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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: XI B 111/04
Rechtsgebiete: FGO, EStG, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 1 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2
EStG § 24 Nr. 1a
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
AO 1977 § 162 Abs. 1
AO 1977 § 199 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor.

1. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit dem Begehren, die im Streitjahr 1994 an den Kläger von der GmbH gezahlte Abfindung für seinen Pensionsanspruch gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigt zu versteuern, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht die Überzeugung gewonnen, dass die Abfindung von den Söhnen als den Gesellschaftern der GmbH veranlasst worden sei bzw. dass der Kläger sich bei seiner Zustimmung zu dieser Abfindung lediglich einem erheblichen Druck gebeugt habe. Es hat entschieden, dass die nach der Beweiserhebung verbliebenen Zweifel zu Lasten des Klägers gingen, da dieser für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der begünstigenden Norm die objektive Feststellungslast trage.

Dieses Urteil erfordert weder die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO).

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass bei einer nicht mehr behebbaren Ungewissheit über den Sachverhalt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen die Finanzbehörde und für die steuerentlastenden oder -mindernden Tatsachen den Steuerpflichtigen trifft (sog. Beweislastgrundregel; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. Juli 2000 IX R 93/97, BFHE 192, 241, BStBl II 2001, 9; vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 22-25, m.w.N.).

Es ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht klärungsbedürftig, sondern offensichtlich, dass § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) das Gericht nicht dazu verpflichtet, bei einem Streit um steuerentlastende Tatsachen dann auf eine Beweislastentscheidung zu verzichten und die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung zu ermitteln, wenn eine volle richterliche Überzeugung nicht gewonnen werden kann und wenn --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige nicht gegen Mitwirkungspflichten verstoßen hat.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob "Besteuerungsgrundlagen" i.S. des § 162 Abs. 1 AO 1977 nur die numerischen Bemessungsgrundlagen der Steuer sind (vgl. z.B. Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 88 AO 1977 Rn. 227, m.w.N.), oder ob "Besteuerungsgrundlagen", wie in § 199 Abs. 1 AO 1977, alle für die Bemessung der Steuer maßgeblichen Verhältnisse sind (vgl. z.B. Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 162 Rn. 9). Nach der erstgenannten Auffassung scheitert eine Schätzung im Streitfall bereits daran, dass die Frage nach dem Steuertarif nicht zu den schätzbaren Bemessungsgrundlagen gehört. Nach der zweitgenannten Auffassung ist für eine Schätzung ein sog. Schätzungsanlass erforderlich, weil die mit der Schätzung verbundene Reduzierung des Beweismaßes nicht ohne besonderen rechtfertigenden Grund an die Stelle einer Beweislastentscheidung gesetzt werden darf (vgl. Klein/Rüsken, a.a.O., § 162 Rn. 3 und 5). Ein derartiger zu einer Schätzung berechtigender Anlass liegt im Streitfall offensichtlich nicht vor. Denn dass ein Steuerpflichtiger keinen Pflichtverstoß begangen hat, kann nicht als ein besonderer Anlass beurteilt werden, der es rechtfertigt, zu seinen Gunsten ein reduziertes Beweismaß anzuwenden.

b) Auch sonstige Gründe für eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts sind weder schlüssig dargetan noch ersichtlich. Soweit in der Rechtsprechung des BFH unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten des Steuerpflichtigen die Anwendung eines reduzierten Beweismaßes für gerechtfertigt gehalten worden ist, tragen die Kläger selbst vor, dass die Sachverhalte dieser Entscheidungen (BFH-Urteile vom 23. Februar 1999 IX R 19/98, BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407; vom 17. Dezember 1996 IX R 47/95, BFHE 182, 178, BStBl II 1997, 348; vom 3. Juni 1992 X R 50/91, BFH/NV 1992, 741, unter 2.c der Gründe) mit demjenigen des Streitfalls nicht vergleichbar sind.

2. Die Revision ist entgegen der Rüge der Kläger auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO unter dem Gesichtspunkt zuzulassen, dass die Vorentscheidung objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Denn das ist nicht der Fall. Dabei kann offen bleiben, ob die von den Klägern beanstandete Beweiswürdigung zwingend ist. Sie ist jedenfalls nachvollziehbar und vertretbar und damit nicht willkürlich.

3. Dem FG ist im Zusammenhang mit seiner Beweiswürdigung auch kein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) unterlaufen. Mängel der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und damit einer Nachprüfung im Rahmen einer auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Juli 2002 V B 107/01, BFH/NV 2003, 49; BFH-Urteil vom 23. Mai 2000 XI B 122/98, BFH/NV 2001, 43).

Entgegen der Rüge der Kläger verstößt die Vorentscheidung auch nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 3 FGO. Denn das FG hat auf den Seiten 14 bis 17 des angefochtenen Urteils im Einzelnen dargelegt, weshalb die Aussagen der Zeugen das FG nicht von der Richtigkeit der Behauptung überzeugt haben, der Kläger habe unter einem erheblichen Druck gestanden.

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