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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 29.07.1998
Aktenzeichen: X R 54/95
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10e Abs. 1
EStG § 6
BUNDESFINANZHOF

Der Erwerber eines eigengenutzten Einfamilienhauses hat keinen Anspruch auf Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG, wenn ihm der Kaufpreis für das Grundstück in der Weise geschenkt wird, daß der Schenker den vom Erwerber geschuldeten Kaufpreis auf das im Kaufvertrag angegebene Notaranderkonto überweist (Anschluß an das Senatsurteil vom 8. Juni 1994 X R 51/91, BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779).

EStG § 10e Abs. 1, 6

Urteil vom 29. Juli 1998 - X R 54/95 -

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1995, 475)


Gründe

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 6. März 1989 ein Einfamilienhaus für 335 000 DM, das die Kläger vom 15. Juni 1989 an zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Von dem Kaufpreis, der beim Notar zu hinterlegen war, entfielen 48 125 DM auf den Grund und Boden, 286 875 DM auf das Gebäude und 8 500 DM auf die Einbauküche. Der Kaufpreis für das Grundstück wurde dem Kläger von seiner Mutter geschenkt, indem sie den Betrag auf das im notariellen Vertrag angegebene Notaranderkonto überwies. Maklergebühr, Notar- und Gerichtskosten usw. (sog. Anschaffungsnebenkosten) in Höhe von 22 092 DM sowie vor Bezug entstandene Renovierungskosten in Höhe von 4 237 DM trug der Kläger selbst.

Das für die Schenkungsteuer zuständige Finanzamt behandelte den Vorgang als mittelbare Grundstücksschenkung, die es mit 140 v.H. des Einheitswerts des Grundstücks ansetzte. Schenkungsteuer fiel nicht an.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger erfolglos Grundförderung nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG geltend. Den Einspruch der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für 1989 wies der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zurück.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und berücksichtigte einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 15 000 DM sowie Renovierungskosten in Höhe von 4 237 DM als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 475 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 10e Abs. 1 und Abs. 6 EStG. Es trägt vor: Bei unentgeltlichem Erwerb einer eigengenutzten Wohnung sei § 10e EStG nicht anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege ein unentgeltlicher Erwerb auch bei einer sog. mittelbaren Grundstücksschenkung vor.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Zu Unrecht hat das FG einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG sowie Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG berücksichtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der unentgeltliche Erwerb einer eigengenutzten Wohnung weder nach § 10e Abs. 1 EStG (Urteile vom 4. Dezember 1991 X R 89/90, BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295; vom 8. Juni 1994 X R 51/91, BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779) noch nach § 10e Abs. 6 EStG (Urteile vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346; vom 23. Oktober 1996 X R 109/93, BFH/NV 1997, 557) begünstigt. Ein unentgeltlicher Erwerb liegt auch bei einer sog. mittelbaren Grundstücksschenkung vor. Die von der Rechtsprechung im Schenkungsteuerrecht zur mittelbaren Grundstücksschenkung entwickelten Grundsätze gelten auch für das Einkommensteuerrecht und somit auch für § 10e EStG (BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779, m.w.N.).

a) Da sich der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, zivilrechtlich nicht "in derselben Gestalt" im Vermögen des Schenkers befunden haben und wesensgleich übergehen muß (keine notwendige Identität von Entreicherungs- und Bereicherungsgegenstand), kann schenkungsteuerrechtlich die Hingabe von Geld zum Erwerb eines Grundstücks als Grundstücksschenkung zu beurteilen sein. Das setzt voraus, daß der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über das Geld, sondern (erst) über das Grundstück verfügen kann; denn in diesem Fall ist der Beschenkte nicht um die Geldsumme, sondern um das mit den überlassenen Geldmitteln erworbene Grundstück bereichert (z.B. BFH-Urteil vom 13. März 1996 II R 51/95, BFHE 180, 174, BStBl II 1996, 548, m.w.N.) mit der Folge, daß der Wert des schenkungsteuerpflichtigen Erwerbs nach den für Grundstücke geltenden Bewertungsvorschriften zu ermitteln ist.

b) Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG ist der Erwerber zur Inanspruchnahme der Grundförderung und des Vorkostenabzugs nur berechtigt, wenn er einen Geldbetrag zur freien Verfügung geschenkt bekommt und mit den geschenkten Mitteln eine eigengenutzte Wohnung anschafft. Kann er dagegen nicht über den geschenkten Betrag, sondern erst über die damit erworbene Wohnung verfügen, ist Gegenstand der Schenkung nicht der Geldbetrag, sondern die Wohnung.

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Nach der Begründung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 10/3633, S. 10) soll die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG die Vermögensbildung durch Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Wer Wohneigentum schafft, soll von Aufwendungen entlastet werden, die erforderlich waren, um das Wohneigentum zu erlangen. Daher wird Grundförderung nach § 10e Abs. 1 und 2 EStG nur für eigene Aufwendungen des Steuerpflichtigen gewährt, die ihm in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten entstanden sind (BFH in BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779). Der Gesetzeszweck, nur durch eigene Aufwendungen belastete Steuerpflichtige zu fördern, gilt auch für den Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG (vgl. BFH in BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346). Will der Schenker dem Beschenkten kein Geld, sondern ein bestimmtes Grundstück zuwenden und entrichtet er deshalb den Kaufpreis für das Grundstück an den Verkäufer, ist der Beschenkte nicht mit Anschaffungskosten belastet und daher nicht nach § 10e EStG anspruchsberechtigt. Darauf, wer aus dem Kaufvertrag zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist, kommt es nicht an.

2. Da die Mutter des Klägers die Schenkung durch Überweisung des Kaufpreises für das Grundstück auf das Notaranderkonto vollzogen hat, konnte der Kläger nicht über den geschenkten Betrag, sondern erst über das von der Mutter bezahlte Grundstück verfügen. Es handelte sich folglich um eine mittelbare Grundstücksschenkung und somit um einen unentgeltlichen Erwerb der eigengenutzten Wohnung. Dem Kläger steht infolgedessen weder ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG noch der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG zu.

Auch die vom Kläger selbst getragenen Aufwendungen wie Maklergebühr, Notar- und Gerichtskosten usw. führen nicht zu einer Anschaffung i.S. des § 10e Abs. 1 EStG. Derartige Aufwendungen werden als sog. Anschaffungsnebenkosten nur im Zusammenhang mit einem Anschaffungsvorgang gefördert. Sie gehören daher bei einem (teil-)entgeltlichen Erwerb zur Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag, sind aber bei unentgeltlichem Erwerb nicht selbständig begünstigt (BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779).

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