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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: X R 192/96
Rechtsgebiete: BerlinFG, EStG, AO 1977, FGO, BHG 1968


Vorschriften:

BerlinFG § 17 Abs. 2
BerlinFG § 17 Abs. 7
BerlinFG § 17
BerlinFG § 17 Abs. 2 Satz 1
BerlinFG § 17 Abs. 3 Satz 3
BerlinFG § 17 Abs. 1
BerlinFG § 17 Abs. 6
BerlinFG § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
EStG § 15a
EStG 1969 § 7c
EStG a.F. § 7c
AO 1977 § 42
AO 1977 § 42 Satz 1
FGO § 120 Abs. 2 Satz 2
BHG 1968 § 14a
BHG 1968 § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

A. Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin/KG) ist die A-KG, die zur Unternehmensgruppe Z gehört. Gegenstand der Gesellschaft ist der Erwerb des Grundstücks A-Straße in Berlin, seine Beplanung und Bebauung, die anschließende Vermietung und Verwaltung und die Vergabe von Darlehen für die Finanzierung von Bauvorhaben in Berlin. Alleiniger Komplementär der KG ist Z, der am Vermögen sowie am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist. Er führt die Geschäfte der einzelnen Gesellschaften. Die Beteiligten zu 1 bis 27 sind Kommanditisten der KG, die Einlagen in Höhe von insgesamt 1 950 000 DM übernommen haben. Die im Handelsregister eingetragene Haftsumme beträgt wegen eines sog. Haftungszuschlags in Höhe von 10 v.H. 2 145 000 DM.

Die KG erzielte im Streitjahr 1984 Verluste aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit der Errichtung des Mehrfamilienhauses A-Straße in Berlin sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Vergabe eines Berlin-Darlehens. Sie hat dieses Darlehen mit Vertrag vom 27. Dezember 1983/14. Dezember 1984 der ebenfalls zur Unternehmensgruppe Z gehörenden B-KG für die Errichtung eines Gebäudes in Berlin gewährt. Die KG hat ihrerseits für ihr eigenes Wohnbauvorhaben gemäß Verträgen vom 20. September 1984 je ein Darlehen von der C-KG über 1,4 Mio. DM und von der D-KG in Höhe von 900 000 DM erhalten. Die beiden letzteren Darlehensgeber gehören ebenfalls zur Unternehmensgruppe Z. Z ist auch alleiniger Komplementär der B-KG, der C-KG und der D-KG.

