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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.12.2005
Aktenzeichen: X R 50/03
Rechtsgebiete: FördG, FGO, AO 1977, EStG, BGB


Vorschriften:

FördG § 2
FördG § 2 Nr. 2
FördG § 4
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 2
FGO § 74
FGO § 116 Abs. 7
FGO § 120 Abs. 2 Satz 3
AO 1977 § 165 Abs. 1
AO 1977 § 173 Abs. 1
AO 1977 § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AO 1977 § 173 Abs. 2
AO 1977 § 173 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
AO 1977 § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
EStG § 6 Abs. 6 Satz 2
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2
BGB § 705
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betrieb bis zum Jahresende 1993 einen ...einzelhandel. Betrieben wurde das Unternehmen auf dem Grundstück X-Straße 20 in Z, das zur jeweils ideellen Hälfte den Klägern gehört. In seinen Bilanzen wies der Kläger das hälftige Grundstück und das aufstehende Betriebsgebäude aus. Am 28. April 1993 erwarben der Kläger und sein Sohn D je zur ideellen Hälfte das Erbbaurecht an dem Grundstück X-Straße 5 in Z. Auf diesem Grundstück baute der Kläger einen Verkaufspavillon, den er in vollem Umfang als Betriebsvermögen behandelte.

Zum 1. Januar 1994 errichteten der Kläger und D die L-GmbH im Wege der Bargründung. Von dem Stammkapital der L-GmbH übernahmen der Kläger 24 v.H. und D 76 v.H. Durch Vereinbarung vom 3. Januar 1994 verpflichteten sie sich, ihre Stimmrechte gemeinsam auszuüben. Zum 1. Januar 1994 übertrug der Kläger sein Einzelunternehmen zu Buchwerten auf die L-GmbH. Nicht übertragen wurden das Grundstück X-Straße 20 und das Erbbaurecht X-Straße 5 nebst den aufstehenden Gebäuden, auch soweit dieser Grundbesitz im Eigentum des Klägers stand. Die Grundstücke wurden durch den Mietvertrag vom 1. Januar 1994 an die L-GmbH vermietet; als Vermieter des Grundstücks X-Straße 20 sind die Kläger und als Vermieter des Grundstücks X-Straße 5 der Kläger und D bezeichnet. Für die Überlassung des gesamten Grundbesitzes wurde eine insgesamt zu zahlende monatliche Miete vereinbart. Zudem schlossen die Kläger und D am 3. Januar 1994 einen Gesellschaftsvertrag über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen Grundstücksgemeinschaften L-GbR. Die Beteiligung der Gesellschafter an der L-GbR bestimmte sich nach den Buchwerten des gemeinschaftlich verwalteten Grundbesitzes. Danach sind der Kläger mit 53 v.H., die Klägerin mit 27 v.H. und D mit 20 v.H. beteiligt.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, der Kläger habe sein Einzelunternehmen im Jahr 1994 aufgegeben. Eine Betriebsaufspaltung sei nicht gegeben. Der Kläger habe die Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens mit Ausnahme des betrieblichen Grundbesitzes an die L-GmbH zum Buchwert veräußert. Den Grundbesitz habe er in sein Privatvermögen überführt. Den Betriebsaufgabegewinn ermittelte das FA in der Weise, dass es hinsichtlich des Grundbesitzes die Differenz zwischen den gemeinen Werten und den Buchwerten erfasste. Bezüglich der auf die L-GmbH übertragenen Vermögensgegenstände ging das FA von einem Veräußerungsverlust aus. Dem vereinbarten Veräußerungspreis in Höhe der jeweiligen vom Kläger angesetzten Buchwerte stellte es höhere Buchwerte gegenüber. Diese beruhen darauf, dass das FA für die Jahre 1992 und 1993 gewährte Sonderabschreibungen i.S. von § 2 und § 4 des Fördergebietsgesetzes (FördG) wegen Nichteinhaltung der Verbleibensvoraussetzungen des § 2 Nr. 2 FördG nachträglich versagte.

Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage machten die Kläger geltend, das FA sei zu Unrecht von einer Betriebsaufgabe ausgegangen. Das Grundstück X-Straße 20 und das Erbbaurecht X-Straße 5 seien Betriebsvermögen des Besitzunternehmens geworden. Zwischen der L-GbR und der L-GmbH habe eine Betriebsaufspaltung bestanden. Die einerseits aus den Klägern und andererseits aus dem Kläger und D bestehenden Grundstücksgemeinschaften hätten gemeinsam durch den Mietvertrag vom 1. Januar 1994 die ihnen jeweils gehörenden Objekte gegen Zahlung eines ungeteilten Mietzinses an die L-GmbH vermietet. Beide Gemeinschaften hätten seit diesem Zeitpunkt einen gemeinsamen Zweck verfolgt und daher eine GbR gebildet. Dies dokumentiere der Gesellschaftsvertrag vom 3. Januar 1994. Da Gesellschafterbeschlüsse nach dem die L-GbR betreffenden Gesellschaftsvertrag in der Regel mit einfacher Mehrheit zu fassen seien und sich die Zahl der Stimmen nach der Beteiligung an der Gesellschaft richte, habe die aus dem Kläger und D bestehende Personengruppe das Besitz- und das Betriebsunternehmen beherrscht. Die Vereinbarung einer Stimmrechtsbindung unterstreiche, dass die Vertragspartner einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen gehabt hätten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Eine Betriebsaufspaltung sei nicht zustande gekommen. Eine solche liege weder im Verhältnis der L-GbR als möglicher Besitzgesellschaft zur L-GmbH noch im Verhältnis der jeweiligen Bruchteilsgemeinschaften zur L-GmbH als Betriebsgesellschaft vor.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragen, das Urteil der Vorinstanz, soweit es die Auflösung der auf dem Grundstück und dem Erbbaurecht, hilfsweise auf dem Erbbaurecht, ruhenden stillen Reserven bestätigt hat, aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist zulässig und auch begründet. Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob der streitbefangene Einkommensteuerbescheid 1994 vom 16. Februar 1999 ergehen konnte. Das angefochtene Urteil wird deshalb aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Revision ist nicht deshalb unzulässig, weil die Kläger die Revisionsbegründungsfrist versäumt hätten. Ihnen ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

a) Die Revision ist, wenn sie wie im Streitfall vom Bundesfinanzhof (BFH) gemäß § 116 Abs. 7 FGO zugelassen wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen (§ 120 Abs. 2 Satz 1 FGO). Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Frist auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag verlängert werden.

Der Beschluss über die Zulassung der Revision wurde den Klägern am 8. August 2003 zugestellt. Die Begründungsfrist wurde, nachdem rechtzeitig Fristverlängerungsanträge gestellt wurden, wiederholt, zuletzt bis zum 13. Oktober 2003, verlängert. Die Kläger haben ausweislich der Absenderangaben auf dem Telefax ihres Prozessbevollmächtigten mit der Absendung der Revisionsbegründung (mittels Telefax) am 13. Oktober 2003 um 23.57 Uhr begonnen. Die mit der Unterschrift versehene letzte Seite der Revisionsbegründungsschrift hat den BFH jedoch erst am 14. Oktober 2003 um 0.03 Uhr erreicht. Sie ist deshalb verspätet beim BFH eingegangen (BFH-Beschluss vom 28. September 2000 VI B 5/00, BFHE 193, 40, BStBl II 2001, 32).

b) Den Klägern ist jedoch gemäß § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihr Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Eine Krankheit ist dann ein Wiedereinsetzungsgrund, wenn sie plötzlich und unvorhersehbar auftritt (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Rz. 20 Stichwort "Krankheit"). Dies trifft für einen erstmalig auftretenden Diabetesschock zu (Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21. November 1974 III ZB 8/74, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1975, 350). Beim Prozessbevollmächtigten der Kläger ist erstmals am letzten Tag der Begründungsfrist im Zusammenhang mit seiner Diabetes eine Unterzuckerung aufgetreten mit der Folge, dass er einen körperlichen Zusammenbruch erlitt, welcher bis ca. 22 Uhr andauerte. Dass er im Anschluss hieran in Panik geriet und es versäumt hat, rechtzeitig einen weiteren Fristverlängerungsantrag beim BFH zu stellen, kann ihm in dieser Situation nicht als schuldhaft vorgeworfen werden. Seinen Vortrag hat der Prozessbevollmächtigte durch eine eidesstattliche Versicherung sowie durch andere Beweismittel glaubhaft gemacht.

