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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 18.09.2002
Aktenzeichen: X R 5/00
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 15 Abs. 2 |
2. Eine unbedingte Veräußerungsabsicht ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erwerber die Grundstücke seiner Planung entsprechend jeweils unmittelbar nach Ankauf bebaut und sodann veräußert.
Gründe:
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger ist Zimmermeister. Er erwarb im Jahre 1990 ein unbebautes Grundstück, das er mit einem Einfamilien-Eichenfachwerkhaus bebaute und im Jahr 1991 verkaufte. In dem notariellen Kaufvertrag vom 22. Juli 1991 verpflichtete er sich, das im Rohbau befindliche Gebäude schlüsselfertig herzustellen und "nach Fertigstellung des Ausbaus" zum 1. November 1991 zu übergeben. Für die Abnahme des Bauwerks vereinbarten die Vertragsparteien die Geltung der VOB.
Im Juli 1991 erwarb der Kläger ein weiteres unbebautes Grundstück, das er mit einem Vierfamilienhaus bebaute und --ausweislich der Vertragsurkunde "im Rohbauzustand"-- im September 1992 veräußerte. "Hinsichtlich des 4-Familienhauses im Rohbauzustand" und der noch herzustellenden Gebäudeteile übernahm der Kläger die "Gewähr für die ordnungsgemäße und handwerksgerechte Herstellung". Der Kläger nahm weder eine Aufteilung in Wohneigentum vor noch holte er Abgeschlossenheitsbescheinigungen ein.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erfasste den Veräußerungserlös für das Vierfamilienhaus bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, schätzte den Gewinn auf ... DM und setzte die Einkommensteuer entsprechend fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger dagegen Klage, der das Finanzgericht (FG) stattgab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 503 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie tragen vor:
Auch Mehrfamilienhäuser seien als (nur) ein Objekt im Sinne der "Drei-Objekt-Grenze" anzusehen. Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) gelte die "Drei-Objekt-Grenze" unabhängig davon, ob die veräußerten Grundstücke lediglich gekauft oder auch bebaut worden seien.
Bei den vom Kläger zu erbringenden Restarbeiten habe es sich um kleinere "Restarbeiten" gehandelt, die bei Grundstückskäufen durchaus üblich und für die steuerrechtliche Beurteilung von untergeordneter Bedeutung seien. Mit der Überleitung der Gewährleistungsansprüche bezwecke der Käufer, dass bestehende Garantieverpflichtungen auch mit Abschluss des Kaufvertrages auf ihn übergingen. Dies sei durchaus üblich und lasse nicht den Schluss auf eine unternehmerische Betätigung zu.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Zu Unrecht hat das FG die Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels im Zusammenhang mit der Errichtung und Veräußerung des Vierfamilienhauses durch den Kläger verneint.
1. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 EStG vor, wenn er selbständig, nachhaltig sowie mit der Absicht, Gewinn zu erzielen betrieben wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).
a) Für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits stellt die Rechtsprechung dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung ab. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. I.; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448, zum Wertpapierhandel).
b) Indiz für einen solchen gewerblichen Grundstückshandel ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs (sog. Drei-Objekt-Grenze); dabei zählt auch ein Mehrfamilienhaus --wie es der Kläger im Streitjahr errichtet hat-- nur als ein Objekt (vgl. BFH-Urteile vom 18. Mai 1999 I R 118/97, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28; vom 15. März 2000 X R 130/97, BFHE 191, 360, BStBl II 2001, 530).
Nach Auffassung des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 (unter C. III. 3.) gilt die "Drei-Objekt-Grenze in der Regel auch in den Fällen der Bebauung und anschließenden Veräußerung.
c) Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt auch bei einem An- und Verkauf von weniger als vier Objekten dann vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zweifelsfrei von vornherein eine unbedingte Veräußerungsabsicht des Steuerpflichtigen bestanden hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5. der Gründe).
Eine solche unbedingte Veräußerungsabsicht, die zur Annahme einer gewerblichen Betätigung selbst bei Veräußerung von weniger als vier Objekten führt, liegt nach Auffassung des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 beispielsweise vor, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung (ggf. auch durch Schenkung) erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist, es von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird oder das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie unter Fremden abgerechnet werden (BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 71/96, BFH/NV 1997, 839).
Diesen für eine unbedingte Veräußerungsabsicht und gegen eine private Vermögensverwaltung sprechenden Indizien steht gleich, wenn der Steuerpflichtige das Bauvorhaben nur kurzfristig finanziert, bereits während der Bauzeit eine Maklerfirma mit dem Verkauf des Objekts beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen schaltet, vor Fertigstellung des Objekts einen Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber schließt oder Gewährleistungspflichten über das bei Privatverkäufen übliche Maß hinaus übernimmt; umso mehr gilt dies, wenn der Steuerpflichtige die unbedingte Veräußerungsabsicht zweifelsfrei bekundet oder in sonstiger Weise dokumentiert (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage X R 183/96, www.bundesfinanzhof.de, Entscheidungen, Datum der Veröffentlichung: 22. Januar 2003).
2. Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels vor.
a) Angesichts der im engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommenen beiden Grundstücksverkäufe hat der Kläger i.S. des § 15 Abs. 2 EStG selbständig und nachhaltig sowie mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen; insbesondere ist die für die Nachhaltigkeit des Grundstückshandels erforderliche Wiederholungsabsicht im Streitfall schon aufgrund der tatsächlichen Wiederholung durch den Steuerpflichtigen zu bejahen (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, unter II. 2. b bb der Gründe; vom 23. Februar 1994 X R 98/91, BFH/NV 1994, 627).
b) Die Betätigung des Klägers auf dem Grundstücksmarkt geht auch über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinaus.
aa) Dies folgt schon daraus, dass auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG für das im Streitjahr veräußerte Grundstück ebenso wie für das im Jahr 1990 erworbene und nach Bebauung im Jahr 1991 veräußerte Grundstück nach den maßgeblichen Gesamtumständen bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eine unbedingte Veräußerungsabsicht angenommen werden muss, die zur Gewerblichkeit der Grundstücksveräußerungen führt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Denn in beiden Fällen hat der Kläger die Grundstücke in unbebautem Zustand erworben, unmittelbar nach dem Kauf bebaut und jeweils unmittelbar nach Abschluss bzw. im Streitjahr noch während seiner Bautätigkeit veräußert.
bb) Da der streitige Grundstücksverkauf schon aus diesem Grund als gewerblich anzusehen ist, kann der Senat offen lassen, ob die im Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs noch ausstehenden und vom Kläger übernommenen Restarbeiten (Herrichtung eines Trockenraums, von vier Abstellräumen sowie Carports) und die sonstigen Pflichten (Überleitung von Gewährleistungsansprüchen sowie Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung oder Aufteilung des Kaufobjekts in vier Eigentumswohnungen) für sich genommen ebenfalls für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels sprechen könnten.
Ende der Entscheidung
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