Das Fondsvolumen der A-KG (5,85 Mio. DM) setzt sich zusammen aus den Einlagen der Kommanditisten in Höhe von 1,95 Mio. DM, einem Darlehen der B-Bank in Höhe von 1,6 Mio. DM und den Darlehen der C-KG und der D-KG. Die KG verwendete 3,45 Mio. DM für die Errichtung des Mietwohngebäudes A-Straße in Berlin sowie 2,4 Mio. DM für das Berlin-Darlehen an die B-KG. Bei der Vergabe dieses Darlehens, das in den Jahren 1983 und 1984 in zwei Teilbeträgen von je 1,2 Mio. DM ausgezahlt wurde, setzte die KG die Mittel aus dem Darlehen der B-Bank in Höhe von 1,6 Mio. DM sowie Eigenkapital in Höhe von 800 000 DM ein. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) haben sowohl die A-KG die von ihr aufgenommenen Darlehen als auch die B-KG das von der Klägerin gewährte Darlehen "unmittelbar dem Berliner Wohnungsbau zugeführt". Die B-Bank hat nicht ihrerseits die Steuervergünstigung des § 17 Abs. 2 des Berlinförderungsgesetzes i.d.F. vom 23. Februar 1982 (BGBl I 1982, 225, BStBl I 1982, 324) --BerlinFG-- in Anspruch genommen. Die durch die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin ausgestellte vorläufige Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 7 BerlinFG liegt vor.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte im Anschluss an eine Außenprüfung die Besteuerungsgrundlagen des Streitjahres 1984 durch Bescheid vom 15. Januar 1988 gesondert und einheitlich fest und ging davon aus, dass der ermittelte Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht in voller Höhe ausgleichsfähig sei. Unter Berufung auf die Erlasse des Senators für Finanzen Berlin vom 8. März 1985 und 17. März 1986 versagte das FA ferner die Steuerermäßigung gemäß § 17 Abs. 2 BerlinFG. Der Zweck der Begünstigungsvorschrift, die Bereitstellung zusätzlichen Kapitals für den Berliner Wohnungsbau zu fördern, werde nicht erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger vorhandenes Kapital nicht zur Verwirklichung des eigenen Bauvorhabens verwende, sondern es als (steuerbegünstigtes) Berlin-Darlehen an andere Gesellschaften mit denselben Initiatoren vergebe und in zeitlichem Zusammenhang hiermit für das eigene Bauvorhaben von einer anderen Gesellschaft der gleichen Firmengruppe einen gleichfalls refinanzierten Kredit aufnehme. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Das FG hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben. Es änderte den angefochtenen Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung in der Weise, dass der Verlust aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe als ausgleichsfähig berücksichtigt und die Steuerermäßigung gemäß § 17 Abs. 2 BerlinFG für ein Darlehen in Höhe von 1,2 Mio. DM festgestellt wurde. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 91 veröffentlicht.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens seinen Antrag insoweit eingeschränkt, als nur noch die Begünstigung nach § 17 BerlinFG Streitgegenstand ist. Es rügt Verletzung materiellen Rechts und trägt u.a. vor: "Nach der äußeren Gestaltung" habe die Klägerin das ihr selbst gewährte Berlin-Darlehen zum Wohnungsbau und die Eigenmittel sowie die aufgenommenen Bankkredite zur Finanzierung des von ihr gegebenen Berlin-Darlehens verwendet. "Wirtschaftlich betrachtet" habe indessen das Berlin-Darlehen nicht dem Wohnungsbau gedient, sondern sei als "neues" Berlin-Darlehen vergeben worden, während der Wohnungsbau mit Eigenmitteln und Bankkrediten finanziert worden sei.

Dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 1990 X R 109/89 (BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327) sei nicht zu entnehmen, dass eine "wechsel- oder mehrseitige Darlehensvergabe" nur dann vorliege, wenn Darlehensnehmer und -geber einen geschlossenen Kreis bildeten, in dem der letzte Darlehensnehmer dem ersten Darlehensnehmer ein Darlehen gebe. Entgegen der Auffassung des FG könne die rechtliche Beurteilung, ob dem Berliner Wohnungsbau in Höhe des gewährten Darlehens neue Mittel zugeführt und damit der Zweck des § 17 BerlinFG erfüllt sei, nicht auf die Klägerin "als einzelnes Kettenglied" beschränkt werden. Vielmehr sei "auf die Gesamtheit der vertraglichen und zahlenmäßigen Verflechtungen" abzustellen. Nach Aktenlage habe die Klägerin bei der C-KG ein Darlehen über 1,4 Mio. DM und bei der D-KG ein Darlehen über 900 000 DM aufgenommen. Am 20. Dezember 1984 seien die entsprechenden Valuta auf einem Konto der Klägerin bei der Berliner Volksbank eingegangen. Am selben Tage seien 1,2 Mio. DM an die B-KG überwiesen worden. Im Ergebnis hätte die B-KG gleich selbst ein Darlehen von der B-Bank aufnehmen können. Der Anerkennung dieses rechtsmissbräuchlichen Umwegs stehe § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) entgegen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

B. I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757). Das FA hat eine Verletzung des § 42 AO 1977 ordnungsgemäß unter Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils gerügt.

