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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: XI B 109/00
Rechtsgebiete: StGB, FGO, ZPO
Vorschriften:
StGB § 180 | |
FGO § 142 | |
ZPO § 114 |
Gründe
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller), der in X wohnt, gab für die Streitjahre 1993 bis 1996 keine Steuererklärungen ab. Aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung bei Frau Z kam das für den Antragsteller zuständige Finanzamt (FA) zu der Auffassung, dass der Antragsteller Betreiber des Barbetriebs "A" in B und der Gaststätte "C" in D in den Streitjahren gewesen sei. Dem liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Konzessionsträgerin für die "A" und das "C" war Z. Die in den Akten befindliche Konzession für das "C" war unter dem Namen der Z an die Anschrift des Antragstellers gerichtet.
Der Mietvertrag für das C wurde zwischen Z und der Vermieterin Frau E am 12. Dezember 1992 abgeschlossen. Ausweislich des Vertrages übernahm Z einen Mietvertrag "F/G" (= Antragsteller). Ferner verbürgte sich der Antragsteller "mit voller Haftung" für die Einhaltung des von Z abgeschlossenen Mietvertrages. Als Anschrift von Z war wiederum die Anschrift des Antragstellers angegeben.
Z gab für das C für 1993 und 1994 Umsatzsteuererklärungen ab. Für die A wurden keine Erklärungen abgegeben.
In einem Verfahren, in dem der Antragsteller eines Verstoßes nach § 180 des Strafgesetzbuches (StGB) verdächtigt wurde, wurden der Antragsteller, Z, E und eine Reihe weiterer Personen polizeilich vernommen. Die Aussagen haben, soweit hier von Bedeutung, im Wesentlichen folgenden Inhalt:
- Der Antragsteller gab an, mit Z gemeinsam das "C" zu betreiben. Er habe Z ein Gehalt bezahlt. Z habe die Konzession, ohne ihn zu informieren, zurückgegeben. Er sei daher mit einem Bußgeld belegt worden. Da seine Freundin erst ca. vier Wochen später eine Konzession erhalten habe, seien für ihn "ziemliche Verluste" entstanden.
- Z, die seinerzeit mit einer Freundin des Antragstellers befreundet war, gab an, die Konzessionen auf Drängen des Antragstellers beantragt zu haben, weil dieser nach eigenen Angaben keine Gaststättenerlaubnis erhalten würde. Bis dahin habe sie für etwa sechs bis neun Monate das C geputzt. Das C sei damals vom Antragsteller und Frau E geführt worden.
Z habe seinerzeit zusammen mit der Freundin des Antragstellers in D gewohnt. Das Haus habe faktisch dem Antragsteller gehört.
Der Antragsteller habe die Abläufe im Club kontrolliert, die Frauen gebracht und abgeholt, die Getränke geliefert, Wechselgeld gebracht, die Preise für die Getränke und die "Mädchen" festgelegt und nach der Abrechnung die Tageseinnahmen abgeholt. Sie selbst habe für ihre Tätigkeit in der Bar vom Antragsteller ein Festgehalt erhalten. Sie habe im Auftrag des Antragstellers Werbeanzeigen aufgegeben, die dieser aufgesetzt habe.
Z habe mit dem Antragsteller mündlich vereinbart, dass dieser alle laufenden Unkosten trage. Die Kosten des C habe er bis auf das letzte halbe Jahr tatsächlich bezahlt. Über die "A" könne sie keine Angaben machen, da sie dort insgesamt nur zweimal gewesen sei. Sie habe es auch im Herbst 1994 abgelehnt, auf eigenen Namen, aber im Auftrag des Antragstellers die "A" zu erwerben. Er habe sie deswegen verprügelt. Da er auch die Rechnungen für das C nicht mehr bezahlt habe, habe sie Anfang 1996 die Konzession aus eigenem Antrieb zurückgegeben. Das habe sie auch der Freundin des Antragstellers, die seinerzeit in der A arbeitete, mitgeteilt.
