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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.07.2000
Aktenzeichen: X R 26/97
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10e Abs. 6 | |
EStG § 10e Abs. 1 |
Gründe
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Eltern des Klägers waren Eigentümer eines Zweifamilienhauses, das mit einer Ölzentralheizung und zentraler Warmwasserbereitung für beide Wohnungen ausgestattet ist; in jedem Raum sind Heizkörper vorhanden. Die 100 qm große, aus fünf Zimmern, Bad und Küche bestehende Erdgeschosswohnung hatten sie seit etwa 1987 an die Kläger vermietet.
Im Jahr 1991 renovierten die Kläger die Wohnung. Unter anderem entfernten sie in Eigenleistung den offenen Kamin und bauten nach Durchbruch einer Wand einen Kachelofen ein. Durch notariellen Kaufvertrag vom 20. Dezember 1991 erwarben sie für 315 000 DM einen Miteigentumsanteil an dem Zweifamilienhaus zu 70/100, verbunden mit einem Nutzungsrecht an der Wohnung im Erdgeschoss. Gefahr, Nutzungen und Lasten gingen zum 31. Dezember 1991 auf sie über.
In der Einkommensteuererklärung für 1991 machten die Kläger einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 18 067 DM geltend sowie Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 34 220 DM. In dem Vorkostenbetrag waren die Aufwendungen für den Einbau des Kachelofens in Höhe von 11 135 DM enthalten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte nur einen Betrag in Höhe von 23 085 DM als Vorkosten. Die Aufwendungen für den Einbau des Kachelofens beurteilte das FA nicht als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen, sondern als Herstellungskosten, die es der Bemessungsgrundlage für die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG zuordnete. Vorkosten und Abzugsbetrag wurden im Einkommensteuerbescheid für 1991 nur in Höhe von insgesamt 34 221 DM als Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung angesetzt, weil sich der Sonderausgabenabzug nur bis zu dieser Höhe steuerlich auswirkte.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 beantragten die Kläger wiederum einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 18 067 DM sowie Nachholung aus dem Jahr 1991 in Höhe von 18 066 DM (insgesamt 36 133 DM). Im geänderten Einkommensteuerbescheid für 1992 berücksichtigte das FA einen Abzugsbetrag in Höhe von 18 791 DM sowie einen Nachholungsbetrag von 7 655 DM (insgesamt 26 446 DM). Den Einspruch der Kläger, soweit er sich gegen die Einbeziehung der Kosten für den Kachelofen in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag richtete, wies das FA als unbegründet zurück.
Mit der Klage begehrten die Kläger, die Aufwendungen für den Einbau des Kachelofens bei der Veranlagung für 1991 als Vorkosten zu behandeln. Dadurch ergebe sich für 1992 durch Nachholung ein höherer Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG. Sie beantragten, den vom FA im Einkommensteuerbescheid für 1992 insgesamt als Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung berücksichtigten Betrag um 2 000 DM zu erhöhen. Der Restbetrag werde 1993 und 1994 nachgeholt.
Im finanzgerichtlichen Verfahren trugen die Kläger vor, der Kamin sei im Jahr 1978 in Eigenleistung in das 30 qm große Wohnzimmer eingebaut worden. Der anstelle des offenen Kamins errichtete Kachelofen befinde sich im Wohnzimmer, werde aber vom Esszimmer aus beheizt. Über eine Lüftungsklappe könne die warme Luft ins Esszimmer geleitet werden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 811 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das Urteil widerspreche der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand. Nach dem BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 88/90 (BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628) seien Herstellungskosten anzunehmen, wenn nachträglich bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Haus eingebaut würden, selbst wenn sie nur geringfügig seien. Mit dem Einbau eines Kachelofens werde etwas Neues, bisher nicht Vorhandenes geschaffen, da ein offener Kamin in erster Linie "Einrichtungsgegenstand" sei, während ein Kachelofen hauptsächlich als (eventuelle zusätzliche) Heizung diene. Ein offener Kamin und ein Kachelofen seien nicht funktions- und nutzungsgleich.
Das FA beantragt sinngemäß, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger haben sich nicht geäußert.
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Entgegen der Auffassung des FG sind die Aufwendungen für den Einbau des Kachelofens Herstellungskosten und deshalb nicht als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG abziehbar. Der im Einkommensteuerbescheid für 1991 als Steuerbegünstigung für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung berücksichtigte Gesamtbetrag in Höhe von 34 221 DM entfällt somit nur in Höhe von 23 085 DM auf Vorkosten und in Höhe von 11 136 DM auf den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1992 hat das FA daher zu Recht neben der Grundförderung in Höhe von 18 791 DM für 1992 nur einen Nachholungsbetrag für die bei der Veranlagung 1991 nicht ausgenutzte Grundförderung in Höhe von 7 655 DM (18 791 DM ./. 11 136 DM) gewährt.