II. Die Revision ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BerlinFG ermäßigt sich bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die verzinsliche Darlehen mit einer Laufzeit von mindestens 25 Jahren zur Förderung u.a. des Baus von Gebäuden in Berlin (West) gewähren, bei Vorliegen weiterer hier nicht streitiger Voraussetzungen die Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum der Hingabe um 20 v.H. der hingegebenen Darlehen. Das Darlehen muss unverzüglich und unmittelbar in Berlin (West) von einem Bauherrn u.a. zur Finanzierung bestimmter Baumaßnahmen verwendet werden (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 BerlinFG). Das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen hat das FG rechtsfehlerfrei bejaht. Das FA hat mit Schriftsatz an das FG vom 11. Januar 1995 ausdrücklich anerkannt, dass die B-KG den hier fraglichen Darlehens-Teilbetrag "unmittelbar dem Berliner Wohnungsbau zugeführt hat".

2. Die Steuervergünstigung des § 17 Abs. 2 BerlinFG ist ungeachtet dessen zu gewähren, dass die Klägerin für das der B-KG gewährte Darlehen Fremdmittel verwendet hat, die aus dem bei der B-Bank aufgenommenen Darlehen stammen. Die Refinanzierung von Darlehen gemäß § 17 Abs. 2 BerlinFG ist zulässig; dies folgt aus einem Umkehrschluss zu § 17 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG. Entgegen der Auffassung des FA steht dies nicht in Widerspruch zu dem BFH-Urteil in BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327, das zu einem mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist. Dort hat der Senat entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 17 Abs. 2 BerlinFG jedenfalls dann nicht gewährt wird, wenn einen Steuerpflichtigen die Wirkungen --Nutzen und insbesondere Risiken-- der Darlehensgewährung wegen einer weitgehenden Beschränkung der Haftung wirtschaftlich nicht treffen und er deswegen steuerrechtlich nicht als Darlehensgeber anzusehen ist. Solches hat das FG im Streitfall weder festgestellt noch ist es vom FA behauptet worden.

3. Die Steuerermäßigung wird nach näherer Maßgabe des § 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG unter der Bedingung gewährt, dass eine vorzeitige Rückzahlung der Darlehen nicht stattfindet. Der Zweck der Regelung über die Mindestlaufzeit besteht darin, die Steuerermäßigung nur demjenigen zu gewähren, der selbst langfristig Kapital zur Nutzung überlässt. Eine begünstigungsschädliche Rückzahlung i.S. des § 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG setzt nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Darlehensvaluta in das Vermögen des Darlehensgebers zurückgelangt sind (BFH-Urteil vom 4. März 1993 X R 30/91, BFHE 171, 173, BStBl II 1993, 404, m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Eine solche Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin einerseits selbst ein Darlehen gemäß § 17 Abs. 2 BerlinFG vergeben und andererseits selbst Darlehen gemäß § 17 Abs. 2 BerlinFG aufgenommen hat, wobei diese Vorgänge durch die Unternehmensgruppe Z "gesteuert" wurden. Die B-KG hat das ihr von der Klägerin gegebene Darlehen dem Gesetzeszweck entsprechend verwendet. Dass das Darlehen aufgrund einer "ringförmigen" Weitervergabe über weitere Darlehensnehmer/Darlehensgeber an sie zurückgeflossen wäre, hat das FA nicht behauptet. Auf dieser gedanklichen Grundlage ist der Vortrag des FA folgerichtig, dass die Vergünstigung des § 17 Abs. 2 BerlinFG auch bei einer "Kette" von Darlehensgewährungen zu versagen sei. Indes verhilft dieses Vorbringen der Revision nicht zum Erfolg.

