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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.07.2002
Aktenzeichen: X R 89/98
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10e Abs. 2 | |
EStG § 10e Abs. 4 Satz 1 | |
EStG § 10e Abs. 4 Satz 2 |
2. Die danach geforderte Zwangsläufigkeit kann sich aus bautechnischen Gegebenheiten (bautechnischer Zusammenhang) oder aus baurechtlichen Verpflichtungen ergeben.
Gründe:
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für das von ihnen und ihren beiden 1975 und 1980 geborenen Kindern seit 1978 bewohnte Einfamilienhaus hatten sie erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen.
1992 bauten sie das Dachgeschoss aus, in dem unter Einbau einer Dachgaube 40 qm zusätzliche Wohnfläche (ein Wohnzimmer, ein Arbeitszimmer, ein Abstellraum und eine Toilette) geschaffen wurden.
Zeitgleich überdachten sie einen unmittelbar vor der schon bestehenden Garage und an einer Wand des Hauses gelegenen Kfz-Stellplatz, der dadurch zu einem an zwei Seiten offenen Carport wurde. Für beide Bauvorhaben erhielten die Kläger aufgrund eines einheitlichen Bauantrags die Baugenehmigung in einem zusammengefassten Bescheid.
Im Streitjahr 1994 bauten die Kläger den Carport zu einer geschlossenen zweiten Garage um. Garage und Carport bzw. zweite Garage werden bzw. wurden nach Angabe der Kläger für ihre beiden Fahrzeuge genutzt.
Die Kosten der Herstellung des Carports betrugen 20 806,29 DM. Außerdem entstanden den Klägern durch die Fremdfinanzierung des Bauvorhabens für den Carport anteilig Schuldzinsen in Höhe von 1 342 DM.
Für den Umbau des Carports zur Garage wandten die Kläger 14 526,07 DM auf. Anteilige Schuldzinsen entstanden ihnen in Höhe von 1 352,50 DM.
In der Einkommensteuererklärung für 1992 hatten die Kläger für die Kosten des Dachgeschossausbaus und der Herstellung des Carports den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG und die Berücksichtigung der Schuldzinsen nach § 10e Abs. 6 und 6 a EStG beantragt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah für 1992 und 1993 lediglich den Dachgeschossausbau als förderfähig und die darauf entfallenden Schuldzinsen als abziehbar an. In Bezug auf den Carport verneinte es einen Ausbau oder eine Erweiterung an einer Wohnung. Die beiden Bescheide wurden bestandskräftig.
In der Einkommensteuererklärung für 1994 beantragten die Kläger die Nachholung der ihnen vom FA 1992 und 1993 versagten höheren Abzugsbeträge sowie die Berücksichtigung der Kosten des Umbaus des Carports zur Garage nach § 10e Abs. 3 Satz 2 EStG und der darauf entfallenden Schuldzinsen nach § 10e Abs. 6 a EStG.
Das FA beließ es auch im Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 9. Juli 1996 bei der Berücksichtigung lediglich der Kosten des Dachgeschossausbaus.
Der dagegen von den Klägern eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Im Klageverfahren brachten die Kläger vor: Wenn bei einem Neubau oder Erwerb einer Wohnung die Aufwendungen für einen Carport oder eine Garage begünstigt seien, dann dürfe nichts anderes gelten, wenn im Zuge der Neuschaffung von Wohnraum durch einen Dachgeschossausbau ein Carport oder eine Garage errichtet würden.
Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1514 veröffentlichten Urteil wurde die Klage abgewiesen.
Mit der dagegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die mit der Einkommensteuererklärung für 1994 begehrte Begünstigung nach § 10e EStG für die Errichtung des Carports und für dessen Umschließung zu einer Garage zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Den am 2. Dezember 1998 und den am 28. August 2000 jeweils für die Einkommensteuer 1994 ergangenen Änderungsbescheid haben die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
II.
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das Finanzgericht (FG) die Aufwendungen für die Errichtung des Carports und für seinen Umbau zu einer geschlossenen Garage als nicht nach § 10e Abs. 2 bzw. Abs. 3 Satz 2 EStG förderfähig angesehen und infolgedessen auch die Berücksichtigung von Finanzierungskosten abgelehnt.
1. § 10e Abs. 2 EStG fördert die Herstellungskosten für einen Ausbau oder eine Erweiterung. Die Begriffe "Ausbau" und "Erweiterung" sind in § 17 Abs. 1 und 2 des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG) näher umschrieben. Danach setzt ein Ausbau/eine Erweiterung voraus, dass neuer Wohnraum geschaffen wird, der nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung (II.BVO) voll auf die Wohnfläche anzurechnen ist (Senatsurteil vom 8. März 1995 X R 74/94, BFHE 177, 399, BStBl II 1996, 352). Dem steht nicht die zu § 7b Abs. 2 EStG ergangene Entscheidung des IX. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Januar 1993 IX R 97/88 (BFHE 170, 531, BStBl II 1993, 601) entgegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung der Senatsentscheidung verwiesen.