Die Kläger haben den Wiedereinsetzungsantrag am 27. Oktober 2003 und damit innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO gestellt.

2. Der Senat vermag aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht zu entscheiden, ob das FA befugt war, den streitbefangenen, im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 16. Februar 1999 zu erlassen. Solange dieser Änderungsbescheid besteht, entfaltet der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid keine Wirkung (BFH-Urteil vom 3. August 2000 III R 22/96, BFH/NV 2001, 602, m.w.N.). Den Änderungsbescheid haben die Kläger innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe und damit rechtzeitig zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens erklärt (§ 68 Sätze 1 und 2 FGO in der im Streitfall geltenden Fassung).

a) Der Senat muss darüber entscheiden, ob der streitbefangene Bescheid ergehen konnte. Zwar darf das Gericht in seinem Urteil, wenn der Kläger die Herabsetzung einer festgesetzten Steuerschuld um einen bestimmten Betrag begehrt, über dieses Klagebegehren nicht hinausgehen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Dies gilt aber dann nicht, wenn der angefochtene Bescheid insgesamt rechtswidrig ist. Dies ist der Fall, wenn der Bescheid inhaltlich unbestimmt oder nicht wirksam bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteile vom 20. Oktober 1970 II 167/64, BFHE 100, 56, BStBl II 1970, 826; vom 11. Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474, und vom 27. August 2003 II R 35/01, BFH/NV 2004, 467). Ein Bescheid ist auch dann insgesamt rechtswidrig, wenn er aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht ergehen durfte, z.B. wenn es an der vom FA in Anspruch genommenen Änderungsgrundlage fehlt. Auch in einem solchen Fall ist für eine bloße Herabsetzung der Steuerschuld im Rahmen des Klagebegehrens kein Raum.

b) Dem gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid vom 16. Februar 1999 könnte die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 entgegenstehen. Danach können abweichend von § 173 Abs. 1 AO 1977 Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Für den Umfang dieser Änderungssperre ist hinsichtlich des geprüften Steuerpflichtigen und der geprüften Steuer die Prüfungsanordnung maßgebend (BFH-Urteil vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BFHE 185, 568, BStBl II 1998, 552). Die Änderungssperre kommt unabhängig davon zum Tragen, ob aufgrund einer Außenprüfung ein Änderungsbescheid oder ein erstmaliger Bescheid ergangen ist (BFH-Urteil vom 29. Januar 1987 IV R 96/85, BFHE 149, 201, BStBl II 1987, 410).

Das FA hat mit Bescheid vom 16. Februar 1999 den (ursprünglichen) Einkommensteuerbescheid 1994 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 1998, der nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen worden und der lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen wegen offener verfassungsrechtlicher Fragen gemäß § 165 Abs. 1 AO 1977 ergangen war, zum Nachteil der Kläger geändert. Hierbei hat sich das FA auf die erkennbar allein in Betracht kommende Vorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt und in den Gründen des Bescheids auf das Ergebnis einer bei der L-GmbH durchgeführten Betriebsprüfung Bezug genommen. Dem könnte die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO 1977 entgegenstehen, sofern bzw. soweit die Anordnung der Außenprüfung gegen die Kläger gerichtet war und auch keine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorlag. Hierzu hat das FG keine Feststellungen getroffen. Diese wird das FG nachzuholen haben.

3. Auch wenn das FG hierbei zu dem Ergebnis gelangen wird, dass das FA nicht berechtigt war, den streitbefangenen Änderungsbescheid zu erlassen und das FG diesen aufzuheben hat, soweit er gegenüber dem Kläger bzw. den Klägern ergangen ist, wird das finanzgerichtliche Verfahren fortzusetzen sein, weil die bloße Aufhebung dieses Änderungsbescheids dem Rechtschutzbegehren der Kläger nicht ausreichend Rechnung trägt (BFH-Urteil vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279, 282). In diesem Zusammenhang weist der Senat --ohne das FG insoweit binden zu wollen-- auf folgende Gesichtspunkte hin:

a) Das FG wird zu prüfen haben, ob das Klageverfahren gemäß § 74 FGO bis zum rechts- oder bestandskräftigen Abschluss der noch jeweils durchzuführenden Feststellungsverfahren auszusetzen ist, in denen darüber zu entscheiden ist, ob die Gesellschafter der L-GbR oder die aus dem Kläger und D bestehende Personengruppe gemeinschaftliche gewerbliche Einkünfte erzielt haben.

