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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.05.1998
Aktenzeichen: X S 4/98
Rechtsgebiete: ZPO, FGO, AO 1977
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 117 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 117 Abs. 4 | |
FGO § 68 Satz 1 und 2 | |
FGO § 142 | |
AO 1977 § 365 Abs. 3 |
Gründe
I. Gegen den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 11. Oktober 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. August 1994 hat der Antragsteller Klage erhoben. Während des Klageverfahrens, am 16. Oktober 1996, änderte der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) den angefochtenen Einkommensteuerbescheid und wies in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf hin, daß ein Antrag, durch den dieser neue Bescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens wird, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu stellen ist.
Der Antragsteller hat gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1996 hat er dem Finanzgericht (FG) mitgeteilt, er "erhebe Klage" gegen den Bescheid vom 16. Oktober 1996.
Den Bescheid vom 16. Oktober 1996 änderte das FA mit Bescheid vom 10. Dezember 1996. Den Einspruch gegen den Bescheid vom 16. Oktober 1996 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Dezember 1996 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 1997 als unbegründet zurück. Hiergegen hat der Antragsteller keine Klage erhoben. Mit Schreiben vom 7. November 1997 schließlich teilte der Antragsteller dem FG mit, er wolle "auch den Änderungsbescheid vom 10. Dezember 1996 zum Gegenstand des Klageverfahrens" erklären.
Für die Durchführung des Klageverfahrens beantragte der Antragsteller beim FG die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH). Dem Antrag fügte er eine Bescheinigung des Arbeitgebers bei. Letzterer bestätigt, daß der Antragsteller 2 340 DM als monatliches Bruttogehalt erhält, das nach Steuerklasse V versteuert wird. Kinderfreibeträge seien nicht berücksichtigt.
Das FG lehnte unter Hinweis auf den Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 1997 den Antrag ab mit der Begründung, die Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, die Klage sei unzulässig. Unerheblich sei, daß der Antragsteller auch keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§§ 114, 117 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozeßordnung --ZPO--) eingereicht habe. Gegen diesen Beschluß erhob der Antragsteller persönlich Beschwerde. Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den ablehnenden PKH-Beschluß des FG beantragt der Antragsteller PKH mit dem Hinweis, die "Erklärung" zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie eine Lohnbescheinigung seines Arbeitgebers liege bereits vor.
Auf den Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 1997 hat der Antragsteller rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
II. Der Antrag auf PKH ist abzulehnen.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozeßgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechenden Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei hat der Prozeßbeteiligte die dafür eingeführten Vordrucke zu benutzen (§ 117 Abs. 4 ZPO).
Wird --wie im Streitfall-- PKH für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines PKH-Antrages durch das FG begehrt, muß der Antragsteller nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) innerhalb der Frist zur Einlegung der Beschwerde alle Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH geschaffen haben. Dazu gehört nicht nur, daß er einen Antrag auf PKH stellt, sondern auch, daß er innerhalb der Beschwerdefrist eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt vorlegt (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 1996 X S 10/96, BFH/NV 1997, 60; vom 24. Januar 1997 X S 24/96, BFH/NV 1997, 376, m.w.N.). Dies hat der Antragsteller nicht getan.
2. Im übrigen hat das FG die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers wegen Einkommensteuer 1989 zutreffend beurteilt. Bei Korrektur eines angefochtenen Verwaltungsakts während des gerichtlichen Verfahrens wird dieser neue Verwaltungsakt --anders als im Einspruchsverfahren (§ 365 Abs. 3 der Abgabenordnung --AO 1977--)-- nicht "automatisch" Gegenstand des Verfahrens, sondern nur nach entsprechendem fristgerecht gestellten Antrag des Rechtsuchenden (§ 68 Satz 1 FGO). Der Antrag des Antragstellers vom 4. Dezember 1996, den Änderungsbescheid vom 16. Oktober 1996 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, ist offensichtlich nach Ablauf der einmonatigen (§ 68 Satz 2 FGO) Antragsfrist gestellt worden und deshalb verspätet. Der Bescheid vom 16. Oktober 1996 ist deshalb nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Der den Bescheid vom 16. Oktober 1996 ändernde Bescheid vom 10. Dezember 1996 konnte, selbst wenn der Antragsteller innerhalb der Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO den Antrag nach § 68 FGO gestellt hätte, nicht mehr Gegenstand des Klageverfahrens werden, denn die Überleitung eines zweiten Änderungsbescheides in ein laufendes Verfahren gemäß § 68 FGO setzt voraus, daß ein vorausgegangener erster Änderungsbescheid ebenfalls Verfahrensgegenstand geworden ist (BFH-Beschluß vom 15. Mai 1997 XI R 53/88, BFHE 182, 304, BStBl II 1997, 514). Diese Voraussetzungen liegen --wegen des verspäteten Antrages hinsichtlich des Bescheides vom 16. Oktober 1996-- nicht vor.
Nachdem der Änderungsbescheid vom 16. Oktober 1996 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Dezember 1996 bestandskräftig geworden ist, weil der Antragsteller nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 1997 keine Klage erhoben hat, tritt der Änderungsbescheid vom 16. Oktober 1996 in Gestalt des Bescheides vom 10. Dezember 1996 endgültig an die Stelle des mit der Klage angefochtenen ursprünglichen Einkommensteuerbescheides für 1989. Diesem kommt deshalb kein Regelungsgehalt mehr zu (BFH-Beschluß vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Dem Verfahren gegen den ursprünglichen Bescheid ist damit die Grundlage entzogen mit der Folge, daß die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH in BFHE 182, 304, BStBl II 1997, 514, m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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