Eine Garage ist kein anzurechnender und insofern vollwertiger Wohnraum im Sinne der vorgenannten Bestimmung (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1997 X R 54/96, BFH/NV 1998, 841, unter 3. b). Für nicht oder nicht ganz umschlossene PKW-Stellplätze gilt nichts anderes (Senatsurteil vom 7. Februar 1996 X R 12/93, BFHE 179, 413, BStBl II 1996, 360).
2. Die Schaffung nicht vollwertiger Räume (hier: eines Carports und sein Ausbau zu einer geschlossenen Garage) ist --insoweit wie bei § 10e Abs. 1 EStG-- nur "mit"-begünstigt, wenn sie im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme zusammen mit nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 II.BVO voll anrechenbaren Räumen --z.B. bei einem unterkellerten Anbau-- hergestellt werden (Senatsurteil in BFHE 177, 399, BStBl II 1996, 352, unter 2. c der Entscheidungsgründe).
An der für die "Mit"-Begünstigung der Aufwendungen zur Herstellung des Carports erforderlichen einheitlichen Baumaßnahme fehlt es im Streitfall trotz des zeitgleichen Ausbaus des Dachgeschosses. Weder die Zeitgleichheit dieses Ausbaus mit der Errichtung des Carports noch eine einheitliche baurechtliche Behandlung in einem einzigen Bauantrag und in einer ebensolchen Baugenehmigung genügen für die Annahme einer einheitlichen Baumaßnahme. Eine solche ist nur dann zu bejahen, wenn zwischen dem --bezogen auf den Streitfall-- förderfähigen Ausbau des Dachgeschosses und der für sich gesehen nicht förderfähigen Maßnahme ein zwangsläufiger Zusammenhang besteht, der entweder bautechnisch oder baurechtlich bedingt ist. Ob ein die "Durchführung als einheitliche Maßnahme" kennzeichnender zeitlicher Zusammenhang ausreicht, wenn mehrere für sich förderfähige Ausbauten/Erweiterungen geschaffen werden (vgl. zu § 2 Abs. 2 des Eigenheimzulagengesetzes --EigZulG-- Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190, Rdnr. 34; FG Köln, Urteil vom 22. März 2000 14 K 5858/99, EFG 2000, 736; Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl. 2001, § 2 Rdnr. 30), kann hier dahinstehen.
a) Nach seinem Wortlaut begünstigt § 10e Abs. 2 EStG Herstellungskosten von zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten und Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung und geht damit sinngemäß von einer räumlichen Verbindung zwischen Wohnung und Erweiterung aus. Bestätigt wird dies durch § 17 II.WoBauG, der unter Erweiterung eines bestehenden Gebäudes die Aufstockung und den Anbau an das Gebäude versteht und --als Unterfall des Wohnungsbaus i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 II.WoBauG-- ebenfalls nach seinem Wortsinn einen räumlichen Bezug zwischen Gebäude und Erweiterung voraussetzt (BFH-Urteil vom 2. Juni 1999 X R 16/96, BFHE 189, 67, BStBl II 1999, 596). Aufwendungen für Ausbauten und Erweiterungen einer bereits bestehenden Wohnung sind grundsätzlich nachträgliche Herstellungskosten, die lediglich unter den näheren Voraussetzungen des § 17 II.WoBauG als selbständiges Objekt nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigt sind. Dies rechtfertigt es, die geförderte Erweiterung bzw. einen Ausbau auf Maßnahmen zu beschränken, die in bautechnischer Verbindung oder aus anderen zwingenden Gründen zueinander in Beziehung stehen. Auch nach Sinn und Zweck des § 10e Abs. 2 EStG kann die "Mit"-Begünstigung an sich nicht förderfähiger Baumaßnahmen nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt werden, dass die an sich nicht förderfähigen Aufwendungen zwangsläufig mit einem nach § 10e Abs. 2 EStG förderfähigen Ausbau bzw. einer ebensolchen Erweiterung einer Wohnung verbunden sind. Würde es hier für die Annahme einer einheitlichen Baumaßnahme ausreichen, dass das Baugeschehen zeitgleich durchgeführt und/oder baurechtlich einheitlich behandelt wurde, würde allein der Zeitpunkt der Baumaßnahmen den Ausschlag für ihre Förderfähigkeit geben. Es läge dann im Belieben des Steuerpflichtigen, sich durch diese Zeitgleichheit in den Genuss der Wohnungsbauförderung auch für solche Baumaßnahmen zu bringen, die für sich gesehen nicht förderfähig sind.