4. Dem FG ist darin zuzustimmen, dass eine Umgehung des § 17 Abs. 2 BerlinFG nicht vorliegt.

a) Nach § 42 Satz 1 AO 1977 kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Eine Steuerumgehung i.S. des § 42 AO 1977 liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Mit diesem Inhalt ist § 42 AO 1977 auch dann anwendbar, wenn der Steuerpflichtige eine unangemessene Gestaltung praktiziert, um den Tatbestand eines ihn begünstigenden Gesetzes zu verwirklichen (vgl. --zu sog. Ring-Darlehen-- BFH-Urteil vom 31. Juli 1984 IX R 3/79, BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33; allgemein BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769, m.w.N. der Rechtsprechung). Steuerrechtlich unangemessen ist eine Gestaltung, die den Gesetzeszweck verfehlt und --bezogen auf die im Streitfall in Betracht kommende "Erschleichung" begünstigender Rechtsfolgen-- nur darauf abzielt, einen durch den Begünstigungszweck nicht mehr gedeckten steuerlichen Vorteil zu erlangen. Allerdings ist eine steuerliche Gestaltung nicht bereits deswegen unangemessen, weil der Steuerpflichtige mit ihr die Absicht verfolgt, Steuern zu sparen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, 444, BStBl II 1983, 272, unter C. III.).

b) Wechselseitige Rechtsgeschäfte, mit denen die Vertragspartner jeweils gleiche Leistungen austauschen und deren wirtschaftliche Ergebnisse sich gegenseitig aufheben, können ein Indiz dafür sein, dass der Steuerpflichtige die nicht durch den Gesetzeszweck gedeckte Anwendung einer ihm günstigen Norm auf sich ziehen will (vgl. zur wechselseitigen Vermietung im Umsatzsteuerrecht BFH-Urteile vom 25. Januar 1994 IX R 97-98/90, BFHE 174, 386, BStBl II 1994, 738; vom 1. April 1993 V R 85/91, BFH/NV 1994, 64).

c) Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Darlehensempfänger, der seinerseits seinem Darlehensgeber ein Baudarlehen gibt, damit im Ergebnis bewirkt, dass "beide --wirtschaftlich betrachtet-- mit eigenen Mitteln bauen". Dies ist der Fall, wenn Darlehen und Gegendarlehen "im engen sachlichen Zusammenhang" stehen und hinsichtlich ihrer Rückzahlungsbedingungen weitgehend übereinstimmen. Diese zu § 7c EStG a.F. entwickelten Grundsätze gelten auch für die Auslegung des § 17 Abs. 2 BerlinFG. Eine Umgehung des BerlinFG ist hiernach z.B. anzunehmen, wenn bei wechselseitiger Gläubigerschaft ein Darlehen deswegen als an den Geber zurückgeflossen anzusehen ist, weil zwischen beiden Darlehensgeschäften ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang der Art besteht, dass das eine Rechtsgeschäft nicht ohne das andere vorgenommen worden wäre. In einem solchen Falle wird das Rückzahlungsverbot des § 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG unterlaufen. Die Annahme einer Umgehung dieser Norm ist auch dann gerechtfertigt, wenn die wechsel- und mehrseitigen Darlehensgeschäfte durch die Einbindung in einen von einem Initiator gesteuerten Gesamtplan den Charakter eines den gesetzlichen Begünstigungszweck verfehlenden Hin- und Rückzahlens der Darlehensvaluta erhält (vgl. Senatsurteil in BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327, unter III. 2. der Entscheidungsgründe, m.w.N. der Rechtsprechung). Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt sind zumindest missbrauchsverdächtig u.a. die wechselseitige Vergabe von Darlehen und das Durchreichen eines (einzigen) Darlehensbetrages zum Zwecke einer dem Sinn des § 17 Abs. 2 BerlinFG widersprechenden Vervielfältigung der Begünstigung. Als "Folge der Reihumhingabe", die letztlich weder eine zweckgerechte Mittelverwendung noch sonst eine wirtschaftliche Veränderung bewirkt, stellt sich die Darlehensaufnahme so dar, als hätte der hierbei beteiligte Steuerpflichtige "das von ihm gewährte Darlehen zurückerhalten" (Urteil in BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33, 35).

d) Dies vorausgesetzt wird der Zweck des § 17 Abs. 2 BerlinFG durch die von der Klägerin praktizierten Vertragsgestaltungen nicht verfehlt.