Alle übrigen Zeugen bestätigten bei ihrer polizeilichen Vernehmung, dass der Antragsteller der Betreiber des C bzw. der A sei.
In einem Zivilrechtsstreit, in dem Z den Antragsteller auf Freistellung von Verbindlichkeiten verklagte, bestätigte E, dass der Antragsteller der Betreiber des C gewesen sei. Soweit die später vom Landgericht (LG) vernommenen Zeugen angaben nicht zu wissen, wer der Betreiber der Bars sei, ging das LG davon aus, dass der Antragsteller auf sie Druck ausgeübt habe. Das der Klage stattgebende Urteil des LG wurde vom Oberlandesgericht (OLG) mit der Begründung aufgehoben, dass Z wegen Sittenwidrigkeit ihrer Vereinbarungen mit dem Antragsteller keine Befreiung von Verbindlichkeiten verlangen könne.
Das FA erließ aufgrund dieser Feststellungen gegenüber dem Antragsteller Steuerbescheide für 1993 bis 1996. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Antragsteller Klage und beantragt Aussetzung der Vollziehung und Prozesskostenhilfe (PKH) für beide Verfahren: Er sei nie Betreiber der "A" bzw. des "C", sondern lediglich Hausmeister/Hausverwalter gewesen. Alleinige Konzessionsträgerin sei Z gewesen, die auch für das C den Mietvertrag geschlossen habe. Sie habe als selbständige Geschäftsführerin für die Barbetriebe Steuerer-klärungen abgegeben und Steuerberater mit der Betreuung der steuerlichen Angelegenheiten beauftragt. Dies könnten zwei namentlich benannte Steuerberater bestätigen. Die von diesen angeblich dem FA mündlich erteilte Auskunft, die Geschäftsunterlagen seien dem Antragsteller zurückgegeben worden, sei nie schriftlich bestätigt worden. Auch seine Freundin, die nach Z das C geführt habe, könne dies bestätigen. Er habe sich nur auf Drängen der E für die Erfüllung der Mietschulden verbürgt. Er habe in der fraglichen Zeit an ABM-Maßnahmen teilgenommen und --neben Z und seiner Freundin-- seine kranke Mutter gepflegt. Von den vier auf seinen Namen gemeldeten PKW gehöre einer seiner Freundin. Die übrigen Fahrzeuge seien alt. Z's Angaben zu den Tageseinnahmen und zur Unterzeichnung des Mietvertrages seien widersprüchlich. Die ihm zugerechneten Einkünfte kenne er nicht. Ihre Höhe werde bestritten.
Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf PKH unter Berufung auf die Aussage der Zeugin E vor dem LG ab.
Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller, ihm PKH zu gewähren und eine Rechtsanwältin als Rechtsbeistand zuzuordnen. Das FG habe das Klagevorbringen tatsächlich und rechtlich unzutreffend gewürdigt. Insbesondere E als Vermieterin der Räumlichkeiten habe ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung des Barbetriebes gehabt und sei nicht glaubwürdig. E habe gegenüber der jetzigen Pächterin der Räumlichkeiten eingeräumt, eine Falschaussage vor Gericht gemacht zu haben. Ausweislich einer in Kopie vorgelegten eidesstattlichen Versicherung habe E anlässlich eines Gesprächs über ehemalige Pächter wörtlich gesagt: "Obwohl ich damals immer zu den Mädchen gestanden habe und sogar eine Falschaussage vor Gericht für sie gemacht habe, haben sie mich nachher reingelegt." Der Lebenspartner der nunmehrigen Pächterin könne diese Aussage bestätigen.
II. Die Beschwerden werden zu gemeinsamer Entscheidung (§ 73 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verbunden und als unbegründet zurückgewiesen.
Gemäß § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 142 Rdnr. 7, m.w.N.). Die Rechtsverfolgung verspricht im Streitfall keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil bei summarischer Prüfung davon auszugehen ist, dass der Antragsteller und nicht Z die beiden Bars betrieben hat.
