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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: X R 8/05
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, StGB
Vorschriften:
AO 1977 § 44 Abs. 1 | |
AO 1977 § 45 Abs. 2 Satz 2 | |
AO 1977 § 71 | |
AO 1977 § 191 | |
AO 1977 § 268 | |
AO 1977 § 277 | |
AO 1977 § 278 | |
FGO § 76 | |
FGO § 105 | |
StGB § 27 |
Gründe:
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde in den Streitjahren 1990, 1994, 1995 und 1996 zunächst antragsgemäß mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Anfang 2001 wurde gegen die Ehefrau, die in den Streitjahren Gaststätten betrieben hat, ein Steuerstrafverfahren u.a. wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung eingeleitet. Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle hatte die Fa. M, ein Großhandelsunternehmen für den Gastronomiebedarf, u.a. auch für die Ehefrau eine zweite Kundennummer eingerichtet, unter der sog. Schwarzrechnungen verbucht worden sind. Die weiteren Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle ergaben, dass die unter der zweiten Kundennummer verbuchten Rechnungen in der Buchhaltung der Ehefrau nicht berücksichtigt und bei der Ermittlung deren Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht erfasst worden waren. Wegen Strafverfolgungsverjährung wurde das Strafverfahren gegen die Ehefrau auf die Jahre 1994 bis 1996 beschränkt.
Aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Bescheiden vom 23. November 2001 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 bis 1998. Obwohl der Einspruch gegen alle Änderungsbescheide ohne Erfolg blieb, wurde Klage nur wegen der Jahre 1991 bis 1993 und 1997 sowie 1998 erhoben. Die Änderungsbescheide für 1990 und 1994 bis 1996 wurden bestandskräftig.
Das auf die Jahre 1995 und 1996 beschränkte strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger --für das Jahr 1994 war lt. Abschlussvermerk der Bußgeld- und Strafsachenstelle bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten-- wurde nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2003 entsprach das FA dem Antrag des Klägers vom 21. Dezember 2001, die nachgeforderte Einkommensteuer gemäß § 268 der Abgabenordnung (AO 1977) dahin gehend aufzuteilen, dass die gesamten Nachforderungsbeträge auf die Ehefrau entfallen.
Bereits unter dem 7. Februar 2003, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 10. Februar 2003, hatte das FA aufgrund der Änderungsbescheide vom 23. November 2001 hinsichtlich der Einkommensteuer einen Haftungsbescheid mit der Begründung erlassen, der Kläger habe als Angestellter seiner Ehefrau bei deren Steuerhinterziehung in erheblichem Umfang mitgewirkt. Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid hatte keinen Erfolg.
Im finanzgerichtlichen Verfahren nahm der Kläger die Klage bezüglich der Haftung für die Einkommensteuer 1997 zurück. Hinsichtlich der Jahre 1991 bis 1993 und 1998 sowie der Nachforderungszinsen nach § 233a AO 1977 trennte das Finanzgericht (FG) das Verfahren ab, nachdem sich das FA verpflichtet hatte, insoweit den angefochtenen Haftungsbescheid aufzuheben und die Beteiligten daraufhin den Rechtsstreit in diesem Umfang übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Wegen der auf die Einkommensteuer 1990 verbuchten Zahlungen oder Verrechnungen gab das FG der Klage teilweise statt. Infolge der Akzessorietät der Haftungsschuld zur Steuerschuld mindere sich der Haftungsbetrag für 1990 auf 8 320,06 €. Die Haftungssumme für die Streitjahre 1990 und 1994 bis 1996 sei demgemäß auf 24 415,87 € herabzusetzen. Im Übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass das FG-Urteil materielles Recht verletze (§ 44 Abs. 1 und 2, § 268 ff. AO 1977) und außerdem auf einem Verfahrensmangel beruhe. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er, der Kläger, für die Einkommensteuerschuld hafte. Zudem hätte das Gericht selbst ausreichende Feststellungen hinsichtlich seiner Beteiligung treffen müssen und nicht lediglich auf das Parallelverfahren 7 K 964/04 und die Feststellungen der Straf- und Bußgeldstelle des FA verweisen dürfen, weil der gegen ihn ergangene Strafbefehl aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden sei.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und den angefochtenen Haftungsbescheid vom 7. Februar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2004 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und war deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu Recht hat das FG erkannt, dass der Kläger nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, weil er kraft Gesetzes (§ 71 AO 1977) für den gemäß Aufteilungsbescheid vom 12. Februar 2003 auf seine Ehefrau entfallenden Anteil an der Einkommensteuer 1990 sowie 1994 bis 1996 haftet.