aa) Das BerlinFG unterscheidet bei der Förderung des Berliner Wohnungsbaus seit jeher zwischen "eigenen" Bauvorhaben des Steuerpflichtigen und der Finanzierung "fremder" Bauvorhaben (s. bereits zu § 14a des Berlinhilfegesetzes --BHG-- 1968 einerseits, § 7c EStG 1969, § 17 BHG 1968 andererseits, BFH-Urteile vom 16. Mai 1975 VI R 155/72, BFHE 116, 78, BStBl II 1975, 704; in BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33). Zu den letztgenannten Vorschriften gehört § 17 BerlinFG, der für private Kapitalanleger einen steuerlichen Anreiz schaffen soll, dem Berliner Wohnungsbau zusätzliche Mittel durch Kreditgewährung zuzuführen (BTDrucks IV/435, S.11, 16). Das BerlinFG schließt es dabei grundsätzlich nicht aus, dass ein Steuerpflichtiger ein Berlin-Darlehen gewährt und andererseits selbst eine gemäß § 17 BerlinFG begünstigte Baumaßnahme durchführt, für die er Sonderabschreibungen in Anspruch nimmt. Der Steuerpflichtige erfüllt damit zwei gesetzliche Begünstigungstatbestände.

bb) Mit der Vergabe der Darlehen hat die Klägerin dem Berliner Wohnungsbau "zusätzliches" --wenn auch refinanziertes-- "Kapital bereitgestellt", das, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, von der B-KG "unverzüglich und unmittelbar" für den Wohnungsbau verwendet worden ist. Damit dienen auch diese der Klägerin zuzurechnenden Mittel der durch das BerlinFG steuerbegünstigten Wertschöpfung. Dass der Begünstigungstatbestand von jedem erfüllt werden kann, der willens und in der Lage ist, das --im Regelfall und vor allem bei ausreichender Besicherung kalkulierbare-- Risiko einer Darlehensgewährung einzugehen und der --sofern erforderlich-- die Möglichkeit einer Refinanzierung hat, ist vom Gesetzgeber des BerlinFG gewollt. Daher ist der Einwand des FA unbeachtlich, im Ergebnis hätte die B-KG selbst ein Darlehen bei der refinanzierenden Bank aufnehmen können. Dies trifft zwar zu; auch wären dann die Bereitstellung und Zuführung neuen Kapitals zu den durch das BerlinFG begünstigten Zwecken offenkundig. Indes belegt gerade der Rückschluss aus dem nur für Darlehen i.S. des § 17 Abs. 1 BerlinFG geltenden Kreditaufnahmeverbots (§ 17 Abs. 3 Satz 2 BerlinFG), dass die nicht nur formale Zwischenschaltung eines "privaten" Dritten in die Kreditgewährung nicht nur kein missbrauchsverdächtiger Umweg, sondern ein vom Gesetzgeber anerkanntes Gestaltungsmittel ist, mit dem ein steuerlicher Vorteil, den die refinanzierende Bank wegen der betragsmäßigen Begrenzung des § 17 Abs. 6 BerlinFG nicht mehr in Anspruch nehmen kann, auf eine Vielzahl privater Kapitalgeber "übergeleitet" werden kann. Wegen der Befreiung vom Kreditaufnahmeverbot eröffnet § 17 Abs. 2 BerlinFG "einen sehr weiten Gestaltungsspielraum" (BFH-Urteil in BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33). Über dessen Zweckmäßigkeit mag man in rechts- und steuerpolitischer Hinsicht geteilter Meinung sein. Diesbezüglichen Zweifeln lässt sich nicht durch Anwendung des § 42 AO 1977 rechtliche Geltung verschaffen.