b) Vertreten wird (s. vorstehend S. 6), dass bei der Bestimmung des "Objekts" i.S. des § 10e Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG bzw. des § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EigZulG als "einheitliche Baumaßnahme" "mehrere Ausbauten und Erweiterungen" zusammengefasst werden, wenn sie in zeitlichem Zusammenhang zueinander stehen. Hierbei wird vorausgesetzt, dass es sich bei diesen rechtlich zusammengefassten Maßnahmen um solche handelt, die für sich betrachtet förderfähig sind, so dass ihre Begünstigung ausschließlich am Objektverbrauch und nicht am Fehlen anderer Voraussetzungen scheitern könnte. Diese rechtliche Beurteilung könnte unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt sein, dass sie im Interesse des Steuerpflichtigen eine befriedigende und der Lebenswirklichkeit gerecht werdende Antwort auf die Frage ermöglicht, wodurch bei einer einheitlichen Baumaßnahme der Objektverbrauch bewirkt wird. Denn mehrere in vor allem zeitlichem Zusammenhang zueinander durchgeführte Ausbau-/Erweiterungsmaßnahmen würden bei isolierter Beurteilung die Frage aufwerfen, welche der Maßnahmen "Objekt" i.S. des § 10e Abs. 2 EStG ist und den Objektverbrauch bewirkt, der die Förderung der übrigen zeitgleich durchgeführten Maßnahmen ausschließen könnte. Der Senat kann diese Frage indes dahingestellt sein lassen.
c) Der vorstehend dargelegten Voraussetzung der Zwangsläufigkeit steht entgegen der Ansicht der Kläger nicht entgegen, dass Herstellung sowie Anschaffung einerseits und Ausbau sowie Erweiterung andererseits gleichberechtigt gefördert werden. Denn die Gleichwertigkeit von Herstellung sowie Anschaffung und Ausbau sowie Erweiterung zeigt sich in den Rechtsfolgen. Sie verlangt dagegen keine Gleichförmigkeit bei den Tatbestandsvoraussetzungen der Förderung (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1996 X R 127/92 BFHE 179, 416, BStBl II 1996, 362).
Die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung als Gegenstand der Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG kann nicht gleichgesetzt werden mit dem Ausbau oder der Erweiterung als Gegenstand der Förderung nach § 10e Abs. 2 EStG, der voraussetzt, dass neuer (vollwertiger) Wohnraum geschaffen wird. Dagegen knüpft die Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG an der wirtschaftlichen Einheit Wohnung an, ohne dass es sich bei jedem Bestandteil der Wohnung um vollwertigen Wohnraum handeln muss, so dass dazu auch ein Stellplatz oder ein Carport oder eine Garage gehört.
3. Die hiernach vorauszusetzende Zwangsläufigkeit eines Zusammenhangs von förderfähiger und nicht förderfähiger Ausbau-/Erweiterungsmaßnahme kann sich aus bautechnischen Gegebenheiten (bautechnischer Zusammenhang: Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 10e Rz. 13, und wohl auch Wacker, a.a.O., § 2 Rz. 28) und/oder aus baurechtlichen Verpflichtungen ergeben. An beiden fehlt es im Streitfall.
a) Dies ist im Hinblick auf den fehlenden bautechnischen Zusammenhang von Dachgeschossausbau und Carport offenkundig und bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung.
b) Das FG verneinte auch einen baurechtlichen Zwang, den Carport zu errichten. Es stützte sich dabei auf die Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Hierbei handelt es sich um Landesrecht, an dessen Feststellung und Auslegung durch das FG der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO wie an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden ist, und zwar auch dann, wenn die festgestellten landesrechtlichen Vorschriften lediglich eine Vorfrage für die Anwendung des bundesrechtlichen Steuerrechts betreffen (BFH-Urteile vom 19. Mai 1983 IV R 205/79, BFHE 139, 41, BStBl II 1983, 670; vom 9. Juni 1989 VI R 27/88, BFHE 157, 535, BStBl II 1990, 123, und vom 25. Oktober 1995 II R 90/94, BFH/NV 1996, 296).
4. Weil schon der Carport nicht als Ausbau i.S. des § 10e Abs. 2 EStG behandelt werden kann, hat das FG zu Recht die Förderfähigkeit der Aufwendungen, mit denen der Carport zu einer geschlossen Garage umgebaut wurde, als nachträgliche Herstellungskosten ebenso verneint wie den beantragten Abzug der Finanzierungskosten.
Ende der Entscheidung
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