1. Das FG-Urteil ist entgegen der Auffassung des Klägers mit Gründen versehen. Ein FG-Urteil muss einen Tatbestand und Entscheidungsgründe enthalten (§ 105 Abs. 2 Nr. 4 und 5 FGO). Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen; wegen der Einzelheiten darf auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt (§ 105 Abs. 3 FGO). Durch die Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass das FG auch auf andere eigene Entscheidungen Bezug nehmen darf, die gleichzeitig mit dem angefochtenen Urteil oder Beschluss und in einem anderen Rechtsstreit zwischen denselben Beteiligten ergangen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. April 1984 VIII R 229/83, BFHE 141, 113, BStBl II 1984, 591, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 23a). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers beruht die Vorentscheidung auch auf keinem weiteren gerügten Verfahrensfehler.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH darf sich ein FG die tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils zu eigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt haben (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). Nach dem BFH-Beschluss vom 1. Februar 2001 VII B 234/00 (BFH/NV 2001, 931) kann das FG seine Entscheidung auch auf die Feststellungen aus einem in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl stützen. Der Senat braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob das FG die Feststellungen der Steuerfahndung auch dann zur Grundlage seiner Entscheidung machen kann, wenn das Verfahren nach § 153a StPO eingestellt wird.
Das FG hat seine Entscheidung nur hinsichtlich der Steuerhinterziehung durch die Ehefrau unter Hinweis auf den gegen diese ergangenen rechtskräftigen Strafbefehl gestützt (vgl. 2.a der Entscheidungsgründe im Verfahren 7 K 964/04, auf das das angefochtene FG-Urteil insoweit verweist). Hinsichtlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch den Kläger begründet es im Verfahren 7 K 964/04 unter 2.b der Entscheidungsgründe ausführlich, warum der Kläger nach seiner Auffassung an der Steuerhinterziehung seiner Ehefrau zumindest als Gehilfe beteiligt war. Dabei geht das FG auch auf die vom Kläger zu seiner Entlastung vorgetragenen Einwendungen ein (vgl. 2.b ee der Entscheidungsgründe im Verfahren 7 K 964/04).
Im Übrigen könnte der Kläger mit der Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht mehr gehört werden. Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln --so auch bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht-- geht das Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--; ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 22. März 2001 IX B 149/00, BFH/NV 2001, 1037, m.w.N.). Der rechtskundig vertretene Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem FG --ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 12. Oktober 2004-- rügelos zur Sache eingelassen und lediglich hinsichtlich des vom Beistand der Terminsbevollmächtigten der Verwaltungsbehörde übergebenen Schreibens des Steuerberatungsbüros wegen erforderlicher Rückfragen zur Buchhaltung Schriftsatzfrist beantragt. Diese wurde ihm gewährt. Auf eine weitere mündliche Verhandlung hat er verzichtet und damit sein Rügerecht verloren. Somit lagen in Bezug auf die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen keine zulässigen Verfahrensrügen vor. Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellungen gebunden.
3. Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Er kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das FG davon ausgegangen, dass die Ehefrau des Klägers die streitbefangenen Steuern i.S. von § 370 Abs. 1 AO 1977 hinterzogen hat. Zu deren Steuerhinterziehung hat der Kläger objektiv und subjektiv Beihilfe geleistet und damit i.S. von § 71 AO 1977 an deren Tat teilgenommen.
Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs --StGB--). Als Hilfeleistung i.S. des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 1. August 2000 5 StR 624/99, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).
Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß. Unter dieser Voraussetzung ist der Vorsatz selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem Täter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (BGH-Urteil in NJW 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).
Der Kläger hat die Haupttat nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG objektiv unterstützt und gefördert. Er hatte eine leitende Stellung in den Betrieben seiner Ehefrau inne. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass er eine Vielzahl gewichtiger geschäftlicher Entscheidungen selbst traf. Zudem wurden die Lokale nach der Erklärung der Ehefrau vom 7. März 2002 lediglich unter ihrem Namen betrieben, eigentlicher Unternehmer sei der Kläger gewesen. Auch hat der Kläger seine Ehefrau bei deren Abwesenheit vertreten und nach eigenem Bekunden mit ihr abwechselnd die Vorbereitungsarbeiten für die Erstellung der Buchhaltung durch den gemeinsamen Steuerberater erledigt. Er hat dem Berater die sog. "Schwarzrechnungen" des Großhändlers und die dazu gehörenden Zahlungsvorgänge nicht vorgelegt und die aus den "Schwarzeinkäufen" resultierenden Umsätze nicht erfasst. Da die Einkommensteuererklärungen des Klägers und seiner Ehefrau auf der Grundlage dieser unvollständigen Buchhaltung erstellt wurden, wurden zu niedrige Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus Gewerbebetrieb erklärt.