cc) Der Hinweis des FA, die Klägerin habe für das von ihr vergebene Berlin-Darlehen --jedenfalls teilweise-- Eigenkapital sowie die aus dem Refinanzierungs-Darlehen stammenden Mittel und für das eigene Bauvorhaben in erster Linie das von ihr aufgenommene Berlin-Darlehen verwendet, ist rechtlich nicht erheblich. Bei der Verfolgung dieser wirtschaftlichen Ziele kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, inwieweit er seine Vorhaben mit Eigenkapital und Fremdkapital finanziert (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1.). Steuerrechtlich maßgeblich ist, welche Mittel er tatsächlich für den jeweiligen Zweck verwendet hat. Die zweckgerechte Verwendung der aus Eigen- und Fremdkapital herrührenden Valuta wird beim Darlehensempfänger durch § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG gesichert.

dd) Damit ist die Vergabe des Darlehens durch die Klägerin nicht unangemessen. Der Sachverhalt des BFH-Urteils in BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33 war insofern anders gelagert, als dort nicht im laufenden Geschäftsbetrieb getroffene Finanzierungsentscheidungen zu beurteilen waren, sondern eine modellhaft vereinbarte und gesteuerte "Reihumhingabe" eines Darlehens, das letztlich nicht zur Verwendung für den Wohnungsbau bestimmt war, sondern zum kurzfristigen Durchreichen an den jeweils nächsten Darlehensnehmer. Kommt in einem solchen Fall der Darlehensbetrag beim ersten Darlehensnehmer wieder an, ist die Feststellung gerechtfertigt, dass sich durch die gesamtplanmäßige Abfolge der ringförmig geketteten Rechtsgeschäfte wirtschaftlich nichts geändert hat. Denn weder haben die Darlehensgeber aufgrund eigener Anlageentscheidung über die Valuta verfügt noch ist bei den Darlehensnehmern ein tatsächlicher Finanzierungsbedarf gedeckt worden. Dies ist einer steuerschädlichen Rückzahlung des Darlehens (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BerlinFG) gleichzustellen.

ee) Es braucht nicht entschieden werden, ob die Begünstigung nach § 17 Abs. 2 BerlinFG nach den Grundsätzen über das Scheingeschäft oder die Steuerumgehung auch dann entfallen kann, wenn sich eine Gesamttransaktion auf Seiten des Darlehensempfängers nicht als "ringförmig" darstellt, sondern die Darlehensvergaben nur "linear" aneinandergereiht werden. Auf der Grundlage des vom FG festgestellten Sachverhalts (§ 118 Abs. 2 FGO) kommt eine solche Annahme vorliegend deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin ihre Finanzierungs- und Anlageentscheidungen in Abhängigkeit konkreter Bedarfslagen und --weitgehend (unten ff)-- autonom getroffen hat. Bereits die konkrete Verwendung der Valuta durch die B-KG als Darlehensnehmerin schließt die Annahme eines bloß formalen "Durchreichens" aus.

ff) Das vom FA befürwortete rechtliche Ergebnis ergibt sich im Streitfall auch nicht deshalb, weil die als Darlehensgeber und -nehmer beteiligten Gesellschaften derselben Unternehmensgruppe angehören und der Komplementär der KGs die Darlehensaufnahme und die Darlehensvergabe innerhalb der Unternehmensgruppe organisiert hat. Die Gesellschaften haben sich eines Initiators bedient, um sowohl die Kapitalbeschaffung als auch die --steuerbegünstigte-- Kapitalverwendung sicherzustellen. Sie nutzen --gegen entsprechendes Entgelt-- den "Service" des Initiators insofern, als dieser ihnen andere Investoren mit Finanzierungsbedarf und im Bedarfsfall vergabewillige Darlehensgeber nachgewiesen hat. Hierin liegt kein "Hin- und Herschieben" der Darlehensvaluta, das den gesetzlichen Begünstigungszweck verfehlen würde. Der Klägerin ist darin zu folgen, dass die dem Förderzweck des BerlinFG entsprechende Geschäftstätigkeit einer Vielzahl von KGs, durch welche dem Berliner Wohnungsbau zusätzliches Kapital zugeführt wird, nicht anders beurteilt werden kann als das Engagement eines "auf eigene Faust" handelnden Einzelinvestors.



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