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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.07.1999
Aktenzeichen: X R 63/95
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 5 Abs. 1 | |
EStG § 4 Abs. 3 | |
EStG § 5 | |
EStG § 4 Abs. 1 | |
FGO § 118 Abs. 2 | |
FGO § 121 | |
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 1 | |
FGO § 100 Abs. 2 Satz 1 |
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1978 bis 1981 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger hatte im Jahre 1976 seinen als Einzelunternehmen geführten ...handel aufgegeben, dessen Gewinne er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ermittelt hatte. Das zum Betriebsvermögen gehörende, mit einer Halle bebaute Geschäftsgrundstück T-Straße, verwertete er nicht, sondern überführte es in das Privatvermögen. Bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer für die Streitjahre 1978 bis 1981 machte er nachträgliche Betriebsausgaben aus Gewerbebetrieb geltend. Hierbei, so trug der Kläger vor, handele es sich um Zins- und Tilgungsleistungen an die X-Bank (Konto-Nr. ...) auf eine Verbindlichkeit, die noch aus dem ...handel herrühre. Nach dem Konkurs des Unternehmens habe er sich zur Rückführung des Darlehens verpflichtet. In den gezahlten Beträgen seien Schuldzinsen enthalten. Darüber hinaus erklärten die Kläger Einkünfte aus der Verpachtung des Geschäftsgrundstücks T-Straße.
Für die Jahre 1978 bis 1981 beantragten die Kläger den Abzug der folgenden Aufwendungen:
1978 1979
Betriebsausgaben 55 000,00 DM 50 002,00 DM hierin enthaltene Schuldzinsen 10 463,51 DM 8 675,35 DM Einkünfte aus VuV 35 075,00 DM 25 224,00 DM
1980 1981
Betriebsausgaben 50 800,00 DM 36 000,00 DM hierin enthaltene Schuldzinsen 6 968,00 DM 2 200,41 DM Einkünfte aus VuV 25 578,00 DM 30 526,00 DM
Im Anschluß an eine Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nur die Zinszahlungen als nachträgliche Betriebsausgaben an.
Gegen die auf dieser Grundlage geänderten Einkommensteuerbescheide für 1978 bis 1981 legten die Kläger Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1989 erkannte das FA nach diesbezüglicher vorheriger Ankündigung die Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Betriebsausgaben an.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage, soweit sie den beantragten Abzug von Schuldzinsen und Tilgungsleistungen betraf, abgewiesen.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung der Steuerfestsetzungen in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1989 sowie der Einkommensteuerbescheide vom 17. Februar 1994 nachträgliche Betriebsausgaben in Höhe 55 000 DM (1978), 50 002 DM (1979), 50 800 DM (1980) und 36 000 DM (1981) als Verluste aus Gewerbebetrieb, hilfsweise Zinszahlungen in Höhe von 10 463,51 DM (1978), 8 675,35 DM (1979), 6 958 DM (1980) und 2 200,41 DM (1981) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision hinsichtlich des Hauptantrags als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA hat unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 19. August 1998 X R 96/95 (BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353) durch Schriftsatz vom 3. Februar 1999 mitgeteilt, dem Hilfsantrag der Kläger, Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV anzuerkennen, könne in der Weise entsprochen werden, daß sich Einkünfte aus VuV in Höhe von 30 638 DM (1978), 22 836 DM (1979), 31 966 DM (1980) und 38 130 DM (1981) ergeben. Die Kläger haben dieser Berechnung nicht widersprochen.
II. Die Revision ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags begründet, im übrigen unbegründet.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger führt der Wechsel von der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG zur Einnahmeüberschuß-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), von dem die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, nicht dazu, daß die Aufwendungen zur Tilgung des betrieblichen Darlehens als nachträgliche Betriebsausgaben abziehbar wären.
a) Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß die Aufnahme eines Darlehens und seine Rückzahlung Geldbewegungen im Vermögensbereich sind. Sie wirken sich deshalb sowohl bei der Gewinnermittlung mittels Betriebsvermögensvergleichs (§§ 5, 4 Abs. 1 EStG) als auch im Rahmen der Einnahmeüberschuß-Rechnung nicht auf die Höhe des Gewinns aus. Beim Betriebsvermögensvergleich steht der Passivierung der Darlehensverbindlichkeit ein grundsätzlich gleich hoher Zugang von Bar- oder Buchgeld gegenüber; die Minderung des Bar- oder Buchgeldbestandes durch Tilgungsleistungen führt zu einer grundsätzlich gleich hohen Minderung der Verbindlichkeit. Auch bei der Einnahmeüberschuß-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG werden die Darlehensaufnahme nicht als Betriebseinnahme und --grundsätzlich-- die Darlehenstilgung nicht als Betriebsausgabe erfaßt (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1969 I R 94/67, BFHE 97, 76, BStBl II 1970, 44; vom 15. November 1990 IV R 97/82, BFHE 162, 557, BStBl II 1991, 226; vom 18. Mai 1995 IV R 43/93, BFH/NV 1996, 26). Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, daß im ganzen und auf Dauer gesehen die Einnahmeüberschuß-Rechnung den gleichen Gesamtgewinn wie der Betriebsvermögensvergleich ergeben soll (Beschluß des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 6.). Sind die Gewinnauswirkungen --hier: der Darlehensrückzahlung-- sowohl beim Betriebsvermögensvergleich wie auch bei der Überschußrechnung jeweils dieselben, bedarf es beim Übergang von der einen zur anderen Gewinnermittlungsart keiner Korrektur.
