Wohnung hergestellt wird.

bb) Die Begünstigung von Ausbauten oder Erweiterungen an Wohnungen, die nicht im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen, entspräche auch nicht dem mit § 10e EStG verfolgten Ziel, die Vermögensbildung durch Wohneigentum zu erleichtern. Mit der Neuregelung durch das Wohneigentumsförderungsgesetz (WohneigFG) sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass möglichst viele Bürger, vor allem auch Familien mit Kindern, Wohneigentum erwerben können. Die Vermögensbildung durch Wohneigentum sollte ferner gefördert werden, weil sie wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge ist (BTDrucks 10/3633, S. 10). Ausbauten/Erweiterungen an fremden Wohnungen sind aber keine vermögensbildenden Maßnahmen in diesem Sinne.

cc) Die amtliche Überschrift des § 10e EStG "Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus" macht ebenfalls deutlich, dass Gegenstand der Förderung nur Maßnahmen im Zusammenhang mit einer eigenen Wohnung sind.

dd) Auch nach dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG), das die selbständige Förderung von Ausbauten/Erweiterungen weiterführt, werden nunmehr ausdrücklich nur Ausbauten/Erweiterungen an einer Wohnung im eigenen Haus oder einer eigenen Eigentumswohnung begünstigt (§ 2 Abs. 2 EigZulG). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts dafür, dass insoweit eine Änderung gegenüber der bisherigen Regelung beabsichtigt war.

d) Nach dem --für die Begünstigung von Ausbauten und Erweiterungen ebenfalls sinngemäß geltenden-- § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG, kann der Miteigentümer einer eigengenutzten Wohnung nur den seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG abziehen. Ein Abzugsbetrag steht ihm daher nur für die anteiligen Herstellungs- oder Anschaffungskosten bis zu einem entsprechenden Teil des Höchstbetrags zu. Trägt der Miteigentümer einer eigengenutzten Wohnung die gesamten Herstellungskosten für deren Ausbau oder Erweiterung, ist folglich nur der dem Miteigentumsanteil entsprechende Teil der Herstellungskosten für die Ermittlung des Abzugsbetrags zugrunde zu legen.

2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger im Streitjahr nur zu 2/3 Eigentümer des Einfamilienhauses waren und ihnen deshalb die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG für den Anbau nur anteilig zusteht.

a) Die Kläger sind --wie unter II. 1. dargelegt-- nicht deshalb wirtschaftliche Eigentümer des der Mutter gehörenden Grundstücksanteils gewesen, weil sie sämtliche Kosten für den Anbau getragen haben. Insoweit könnten sie allenfalls wirtschaftliche Eigentümer des gesamten Anbaus gewesen sein, was aber nicht zur vollen Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG berechtigt.

b) Soweit die Kläger im Revisionsverfahren erstmals vorgetragen haben, sie seien im Streitjahr 1993 wirtschaftliche Eigentümer des gesamten Grundstücks gewesen, weil die Übertragung des der Mutter zuzurechnenden Miteigentumsanteils bereits vor Beginn der Bauarbeiten verbindlich vereinbart worden sei, handelt es sich um tatsächliches neues Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Im Übrigen erlangt bei Übertragung eines Grundstücks oder Grundstücksanteils der Erwerber das wirtschaftliche Eigentum regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt, zu dem Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf ihn übergegangen sind. Da der Besitz in Erwartung des Eigentumserwerbs eingeräumt worden sein muss, kann der Erwerber in der Regel frühestens mit Abschluss des schuldrechtlichen Übertragungsvertrags wirtschaftlicher Eigentümer werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. Juni 1988 III R 18/85, BFH/NV 1989, 348, m.w.N.).



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