Auch der subjektive Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung liegt vor. Die Verwendung zweier Kundennummern durch den Gastronomiegroßhändler, die Nichtverbuchung der "Schwarzrechnungen" und der dazu gehörenden Zahlungsvorgänge sowie die Nichterfassung der daraus resultierenden Umsätze in der Buchführung war dem Kläger nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG bekannt. Dass dieses Verhalten keinem anderen Zweck dienen konnte, als eine Steuerhinterziehung vorzubereiten, war ihm ohne weiteres erkennbar (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. September 2004 XI R 1/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2005, 293).
4. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Haftungsbescheid vom 7. Februar 2003 nicht deshalb rechtswidrig und daher aufzuheben ist, weil im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung hinsichtlich der vom Kläger und seiner Ehefrau gesamtschuldnerisch geschuldeten Einkommensteuer noch nicht entschieden war. Der bestandskräftige Aufteilungsbescheid vom 12. Februar 2003 entfaltet Rückwirkung ab dem Tag der Antragstellung (21. Dezember 2001; vgl. § 276 Abs. 1 und 2 AO 1977; BFH-Beschluss vom 23. Juni 1976 VIII B 61/75, BFHE 119, 133, BStBl II 1976, 572 zu § 11 Abs. 1 der Aufteilungsverordnung; BFH-Urteil vom 12. Juni 1990 VII R 69/89, BFHE 163, 498, BStBl II 1991, 493).
5. Zutreffend hat das FG auch erkannt, dass die Inanspruchnahme des Klägers durch Haftungsbescheid zulässig war.
a) Nach § 268 AO 1977 können Personen, die zusammen zu einer Steuer vom Einkommen veranlagt worden und deshalb Gesamtschuldner sind (§ 44 Abs. 1 AO 1977), beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuern jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 AO 1977 bei einer Aufteilung der Steuern ergibt. Im Gesetz fehlt eine Aussage zu den Auswirkungen der Aufteilung auf das Steuerschuldverhältnis. § 278 Abs. 1 AO 1977 führt zu den Wirkungen der Aufteilung lediglich aus, dass die Vollstreckung nach der Aufteilung beschränkt ist und solange über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung nicht unanfechtbar entschieden ist, dürfen nach § 277 AO 1977 Vollstreckungsmaßnahmen nur zur Sicherung eines Anspruchs durchgeführt werden. Wegen der systematischen Stellung der Bestimmungen über die Aufteilung der Steuerschuld geht die herrschende Meinung davon aus, dass die Aufteilung der Gesamtschuld lediglich zu einer Vollstreckungsbeschränkung führt. Sie wandelt die Gesamtschuld nicht in Teilschuldverhältnisse um; ein Gesamtschuldner bleibt auch insoweit Steuerschuldner, als der aufgeteilte Steuerbetrag auf andere Gesamtschuldner entfällt (BFH-Urteil in BFHE 163, 498, BStBl II 1991, 493; Senatsbeschluss vom 17. Mai 2001 X B 69/00, BFH/NV 2001, 1521; Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Vor §§ 268 bis 280 AO Rz. 5; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 268 AO Tz. 5 f.; Pahlke/Koenig/ Zöllner, Abgabenordnung, § 268 Rz. 15; a.A. Klein/Brockmeyer, AO, 8. Aufl., § 268 Rz. 4 und § 44 Rz. 11).