2. Der Abzug als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG setzt unter anderem voraus, dass die vor Beginn der erstmaligen Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entstandenen Aufwendungen nicht zu den Herstellungskosten der Wohnung gehören und im Fall der Vermietung oder Verpachtung der Wohnung als Werbungskosten abziehbar wären. Die Aufwendungen für den Einbau des Kachelofens könnten daher nur dann als Vorkosten berücksichtigt werden, wenn sie nicht als Herstellungskosten, sondern als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.
a) Erhaltungsaufwand liegt begrifflich nur vor, wenn etwas bereits Bestehendes instandgesetzt oder instandgehalten wird. Dagegen sind (nachträgliche) Herstellungskosten gegeben, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. August 1989 IX R 176/84, BFHE 159, 303, BStBl II 1990, 430, m.w.N. --Markise--; vom 16. Februar 1993 IX R 85/88, BFHE 170, 547, BStBl II 1993, 544 --Alarmanlage--; vom 21. April 1993 X R 1/91, BFH/NV 1994, 158 --Rollläden--). Die Beurteilung, ob etwas Neues geschaffen wurde, richtet sich nach der Funktion des eingefügten Bestandteils für das Gebäude. Hatte das Gebäude vor der Maßnahme keine Bestandteile mit vergleichbarer Funktion, die durch die Maßnahme erneuert oder ersetzt wurden, sind die Aufwendungen grundsätzlich Herstellungskosten und keine Erhaltungsaufwendungen (BFH-Urteile in BFHE 159, 303, BStBl II 1990, 430, m.w.N.; in BFHE 170, 547, BStBl II 1993, 544).
b) An diesen Grundsätzen hat der BFH bei seiner neueren Rechtsprechung zur Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand festgehalten. Danach ist der nachträgliche Einbau bisher nicht vorhandener Bestandteile, auch wenn die Aufwendungen nur geringfügig sind, grundsätzlich als eine --zu Herstellungskosten führende-- Erweiterung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu beurteilen (z.B. Urteile in BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628, unter 2. b; vom 9. Mai 1995 IX R 2/94, BFHE 178, 42, BStBl II 1996, 637, unter 1.; vom 10. Mai 1995 IX R 62/94, BFHE 178, 46, BStBl II 1996, 639, unter I. 2. b, c). Jedoch muss der Einbau neben der Substanzmehrung auch eine "Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes" zur Folge haben. Entspricht die Funktion des eingebauten Gegenstandes dagegen im Wesentlichen derjenigen, die der ausgetauschte oder erweiterte Gegenstand hatte (BFH-Urteil vom 17. Juni 1997 IX R 30/95, BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 802, unter 3. b), sind Erhaltungsaufwendungen anzunehmen.
3. Durch den Einbau des Kachelofens haben die Kläger --entgegen der Auffassung des FG-- keinen in den Herstellungskosten bereits enthaltenen Gebäudebestandteil ersetzt; vielmehr haben sie dem Gebäude einen bisher nicht vorhandenen Bestandteil hinzugefügt, der in seiner Funktion erheblich über den ersetzten Bestandteil hinausgeht.
Der Senat verkennt nicht, dass ein offener Kamin nicht nur dazu dient, eine behagliche Atmosphäre zu schaffen, sondern in der Übergangszeit auch in gewissem Umfang anstelle der Zentralheizung als Wärmequelle genutzt werden kann. Für die Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand kommt es entgegen der Auffassung des FG aber nicht nur auf den Ersatz des offenen Kamins durch den Kachelofen als zusätzliche Heizquelle an. Abgesehen davon, dass mit einem Kachelofen eine höhere und länger anhaltende Heizleistung erreicht wird und im Streitfall neben dem Wohnraum nunmehr auch das Esszimmer beheizt werden konnte, fällt entscheidend ins Gewicht, dass durch einen Kachelofen die Gebäudesubstanz um einen zusätzlichen Ausstattungsgegenstand wesentlich vermehrt wird. Aufwendungen für den Einbau eines bisher nicht vorhandenen Kachelofens in ein Gebäude sind daher unabhängig davon, ob er --wie im Streitfall vorgetragen-- durch einen nicht funktionstüchtigen Kamin veranlasst war, als Herstellungskosten zu beurteilen und somit nicht als Vorkosten abziehbar.
Ende der Entscheidung
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