aa) Ein Verfahren kann dann gemäß § 74 FGO auszusetzen sein, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Einkommensteuerpflichtige Einkünfte sind grundsätzlich u.a. dann gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 179 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und Streit darüber besteht, zu welcher Einkunftsart diese Einkünfte gehören bzw. welchen Personen diese Einkünfte steuerrechtlich zuzurechnen sind. Das Feststellungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn das für dieses Verfahren zuständige FA gleichzeitig für die Festsetzung der Einkommensteuer aller möglicherweise an den Einkünften beteiligten Steuerpflichtigen zuständig ist (BFH-Urteil vom 8. März 1994 IX R 37/90, BFH/NV 1994, 868, m.w.N.). Eine Feststellung kann unterbleiben, wenn offensichtlich ein Fall von geringer Bedeutung i.S. von § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vorliegt. Solches ist nur dann anzunehmen, wenn die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen nahezu ausgeschlossen ist. Ein Feststellungsverfahren ist hingegen durchzuführen, wenn die Verhältnisse unklar sind (BFH-Urteil vom 29. Februar 1984 I R 128/81, juris Nr: STRE845062960). Eine Aussetzung ist auch dann geboten, wenn das FA bei Erlass eines Einkommensteuerbescheids zu Unrecht annimmt, eine gesonderte Feststellung sei nicht erforderlich oder eine nach Sachlage dem Feststellungsverfahren zugeordnete Frage müsse durch den Einkommensteuerbescheid endgültig entschieden werden, und wenn über diese, dem Feststellungsverfahren zugeordnete Frage im Verfahren über den Einkommensteuerbescheid gestritten wird (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 1989 IV B 135/88, BFH/NV 1990, 485).

bb) Im Streitfall hat das FA angenommen, die Kläger hätten durch die Überlassung des Grundstücks X-Straße 20 an die L-GmbH gemeinschaftliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Diese hat es nach Lage der dem Senat vorliegenden Akten nicht einheitlich und gesondert festgestellt. Demgegenüber haben die Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren den Standpunkt eingenommen, die L-GbR habe den Grundbesitz an die L-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vermietet. Sie hätten deshalb als Gesellschafter der L-GbR gewerbliche Einkünfte erzielt. Jedenfalls sei aber eine gewerbliche Überlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dadurch erfolgt, dass die aus dem Kläger und D bestehende Personengruppe das Erbbaurecht an die L-GmbH überlassen habe.

Mit diesem Vorbringen wenden sich die Kläger zwar in erster Linie gegen die Annahme, der Kläger habe im Jahr 1994 das in seinem Einzelunternehmen bilanzierte bebaute Grundstück und das Erbbaurecht in das Privatvermögen überführt. Hierüber wird aber in vorgreiflicher Weise in den durchzuführenden Feststellungsverfahren entschieden. Dort ist jeweils die Frage zu entscheiden, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt mit der Folge, dass alle mit der rechtlichen Qualifizierung der gemeinsamen (mitunternehmerischen) Einkünfte zusammenhängenden Fragen dem Gewinnfeststellungsverfahren zugewiesen sind (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 243/84, BFH/NV 1987, 549).

cc) Demgemäß ist im Rahmen des jeweiligen Feststellungsverfahrens nicht nur darüber zu entscheiden, ob und von wem gemeinschaftliche Einkünfte erzielt wurden. Liegen gemeinschaftliche gewerbliche Einkünfte dem Grunde nach vor, dann rechnen zu diesen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch die Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I). Gleiches gilt für Einkünfte, die mit Wirtschaftsgütern erzielt werden, die unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Beteiligung an der Personengesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen II; vgl. hierzu Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 15 Rz. 517). Mit der im Rahmen des Gewinnfeststellungsverfahrens vorzunehmenden Abgrenzung des Umfangs der gemeinschaftlichen Einkünfte wird damit zugleich --jedenfalls im Ergebnis-- der Umfang des gemeinschaftlichen gewerblichen Betriebsvermögens bestimmt.