b) Dennoch bewirkt die Aufteilung gemäß §§ 268 ff. AO 1977 nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass für die Verwirklichung des Anspruchs aus der gemeinsamen Steuerfestsetzung die Gesamtschuld im Ergebnis in Teilschulden aufgespalten wird (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2001 VII R 56/99, BFHE 197, 19, BStBl II 2002, 214; in BFHE 163, 498, BStBl II 1991, 493; vom 12. Januar 1988 VII R 66/87, BFHE 152, 206, BStBl II 1988, 406, und vom 5. Februar 1971 VI R 301/66, BFHE 101, 358, BStBl II 1971, 331 f.). Der BFH hat die in §§ 268, 278 AO 1977 geregelte Vollstreckungsbeschränkung nicht nur auf Maßnahmen im engen vollstreckungsrechtlichen Sinn bezogen. Vielmehr müssen nach der Aufteilung alle Maßnahmen unterbleiben, die in ihrer Wirkung einer Vollstreckung gleichstehen (BFH-Urteil in BFHE 152, 206, BStBl II 1988, 406). Deshalb ist nach Aufteilung einer Steuergesamtschuld von Ehegatten die Aufrechnung --sie ist Teil des Erhebungsverfahrens und insoweit von den Maßnahmen der Vollstreckung im Sechsten Abschnitt der AO 1977 zu unterscheiden-- des FA gegenüber einem Ehegatten, auf den kein Rückstand entfällt, unzulässig (BFH-Urteil in BFHE 152, 206, BStBl II 1988, 406). Zudem erledigt sich nach Ergehen des Aufteilungsbescheids das Begehren auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ohne Anordnung einer Sicherheitsleistung (BFH-Beschluss vom 13. August 1991 VIII S 7/90, juris Nr: STRE915087660). Der Antrag auf AdV ist unzulässig, wenn bei einem Steuerbescheid gegen mehrere Steuerpflichtige die Vollstreckung auf den anderen Steuerpflichtigen beschränkt wird (vgl. Hessisches FG, Beschluss vom 4. August 2004 6 V 4700/03 juris Nr: STRE200471677; FG Münster, Beschluss vom 6. November 2002 8 V 3326/02 E,Ki, 8 V 3789/02 G, U, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2003, 477; FG Berlin, Beschluss vom 30. August 1991 VI 342/88, EFG 1992, 150).
c) Im Streitfall steht der Umstand, dass der Kläger trotz der Aufteilung der Steuerschuld weiterhin Schuldner der Einkommensteuer 1990 und 1994 bis 1996 ist (Geist in Beermann/Gosch, AO, § 268 Rz. 13), einer Haftungsinanspruchnahme für den auf seine Ehefrau entfallenden Anteil an der Gesamtschuld nicht entgegen (so auch Oberlandesgericht --OLG-- Hamm, Urteil vom 8. März 1995 11 U 13/94, juris Nr: KORE446969500); Hermes, Die Information über Steuer und Wirtschaft --INF-- 1994, 353; a.A. Müller-Eiselt in HHSp, § 268 AO Rz. 6).
aa) Haftung im steuerrechtlichen Sinne bedeutet, dass jemand für die Erfüllung einer fremden Schuld mit seinem eigenen Vermögen einzustehen hat (BFH-Beschluss vom 11. Juli 2001 VII R 29/99, BFH/NV 2002, 305). Ein Steuerschuldner kann deshalb für dieselbe Abgabe grundsätzlich nicht Haftender im Sinne der steuergesetzlichen Haftungsvorschriften sein und umgekehrt. Steuerschuldner und Haftungsschuldner sind regelmäßig nicht personenidentisch, weil die Stellung als Steuerschuldner mit der eines Fremdhaftenden begrifflich unvereinbar ist (BFH-Urteil vom 15. April 1987 VII R 160/83, BFHE 149, 505, BStBl II 1988, 167).
bb) Gleichwohl kann nach der Rechtsprechung der Geschäftsführer einer GmbH als Haftungsschuldner für von der GmbH nicht abgeführte Lohnsteuer auch insoweit in Anspruch genommen werden, als die Steuer auf seinen eigenen Arbeitslohn entfällt (BFH-Urteile in BFHE 149, 505, BStBl II 1988, 167; vom 2. August 1988 VII R 60/85, BFH/NV 1989, 150; vom 14. Dezember 1988 VII R 107/86, BFH/NV 1989, 549; BFH-Beschluss vom 8. Mai 2001 VII B 252/00, BFH/NV 2001, 1222). Begründet wird diese Ausnahme damit, dass er für die Haftungsschuld der GmbH und damit für eine aus seiner Sicht fremde Schuld, nicht dagegen für die eigene Lohnsteuerschuld in Anspruch genommen wird. Der Grundsatz, dass Steuer- und Haftungsschuldner nicht identisch sein können, gelte nur dann, wenn derjenige, der als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, dieselbe Abgabe als Steuerschuldner zu entrichten habe. Zusätzlich zur Steuerschuldnerschaft komme es entscheidend auf die Zahlungsverpflichtung an, wenn die Eigenschaft als Steuerschuldner die gleichzeitige Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen als Haftungsschuldner ausschließen soll (BFH-Urteil in BFHE 149, 505, BStBl II 1988, 167).
Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kann zudem auch für von der GmbH nicht abgeführte Kapitalertragsteuer als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden, soweit die Steuer auf seine eigenen Kapitaleinkünfte entfällt (BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 I R 30/02, BFH/NV 2003, 1301).
cc) Die trotz der Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268 ff. AO 1977 fortbestehende Steuerschuldnerschaft des Klägers schließt seine Haftungsinanspruchnahme nicht aus. Wie bei der Geschäftsführerhaftung für von der GmbH nicht abgeführte Lohnsteuer auf den eigenen Arbeitslohn gilt der Grundsatz, dass Steuer- und Haftungsschuldner nicht personenidentisch sein können, nur in Fällen, in denen der Steuerschuldner auch Zahlungsverpflichteter ist (vgl. Boeker in HHSp, § 191 AO Rz. 4). Ähnlich dem Arbeitnehmer, der als Steuerschuldner nicht mehr in Anspruch genommen wird, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten und sie dem FA angemeldet hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 149, 505, BStBl II 1988, 167), ist auch der zusammenveranlagte Ehegatte nach Aufteilung nicht zur Zahlung der von ihm geschuldeten Steuer verpflichtet. Vielmehr trägt jeder Gesamtschuldner (Ehegatte) "seine" Steuerschuld allein (BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 15/03, BFHE 205, 22, BStBl II 2004, 566). Deshalb handelt es sich nicht um eine unvereinbare Personenidentität zwischen Schuldner und Haftendem, weil es zu keiner doppelten Inanspruchnahme ein und desselben Steuerpflichtigen aus Gründen der Haftung und der Steuerschuld kommen kann.
Für ein Nebeneinander von Schuld und Haftung sprechen auch Sinn und Zweck des § 71 AO 1977. Die Vorschrift hat Schadensersatzcharakter (Boeker in HHSp, § 71 AO Rz. 3 und 30). Sie soll es der Finanzbehörde ermöglichen, Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung zum Ersatz des durch die Tat entstandenen Schadens heranzuziehen, ohne auf die §§ 823, 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückgreifen zu müssen. Würde man der Rechtsauffassung des Klägers folgen, könnte sich der Mittäter einer Steuerhinterziehung seines Ehepartners durch den Antrag auf gemeinsame Veranlagung und den Antrag auf Aufteilung der Steuerschulden gemäß § 268 AO 1977 der Haftung für die hinterzogenen Steuern entziehen. Das entspricht nicht dem Zweck der gesetzlichen Vorschrift.
Die Vorschriften über die Zusammenveranlagung von Ehegatten einerseits und der Aufteilung der Steuerschulden gemäß § 268 ff. AO 1977 andererseits verfolgen auch in ihrem Zusammenwirken nicht den Zweck, den Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung von seiner ohne die gemeinsame Veranlagung bestehenden Haftung aus § 71 AO 1977 und der Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid freizustellen. Zweck der Aufteilungsvorschriften ist vielmehr, zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten nicht schlechter zu stellen als einen nicht zusammenveranlagten Steuerpflichtigen (Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 268 Rz. 2). Bei einer getrennten Veranlagung aber entsteht ein Steueranspruch nur aufgrund der eigenen Einkünfte; die Ehegatten sind nicht Gesamtschuldner. Im Streitfall hätte das FA nur die Einkommensteuerbescheide der Ehefrau geändert; die Haftungsinanspruchnahme des Klägers aufgrund seiner Beteiligung an der Steuerhinterziehung der Ehefrau wäre ohne weiteres möglich gewesen. Zutreffend weist das FG daher darauf hin, dass der Ausschluss der Haftung des Täters oder Teilnehmers einer Steuerhinterziehung trotz Aufteilung der Steuerschuld zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung zusammenveranlagter Ehegatten gegenüber einzeln oder getrennt veranlagter Personen führen würde.
Dass Steuer- und Haftungsschuldner auch nach der gesetzgeberischen Konzeption in Einzelfällen identisch sein können, folgt aus § 45 Abs. 2 Satz 2 AO 1977. Bei der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfall wird der Erbe selbst Steuerschuldner. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Haftung des Erben (z.B. durch Nachlassverwaltung) auf den Nachlass zu beschränken. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 bleiben jedoch Vorschriften, durch die eine steuerrechtliche Haftung der Erben begründet wird, unberührt mit der Folge, dass Erben, die --wie der Kläger im Streitfall-- nach § 71 AO 1977 für verkürzte Steuern haften, nicht nur mit dem auf sie übergegangenen Nachlass, sondern mit ihrem gesamten Vermögen für die Steuerschulden des Erblassers einstehen müssen.
Ende der Entscheidung
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