b) Die Berufung auf das BFH-Urteil vom 4. August 1977 IV R 119/73 (BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866) verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Auch diese Entscheidung geht von dem Grundsatz aus, daß durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart das Gesamtergebnis des unternehmerischen Erfolgs nicht verfälscht werden darf; deshalb ist erforderlichenfalls durch die Korrektur des Gewinns im Übergangsjahr dafür Sorge zu tragen, daß dem Steuerpflichtigen durch den Übergang weder steuerliche Vorteile noch Nachteile erwachsen. Aus diesem Grunde können Tilgungsleistungen für solche Verbindlichkeiten Betriebsausgaben sein, die nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung schon im Vorjahr im Rahmen des Vermögensvergleichs nach § 5 EStG durch den Ansatz eines entsprechenden Passivpostens gewinnmindernd zu berücksichtigen gewesen wären, aber infolge eines --nicht willkürlichen-- Bilanzierungsfehlers nicht berücksichtigt worden sind. Der Sache nach handelt es sich dabei um die Nachholung eines unterlassenen Betriebsausgabenabzugs, die deswegen möglich ist, weil die Richtigkeit der Besteuerung des einzelnen Geschäftsvorfalls im allgemeinen Vorrang vor dem Grundsatz einer periodengerechten Gewinnermittlung hat (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. November 1965 GrS 1/65 S, BFHE 84, 392, BStBl III 1966, 142). Im Streitfall geht es indes entgegen der Auffassung der Kläger nicht darum, daß ein in Vorjahren unterlassener Betriebsausgabenabzug nachzuholen wäre. Auch das von den Klägern zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogene BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 84/79 (BFHE 131, 206, BStBl II 1980, 692) befaßt sich unter Hinweis auf die Entscheidung in BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866 nur mit der Frage, ob gezahlte Betriebssteuern nachträgliche Betriebsausgaben sein können, wenn bei der Gewinnermittlung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eine Schlußbilanz nicht erstellt wurde. Das ist hier nicht der Fall.
c) Die Kläger tragen weiterhin vor, die Darlehen seien "ausschließlich aus solchen Ausgaben entstanden, die, wenn sie pünktlich gezahlt worden wären, immer Betriebsausgaben gewesen wären". Sie verkennen dabei, daß das FG von dem Regelsachverhalt ausgegangen ist, daß fremdfinanzierte Betriebsausgaben bereits zu früheren Zeitpunkten den Gewinn gemindert haben und daß es nunmehr nur noch um die gewinneutrale Rückführung der Bankschulden geht. Die entsprechenden Rechtsfolgen waren Gegenstand des Abschn. 17 Abs. 2 Satz 6 der Einkommensteuer-Richtlinien 1987, auf den das FA in seinem Schriftsatz vom 9. August 1989 den Antrag auf Klageabweisung gestützt hatte. Hiermit stimmt überein, daß nach dem Vortrag der Kläger im Klageverfahren die Bankschulden auf dem Konto X-Bank Nr. ... "in dem früher ... geführten Einzelbetrieb entstanden" sind. Sollte das Vorbringen der Kläger dahin zu verstehen sein, daß bestimmte fremdfinanzierte Geschäftsvorfälle bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG noch nicht gewinnmindernd erfaßt worden seien, wäre dieses neue und im übrigen unsubstantiierte Vorbringen im Revisionsverfahren unbeachtlich (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Gleiches gilt von der Behauptung, im Konkursjahr 1976 seien geschätzte betriebliche Steuerschulden "noch nicht beglichen, sondern in ein Darlehen der X-Bank umgewandelt worden".
2. Jedoch hat die Revision mit dem Hilfsantrag Erfolg. Zwischen den Beteiligten besteht auf der Grundlage der im Senatsurteil in BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353 vertretenen Rechtsauffassung Übereinstimmung darüber, daß auf den Hilfsantrag der Kläger die angefochtenen Steuerbescheide in der vom FA mit Schriftsatz vom 3. Februar 1999 erläuterten Weise zu ändern sind.
Hiernach ist die Einkommensteuer 1978 bis 1981 gemäß §§ 121, 126 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO wie folgt neu festzusetzen:
Ende der Entscheidung
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