dd) Der Umfang dieses (ggf. vorhandenen) gemeinschaftlichen Betriebsvermögens ist aber vorgreiflich für die im Einkommensteuerbescheid 1994 zu entscheidende Frage, ob der Kläger den ursprünglich in seinem Einzelunternehmen gehaltenen Grundbesitz in das Privatvermögen überführt hat. Überführt ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens in einen anderen ihm gehörenden Betrieb oder in sein Sonderbetriebsvermögen bei einer Personengesellschaft, dann liegt keine Privatentnahme vor. Dies folgt daraus, dass in diesem Fall das Wirtschaftsgut nicht die einheitliche betriebliche Sphäre des Steuerpflichtigen verlässt (sog. weiter Betriebsbegriff; vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2000 VIII R 46/99, BFHE 192, 516, m.w.N.; vgl. auch Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 20. Dezember 1977, BStBl I 1978, 8 --sog. Mitunternehmererlass-- Tz. 67; vgl. nunmehr auch § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG).

b) Im Streitfall ist die Annahme nicht fernliegend, dass mit der Überlassung des Grundbesitzes an die L-GmbH eine Betriebsaufspaltung zustande gekommen ist, bei der zwar nicht der Kläger allein, aber eine Personengruppe, an welcher der Kläger beteiligt ist, als Besitzunternehmen anzusehen ist.

aa) Eine Betriebsaufspaltung ist nicht bereits aufgrund des Umstandes anzunehmen, dass der Kläger der L-GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen hat und er nunmehr die L-GmbH auch personell beherrscht. Der Kläger war an der L-GmbH nur zu 24 v.H. beteiligt und damit nicht in der Lage, in dieser Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen. Hieran ändert die zwischen ihm und D abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung vom 3. Januar 1994 nichts. Sie hat lediglich zum Inhalt, dass sich der Kläger und D verpflichtet haben, ihr Stimmrecht gemeinsam auszuüben. Die Vereinbarung gibt dem Kläger kein Recht, in der GmbH allein seinen Willen durchzusetzen.

bb) Hingegen ist nicht von vornherein auszuschließen, dass eine Betriebsaufspaltung zwischen der L-GbR und der L-GmbH zustande gekommen ist. Voraussetzung hierfür ist, worauf das FG zutreffend hinweist, dass der in Frage stehende Grundbesitz an die L-GmbH nicht durch die aus den Klägern bzw. aus dem Kläger und D bestehenden Bruchteilsgemeinschaften, sondern durch die L-GbR überlassen worden ist. Insoweit wird aber zu prüfen sein, ob entgegen dem Wortlaut des Mietvertrags vom 1. Januar 1994, worauf der klägerische Vortrag in der Revisionsbegründung hindeutet, die L-GbR Vertragspartnerin der L-GmbH geworden ist. Dies setzt zum einen voraus, dass sich die Beteiligten der beiden Grundstücksgemeinschaften bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks der gemeinschaftlichen Verwaltung ihres Grundbesitzes mit dem Ziel verpflichtet haben, hierdurch sowie durch ihre Beteiligungen an der L-GmbH auf deren Geschäfts- und Unternehmenspolitik Einfluss zu nehmen. Andererseits ist in einem solchen Fall die L-GbR aber nur dann Vertragspartnerin der L-GmbH geworden, wenn dies für die L-GmbH erkennbar war (vgl. auch Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 4. April 1973 2 U 57/72, Der Betrieb 1973, 1065 zur Abgrenzung der Innengesellschaft von der Außengesellschaft). Einer solchen Annahme steht auch nicht von vornherein der Umstand entgegen, dass nach den vom FG getroffenen Feststellungen die Gesellschafter der L-GbR ihre jeweiligen Anteile an den Bruchteilsgemeinschaften nicht in das Gesamthandsvermögen der L-GbR übertragen haben. Ein Gesellschafterbeitrag i.S. von § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann auch dadurch erbracht werden, dass Grundstücke nur zur Nutzung in die Gesellschaft eingebracht werden (BGH-Urteil vom 1. Juni 1967 II ZR 198/65, Wertpapier-Mitteilungen/ Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 67, 951).