Gewerbetreibender ist derjenige, der tatsächlich Unternehmer-initiative entfaltet und Unternehmerrisiko trägt, d.h. der sich auf eigene Rechnung und Gefahr betätigt. Ein Arbeitnehmer kann als solcher kein Gewerbe betreiben (vgl. z.B. Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 19 Rdnr. 6, m.w.N.). Bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere der eigenen Einlassung des Antragstellers vor der Polizei und der polizeilichen Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass nicht Z, sondern dem Antragsteller die Umsätze und Einkünfte aus den beiden streitigen Betrieben zuzurechnen sind. Der Frage, wer Konzessionsinhaber war, kommt dabei im Streitfall keine Bedeutung zu, weil der Antragsteller aus rechtlichen Gründen --unstreitig-- keine Konzession erhalten konnte.
1. "C"
a) Diese Bar wurde sowohl in der Zeit vor als auch nach der Konzessionserteilung an Z jeweils unter dem Namen einer Freundin des Antragstellers betrieben. Nach Aussage der Z ist diese vom Antragsteller bedrängt worden, eine Konzession auf ihren Namen zu beantragen. Dies haben andere Zeugen bestätigt.
b) Der Antragsteller selbst hat bei seiner polizeilichen Vernehmung ausgesagt, mit Z zusammen die Bar C zu betreiben. Durch die mit ihm nicht abgesprochene Rückgabe der Konzession seien ihm Verluste entstanden. Auch habe er mangels Konzession eine Geldbuße zahlen müssen.
Unstreitig hat sich der Antragsteller auch für die Erfüllung des Mietvertrages verbürgt. Da er mit Z nicht befreundet war o.ä., stellt sich die Frage, aus welchem Grund er der Bitte der E nach einer Bürgschaftsübernahme --ohne Gegenleistung-- entsprochen haben könnte. Es liegt auf der Hand, dass E vom Antragsteller die Bürgschaft als eigentlichem Betreiber der Bar verlangt und erhalten hat. Der Antragsteller hat auch einen sich in den Akten befindlichen Einkaufsberechtigungschein für Z und sich ausgestellt und unterzeichnet.
Es ist ferner unstreitig, dass der Antragsteller monatliche Festbeträge an Z bezahlt hat. Dies lässt sich mit seiner Behauptung, dass Z und nicht er das C betrieben habe, nicht vereinbaren. Umgekehrt haben weder Z noch der Antragsteller behauptet, dass der Antragsteller für seine Tätigkeit als "Hausmeister/Hausverwalter" von Z ein Gehalt bezogen habe. Dass der Antragsteller für das "C" tatsächlich tätig war, haben mehrere Zeugen bestätigt und ist unbestritten.
c) Bei ihrer polizeilichen Vernehmung haben sämtliche Zeugen bestätigt, dass der Antragsteller die Bar betrieben habe. Soweit einzelne Zeugen bei ihrer Vernehmung vor dem LG dies nicht mehr bestätigen wollten, ist dies offenkundig darauf zurückzuführen, dass sie --wie sie dies teilweise bereits bei ihrer Erstvernehmung ausgesagt hatten-- vor dem Antragsteller Angst hatten.
2. "A"
Für die "A" liegen ebenfalls Zeugenaussagen vor, die bestätigen, dass der Antragsteller der Betreiber war. Da Z unstreitig nur zweimal in der "A" war, kommt sie als eigentliche Betreiberin nicht in Betracht. Auch insoweit erscheint sie bei summarischer Überprüfung nur als Konzessionsträgerin vorgeschoben worden zu sein. Die Theke in der A wurde nach Zeugenaussagen von der Freundin des Antragstellers betreut. Substantiierter Vortrag, der gegen einen Betrieb des Antragstellers sprechen könnte, liegt nicht vor.
Ende der Entscheidung
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