cc) Gegebenenfalls wird zu prüfen sein, ob eine Betriebsaufspaltung dadurch zustande gekommen ist, dass die aus dem Kläger und D bestehende Personengruppe das Erbbaurecht X-Straße 5 an die L-GmbH überlassen hat. Die Überlassung des Erbbaurechts kann eine sachliche Verflechtung begründen (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 zur Bestellung des Erbbaurechts zugunsten einer Betriebskapitalgesellschaft). Auch ist es im Streitfall nicht ausgeschlossen, dass der Kläger und D nach den Grundsätzen der Personengruppentheorie das Besitz- und das Betriebsunternehmen jeweils gemeinsam beherrscht haben, da ihnen zusammengerechnet das Erbbaurecht und die Anteile an der L-GmbH in vollen Umfang gehört haben. Der Senat lässt es dahingestellt, ob der die Personengruppentheorie tragende Gesichtspunkt der gleichgerichteten Interessen der Mitglieder der Personengruppe dann nicht zum Tragen kommt, wenn diese in extrem unterschiedlicher Weise am Besitz- und am Betriebsunternehmen beteiligt sind. Eine solche Konstellation liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Mitglieder der Personengruppe an einem der beiden Unternehmen in gleichem Umfang beteiligt sind (BFH-Urteil vom 24. Februar 1994 IV R 8-9/93, BFHE 170, 80, BStBl II 1994, 466). Auch ist ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille regelmäßig anzunehmen, wenn die Doppelgesellschaft von den Beteiligten bewusst geplant war und die von ihnen geschaffene Unternehmensform ein gemeinsames Handeln gebietet, weil nicht zu vereinbarende Entscheidungen bei Besitz- und Betriebsunternehmen praktisch ein Ende der Doppelgesellschaft bedeuten würden (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417).

dd) Wenn zwar keine Betriebsaufspaltung zwischen der L-GbR und der L-GmbH, jedoch eine solche zwischen der aus dem Kläger und D bestehenden Personengruppe und der L-GmbH zustande gekommen ist, wird zu prüfen sein, ob der klägerische Anteil an dem Grundstück X-Straße 20 zu seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II bei dem aus ihm und D bestehenden Betriebsaufspaltungsbesitzunternehmen gehört. Hierbei werden die Grundsätze der hierzu ergangenen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1998 VIII R 46/95, BFHE 187, 425, BStBl II 1999, 357; vom 10. Juni 1999 IV R 21/98, BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715, und vom 2. Dezember 2004 III R 77/03, BFHE 208, 215, BStBl II 2005, 340) zu beachten sein.

c) Sofern in einem der durchzuführenden Feststellungsverfahren festgestellt wird, dass wegen des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung gemeinschaftliche gewerbliche Einkünfte gegeben sind und deshalb der im klägerischen Einzelunternehmen vorhanden gewesene Grundbesitz ganz oder zum Teil nicht in das Privatvermögen, sondern unmittelbar in das (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft gelangt ist, wird das FG im Rahmen des wieder aufzunehmenden Rechtsstreits im Wege der Saldierung einen Rechtsfehler des FA zu korrigieren haben.

Das FA hat angenommen, die Übertragung der Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens an die L-GmbH unter Zurückbehaltung des Grundbesitzes zum Buchwert sei ein voll entgeltliches Geschäft. Dies widerspricht den Grundsätzen, die der Senat in seinem Urteil vom 16. Juni 2004 X R 34/03 (BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378) aufgestellt hat. Danach ist das Geschäft nach der vor In-Kraft-Treten von § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 gegebenen Rechtslage in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Hierbei kann hinsichtlich des entgeltlichen Teils ein Veräußerungsgewinn und hinsichtlich des unentgeltlichen Teils, soweit dieser nicht dem bisherigen Einzelunternehmer, sondern einem anderen an der GmbH beteiligten Mitgesellschafter (hier: D) zugute kommt, beim Kläger ein Entnahmegewinn entstehen.

4. Da das Urteil wie vorstehend dargelegt aufzuheben und der Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen war, kann dahinstehen, ob der von den Klägern geltend gemachte Verfahrensmangel, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, schlüssig gerügt worden ist und ob ein solcher Verfahrensmangel auch tatsächlich vorgelegen hat.

Ende der Entscheidung

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